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Gericht: Bundesfinanzhof
Beschluss verkündet am 14.03.2005
Aktenzeichen: IV B 83/03
Rechtsgebiete: FGO, ZPO
Vorschriften:
FGO § 109 | |
FGO § 115 Abs. 2 | |
FGO § 116 Abs. 3 Satz 3 | |
FGO § 119 Nr. 6 | |
ZPO § 43 |
Gründe:
Zwischen den Beteiligten ist streitig, ob die Erweiterung einer Prüfungsanordnung auf die Einkommen- und Umsatzsteuer des Jahres 1991 rechtmäßig ist.
Die Klägerin und Beschwerdeführerin (Klägerin) war die Ehefrau und ist die Rechtsnachfolgerin des im August 1992 verstorbenen X. Dieser war Inhaber eines selbst bewirtschafteten landwirtschaftlichen Betriebes. Zum 1. April 1992 wurden die landwirtschaftlichen Nutzflächen verpachtet. Die Klägerin verkaufte den ererbten Betrieb im September 1994.
Der Beklagte und Beschwerdegegner (das Finanzamt --FA--) ordnete mit Verfügung vom 26. März 1997 bei der Klägerin eine allgemeine Außenprüfung u.a. für die Einkommensteuer 1992 bis 1994 (Wirtschaftsjahre 1992/93 bis 1994/95) sowie die Umsatzsteuer 1992 bis 1994 an. Auf den Einspruch der Klägerin vom 14. April 1997 strich das FA antragsgemäß die gleichfalls angeordnete Prüfung der Vermögensteuer auf die Stichtage 1. Januar 1992 bis 1. Januar 1995; die Prüfung sollte nunmehr im FA stattfinden.
Mit Verfügung vom 6. Juni 1997 ordnete das FA sodann die streitige Erweiterung der Prüfung auf die Einkommen- und Umsatzsteuer 1991 an. Einspruchs- und Klageverfahren blieben hier erfolglos.
Mit der Beschwerde begehrt die Klägerin die Zulassung der Revision.
Die Beschwerde ist unzulässig. Die Klägerin hat einen Zulassungsgrund i.S. von § 115 Abs. 2 der Finanzgerichtsordnung (FGO) nicht in einer den Anforderungen des § 116 Abs. 3 Satz 3 FGO genügenden Form dargelegt.
1. a) Soweit die Klägerin einen klaren Verstoß gegen den Inhalt der Akten hinsichtlich des strittigen Landarbeiterwohnhauses rügt, hat sie einen Verfahrensmangel nicht schlüssig dargelegt. Denn das Finanzgericht (FG) hat nicht etwa festgestellt, dass durch eine Entnahme des Landarbeiterwohnhauses im Wirtschaftsjahr 1991/92 tatsächlich ein Veräußerungsgewinn entstanden sei. Vielmehr hat es lediglich angenommen, dass der Prüfer aufgrund der Tatsache, dass das strittige Haus zwar in der Bilanz zum 30. April 1992, nicht aber in der Anfangsbilanz für das Wirtschaftsjahr 1992/93 enthalten war, von einer steuerlich relevanten Entnahme ausgehen konnte. Insoweit handelt es sich lediglich um eine Prognose, ob eine Steuernachforderung wahrscheinlich ist (vgl. Urteil des Bundesfinanzhofs --BFH-- vom 14. September 1993 VIII R 56/92, BFH/NV 1994, 677, Nr. 2a), nicht aber um eine Feststellung, tatsächlich sei ein bisher nicht erfasster Gewinn entstanden. Nach dem insoweit maßgeblichen materiell-rechtlichen Rechtsstandpunkt des FG (vgl. Gräber/Ruban, Finanzgerichtsordnung, 5. Aufl., § 115 Rz. 96, m.w.N.) konnte das FA sein Ermessen, ob es den Prüfungszeitraum erweitert oder nicht, dahin ausüben, die ihm bekannten oder auch noch nicht bekannten Tatsachen tatsächlich erst im Rahmen der Außenprüfung (näher) zu prüfen. Etwas anderes ergibt sich auch nicht aus dem klägerischen Vortrag, die Entnahme sei bereits zum 1. Januar 1991 erfolgt. Denn auch dieser Behauptung musste das FA erst in der angeordneten Prüfung nachgehen.
b) Die Klägerin hat aus diesen Gründen auch einen Verstoß des FG gegen seine Sachaufklärungspflicht (§ 76 Abs. 1 Satz 1 FGO) nicht schlüssig gerügt. Denn sie hat nicht vorgetragen, warum die vom FG angeblich nicht berücksichtigten Tatsachen für das angefochtene Urteil kausal gewesen sein sollen (vgl. Dürr in Schwarz, Finanzgerichtsordnung, § 115 Rz. 41, m.w.N.). Etwas anderes ergibt sich auch nicht aus dem Vortrag der Klägerin im Beschwerdeverfahren, der Sachbearbeiter habe ausweislich seiner Bemerkung zum Landarbeiterwohnhaus "per 01.01.91 entnommen" bereits festgestellt, dass die angebliche Entnahme nicht im Prüfungszeitraum erfolgt sei. Selbst wenn das FA --wie die Klägerin meint-- diesen Vorgang bereits bei der Einspruchsentscheidung hätte aufklären müssen, so wäre dies kein Verfahrensmangel des FG, auf dem das angefochtene Urteil beruht (vgl. Senatsbeschluss vom 27. Februar 2003 IV B 199-202/01, BFH/NV 2003, 1189). Im Übrigen hat die Klägerin nicht dargelegt, welche Tatsachen sie im Klageverfahren vorgetragen habe, denen das FG nicht nachgegangen sei.
c) Ferner hat die Klägerin einen Verstoß gegen den Anspruch auf rechtliches Gehör ebenfalls nicht schlüssig gerügt. Es ist nicht ersichtlich, dass das FG den Vortrag der Klägerin nicht zur Kenntnis genommen hat. Zum einen ist das FG im angefochtenen Urteil (S. 4) ausdrücklich darauf eingegangen, dass die Prüfungserweiterung gegen die Klägerin als Rechtsnachfolgerin hätte ergehen müssen. Das FG hat daran anknüpfend deutlich zwischen den Zeiträumen unterschieden, in denen noch der Ehemann der Klägerin den Betrieb führte und den Zeiträumen, in denen die Klägerin den ererbten Betrieb bereits selbst führte. Zum anderen hat das FG --entgegen der Behauptung der Klägerin-- im Tatbestand des angefochtenen Urteils festgestellt, dass die Klägerin ursprünglich sowohl gegen die Prüfungsanordnung vom 26. März 1997 als auch gegen die vom 6. Juni 1997 (betr. die Erweiterung des Prüfungszeitraums auf Einkommen- und Umsatzsteuer 1991) Einspruch eingelegt hat. Im Tatbestand des angefochtenen Urteils hat das FG festgehalten, dass das FA die Prüfungsanordnung vom 26. März 1997 aufgrund des Einspruchs der Klägerin antragsgemäß berichtigt habe. Diese berichtigte Prüfungsanordnung vom 29. April 1997, die auch eine Rechtsbehelfsbelehrung enthält, hat die Klägerin nach den Feststellungen des FG nicht mehr rechtzeitig angegriffen. Ausweislich der von der Klägerin im Beschwerdeverfahren selbst vorgelegten Kopie hat sie dagegen erstmals mit Schreiben vom 1. Mai 1998 "vorsorglich" Einspruch eingelegt. Im Übrigen räumt die Klägerin ausdrücklich ein, dass sie sich im Einspruchsverfahren nicht gegen die Bezeichnung als Adressatin der beiden Prüfungsanordnungen gewährt hat, sondern erstmals im Klageverfahren.
d) Es trifft daher auch nicht zu, dass das angefochtene Urteil i.S. von § 119 Nr. 6 FGO nicht mit Gründen versehen sei. Das FG hat außerdem auf S. 5 des Urteils dargelegt, warum die Prüfungsanordnung vom 6. Juni 1997 nicht nichtig ist.
e) Ausweislich des Beschlusses des FG vom 16. Juni 2003 7 K 10304/98 ist der Tatbestand des angefochtenen Urteils nicht unrichtig und damit für den Senat bindend.
f) Das FG hat das Befangenheitsgesuch gegen den Berichterstatter durch den unanfechtbaren Beschluss vom 19. August 2003 7 K 10304/98 abgelehnt. Ein zur Zulassung der Revision führender Verfahrensmangel (vgl. hierzu BFH-Beschluss vom 28. Mai 2003 III B 87/02, BFH/NV 2003, 1218) ist indes schon deshalb nicht gegeben, weil die Klägerin die von ihr beanstandeten Handlungen nicht bereits in der mündlichen Verhandlung vor dem FG gerügt hat (§ 43 der Zivilprozessordnung i.V.m. § 51 FGO).
g) Da das FG in den Entscheidungsgründen (S. 5) entschieden hat, die Anordnung der Erweiterung der Prüfung sei nicht nichtig, kommt es auch nicht mehr darauf an, ob das FG den Antrag der Klägerin, das Urteil gemäß § 109 FGO zu ergänzen, bereits beschieden hat oder nicht. 2. Schließlich ist die Revision auch nicht wegen Divergenz zuzulassen. Die Klägerin hat diesen möglichen Zulassungsgrund ebenfalls nicht in einer den Anforderungen des § 116 Abs. 3 Satz 3 FGO genügenden Form dargelegt. Sie hat zwar das Urteil des BFH vom 25. September 1990 IX R 84/88 (BFHE 162, 4, BStBl II 1991, 120) und auch abstrakte Rechtssätze aus diesem Urteil genannt, von dem das FG abgewichen sein soll. Sie hat diesen Rechtssätzen aber nicht wie erforderlich (vgl. etwa Senatsbeschluss vom 1. Oktober 2002 IV B 91/01, BFH/NV 2003, 304) abstrakte Rechtssätze aus dem angefochtenen Urteil gegenübergestellt, so dass eine Divergenz erkennbar würde.
Im Übrigen liegt eine Divergenz im Streitfall auch nicht vor. Denn im Anschluss an die von der Klägerin zitierten Sätze fährt der BFH im genannten Urteil wie folgt fort: "Bei der Auslegung kommt es nicht darauf an, wie ein außenstehender Dritter die Erklärung der Behörde auffassen musste; entscheidend ist vielmehr, wie der Betroffene selbst nach den ihm bekannten Umständen den materiellen Gehalt der Erklärung unter Berücksichtigung von Treu und Glauben verstehen konnte." Das FG hat in Übereinstimmung mit diesen grundsätzlichen Ausführungen des BFH entschieden, dass die Klägerin die inhaltlich an sie als neue Betriebsinhaberin und zugleich als Rechtsnachfolgerin ihres Ehemannes gerichteten Prüfungsanordnungen richtig verstanden und auch akzeptiert hat. Der Klägerin war klar, dass sie selbst die Prüfung dulden musste und dass der ererbte Betrieb auch für Zeiträume geprüft werden sollte, in denen ihr verstorbener Ehemann noch gelebt hatte.
Ende der Entscheidung
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