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Gericht: Bundesfinanzhof
Urteil verkündet am 28.08.2003
Aktenzeichen: IV R 20/02
Rechtsgebiete: EStG
Vorschriften:
EStG § 16 Abs. 3 |
Gründe:
Die Kläger und Revisionskläger (Kläger) sind die ehemaligen Gesellschafter der Firma B OHG (OHG). Die OHG wurde mit Vertrag vom 30. August 1961 gegründet und am 5. November 1999 im Handelsregister gelöscht. Unternehmensgegenstand war zunächst der Großhandel mit ... im eigenen Betriebsgebäude (Grundstück B). Im Jahr 1980 stellte die OHG ihre werbende Tätigkeit ein. Sie vermietete mit Mietvertrag vom 10. Dezember 1979 das Betriebsgrundstück (B) an eine Druckerei. Aus dem am 31. März 1982 aufgestellten Jahresabschluss für das Rumpfgeschäftsjahr 1. September 1980 bis 31. Dezember 1980 ergab sich, dass die Rechtsform als OHG bestehen blieb. Das --bisher abweichende-- Wirtschaftsjahr wurde auf das Kalenderjahr umgestellt.
Die Bilanz wies zum 31. Dezember 1980 u.a. folgende Aktiva aus:
Grundstücke und Gebäude
B 58 050,00 DM H 25 766,00 DM Fuhrpark 10 140,00 DM Beteiligungen 5 000,00 DM Vorräte 1 749,14 DM Forderungen aus L.u.L. 6 882,81 DM
Aus den Unterlagen ist nicht ersichtlich, wann das Grundstück H aus dem Betriebsvermögen ausgeschieden ist.
Die Gewinn- und Verlustrechnung für den Zeitraum 1. September bis 31. Dezember 1980 weist u.a. folgende Posten aus:
Umsatzerlöse 1 391,86 DM Wareneingang 405,58 DM ./. Leergut 65,98 DM
sonstige Erträge u.a.
Mieteinnahmen B 6 000,00 DM Mieteinnahmen H 2 800,00 DM a.o. Ertrag Anlagenabgang 176,00 DM
Unter der Rubrik Gewinnverteilung für das Rumpfgeschäftsjahr 1. September 1980 bis 31. Dezember 1980 ist angemerkt, dass die Fahrten zwischen Wohnung und Betrieb entfallen, da der Betrieb verpachtet sei.
In dem mit der Druckerei abgeschlossenen Mietvertrag für das Grundstück B verpflichtete sich die OHG, diverse Reparatur- und Instandsetzungsarbeiten durchführen zu lassen. Aus der Anlage zum Mietvertrag geht u.a. hervor, dass die Mieterin berechtigt ist, kleine bauliche Umgestaltungen der Mieträume vorzunehmen.
Die OHG reichte beim Beklagten und Revisionsbeklagten (Finanzamt --FA--) für die Jahre 1980 bis 1994 Feststellungs- bzw. Steuererklärungen sowie Jahresabschlüsse ein. Sie erklärte weiterhin Einkünfte aus Gewerbebetrieb. Am 21. Mai 1997 gab die OHG die Erklärung zur einheitlichen und gesonderten Feststellung der Einkünfte für das Jahr 1995 ab. Die Erklärung wies einen laufenden Gewinn aus Gewerbebetrieb von 12 083 DM sowie einen Veräußerungs- bzw. Aufgabegewinn in Höhe von 348 296 DM aus. Der Veräußerungs- bzw. Aufgabegewinn ergab sich aus der Beilage zur Ermittlung des Aufgabeergebnisses zum 31. Dezember 1995 wie folgt:
Entnahmewert Grundstück und Gebäude B
Jahresmiete 31 924,71 DM x 12, gerundet
383 096 DM abzüglich Abgang Restbuchwerte
Grundstück B 11 055 DM Gebäude B 23 745 DM Aufgabegewinn 348 296 DM
Das FA teilte daraufhin mit, dass der Aufgabegewinn erst im Feststellungszeitraum 1997 (Streitjahr) zu erfassen sei, weil erst zu diesem Zeitpunkt dem FA die Erklärung über die Aufgabe des Gewerbebetriebs mit der Steuererklärung zugegangen sei. Für das Jahr 1997 reichte die OHG keine Feststellungserklärung ein. Das FA erließ daraufhin einen Bescheid über die gesonderte und einheitliche Feststellung der Einkünfte 1997 und schätzte die Besteuerungsgrundlagen (Einkünfte aus Gewerbebetrieb) gemäß § 162 der Abgabenordnung (AO 1977) auf 470 234 DM. Es ergab sich ein laufender Gewinn von 5 034 DM und ein Veräußerungs- (Aufgabe-)gewinn von 465 200 DM. Gegen diesen Feststellungsbescheid legte die OHG Einspruch ein mit der Begründung, sie habe bereits im Jahre 1980 die werbende Tätigkeit endgültig eingestellt, weil anlässlich der Verpachtung die wesentlichen Betriebsgrundlagen so umgestaltet worden seien, dass sie nicht mehr in der bisherigen Form hätten genutzt werden können. Mithin liege eine Zwangsaufgabe vor.
Das Einspruchsverfahren blieb ohne Erfolg. Im Streitfall sei, so führte das FA in der Einspruchsentscheidung aus, in der Vermietung des zuvor betrieblich genutzten Grundstücks B im Jahre 1980 an eine Druckerei eine Betriebsunterbrechung in Form einer Betriebsverpachtung zu sehen, die nicht zur Aufdeckung der stillen Reserven geführt habe. Denn die gewerblich genutzten Räume hätten allein den wesentlichen Betriebsgegenstand gebildet, der dem Großhandel das Gepräge gegeben habe. Anders als bei einem Produktionsbetrieb seien bei einem Einzel- oder Großhandel die Lage der Geschäftsräume und der durch diese Lage bestimmte Kundenkreis im Verhältnis zu Wirtschaftsgütern wie Inventar und Warenbestand von entscheidender Bedeutung. Für eine erneute Gewerbeausübung in Form eines Großhandels seien die geeigneten Räumlichkeiten nach wie vor vorhanden gewesen und die Einrichtungsgegenstände sowie der Warenbestand hätten jederzeit kurzfristig wiederbeschafft werden können. Auch dem Mietvertrag sei nicht zu entnehmen, dass derart gravierende Umbaumaßnahmen erforderlich gewesen wären, die einer Fortführung des Großhandels entgegengestanden hätten.
Mit der Klage haben die Kläger, nachdem die OHG zwischenzeitlich erloschen war, vorgetragen, bereits aus den Bilanzen 1980 und 1981 sei ersichtlich gewesen, dass wegen des fehlenden Übergangs des Warenbestands, der Verkäufe von Einrichtungsgegenständen und der Aufgabe des Kundenstamms kein ganzer Betrieb verpachtet worden sei. In den Steuererklärungen seien jeweils Mieteinnahmen und keine Pachteinnahmen erklärt, so dass das FA von einer Betriebsaufgabe hätte ausgehen müssen. Die Auffassung, die OHG habe mit dem einzigen Vermögensgegenstand B jederzeit wieder einen Großhandel beginnen können, gehe fehl. Infolge der vorangegangenen Aufgabe des Betriebs Großhandel und des Abschlusses eines Mietvertrags mit einer Druckerei auf die Dauer von 10 Jahren fehlten bei nachfolgender Wiederaufnahme vor allem die immateriellen Vermögensgegenstände, insbesondere der Kundenstamm als eine der wesentlichsten Betriebsgrundlagen.
Spätestens im Kalenderjahr 1995 hätte eine Besteuerung der stillen Reserven erfasst werden müssen, weil dem FA die Voraussetzungen der Zwangsaufgabe 1980 bekannt gewesen seien und ein Wahlrecht zur Betriebsverpachtung nicht bestanden habe. Die Besteuerung hätte somit zumindest bei der nächsten noch offenen Veranlagung, also 1995, erfolgen müssen.
Das Finanzgericht (FG) hat die Klage abgewiesen (Urteil des FG Nürnberg vom 25. Januar 2001 I 1/2000, Deutsches Steuerrecht/ Entscheidungsdienst --DStRE-- 2001, 521).
Hiergegen richtet sich die Revision der Kläger, die auf die Verletzung materiellen Rechts gestützt wird.
Das FA hat am 8. Juli 2003 einen geänderten Gewinnfeststellungsbescheid 1997 erlassen, von dem die hier streitige Frage nicht betroffen ist.
Die Kläger beantragen sinngemäß,
das angefochtene Urteil und die Einspruchsentscheidung des FA vom 29. November 1999 aufzuheben und den Gewinnfeststellungsbescheid 1997 betreffend die B OHG vom 8. Juli 2003 in der Weise zu ändern, dass ein Aufgabegewinn nicht erfasst wird.
Das FA beantragt,
die Revision zurückzuweisen.
Die Beteiligten haben übereinstimmend auf mündliche Verhandlung verzichtet.
I. Das angefochtene Urteil ist aus verfahrensrechtlichen Gründen aufzuheben. Es entschied über den Gewinnfeststellungsbescheid vom 29. Juli 1998 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 29. November 1999. An die Stelle dieses Bescheids trat während des Revisionsverfahrens der Änderungsbescheid vom 8. Juli 2003. Damit liegt dem FG-Urteil ein nicht mehr existierender Bescheid zugrunde mit der Folge, dass auch das FG-Urteil keinen Bestand haben kann (s. dazu das Senatsurteil vom 23. Januar 2003 IV R 71/00, BFHE 201, 269, BFH/NV 2003, 859).
Der Bescheid vom 8. Juli 2003 wurde nach § 68 Satz 1 der Finanzgerichtsordnung (FGO) Gegenstand des Revisionsverfahrens. Da sich hinsichtlich der streitigen Punkte durch die Bescheidänderung keine Änderungen ergeben und die Kläger auch keinen weiter gehenden Antrag gestellt haben, bedarf es keiner Zurückverweisung der Sache gemäß § 127 FGO. Das finanzgerichtliche Verfahren leidet nicht an einem Verfahrensmangel, so dass die vom FG getroffenen tatsächlichen Feststellungen durch die Aufhebung des Urteils nicht weggefallen sind; sie bilden daher nach wie vor die Grundlage für die Entscheidung des Senats (Senatsurteil in BFHE 201, 269, BFH/NV 2003, 859).
II. Der erkennende Senat entscheidet aufgrund seiner Befugnis aus den §§ 121 und 100 FGO in der Sache selbst (§ 126 Abs. 2 FGO).
Die Klage ist unbegründet.
Die Entscheidung des FG, der zufolge der Gewerbebetrieb der OHG weder 1980 noch 1995, sondern erst bei Abgabe der Aufgabeerklärung im Streitjahr (1997) aufgegeben wurde, ist revisionsrechtlich nicht zu beanstanden.
1. a) Stellt ein Unternehmer seine werbende gewerbliche Tätigkeit ein, so liegt darin nicht notwendigerweise eine Betriebsaufgabe. Die Einstellung kann auch nur als Betriebsunterbrechung zu beurteilen sein, die den Fortbestand des Betriebes unberührt lässt (Urteil des Bundesfinanzhofs --BFH-- vom 27. Februar 1985 I R 235/80, BFHE 143, 436, BStBl II 1985, 456). Die Betriebsunterbrechung kann darin bestehen, dass der Betriebsinhaber die wesentlichen Betriebsgrundlagen --in der Regel einheitlich an einen anderen Unternehmer-- verpachtet oder darin, dass er die gewerbliche Tätigkeit ruhen lässt. Wird keine Aufgabeerklärung abgegeben, so geht die Rechtsprechung davon aus, dass die Absicht besteht, den unterbrochenen Betrieb künftig wieder aufzunehmen, sofern die zurückbehaltenen Wirtschaftsgüter dies ermöglichen (BFH-Beschluss vom 13. November 1963 GrS 1/63 S, BFHE 78, 315, BStBl III 1964, 124; BFH-Urteil in BFHE 143, 436, BStBl II 1985, 456).
b) Die Verpachtung eines Gewerbebetriebes führt danach nicht zwangsläufig zu einer Betriebsaufgabe und damit zur Aufdeckung der stillen Reserven. Die im Betriebsvermögen enthaltenen stillen Reserven sind dann nicht aufzudecken, wenn der Steuerpflichtige zwar selbst seine werbende Tätigkeit einstellt, aber entweder den Betrieb im Ganzen als geschlossenen Organismus oder zumindest alle wesentlichen Grundlagen des Betriebs verpachtet (grundlegend BFH-Beschluss in BFHE 78, 315, BStBl III 1964, 124; s. auch BFH-Urteil vom 26. März 1991 VIII R 73/87, BFH/NV 1992, 227, 228) und gegenüber den Finanzbehörden nicht ausdrücklich, d.h. klar und eindeutig, die Aufgabe des Betriebes erklärt (ständige Rechtsprechung, vgl. z.B. BFH-Urteil vom 17. April 1997 VIII R 2/95, BFHE 183, 385, BStBl II 1998, 388, m.w.N.).
c) Für die Anerkennung der gewerblichen Verpachtung reicht es aus, dass die wesentlichen, dem Betrieb das Gepräge gebenden Betriebsgegenstände verpachtet werden (ständige Rechtsprechung, vgl. z.B. BFH-Urteil in BFHE 183, 385, BStBl II 1998, 388, m.w.N.). Dabei kommt es für die Beantwortung der Frage, was unter den wesentlichen Betriebsgrundlagen zu verstehen ist, auf die Verhältnisse des verpachtenden, nicht auf diejenigen des pachtenden Unternehmens an (Senatsurteil vom 15. Dezember 1988 IV R 36/84, BFHE 155, 538, BStBl II 1989, 363 unter 4.a).
d) Eine Betriebsverpachtung setzt danach u.a. voraus, dass der Steuerpflichtige dem Pächter einen Betrieb zur Nutzung überlässt, den der Pächter im Wesentlichen fortsetzen kann (vgl. BFH-Urteil vom 26. Juni 1975 IV R 122/71, BFHE 116, 540, BStBl II 1975, 885). Dem Verpächter muss objektiv die Möglichkeit verbleiben, den "vorübergehend" eingestellten Betrieb als solchen wieder aufzunehmen und fortzuführen (vgl. BFH-Urteile vom 15. Oktober 1987 IV R 66/86, BFHE 152, 62, BStBl II 1988, 260; in BFH/NV 1992, 227, 228, und in BFHE 183, 385, BStBl II 1998, 388).
e) Auf der anderen Seite führt nach der Rechtsprechung des BFH die Veräußerung wesentlicher Teile des Betriebsvermögens auch ohne ausdrückliche Erklärung zur Betriebsaufgabe mit der Folge, dass dann nur noch die einzelnen, dem Privatvermögen zuzurechnenden Gegenstände verpachtet sind (BFH-Urteile vom 19. Januar 1983 I R 84/79, BFHE 138, 50, BStBl II 1983, 412, 413; vom 21. Mai 1992 X R 77-78/90, BFH/NV 1992, 659; vom 22. Oktober 1992 III R 7/91, BFH/NV 1993, 358, 359; in BFHE 183, 385, BStBl II 1998, 388, m.w.N.).
f) Wird nur das Betriebsgrundstück, ggf. in Verbindung mit Betriebsvorrichtungen, verpachtet, so liegt nur dann eine Betriebsverpachtung vor, wenn das Grundstück die alleinige wesentliche Betriebsgrundlage darstellt (BFH-Urteile vom 13. Dezember 1983 VIII R 90/81, BFHE 140, 526, BStBl II 1984, 474, 479; vom 27. März 1987 III R 214/83, BFH/NV 1987, 578, 579; vom 28. September 1995 IV R 39/94, BFHE 179, 75, BStBl II 1996, 276, 277 und 279; in BFHE 183, 385, BStBl II 1998, 388; vom 11. Mai 1999 VIII R 72/96, BFHE 188, 397, BStBl II 2002, 722). Die ältere Rechtsprechung hat dies als Ausnahme betrachtet (vgl. zuletzt BFH-Urteil in BFHE 183, 385, BStBl II 1998, 388 mit ausführlichen Nachweisen). Demgegenüber geht die neuere Rechtsprechung davon aus, dass jedenfalls bei Groß- und Einzelhandelsunternehmen sowie bei Hotel- und Gaststättenbetrieben --im Gegensatz zum produzierenden Gewerbe-- die gewerblich genutzten Räume regelmäßig den wesentlichen Betriebsgegenstand bilden, die dem Handelsgeschäft das Gepräge geben (BFH-Urteile vom 11. Februar 1999 III R 112/96, BFH/NV 1999, 1198 --Großhandel--; vom 20. Dezember 2000 XI R 26/00, BFH/NV 2001, 1106 --Hotel und Gaststätte--; FG Baden-Württemberg, Urteil vom 12. Juli 2000 2 K 307/98, Entscheidungen der Finanzgerichte --EFG-- 2000, 1068, Zulassung der Revision abgelehnt durch BFH-Beschluss vom 13. Dezember 2000 VIII B 84/00, juris --Einzelhandel--; Niedersächsisches FG, Urteil vom 2. März 1999 VII 668/94, EFG 2000, 170, Zulassung der Revision abgelehnt durch BFH-Beschluss vom 13. Dezember 2000 X B 112/99, BFH/NV 2001, 766 --Großhandel--).
2. Ausgehend von diesen Grundsätzen konnte das FG im Streitfall ohne Rechtsverstoß davon ausgehen, dass eine Betriebsaufgabe vor Abgabe der Aufgabeerklärung im Streitjahr (1997) nicht stattgefunden hat. Die Kläger haben für die OHG weder eine Aufgabeerklärung abgegeben, noch lagen bis zur Aufgabeerklärung Umstände vor, aus denen das FA hätte schließen müssen, dass der Betrieb aufgegeben und nicht wieder aufgenommen werden solle.
a) Das an die Druckerei vermietete Grundstück B stellte die wesentliche Betriebsgrundlage dar, die dem Großhandelsunternehmen der OHG das Gepräge gab. Dagegen können die veräußerten Einrichtungsgegenstände und das bei Beendigung der werbenden Tätigkeit ebenfalls veräußerte Umlaufvermögen nicht als wesentliche Betriebsgrundlagen angesehen werden.
b) Der Annahme einer Betriebsverpachtung steht auch nicht entgegen, dass die OHG ihr bisheriges Betriebsgrundstück nicht ebenfalls an ein Unternehmen des Großhandels, sondern an eine Druckerei verpachtet hat. Allerdings hat die Rechtsprechung früher angenommen, die Vermietung des Betriebsgrundstücks an ein "branchenfremdes" Unternehmen führe stets zu einer Betriebsaufgabe, auch wenn diese nicht erklärt werde (BFH-Urteile in BFHE 116, 540, BStBl II 1975, 885 --Handel mit Lebensmitteln statt mit Haushaltswaren--; vom 2. Februar 1990 III R 173/86, BFHE 159, 505, BStBl II 1990, 497 --Vermietung eines bisher als Ladengeschäft genutzten Gebäudes an einen Imbissbetrieb--). Auch die Finanzverwaltung ist dem gefolgt (SenVerw Bremen, Erlass vom 31. Mai 2000, Deutsches Steuerrecht --DStR-- 2000, 1308, Tz. 1.2.2). Von diesem Erfordernis ist der BFH jedoch in seinem Urteil in BFH/NV 1999, 1198 abgerückt. Damals ging es um ein Großhandelsunternehmen, dessen Betriebsgebäude zunächst an ein Einzelhandelsunternehmen und danach an eine Kirchengemeinde vermietet wurde. Der III. Senat hielt es nicht für entscheidend, ob der Mieter oder Pächter den bisherigen Betrieb fortführt, sondern ob der bisherige Betrieb vom Vermieter oder Verpächter nach Ablauf des Vertragsverhältnisses ohne wesentliche Änderungen fortgeführt werden kann (so bereits Urteil des FG Baden-Württemberg vom 12. März 1998 14 K 215/95, EFG 1998, 1063 zur Vermietung eines Hotelgebäudes an eine Massageschule). Der XI. Senat des BFH entschied durch Urteil in BFH/NV 2001, 1106, dass ein verpachteter Hotel- und Gaststättenbetrieb ("Landgasthof") nicht allein deswegen aufgegeben werde, weil dem Pächter erlaubt werde, in den Räumen eine Nachtbar zu betreiben. Er folgte damit nicht der von den Klägern zur Stützung ihrer Auffassung zitierten Entscheidung der Vorinstanz (FG Köln, Urteil vom 21. Dezember 1999 8 K 7349/97, EFG 2000, 1071). Auch den Urteilen der FG Niedersachsen in EFG 2000, 170 und Baden-Württemberg in EFG 2000, 1068 liegen Fälle zugrunde, in denen das ursprüngliche Betriebsgrundstück nicht an einen Gewerbetreibenden derselben Branche vermietet wurde. Im ersten Fall wurde das Betriebsgebäude eines Großhandels zur Nutzung als Warenhaus vermietet, im zweiten diente das Grundstück ursprünglich einem Einzelhandel mit Korbwaren und Haushaltsartikeln, nach der Vermietung dagegen dem Einzelhandel mit Kunsthandwerk und Mode. In beiden Fällen hielten die FG die Voraussetzungen einer Betriebsverpachtung für erfüllt. Die Beschwerden wegen Nichtzulassung der Revision haben der VIII. und X. Senat des BFH zurückgewiesen (Beschlüsse in BFH/NV 2001, 766, sowie VIII B 84/00, juris).
c) Der erkennende Senat hält an der in seinem Urteil in BFHE 116, 540, BStBl II 1975, 885 geäußerten Rechtsauffassung, die Betriebsverpachtung setze die pachtweise Fortführung des bisherigen Betriebs durch ein branchengleiches Unternehmen voraus, nicht mehr fest. Der Senat hat in seinem Urteil in BFHE 179, 75, BStBl II 1996, 276 darauf hingewiesen, dass die Betriebsverpachtung einen Unterfall der Betriebsunterbrechung darstellt. Demzufolge kann es keinen Unterschied machen, ob der bisherige Betriebsinhaber das ihm gehörende Betriebsgrundstück zurückbehält, um den Betrieb später fortzuführen, oder ob er es zwischenzeitlich --ggf. auch branchenfremd-- verpachtet oder vermietet (BFH-Urteil in BFH/NV 1999, 1198). Entscheidend ist demnach nicht, ob der Mieter bzw. Pächter den bisherigen Betrieb fortführt, sondern ob der Vermieter bzw. Verpächter oder sein Rechtsnachfolger den Betrieb nach Ablauf des Nutzungsverhältnisses ohne wesentliche Änderung fortführen kann. Aus dem Vergleich mit der Betriebsunterbrechung im engeren Sinn --also ohne Verpachtung der wesentlichen Betriebsgrundlagen-- folgt zugleich, dass auch der mit einer branchenfremden Verpachtung verbundene Verlust an Goodwill des bisherigen Unternehmens keine entscheidende Rolle spielen kann (ebenso BFH-Urteil in BFH/NV 2001, 1106).
d) Eine Anfrage beim III. Senat wegen einer Abweichung von dessen Urteil in BFHE 159, 505, BStBl II 1990, 497 ist nicht erforderlich, weil der III. Senat durch das Urteil in BFH/NV 1999, 1198 seine bisherige Rechtsprechung (stillschweigend) aufgegeben hat. Auch eine Anfrage beim X. Senat wegen einer Abweichung von dessen Urteil vom 19. Juni 2001 X R 48/96 (BFH/NV 2002, 153) ist nicht erforderlich. In dem dieser Entscheidung zugrunde liegenden Fall hatte der bisherige Betreiber eines Schuhgeschäfts mit Schuhwerkstatt das Schuhgeschäft zunächst an seinen Sohn verpachtet und, nachdem dieser das Geschäft verlegt hatte, das Betriebsgebäude an eine Buchhändlerin vermietet. Das FG Rheinland-Pfalz als Vorinstanz hatte infolge der branchenfremden Vermietung eine Betriebsaufgabe angenommen, ohne dass es nach seiner Ansicht auf den Willen des Vermieters, den Betrieb fortzuführen, ankam (Urteil vom 26. Februar 1996 5 K 1098/96, EFG 1996, 818). Der X. Senat des BFH ließ offen, ob er dem folgen könne. Er bestätigte das vorinstanzliche Urteil mit der Begründung, die Gesamtumstände sprächen dafür, dass der Erblasser im Jahr 1987 die Absicht, den verpachteten Betrieb so oder im Wesentlichen gleichartig wieder aufzunehmen, endgültig aufgegeben habe. Vor dem Hintergrund der Entfernung der gesamten Ladeneinrichtung und der Betriebsverlegung durch den bisherigen Pächter, seinen Sohn, habe er sich zur Vermietung der leeren Räume an eine Buchhändlerin entschlossen, außerdem den Gewerbebetrieb abgemeldet und gleichzeitig dem FA eine Abschrift hiervon übersandt. Dies sei, zusammen mit den objektiven Gegebenheiten als Aufgabeerklärung zu werten. Soweit in anderen BFH-Urteilen auf die Urteile in BFHE 116, 540, BStBl II 1975, 885 und in BFHE 159, 505, BStBl II 1990, 497 verwiesen wird, spielte der Gesichtspunkt der branchenfremden Vermietung keine entscheidungserhebliche Rolle.
e) Die Vermietung oder Verpachtung an einen Branchenfremden hat allerdings vielfach zur Folge, dass das Nutzungsobjekt baulich umgestaltet wird und damit nicht mehr zu den bisherigen Zwecken genutzt werden kann (Urteile des FG Baden-Württemberg in EFG 1998, 1063, sowie vom 27. September 2001 2 K 77/00, juris). Ein solcher Fall liegt dem von den Klägern zur Stützung ihrer Auffassung herangezogenen BFH-Urteil in BFHE 138, 50, BStBl II 1983, 412 (Umgestaltung eines Bäckerei- und Konditoreibetriebs zur Diskothek) zugrunde. Auch kann die branchenfremde Vermietung zusammen mit anderen Beweisanzeichen darauf hindeuten, dass die Absicht, den Betrieb später fortzuführen, entfallen ist (Senatsurteil vom 15. Oktober 1987 IV R 91/85, BFHE 151, 392, BStBl II 1988, 257; BFH-Urteil in BFH/NV 2002, 153). So verhält es sich im Streitfall jedoch nicht. Nach den nicht mit Verfahrensrügen angegriffenen Feststellungen des FG konnte das Mietobjekt vom Mieter nicht so umgestaltet werden, dass es nicht mehr für den Großhandel hätte genutzt werden können. Das folgt aus dem Mietvertrag, der lediglich "kleine bauliche Änderungen" gestattete. Ohne Rechtsfehler konnte das FG den Sachverhalt auch dahin gehend würdigen, dass die Kläger nicht nur von der Möglichkeit der späteren Betriebsfortführung ausgegangen sind, sondern auch den Willen dazu hatten. Dies konnte das FG daraus herleiten, dass die Kläger im Jahre 1980 nicht die Aufgabe des Betriebs erklärt haben, in ihren Steuererklärungen ihre Einkünfte stets als gewerblich bezeichneten, ihren Gewinn weiterhin durch Bestandsvergleich ermittelten und erst im Jahre 1997 die Betriebsaufgabeerklärung abgaben.
Ende der Entscheidung
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