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Gericht: Bundesfinanzhof
Beschluss verkündet am 21.05.2001
Aktenzeichen: IV B 99/00
Rechtsgebiete: FGO, GKG


Vorschriften:

FGO § 72 Abs. 2 Satz 2
FGO § 128 a.F.
FGO § 72 Abs. 2 Satz 3
FGO § 143 Abs. 2
GKG § 8 Abs. 1
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Gründe:

Die Kläger und Beschwerdeführer (Kläger) wurden in den Streitjahren (1991 und 1992) als Eheleute zusammen zur Einkommensteuer veranlagt. Der Kläger arbeitete als selbständiger ... Der Beklagte und Beschwerdegegner (das Finanzamt --FA--) sah diese Tätigkeit als eine gewerbliche an und erließ einen Gewerbesteuer-Messbescheid gegen den Kläger. Ein Klageverfahren gegen den Gewerbesteuer-Messbescheid 1991 war unter dem Az. 12 K 489/96 beim Finanzgericht (FG) anhängig. Eine Klage wegen Einkommensteuer 1991 und 1992 wurde unter dem Az. 12 K 490/96 geführt.

Das FG bestimmte in beiden Klageverfahren Termin zur mündlichen Verhandlung auf den 14. Juni 2000. Durch Beschluss vom 7. Juni 2000 stellte das FG das Klageverfahren 12 K 490/96 wegen Einkommensteuer 1991 und 1992 ein, da die Klage zurückgenommen worden sei.

Mit Telefax vom 11. Juni 2000 legte der damalige Prozessbevollmächtigte der Kläger Beschwerde gegen den Einstellungsbeschluss ein, die er trotz Ankündigung nicht begründete. Das FG half der Beschwerde nicht ab.

Mit Schreiben vom 19. April 2001 begründete die jetzige Prozessbevollmächtigte der Kläger die Beschwerde, wobei sie davon ausging, dass sich diese auf beide Klageverfahren, nämlich 12 K 490/96 wegen Einkommensteuer 1991/92 und 12 K 489/96 wegen Gewerbesteuer-Messbetrags 1991, beziehe, wie folgt: Der damalige Prozessbevollmächtigte der Kläger habe die Klage kurz vor der Terminierung zur mündlichen Verhandlung ohne Rücksprache mit den Klägern zurückgenommen. Er sei zu dieser Zeit gesundheitlich bereits so geschwächt gewesen, dass er die Folgen seines Handelns nicht mehr übersehen habe.

Die Beschwerde gegen die Einstellung des Verfahrens 12 K 490/96 wegen Einkommensteuer 1991 und 1992 ist zulässig und begründet. Sie führt zur Aufhebung des Einstellungsbeschlusses und zur Zurückverweisung der Sache an das FG.

1. Gemäß Art. 4 des Zweiten Gesetzes zur Änderung der Finanzgerichtsordnung und anderer Gesetze (2.FGOÄndG) vom 19. Dezember 2000 (BGBl I 2000, 1757) richtet sich die Zulässigkeit der Beschwerde nach den bis zum 31. Dezember 2000 geltenden Vorschriften der Finanzgerichtsordnung (FGO), da der angefochtene Beschluss vor dem 1. Januar 2001 zugestellt wurde.

Gegen einen Einstellungsbeschluss nach § 72 Abs. 2 Satz 2 FGO war gemäß § 128 FGO a.F. die Beschwerde statthaft, mit der die Unwirksamkeit der Klagerücknahme geltend gemacht werden konnte. Wurde mit einer Beschwerde die Unwirksamkeit der Klagerücknahme geltend gemacht, musste das FG nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs (BFH) der Beschwerde in der Regel abhelfen, um das Klageverfahren fortzusetzen und über die Wirksamkeit der Klagerücknahme zu entscheiden. Half es der form- und fristgerecht eingelegten Beschwerde nicht ab, so hatte der BFH den Einstellungsbeschluss aufzuheben und die Sache zur Fortsetzung des Verfahrens an das FG zurückzuverweisen (ständige Rechtsprechung, vgl. BFH-Beschlüsse vom 19. Januar 1972 II B 26/69, BFHE 104, 291, BStBl II 1972, 352; vom 6. April 1992 IV B 167/91, BFH/NV 1992, 681; vom 11. März 1999 X B 91/98, BFH/NV 1999, 1227, jeweils m.w.N.). Dies galt auch dann, wenn die Beschwerde zum Zeitpunkt der Nichtabhilfeentscheidung des FG (noch) nicht begründet worden war (vgl. BFH-Beschluss in BFH/NV 1999, 1227).

Im Streitfall hat der damalige Prozessbevollmächtigte der Kläger mit Schreiben vom 11. Juli 2000 ausdrücklich Beschwerde (nur) gegen den Einstellungsbeschluss in dem Klageverfahren 12 K 490/96 wegen Einkommensteuer 1991 und 1992 erhoben. Aufgrund dieser form- und fristgerecht eingelegten Beschwerde hebt der erkennende Senat den Einstellungsbeschluss in diesem Verfahren auf. Das FG hat nunmehr entweder sachlich über die Klage zu entscheiden oder festzustellen, dass die Klage wirksam zurückgenommen worden ist.

2. Da die Beschwerde von einem sachkundigen Prozessbevollmächtigten ausdrücklich nur in Bezug auf das Klageverfahren 12 K 490/96 wegen Einkommensteuer 1991 und 1992 eingelegt wurde, kann sie nicht dahin gehend ausgelegt werden, dass sie auch einen etwaigen Einstellungsbeschluss in dem Klageverfahren 12 K 489/96 wegen Gewerbesteuer-Messbetrags 1991 betrifft. Gegen eine Auslegung der Beschwerde über ihren klaren Wortlaut hinaus spricht nicht zuletzt die Tatsache, dass die Einlegung einer Beschwerde zur Wahrung des Interesses der Kläger an einer Fortsetzung des Klageverfahrens auch in Sachen Gewerbesteuer-Messbetrag nicht erforderlich war, weil neben der Beschwerde auch ein --nicht an die Beschwerdefrist gebundener-- Antrag auf Fortsetzung des Verfahrens zulässig gewesen wäre (§ 72 Abs. 2 Satz 3 FGO; s. auch BFH-Beschluss vom 22. November 1991 IX B 44/90, BFH/NV 1992, 329, m.w.N.; Stöcker in Beermann, Steuerliches Verfahrensrecht, Kommentar, § 72 FGO Rz. 57).

3. Zwar wendet sich die Beschwerdebegründung vom 19. April 2001 auch gegen einen Einstellungsbeschluss in dem Klageverfahren wegen Gewerbesteuer-Messbetrags. Da der betreffende Schriftsatz jedoch erst geraume Zeit nach Ablauf der Beschwerdefrist einging, ist die Beschwerdebegründung nicht dahin gehend auszulegen, dass hierdurch eine weitere Beschwerde gegen einen etwaigen Einstellungsbeschluss in dem Klageverfahren 12 K 489/96 wegen Gewerbesteuer-Messbescheids 1991 eingelegt wurde. Vielmehr ist die Beschwerdebegründung insoweit als ein Antrag auf Fortsetzung des Klageverfahrens 12 K 489/96 wegen Gewerbesteuer-Messbescheids 1991 i.S. des § 72 Abs. 2 Satz 3 FGO auszulegen, über den das FG in eigener Zuständigkeit zu entscheiden hat (vgl. BFH-Beschluss in BFH/NV 1992, 329; Stöcker in Beermann, a.a.O., § 72 FGO Rz. 58).

4. Die Übertragung der Kostenentscheidung auf das FG hinsichtlich der außergerichtlichen Kosten des Beschwerdeverfahrens beruht auf der entsprechenden Anwendung des § 143 Abs. 2 FGO.

Gerichtskosten für das Beschwerdeverfahren werden gemäß § 8 Abs. 1 des Gerichtskostengesetzes nicht erhoben, da sie bei richtiger Behandlung der Beschwerde durch das FG nicht entstanden wären (vgl. BFH-Beschlüsse vom 17. April 1996 I B 6/96, BFH/NV 1996, 827, m.w.N., und in BFH/NV 1999, 1227).



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