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Beginn der Entscheidung

Gericht: Bundesfinanzhof
Beschluss verkündet am 30.05.2007
Aktenzeichen: IV B 93/06
Rechtsgebiete: EStG, AO, FGO


Vorschriften:

EStG § 4 Abs. 1
AO § 141
AO § 141 Abs. 1
AO § 141 Abs. 2
AO § 141 Abs. 2 Satz 1
AO § 141 Abs. 3
FGO § 68
FGO § 115 Abs. 2 Nr. 1
FGO § 115 Abs. 2 Nr. 2 2. Alternative
FGO § 116 Abs. 3 Satz 3
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Gründe:

I. Der Kläger und Beschwerdeführer (Kläger) ist neben seiner Tätigkeit als Geschäftsführer einer GmbH, die ein ... betreibt, als Land- und Forstwirt tätig. Er betreibt Forstwirtschaft und Ackerbau sowie den Hopfenanbau. Den Gewinn ermittelt er nur für den Hopfenanbau nach § 4 Abs. 1 des Einkommensteuergesetzes (EStG).

Seit dem 1. Juli 1988 bewirtschaftet der Kläger eine landwirtschaftliche Fläche von ca. 19,2 ha, die er von seinen Eltern gepachtet hatte. Diese hatten ihrerseits weiterhin den Hopfenanbau und die Forstwirtschaft betrieben und waren insoweit gemäß § 141 der Abgabenordnung (AO) buchführungspflichtig. Mit Vertrag vom 25. Juli 1994 übertrugen die Eltern dem Kläger ihren landwirtschaftlichen Betrieb mit einer Fläche von insgesamt ca. 52 ha samt Inventar. Nach der Hofübergabe hatte der Kläger den Hopfenbetrieb samt dazugehörigem Inventar an seinen Vater zurück verpachtet.

Der Beklagte und Beschwerdegegner (das Finanzamt --FA--) war davon ausgegangen, dass durch die Hofübergabe auch die Buchführungspflicht zum 1. Juli 1994 nach § 141 Abs. 3 AO übergegangen war. Eine dagegen erhobene Klage hatte keinen Erfolg (Urteil des Bundesfinanzhofs --BFH-- vom 6. November 2003 IV R 27/02, BFH/NV 2004, 753). Mit Schreiben vom 19. November 1997 hatte das FA dem Kläger jedoch mitgeteilt, dass die Buchführungspflicht durch die Verpachtung der Hopfenanbauflächen zum 30. Juni 1999 endete.

Zum 30. Juni 2002 lief die Verpachtung des Hopfenbetriebs an den Vater aus, der kurz danach verstarb. Seitdem führt der Kläger den Hopfenbetrieb selbst weiter und ermittelt den Gewinn (nur) für den Hopfenanbau nach § 4 Abs. 1 EStG.

Das FA teilte dem Kläger am 13. April 2005 nach § 141 AO mit, dass ab 1. Juli 2005 Buchführungspflicht bestehe, weil der bisher verpachtete Teilbetrieb wieder zusammen mit dem übrigen land- und forstwirtschaftlichen Betrieb bewirtschaftet werde und somit wieder die Verhältnisse wie vor der Verpachtung im Jahr 1994 vorlägen. Bereits damals habe Buchführungspflicht bestanden.

Während des dagegen gerichteten Klageverfahrens erließ das FA am 22. Mai 2006 einen nochmaligen Bescheid über den Wegfall der Gewinnermittlung nach Durchschnittssätzen, nunmehr aber zum 30. Juni 2006.

Das Finanzgericht (FG) wies die Klage als unbegründet ab. Gegenstand des Klageverfahrens sei nunmehr der Bescheid vom 22. Mai 2006, der gemäß § 68 der Finanzgerichtsordnung (FGO) zum Gegenstand des Klagebegehrens geworden sei. Das FA habe den Kläger zur Führung von Büchern und zur Fertigung von Abschlüssen aufgrund jährlicher Bestandsaufnahme für den Gesamtbetrieb ab 1. Juli 2006 auffordern dürfen. Die beiden Teilbetriebe des Klägers (Land- und Forstwirtschaft und Hopfenanbau) seien zusammengenommen ein einzelner Betrieb i.S. des § 141 AO. Bei land- und forstwirtschaftlichen Betrieben komme es insbesondere darauf an, ob die Betriebe mit ausreichenden Betriebsflächen und einer eigenen Hofstelle ausgestattet seien. Grundsätzlich sei davon auszugehen, dass alle Flächen eine wirtschaftliche Einheit bildeten, wenn sie von einer Hofstelle aus bewirtschaftet würden und demselben Eigentümer gehörten (BFH-Urteil vom 29. März 2001 IV R 62/99, BFH/NV 2001, 1248). Außerdem sei bedeutsam, ob die Betriebe mit den gleichen Sachmitteln ausgestattet seien und mit den gleichen --oder unterschiedlichen-- Arbeitskräften wirtschafteten (BFH-Urteil vom 13. Oktober 1988 IV R 136/85, BFHE 154, 442, BStBl II 1989, 7). Für einen Gesamtbetrieb spreche im Streitfall ferner, dass ein landwirtschaftlicher Betrieb und ein Hopfenanbaubetrieb nicht so wesensverschieden seien, dass nach der Verkehrsauffassung von zwei Betrieben auszugehen wäre. Entscheidend sei, dass beide Betriebe vom Kläger von einer Hofstelle aus geführt und bewirtschaftet würden. Dieses Ergebnis werde noch dadurch gestützt, dass die staatliche Landwirtschaftsverwaltung dem Betrieb des Klägers lediglich eine Betriebsnummer und nicht --getrennt nach Landwirtschaft einerseits und Hopfenanbau andererseits-- zwei Betriebsnummern zugeteilt habe.

Unzutreffend sei die Auffassung des Prozessbevollmächtigten, wonach eine Aufforderung zur Buchführung nach § 141 AO dann nicht rechtens sei, wenn der Steuerpflichtige für einen der beiden Teilbetriebe bereits Bücher führe und die Gewinnermittlung nach § 4 Abs. 1 EStG vornehme. Da § 141 Abs. 1 AO auf den Gesamtbetrieb abstelle, sei eine Mitteilung i.S. des § 141 Abs. 2 AO immer dann möglich und statthaft, wenn der Steuerpflichtige Bücher nicht für alle Betriebsteile führe und die Abschlüsse lediglich aufgrund von Bestandsaufnahmen fertige, die nicht alle Betriebsteile beträfen. Die Revision ließ das FG nicht zu.

Mit der dagegen gerichteten Beschwerde macht der Kläger geltend, die Revision sei zuzulassen, weil die Fortbildung des Rechts und die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des BFH erforderten.

Das FA ist der Beschwerde entgegengetreten.

II. Die Beschwerde ist unzulässig, soweit die Zulassung der Revision zur Fortbildung des Rechts beantragt wurde (dazu unter 1.). Soweit die Zulassung der Revision zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung beantragt wurde, ist die Beschwerde jedenfalls nicht begründet (dazu unter 2.).

1. Der Kläger hat die Erforderlichkeit einer Entscheidung des BFH zur Fortbildung des Rechts (§ 115 Abs. 2 Nr. 2 1. Alternative FGO) nicht ausreichend dargelegt (§ 116 Abs. 3 Satz 3 FGO).

a) Bei der Rechtsfortbildungsrevision handelt es sich um einen speziellen Tatbestand der Grundsatzrevision. In den Fällen, in denen eine Entscheidung des Revisionsgerichts der Rechtsfortbildung dient, liegt deshalb regelmäßig auch eine Frage von grundsätzlicher Bedeutung i.S. des § 115 Abs. 2 Nr. 1 FGO vor (Gräber/Ruban, Finanzgerichtsordnung, 6. Aufl., § 116 Rz 38). Die Voraussetzungen und die Anforderungen an die Darlegung stimmen insoweit überein (vgl. Senatsbeschluss vom 7. September 2006 IV B 13/05, BFH/NV 2007, 27). Der Kläger muss daher eine hinreichend bestimmte Rechtsfrage darlegen, deren Klärung im Interesse der Allgemeinheit erforderlich ist und die im konkreten Streitfall klärungsfähig ist (vgl. u.a. Senatsbeschluss vom 7. September 2005 IV B 67/04, BFH/NV 2006, 234; Seer in Tipke/Kruse, Abgabenordnung, Finanzgerichtsordnung, § 115 FGO Rz 52).

b) Aus der Behauptung, es handele sich vorliegend nicht um zwei Teilbetriebe, sondern um zwei gesonderte, eigenständige Betriebe, lässt sich eine klärungsbedürftige Rechtsfrage nicht entnehmen. Zwar verweist der Kläger dazu auf die BFH-Urteile in BFH/NV 2001, 1248 und vom 9. November 2000 IV R 60/99 (BFHE 193, 433, BStBl II 2001, 101); er rügt jedoch lediglich, dass das FG nicht alle bedeutsamen Umstände erfasst und gegen die Denkgesetze verstoßen habe, weil die von der Landwirtschaftsverwaltung vergebene Betriebsnummer --entgegen der Auffassung des FG-- personen- und nicht betriebsbezogen sei. Daraus ergibt sich jedoch keine klärungsbedürftige Rechtsfrage. Im Übrigen handelt es sich um eine Hilfsbegründung des FG, wie sich der vorangestellten Formulierung in der angefochtenen Entscheidung "Dieses Ergebnis wird noch dadurch gestützt ..." entnehmen lässt. Es fehlt daher auch an der erforderlichen Entscheidungserheblichkeit (vgl. BFH-Beschluss vom 18. März 1999 VIII B 60/98, BFH/NV 1999, 1233; Gräber/Ruban, a.a.O., § 115 Rz 31).

2. Die Revision ist auch nicht zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung zuzulassen.

a) Die Zulassung der Revision nach § 115 Abs. 2 Nr. 2 2. Alternative FGO setzt wie bei der früheren Divergenzrüge voraus, dass das FG in einer Rechtsfrage von der Entscheidung eines anderen Gerichts abgewichen ist, dass dabei über dieselbe Rechtsfrage entschieden wurde und diese für beide Entscheidungen rechtserheblich war, dass die Entscheidungen zu gleichen oder vergleichbaren Sachverhalten ergangen sind, dass die abweichend beantwortete Rechtsfrage im Revisionsverfahren geklärt werden kann und dass eine Entscheidung des BFH zur Wahrung der Rechtseinheit erforderlich ist (Gräber/Ruban, a.a.O., § 115 Rz 48).

Nach § 116 Abs. 3 Satz 3 FGO müssen diese Voraussetzungen in der Begründung der Beschwerde dargelegt werden. Dazu ist es erforderlich, in der Beschwerdeschrift abstrakte Rechtssätze des erstinstanzlichen Urteils herauszustellen, die mit tragenden Rechtssätzen der Entscheidung eines anderen Gerichts nicht übereinstimmen (vgl. u.a. Senatsbeschluss vom 8. September 2005 IV B 23/04, BFH/NV 2006, 51, m.w.N.; Gräber/ Ruban, a.a.O., § 116 Rz 42). Mit dem Vorbringen, das FG habe den Sachverhalt falsch gewürdigt oder in seiner Entscheidung einen vom BFH oder einem anderen Gericht aufgestellten abstrakten Rechtssatz --ohne dessen Richtigkeit in Frage zu stellen-- im Ergebnis falsch auf den konkreten Sachverhalt angewendet, ist der Zulassungsgrund nicht schlüssig dargetan (Gräber/Ruban, a.a.O., § 116 Rz 42).

b) Eine Divergenz liegt aber auch nicht vor.

aa) Die angefochtene Entscheidung weicht vom Urteil des BFH in BFHE 193, 433, BStBl II 2001, 101 nicht ab. Zwar neigt der Senat nach dieser Entscheidung dazu, dass mit der Verpachtung des landwirtschaftlichen Teils eines land- und forstwirtschaftlichen Betriebs der für die Annahme von Teilbetrieben erforderliche Zusammenhang zwischen den beiden Nutzungen unterbrochen wird und zwei eigenständige Betriebe entstehen. Die Frage wurde jedoch ausdrücklich offengelassen, weil sie nicht entscheidungserheblich war, wie sich aus 2.a der Entscheidungsgründe ergibt. Ausführungen zu der vorliegend entscheidungserheblichen Frage, ob bei Beendigung der Verpachtung wieder zwei Teilbetriebe entstehen, enthält das Urteil nicht. Entgegen der Auffassung des Klägers lässt sich ein solcher Umkehrschluss daraus auch nicht ziehen. Denn der Senat ist lediglich von einer Unterbrechung, nicht von einer Beendigung des für die Annahme von Teilbetrieben erforderlichen Zusammenhangs durch die Verpachtung ausgegangen (BFH-Urteil in BFHE 193, 433, BStBl II 2001, 101, unter 2.a der Gründe). Eine Divergenz liegt daher nicht vor.

Das FG hat deshalb zutreffend auf eine Gesamtwürdigung der maßgeblichen Gesichtspunkte abgestellt, wobei es nahe liegt, dass der Hopfenanbaubetrieb nach Beendigung der Verpachtung wieder als Teilbetrieb innerhalb des land- und forstwirtschaftlichen Betriebs des Klägers anzusehen ist, wenn es sich dabei vor der Verpachtung --wie vorliegend-- um einen Teilbetrieb gehandelt hat. Dass dieser Betrieb während der Verpachtung als eigenständiger Betrieb anzusehen war, ergibt sich schon daraus, dass er von einem anderen Unternehmer --dem Pächter-- bewirtschaftet wurde; insoweit fehlt es an der Vergleichbarkeit mit dem Zustand nach Beendigung der Verpachtung.

bb) Es liegt auch keine Abweichung von dem BFH-Urteil in BFH/NV 2004, 753 vor, soweit § 141 Abs. 1 AO dem angefochtenen Urteil zufolge auf den Gesamtbetrieb abstellt und eine Mitteilung i.S. des § 141 Abs. 2 AO immer dann möglich und statthaft ist, wenn der Steuerpflichtige Bücher nicht für alle Betriebsteile führt. Dabei kann offenbleiben, ob die Grundsätze, die der Senat in jenem Urteil für den Erwerb eines insgesamt buchführungspflichtigen Eigentumsbetriebs durch den bis dahin nicht buchführenden Pächter von Teilflächen dieses Betriebs aufgestellt hat, sich auf den vorliegend umgekehrten Fall --der nicht buchführungspflichtige Eigentümer des Gesamtbetriebs übernimmt einen verpachteten, buchführungspflichtigen Teilbetrieb nach Beendigung der Verpachtung-- übertragen lassen (in diesem Sinne Leingärtner/Kanzler, Besteuerung der Landwirte, Kap. 21, Rz 110; Märkle/Hiller, Die Einkommensteuer bei Land- und Forstwirten, 9. Aufl., Rz 60).

Auch wenn die Buchführungspflicht nach § 141 Abs. 3 AO auf den gesamten Betrieb übergegangen ist, folgt daraus noch nicht ohne weiteres, dass die zusätzliche Mitteilung über das Bestehen der Buchführungspflicht rechtswidrig wäre. Weder ergibt sich daraus, dass die Mitteilung inhaltlich falsch wäre, noch ist eine Beschwer erkennbar, wenn sich der Kläger lediglich auf die ohnehin bestehende Buchführungspflicht beruft. Über eine Mitteilung nach § 141 Abs. 2 Satz 1 AO hatte der Senat im Urteil in BFH/NV 2004, 753 nicht zu entscheiden; das angefochtene Urteil weicht deshalb auch nicht davon ab. Eine derartige Rechtsfrage wäre vorliegend wegen des insoweit fehlenden Rechtsschutzbedürfnisses des Klägers auch nicht klärungsfähig.

3. Im Übrigen wendet sich der Kläger im Wesentlichen gegen die materielle Richtigkeit der Vorentscheidung und die vom FG vorgenommene Einzelfallwürdigung. Das reicht zur ordnungsgemäßen Darlegung eines Revisionszulassungsgrundes jedoch nicht aus (vgl. u.a. Senatsbeschluss in BFH/NV 2006, 234).

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