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Gericht: Bundesfinanzhof
Urteil verkündet am 26.06.2003
Aktenzeichen: IV R 12/02
Rechtsgebiete: BGB, EStG


Vorschriften:

BGB § 652
EStG § 18 Abs. 1 Nr. 1
EStG § 18 Abs. 1 Nr. 1 Satz 2
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Gründe:

Der Kläger und Revisionskläger (Kläger) ist Dipl.-Ing.(FH) im Fachbereich Maschinenbau. Nach Abschluss seines Studiums war er zunächst als Vertriebsingenieur, anschließend unterrichtend und danach als Leiter von Personalabteilungen in Industrieunternehmen tätig. Seit Anfang des Streitjahrs (1991) ist der Kläger selbständig als Unternehmensberater auf dem Gebiet der Personalberatung tätig. Nach seinen Angaben führte er im Streitjahr an ca. 75 Tagen Seminare auf dem Gebiet der Personalwirtschaft durch und war im Übrigen von Unternehmen und öffentlichen Einrichtungen mit Beratungen in personalwirtschaftlichen Strukturfragen sowie mit der Suche von Führungskräften beauftragt. Der Beklagte und Revisionsbeklagte (das Finanzamt --FA--) behandelte die Einkünfte aus der Seminartätigkeit als freiberuflich, die übrigen Einkünfte als gewerblich. Gegen den Gewerbesteuermessbescheid erhob der Kläger erfolglos Einspruch. Auch die Klage blieb ohne Erfolg.

Das in Entscheidungen der Finanzgerichte (EFG) 2002, 325 veröffentlichte Urteil des Finanzgerichts (FG) wurde dem Bevollmächtigten des Klägers am 4. Januar 2002 zugestellt. Nachdem die Begründung der zugelassenen und rechtzeitig eingelegten Revision am 4. März 2002 noch nicht eingegangen war, wies der Vorsitzende des erkennenden Senats den Bevollmächtigten mit Schreiben vom 12. März 2002, zugestellt am Folgetag, auf den Ablauf der Begründungsfrist hin.

Mit am 27. März 2002 per Telefax eingegangenem Schreiben beantragt der Bevollmächtigte Wiedereinsetzung in den vorigen Stand der Revisionsbegründungsfrist. Hierzu trägt er unter Vorlage einer entsprechenden eidesstattlichen Versicherung vor, er habe die Begründungsfrist zusammen mit einer Vorfrist auf den 1. März 2002 in sein Fristenbuch eingetragen. Am 1. März 2002 habe er festgestellt, dass er zur Bearbeitung der Revisionsbegründung noch nicht alle Literatur und Rechtsprechung beschafft habe. Deshalb habe er einen Fristverlängerungsantrag bis zum 4. April 2002 verfertigt. Den Brief habe er nicht --wie üblich-- vorab per Fax übersandt, weil er wegen einer plötzlich erforderlich gewordenen Flugreise seiner Lebensgefährtin in Zeitnot geraten sei. Er habe den Brief in einen Umschlag gesteckt, um ihn auf dem Weg zum Flughafen aufzugeben. Es sei ihm dann aber doch gelungen, den Brief noch zu frankieren und in den Briefkasten gegenüber den Kanzleiräumen zu werfen. Am Abend des 4. März 2002 habe er die Versendung des Schreibens in seinen Kalender, den er auch als Postausgangsbuch nutze, eingetragen und die Frist im Fristenkontrollbuch ausgetragen. Da er bis zum Eingang des Vorsitzendenschreibens keine andere Nachricht erhalten habe, müsse er davon ausgehen, dass der Brief auf dem Postweg verloren gegangen sei. Kopien des Fristenkontrollbuchs und der Postausgangseintragung im Kalender waren dem Wiedereinsetzungsantrag ebenso wie eine Abschrift des Fristverlängerungsantrags beigefügt.

Ebenfalls noch am 27. März 2002 ging per Telefax die Revisionsbegründung ein, mit der die Verletzung des § 18 Abs. 1 Nr. 1 Satz 2 des Einkommensteuergesetzes (EStG) gerügt wird.

Der Kläger beantragt, die Vorentscheidung und den Gewerbesteuermessbescheid in Gestalt der Einspruchsentscheidung aufzuheben.

Das FA beantragt, die Revision als unzulässig zu verwerfen, hilfsweise sie als unbegründet zurückzuweisen.

Die Revision ist zulässig, aber unbegründet und war deshalb zurückzuweisen (§ 126 Abs. 2 der Finanzgerichtsordnung --FGO--).

1. Die Revision ist zulässig. Dem Kläger war Wiedereinsetzung in den vorigen Stand der Frist zur Begründung der Revision (§ 120 Abs. 2 Satz 1 FGO) zu gewähren.

Wiedereinsetzung ist auf Antrag zu gewähren, wenn jemand ohne Verschulden an der Einhaltung einer gesetzlichen Frist gehindert war (§ 56 Abs. 1 FGO). Dies setzt in formeller Hinsicht voraus, dass innerhalb einer Frist von zwei Wochen nach Wegfall des Hindernisses die versäumte Rechtshandlung nachgeholt und diejenigen Tatsachen vorgetragen und im Verfahren über den Antrag durch präsente Beweismittel glaubhaft gemacht werden, aus denen sich die schuldlose Verhinderung ergeben soll (§ 56 Abs. 2 FGO; Urteil des Bundesfinanzhofs --BFH-- vom 27. März 1985 II R 118/83, BFHE 144, 1, BStBl II 1985, 586; BFH-Beschluss vom 7. Februar 2002 VII B 150/01, BFH/NV 2002, 795, m.w.N.). Materiell darf den Prozessbeteiligten bzw. dessen Bevollmächtigten (vgl. § 155 FGO i.V.m. § 85 Abs. 2 der Zivilprozessordnung --ZPO--) keinerlei Verschulden an der Versäumung der Frist treffen.

Diese Voraussetzungen sind erfüllt. In formeller Hinsicht ist der Antrag auf Wiedereinsetzung innerhalb der Frist von zwei Wochen seit Erhalt der Mitteilung des BFH über den Ablauf der Revisionsbegründungsfrist gestellt worden. Dem Antrag waren eine eidesstattliche Versicherung des Bevollmächtigten sowie Kopien des verloren gegangenen Schreibens, des Postausgangsbuchs und des Fristenkontrollbuchs beigefügt. Die Revisionsbegründung ging ebenfalls noch innerhalb der Zwei-Wochen-Frist ein. In der Sache hält es der erkennende Senat für hinreichend glaubhaft gemacht, dass der Bevollmächtigte ohne Verschulden an der rechtzeitigen Begründung der Revision gehindert war. Hat der Bevollmächtigte rechtzeitig einen erstmaligen und begründeten Antrag auf Verlängerung der Revisionsbegründungsfrist um einen weiteren Monat gestellt, kann er bis zum Erhalt der Entscheidung über den Antrag davon ausgehen, dass die Fristverlängerung gewährt wird. Läuft die Frist ab, weil der Verlängerungsantrag das Gericht nicht erreicht hat, ist der Bevollmächtigte an der Einhaltung der Begründungsfrist ohne Verschulden gehindert. Im Streitfall hat der Bevollmächtigte die Absendung des Briefs vom 1. März 2002 mit einem Fristverlängerungsantrag durch seine eidesstattliche Versicherung mit ausführlicher Beschreibung des Geschehensablaufs hinreichend glaubhaft gemacht. Zur zusätzlichen Sendung eines Telefaxes war der Bevollmächtigte angesichts des zeitlichen Abstands bis zum regulären Fristablauf nicht verpflichtet.

2. Die Revision hat aber in der Sache keinen Erfolg. Das FG hat die Einkünfte des Klägers aus der Personalvermittlung zutreffend als Einkünfte aus Gewerbebetrieb angesehen.

Zu den Einkünften aus selbständiger Arbeit gehören nach § 18 Abs. 1 Nr. 1 Satz 2 EStG u.a. auch die Einkünfte aus der selbständigen Berufstätigkeit der Ingenieure und beratenden Betriebswirte. Der Kläger übt mit der Personalvermittlung jedoch keine dieser beiden Berufstätigkeiten aus.

a) Der Kläger hat zwar den Beruf des Ingenieurs erlernt. Die Personalvermittlung gehört aber nicht zu den Kernbereichen des Ingenieurberufs und kann deshalb nicht zu Einkünften i.S. des § 18 Abs. 1 Nr. 1 EStG führen. Kernbereiche des Ingenieurberufs sind: Forschung, Lehre, Entwicklung, Versuchs- und Prüfungswesen, Projektierung, Berechnung, Konstruktion, Gestaltung, Fertigung und Betrieb, Vertrieb, Montage, Instandhaltung, Kundendienst, technische Verwaltung und Betriebsführung (BFH-Urteil vom 11. Juni 1985 VIII R 254/80, BFHE 144, 62, BStBl II 1985, 584, Nr. 2 b, dd der Gründe). Personalangelegenheiten können danach nur insoweit zur Berufstätigkeit als Ingenieur i.S. des § 18 Abs. 1 Nr. 1 EStG gehören, als sie Bestandteil der Betriebsführung sind. Die Vermittlung von Personal gegen Erfolgshonorar durch einen betriebsfremden Berater gehört folglich nicht zum Kernbereich des Ingenieurberufs, auch wenn sich die Vermittlung auf technisches Fachpersonal bezieht. Der Vermittlungsvertrag stellt sich zivilrechtlich als Maklervertrag (§ 652 des Bürgerlichen Gesetzbuchs) dar, der nach der Rechtsprechung des BFH als rein gewerblich behandelt wird, selbst wenn er --wie auch im Streitfall-- mit einer nicht trennbaren Beratungsleistung verbunden ist (BFH-Urteil vom 19. September 2002 IV R 70/00, BFHE 200, 49, BStBl II 2003, 25). Dass der Vermittler besondere Fachkenntnisse auf dem Gebiet eines Katalogberufs für seine Tätigkeit benötigt, rechtfertigt nicht eine Behandlung der Einkünfte aus der Vermittlungstätigkeit als solche aus freiberuflicher Tätigkeit.

b) Es kann dahinstehen, ob der Kläger über die erforderlichen Kenntnisse verfügt, um eine dem beratenden Betriebswirt ähnliche Tätigkeit auszuüben. Denn selbst wenn er ausgebildeter Betriebswirt wäre, könnte seine Vermittlungstätigkeit nicht als freiberuflich behandelt werden. Der erkennende Senat hat in Bestätigung des vom FG und den Beteiligten zitierten Urteils des FG Düsseldorf vom 16. August 2000 7 K 7550/96 G (EFG 2000, 1390) mit Urteil in BFHE 200, 49, BStBl II 2003, 25 entschieden, dass ein als Personalberater tätiger Diplom-Kaufmann, der seinen Auftraggebern von ihm ausgesuchte Kandidaten für eine zu besetzende Stelle gegen Honorar vermittelt, gewerblich tätig ist. Demgemäß könnte der Kläger als Personalvermittler auch keinen dem beratenden Betriebswirt ähnlichen Beruf ausüben.

Ende der Entscheidung

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