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Beginn der Entscheidung

Gericht: Bundesfinanzhof
Beschluss verkündet am 04.08.1999
Aktenzeichen: IV B 96/98
Rechtsgebiete: FGO, ZPO, BFHEntlG


Vorschriften:

FGO § 96 Abs. 1 Satz 1
FGO § 155
ZPO § 295
BFHEntlG Art. 1 Nr. 6
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Gründe

Von einer Darstellung des Tatbestands wird gemäß Art. 1 Nr. 6 des Gesetzes zur Entlastung des Bundesfinanzhofs abgesehen.

Die Beschwerde ist nicht begründet.

1. Es liegt kein Verstoß gegen § 96 Abs. 1 Satz 1 der Finanzgerichtsordnung (FGO) vor.

a) Die dortige Regelung, daß das Gericht nach seiner freien, aus dem Gesamtergebnis des Verfahrens gewonnenen Überzeugung entscheidet, ist nach der Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs (BFH) dahin auszulegen, daß neben dem Ergebnis der mündlichen Verhandlung auch der gesamte Akteninhalt vollständig zu berücksichtigen ist (vgl. z.B. BFH-Urteil vom 15. Dezember 1987 II R 130/85, BFH/NV 1989, 230; Gräber/von Groll, Finanzgerichtsordnung, 4. Aufl. 1997, § 96 Rz. 8). Ein Verstoß dagegen kann mit der Verfahrensrüge geltend gemacht werden. Kein Verfahrensfehler, sondern ein materieller Rechtsfehler liegt aber vor, wenn der Inhalt des Verfahrens zwar vollständig zur Kenntnis genommen, aber fehlerhaft gewürdigt wird. Dies gilt insbesondere für die Beweiswürdigung.

b) Die Beschwerde ist insoweit unzulässig, als materielle Rechtsfehler geltend gemacht werden. Mit seiner Rüge trägt der Kläger und Beschwerdeführer (Kläger) in zahlreichen Einzelpunkten vor, daß das Finanzgericht (FG) die Aussage des Zeugen, den Inhalt seiner eigenen Beteiligtenvernehmung und die vorgelegten Urkunden falsch gewürdigt habe. Darin liegt keine Geltendmachung eines Verfahrensfehlers, sondern falscher materieller Rechtsanwendung. Gleiches gilt für die Rüge, das FG habe bestimmten Tatsachen Bedeutung beigemessen, obwohl diese den Schluß auf eine Rechtsfolge nicht zuließen (Bedeutung des Eingangsstempels und des Briefumschlags). Auch andere Rügen betreffen Rechts- und nicht Verfahrensfehler, wie zur Wahrscheinlichkeit falscher Zustellung (Verstoß gegen Erfahrungssätze) oder zu den Schlußfolgerungen aus dem BFH-Urteil vom 6. September 1989 II R 233/85 (BFHE 158, 297, BStBl II 1990, 108).

c) Soweit gerügt wird, das FG hebe auf "Ungereimtheiten" in den Angaben des Klägers ab, ohne diese zu bezeichnen, liegt allerdings die statthafte Rüge eines Verstoßes gegen § 96 Abs. 1 Satz 1 FGO vor, denn es wird geltend gemacht, das Gericht habe nicht weniger, sondern mehr als den Inhalt des Verfahrens berücksichtigt. Indessen ist diese Rüge unbegründet. Denn das FG erläutert unmittelbar anschließend, worin es die "Ungereimtheiten" sieht, nämlich in der fehlenden Aufbewahrung des Briefumschlags, der nicht sofortigen Kontaktaufnahme mit dem Finanzamt und der Nichterwähnung der Klagefrist in der Klageschrift. Alle diese Umstände waren Gegenstand des Verfahrens. Ob ihnen die richtige Bedeutung beigemessen worden ist, darf im Beschwerdeverfahren nicht geprüft werden.

2. Soweit der Kläger einen Verstoß gegen den Grundsatz rechtlichen Gehörs rügt, ist die Rüge ebenfalls unbegründet. Denn ausweislich des Protokolls der mündlichen Verhandlung hat er umfassend Stellung nehmen können. Die Entscheidung des FG ist auch kein Überraschungsurteil, denn das Urteil ist nicht auf Gesichtspunkte gestützt, die nicht Gegenstand des Verfahrens waren. Welche Tatsachen als entscheidungserheblich angesehen wurden, ließ sich insbesondere auch den Vernehmungen des Zeugen und des Klägers selbst entnehmen. Soweit der Kläger weitere Beweisanträge hätte stellen wollen, wäre dazu bis zum Schluß der mündlichen Verhandlung hinreichend Gelegenheit gewesen. Insoweit hat er sein Rügerecht nach § 155 FGO i.V.m. § 295 der Zivilprozeßordnung verloren.

3. Die Verfahrensweise des FG war nicht willkürlich und verstieß auch nicht gegen Art. 103 Abs. 1 des Grundgesetzes, so daß dahinstehen kann, ob die insoweit erhobene Rüge neben den übrigen Verfahrensrügen eine eigenständige Bedeutung hat.

4. Die im Schriftsatz vom 24. November 1998 formulierten Rügen sind verspätet, soweit sie überhaupt inhaltlich über das hinausgehen sollten, was unter Bezugnahme auf § 96 Abs. 1 Satz 1 FGO rechtzeitig gerügt worden ist.

Ende der Entscheidung

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