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Gericht: Bundesfinanzhof
Urteil verkündet am 23.04.1998
Aktenzeichen: IV R 25/97
Rechtsgebiete: EStG, FGO
Vorschriften:
EStG § 4 Abs. 1 | |
EStG § 6 Abs. 1 Nr. 2 Satz 1 | |
FGO § 126 Abs. 2 | |
FGO § 118 Abs. 2 |
Gründe
Der Kläger und Revisionskläger (Kläger) erzielte in den Streitjahren 1988 bis 1990 Einkünfte aus Land- und Forstwirtschaft aus einem Gartenbaubetrieb, in dem er Strauch- und Stammrosen aufzog und Flieder- und Zierobstbäume aufschulte. Er ermittelte seinen Gewinn gemäß § 4 Abs. 1 des Einkommensteuergesetzes (EStG). Bei einer Betriebsprüfung stellte der Prüfer fest, daß der Kläger zu den Bilanzstichtagen seine Rosen- und Fliederkulturen nicht bewertet hatte. Der bilanzierte Pflanzenbestand umfaßte nur die übrigen Kulturen und war nach ha-Richtsätzen bewertet. Der Prüfer sah auch die Rosen- und Fliederkulturen als aktivierungspflichtige mehrjährige Kulturen an und ermittelte den Bilanzansatz für sämtliche Pflanzenbestände durch Anwendung eines ha-Satzes von 18 400 DM zum 30. Juni 1989 und 1990 bzw. 20 200 DM zum 30. Juni 1991 entsprechend dem sog. Baumschulerlaß der obersten Finanzbehörden der Länder (Erlaß in den Fassungen vom 18. April 1986, BStBl I 1986, 262, und vom 9. Januar 1991, BStBl I 1991, 133).
Der Beklagte und Revisionsbeklagte (das Finanzamt --FA--) folgte den Prüfungsfeststellungen und erließ entsprechend geänderte Einkommensteuerbescheide für die Streitjahre.
Mit der nach erfolglosem Einspruch erhobenen Klage machte der Kläger geltend, bei den Rosenpflanzungen handele es sich nicht um mehrjährige Kulturen; sie müßten also nicht aktiviert werden. Hilfsweise sei die Bewertung nicht nach ha-Sätzen, sondern mit den tatsächlichen Herstellungskosten vorzunehmen, die sich aus den Einkaufsrechnungen für die veredelten Rosenwildlinge entnehmen ließen. Das Finanzgericht (FG) gab der Klage teilweise statt (Entscheidungen der Finanzgerichte --EFG-- 1997, 945), weil es von einer geringeren Pflanzfläche ausging, auf die der ha-Satz anzuwenden sei. Die vom Kläger gewünschte Bewertung der Rosenkulturen mit den tatsächlichen Herstellungskosten hielt es jedoch nicht für zulässig, weil die Pflanzenbestände nicht durch körperliche Bestandsaufnahme ermittelt worden seien. Außerdem sei die Ermittlung der Herstellungskosten fehlerhaft.
Mit der vom FG wegen grundsätzlicher Bedeutung zugelassenen Revision macht der Kläger weiter geltend, eine Bewertung der Rosen- und Fliederbestände mit den tatsächlichen Herstellungskosten sei zulässig.
Der Kläger beantragt sinngemäß, unter Aufhebung der Vorentscheidung die angefochtenen Bescheide in Gestalt der Einspruchsentscheidung mit der Maßgabe abzuändern, daß folgende Gewinne aus Land- und Forstwirtschaft berücksichtigt werden:
Wirtschaftsjahr 1988/89 ........ DM Wirtschaftsjahr 1989/90 ........ DM Wirtschaftsjahr 1990/91 ........ DM
Das FA beantragt, die Revision zurückzuweisen.
Die Revision ist nicht begründet und deshalb zurückzuweisen (§ 126 Abs. 2 der Finanzgerichtsordnung --FGO--).
1. Zutreffend hat das FG erkannt, daß die Rosenkulturen zu aktivieren sind.
a) Ermittelt ein Land- und Forstwirt seinen Gewinn durch Betriebsvermögensvergleich, so hat er nach § 4 Abs. 1 EStG Wirtschaftsgüter seines Betriebsvermögens zu bilanzieren. Dies gilt im Grundsatz auch für selbsterzeugte Vorräte des Land- und Forstwirts. Für einjährige Kulturen wie etwa das Feldinventar hat die Finanzverwaltung allerdings mit Billigung des Bundesfinanzhofs (BFH) zugelassen, daß aus Vereinfachungsgründen auf eine Bilanzierung verzichtet werden kann (Erlaß des Bundesministers der Finanzen vom 15. Dezember 1981, BStBl I 1981, 878, Tz. 3.2; BFH-Urteile vom 14. März 1961 I 17/60 S, BFHE 73, 359, BStBl III 1961, 398; vom 16. November 1978 IV R 160/74, BFHE 126, 429, BStBl II 1979, 138).
b) Die Vereinfachungsregelung gilt jedoch nicht für mehrjährige Kulturen, also solche Pflanzenbestände, die nach mehr als einjähriger Kulturzeit einmaligen Ertrag durch Verkauf erbringen sollen. Ein solcher Pflanzenbestand gehört zum Umlaufvermögen und ist zwingend zu aktivieren (Senatsurteile vom 3. Dezember 1970 IV R 170/67, BFHE 101, 373, BStBl II 1971, 321, und vom 7. Februar 1985 IV R 56/82, BFH/NV 1986, 664). Ob die Kulturzeit mehr als ein Jahr beträgt, hängt dabei nicht von der Aufzucht durch den Steuerpflichtigen, sondern von der gesamten üblichen Kulturzeit der jeweiligen Pflanze ab. Wollte man auf die Kulturzeit im Betrieb des Steuerpflichtigen abstellen, würde der mit dem Verzicht auf eine Aktivierung einjähriger Kulturen verfolgte Vereinfachungszweck durch die entstehenden Abgrenzungs- und Nachweisfragen in sein Gegenteil verkehrt (ebenso Niedersächsisches FG vom 11. Januar 1994 VII 123/92, EFG 1994, 560, rkr.).
c) Von diesen Rechtsgrundsätzen ist die Vorentscheidung ausgegangen. Es ist deshalb revisionsrechtlich nicht zu beanstanden, wenn das FG aufgrund seiner Tatsachenfeststellungen zu dem Ergebnis gekommen ist, daß sowohl die Rosen- als auch die Fliederbestände des Klägers mehrjährige Kulturen sind, die in den streitigen Bilanzen zu aktivieren waren.
2. Dem FG ist auch darin beizupflichten, daß die Bewertung dieser Bestände nur unter Anwendung der Richtsätze nach dem Erlaß der obersten Finanzbehörden der Länder betreffend die Bewertung von Pflanzenbeständen in gärtnerischen Betrieben (sog. Baumschulerlaß) in den Fassungen vom 18. April 1986 (BStBl I 1986, 262) und vom 9. Januar 1991 (BStBl I 1991, 133) vorgenommen werden konnte.
a) Wie der erkennende Senat in seinen Urteilen in BFHE 101, 373, BStBl II 1971, 321 und in BFH/NV 1986, 664 ausgeführt hat, beinhaltet der Baumschulerlaß eine Schätzung der gemäß § 6 Abs. 1 Nr. 2 Satz 1 EStG maßgeblichen Anschaffungs- und Herstellungskosten der Pflanzenbestände, gegen deren Anwendung im Hinblick auf die erheblichen Schwierigkeiten bei der Feststellung der tatsächlichen Anschaffungs- und Herstellungskosten keine Bedenken bestehen. Daran ist festzuhalten. Allerdings ergibt sich aus dem subsidiären Charakter einer Schätzung, daß es dem Steuerpflichtigen unbenommen bleibt, die tatsächlichen Kosten zu ermitteln und zu bilanzieren. Diese Möglichkeit besteht entgegen der Auffassung des FA ungeachtet der Tatsache, daß in die Ermittlung der betriebsindividuellen Anschaffungs- und Herstellungskosten häufig wiederum geschätzte Werte eingehen. Dies liegt in der Natur der Sache, weil nicht nur Einzelkosten, sondern auch angemessene Teile der Material- und Fertigungsgemeinkosten Bestandteil der Herstellungskosten sind (vgl. Senatsurteil vom 21. Oktober 1993 IV R 87/92, BFHE 172, 462, BStBl II 1994, 176).
b) Die Richtsätze der Finanzverwaltung sollen allerdings nach Tz. 3 des Baumschulerlasses nur anzuwenden sein, wenn die gesamten Pflanzenbestände nach diesem Verfahren geschätzt werden. Unter Hinweis darauf hat das FA es im Streitfall abgelehnt, die tatsächlichen Anschaffungs- und Herstellungskosten für die Rosen- und Fliederkulturen anzusetzen, nachdem der Kläger für die übrigen mehrjährigen Kulturen die Bewertung anhand der Richtsätze des Baumschulerlasses vorgenommen hat.
Nicht ausgeschlossen wird durch die Verwaltungsregelung aber, daß in einem solchen Fall nachträglich für den gesamten Pflanzenbestand auf die Bewertung mit den tatsächlichen Anschaffungs- und Herstellungskosten übergegangen wird. Da die Bewertung mit Richtsätzen ein Schätzungsverfahren ist, könnten gute Gründe dafür sprechen, die vor Bestandskraft der Veranlagung vorgenommene Änderung des Bewertungsverfahrens zur Bewertung mit den tatsächlichen Anschaffungs- und Herstellungskosten für zulässig zu halten. Das kann aber nur gelten, wenn nicht im Zusammenhang mit der Richtsatzbewertung wie üblich auch auf die körperliche Bestandsaufnahme als Grundlage für die Bewertung verzichtet worden ist. Fehlt es an der Bestandsaufnahme, würde auch die Bewertung mit den betriebsindividuellen Anschaffungs- und Herstellungskosten in der Sache nur eine Schätzung sein, der gegenüber einer Anwendung der ha-Sätze nach dem Baumschulerlaß schon aus Gründen der Gleichmäßigkeit der Besteuerung der Vorzug zu geben wäre.
c) Im Streitfall hat das FG ausdrücklich festgestellt, daß der Kläger eine körperliche Bestandsaufnahme zu den streitigen Bilanzstichtagen nicht durchgeführt hat. Die von ihm vorgenommene Schätzung der Bestände anhand der Lieferantenrechnungen über zugekaufte Ware reicht insoweit nicht aus, denn dabei bleiben zwischenzeitliche Verkäufe unberücksichtigt. Eine Bewertung mit den tatsächlichen Anschaffungs- und Herstellungskosten kommt deshalb nicht in Betracht. Statt dessen ist eine Schätzung anhand der ha-Sätze nach dem Baumschulerlaß vorzunehmen, wie sie vorliegend vom FA durchgeführt worden ist. Nicht mehr einzugehen ist deshalb auf die Frage, ob dem Ansatz der betriebsindividuellen Werte für Rosen- und Fliederbestände das Festhalten des Klägers an der Richtsatzbewertung für die übrigen Baumschulbestände entgegenstehen würde. Ebensowenig kommt es noch auf die von den Beteiligten erörterte Frage an, ob die vom Kläger angegebenen Kosten nachgewiesen oder lediglich geschätzt sind.
3. Mit seinen Einwendungen gegen die bei Anwendung der ha-Sätze zugrundegelegten Flächen kann der Kläger im Revisionsverfahren nicht gehört werden. Das FG hat Feststellungen zu den Anpflanzungsflächen getroffen und diese seinen Berechnungen zugrundegelegt. Daran ist der erkennende Senat nach § 118 Abs. 2 FGO gebunden, da ordnungsmäßige Verfahrensrügen gegen die Feststellungen nicht erhoben worden sind.
Ende der Entscheidung
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