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Beginn der Entscheidung

Gericht: Bundesfinanzhof
Urteil verkündet am 30.03.2006
Aktenzeichen: IV R 31/03
Rechtsgebiete: EStG, GewStG


Vorschriften:

EStG § 14
EStG § 16 Abs. 3
EStG § 34
GewStG § 2 Abs. 1
Die Begründung einer Betriebsaufspaltung durch Vermietung wesentlicher Betriebsgrundlagen an eine GmbH schließt die vorangehende steuerbegünstigte Aufgabe eines land- und forstwirtschaftlichen Betriebs, zu dessen Betriebsvermögen die zur Nutzung überlassenen Wirtschaftsgüter gehörten, nicht aus, wenn der Steuerpflichtige zuvor seine landwirtschaftliche Betätigung beendet hat.
Gründe:

I.

Der inzwischen verstorbene Kläger (F) sowie die während des Revisionsverfahrens ebenfalls verstorbene Klägerin und Revisionsklägerin (Klägerin) wurden im Streitjahr (1991) als Eheleute zusammen zur Einkommensteuer veranlagt. F unterhielt damals zwei Einzelunternehmen: einen Gartenbaubetrieb, aus dem er Einkünfte aus Land- und Forstwirtschaft erzielte, sowie einen gewerblichen Blumenhandel. Beide Unternehmen wurden auf Grundstücken und in Gebäuden betrieben, die einschließlich der Anpflanzungen als notwendiges Betriebsvermögen des landwirtschaftlichen Betriebs bilanziert waren. F entschloss sich, seinen landwirtschaftlichen Gartenbaubetrieb zum 30. Juni 1991 aufzugeben und den Blumenhandel in anderer Form fortzuführen. Dazu gründete er die F-GmbH, veräußerte sämtliche Wirtschaftsgüter des Blumenhandels an diese Gesellschaft und stellte seine Tätigkeiten als Einzelunternehmer ein.

Der ursprünglich, nach den Angaben der Kläger und Revisionskläger (Kläger) auf rd. 34 000 qm betriebene landwirtschaftliche Gartenbaubetrieb wurde wie folgt abgewickelt: Im April 1991 veräußerte F eine Teilfläche von rd. 6 288 qm an einen Bauträger sowie am 3. Juli 1991 die Dauerkulturen (Flieder- und Forsythienbestände) ohne die dazugehörenden Teilflächen, sämtliche Vorräte, Maschinen und Geräte an die GmbH. In einem vom 4. Juli 1991 datierenden Mietvertrag vermietete er der GmbH außerdem auf unbestimmte Zeit die Teilfläche von 15 481 qm Ackerlandes der Flurstücke Nr. 1 sowie 2, auf der sich die Dauerkulturen befanden, und einzelne Aufbauten bestehend aus Kühlhaus, Packhalle und Wirtschaftsgebäuden. Nach den Angaben der Kläger war das 4 336 qm große Flurstück Nr. 3, auf dem diese Aufbauten standen, nicht mitvermietet.

In der Einkommensteuererklärung für 1991 erklärte F die Betriebsaufgabe für den landwirtschaftlichen Betrieb und ermittelte einen Aufgabegewinn von 2 909 723 DM, für den er die Steuerbegünstigungen nach §§ 14, 16 Abs. 3, 34 des Einkommensteuergesetzes (EStG) beantragte. Dem entsprach der Beklagte und Revisionsbeklagte (das Finanzamt --FA--) zunächst und setzte die Einkommensteuer auf 748 170 DM unter Vorbehalt der Nachprüfung fest. Nach einer u.a. auch für das Streitjahr durchgeführten Betriebsprüfung vertrat das FA die Auffassung, dass nicht alle wesentlichen Betriebsgrundlagen des Gartenbaubetriebs veräußert oder in das Privatvermögen überführt worden seien; vielmehr habe die Vermietung der Grundstücksflächen an die GmbH zu einer Betriebsaufspaltung geführt, sodass diese Grundstücke im notwendigen Betriebsvermögen des Einzelunternehmers F (Besitzunternehmen) verblieben seien. Daher seien die Gewinne aus der Veräußerung der Grundstücke als laufende Gewinne zu versteuern und die Einkünfte aus den an die GmbH vermieteten Flächen und Wirtschaftsgütern als gewerbliche Einkünfte zu erfassen. Auf dieser Grundlage setzte das FA die Einkommensteuer 1991 auf 1 508 954 DM fest.

Mit der nach erfolglosem Einspruch erhobenen Klage machten die damaligen Kläger u.a. geltend, die nicht veräußerten Grundstücksflächen von 27 671 qm seien zuvor ins Privatvermögen überführt worden, sodass eine Betriebsaufgabe im Ganzen vorliege. Die an die GmbH vermieteten Grundstücksflächen von insgesamt 15 481 qm seien für den Blumenhandel bedeutungslos gewesen. Sie seien nur deswegen vermietet worden, weil ohne ihre Überlassung die Dauerkulturen (Flieder und Forsythien) nicht hätten abgeerntet werden können. Eine Betriebsaufspaltung scheide daher aus.

Die Klage hatte keinen Erfolg. Das Finanzgericht (FG) führte in seinem in Entscheidungen der Finanzgerichte (EFG) 2003, 1793 veröffentlichten Urteil im Wesentlichen aus, im Streitfall habe keine begünstigte Betriebsaufgabe vorgelegen; vielmehr sei der Gartenbaubetrieb eingestellt worden, um dann die zurückbehaltenen Grundstücke und Gebäude im Rahmen einer Betriebsaufspaltung an die GmbH zu vermieten. Die persönlichen und sachlichen Voraussetzungen einer solchen Betriebsaufspaltung hätten vorgelegen. Auch wenn der Mietvertrag nur die Nutzungsüberlassung der Aufbauten zum Gegenstand gehabt haben sollte, seien die Flurstücke, auf denen sich die Gebäude befanden, mitverpachtet worden.

Mit der Revision wird die Verletzung materiellen Rechts gerügt (§§ 4 Abs. 1 Satz 2, 14, 15, 16 Abs. 3 und § 34 EStG).

Die Kläger beantragen, den angefochtenen Einkommensteuerbescheid 1991 vom 15. Mai 1996 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 3. Juli 1997 dahin zu ändern, dass ein nach §§ 14, 16, 34 EStG begünstigter Aufgabegewinn in Höhe von 2 909 723 DM berücksichtigt wird.

Das FA beantragt, die Revision als unbegründet zurückzuweisen.

II.

Die Revision der Kläger ist begründet; das angefochtene Urteil wird aufgehoben und die Sache zur anderweitigen Verhandlung und Entscheidung an das FG zurückverwiesen (§ 126 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 der Finanzgerichtsordnung --FGO--).

Das FG ist zu Unrecht davon ausgegangen, dass F, der verstorbene Ehemann der Klägerin, seinen landwirtschaftlichen Gartenbaubetrieb nicht i.S. von § 14 i.V.m. § 16 EStG aufgeben konnte. Entgegen der Auffassung des FA und des FG schließt die Begründung einer Betriebsaufspaltung die vorherige Aufgabe eines von zwei selbständigen Unternehmen nicht aus.

1. Nach § 14 Satz 1 EStG in der für das Streitjahr geltenden Fassung gehört zu den Einkünften aus Land- und Forstwirtschaft auch der Gewinn, der bei der Veräußerung eines land- und forstwirtschaftlichen Betriebs erzielt wird. Dies gilt gemäß der Verweisung auf § 16 Abs. 3 EStG in § 14 Satz 2 EStG auch für die Aufgabe eines land- und forstwirtschaftlichen Betriebs.

a) Eine Betriebsaufgabe i.S. von § 16 Abs. 3 EStG liegt vor, wenn der Steuerpflichtige den Entschluss gefasst hat, seine betriebliche Tätigkeit einzustellen und seinen Betrieb als selbständigen Organismus des Wirtschaftslebens aufzulösen, und in Ausführung dieses Entschlusses alle wesentlichen Grundlagen des Betriebs in einem einheitlichen Vorgang innerhalb kurzer Zeit an verschiedene Abnehmer veräußert oder in das Privatvermögen überführt (z.B. Urteile des Senats vom 29. Oktober 1981 IV R 138/78, BFHE 134, 339, 343, BStBl II 1982, 381, und vom 5. Juli 1984 IV R 36/81, BFHE 141, 325, BStBl II 1984, 711).

b) Nach den mit Revisionsrügen nicht angegriffenen und den Senat daher bindenden Feststellungen des FG hat F seine land- und forstwirtschaftliche Tätigkeit im Gartenbaubetrieb zum 30. Juni 1991 endgültig eingestellt und in der Zeit vom 23. April bis zum 3. Juli 1991, also binnen kürzester Zeit, die bisher in seinem landwirtschaftlichen Gärtnereibetrieb eingesetzten wesentlichen Betriebsgrundlagen einer anderen Verwendung zugeführt. Der nach den Angaben des F insgesamt 3,3959 ha große landwirtschaftliche Grundbesitz stand für die landwirtschaftliche Betätigung des Gartenbaus nicht mehr zur Verfügung. Zwar hatte F nur rd. 0,6288 ha der betrieblichen Fläche mit Vertrag vom 23. April 1991 an einen Bauträger und alle für die gärtnerische Bewirtschaftung notwendigen Maschinen und Geräte mit Vertrag vom 3. Juli 1991 an die GmbH veräußert. Mit der Veräußerung dieser wesentlichen Betriebsgrundlagen war jedoch der bisherige betriebliche Organismus vollständig aufgelöst. Hiervon geht auch das FG in seiner angefochtenen Entscheidung aus. Dabei kann dahinstehen, ob die Dauerkulturen als Anlagevermögen des Gartenbaubetriebs tatsächlich noch zu den wesentlichen Betriebsgrundlagen gehörten oder ob sie wegen der geplanten Aberntung und Rodung durch die GmbH bereits als Umlaufvermögen anzusehen waren und ihre Zuordnung zu den wesentlichen Betriebsgrundlagen daher zweifelhaft sein könnte. Jedenfalls wurden auch die Dauerkulturen innerhalb des für die Betriebsaufgabe erforderlichen kurzen Zeitraums an die GmbH veräußert.

c) Zwar mag F mit der Vermietung der mit den Dauerkulturen bestandenen Teilfläche und der Gebäude sowie mit der unentgeltlichen Überlassung der Grundstücke, auf denen sich die Gebäude befanden, an die GmbH eine Betriebsaufspaltung begründet haben und damit gewerblich tätig geworden sein (s. dazu unten Nr. 2). Nach Auffassung des erkennenden Senats schließt dies jedoch die vorangehende Aufgabe des land- und forstwirtschaftlichen Betriebs nicht aus.

aa) Zu Unrecht hat das FG der Beendigung der bisherigen landwirtschaftlichen Tätigkeit des F keine Bedeutung beigemessen. Sie ist bei Betriebsveräußerung wie Betriebsaufgabe als selbständiges Merkmal der Tatbestandsverwirklichung und losgelöst von dem Merkmal der Übertragung der wesentlichen Betriebsgrundlagen zu sehen (Urteil des Bundesfinanzhofs --BFH-- vom 16. Dezember 1992 X R 52/90, BFHE 170, 363, BStBl II 1994, 838, m.w.N. zu 4 der Gründe). Dies folgt zum einen daraus, dass auch der land- und forstwirtschaftliche Betrieb in § 13 Abs. 1 Nr. 1 Satz 1 und § 15 Abs. 2 EStG tätigkeitsbezogen definiert wird und aus dem Gesetzeszusammenhang (§ 13 Abs. 1 Nr. 1 Satz 1, § 2 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 EStG) heraus tätigkeitsbezogen zu verstehen ist (vgl. Gmach in Herrmann/Heuer/Raupach, § 13 EStG Anm. 217); zum anderen daraus, dass der Zweck der Vergünstigungsregelung der §§ 14, 16 Abs. 3 und § 34 EStG auch darin besteht, die steuerliche Erfassung der in einem bestimmten (Teil-)Betrieb im Laufe der Zeit angesammelten stillen Reserven im Falle der Veräußerung oder Aufgabe dieses (Teil-)Betriebs sicherzustellen (BFH-Urteil vom 9. August 1989 X R 62/87, BFHE 158, 48, BStBl II 1989, 973).

bb) Im Streitfall kommt hinzu, dass die Versagung einer steuerbegünstigten Betriebsaufgabe eine gewerbesteuerliche Verstrickung der stillen Reserven bewirken würde, die über lange Jahre im landwirtschaftlichen Betrieb des Gartenbaubetriebs gelegt worden sind. Der Senat hat deshalb erwogen, ob in dem besonderen Fall des Übergangs eines Unternehmens zum Besitzunternehmen im Rahmen einer Betriebsaufspaltung jedenfalls dann von einer wahlrechtsabhängigen Gewinnrealisierung ausgegangen werden könnte, wenn der Steuerpflichtige oder die Gesellschaft zuvor nichtgewerbliche Einkünfte erzielt haben. Im Streitfall, in dem die Voraussetzungen einer Betriebsaufgabe nach den Feststellungen des FG erfüllt sind, bedurfte dies jedoch keiner Entscheidung.

2. Die Ausführungen des FG zur Begründung einer Betriebsaufspaltung sind nicht frei von Widersprüchen. Zwar bestehen an der persönlichen Verflechtung keine Zweifel, denn F war Eigentümer der der GmbH zur Nutzung überlassenen Wirtschaftsgüter und beherrschte als alleiniger Anteilseigner auch die GmbH, die den gewerblichen Blumenhandel übernommen hatte. Der Senat folgt dem FG auch darin, dass die Vermietung der Bauten (Kühlhaus, Packhalle und Wirtschaftsgebäude) auch die Nutzungsüberlassung des nicht ausdrücklich mitvermieteten dazugehörenden Flurstücks Nr. 3 mit umfasste, denn nach der Rechtsprechung des BFH kann auch die unentgeltliche Nutzungsüberlassung wesentlicher Betriebsgrundlagen eine Betriebsaufspaltung begründen (BFH-Urteil vom 24. April 1991 X R 84/88, BFHE 164, 385, BStBl II 1991, 713 zu 3 der Gründe).

Die tatsächlichen Feststellungen des FG reichen indessen nicht aus, um abschließend beurteilen zu können, ob es sich bei der Überlassung dieser Wirtschaftsgüter tatsächlich um wesentliche Betriebsgrundlagen der GmbH gehandelt hat. Denn einmal hat es das FG dahingestellt sein lassen, ob auch die von F der GmbH vermieteten, immerhin 1,5481 ha großen und mit den Dauerkulturen bestandenen Grundstücksflächen der Flurstücke Nr. 1 und 2 für die Betriebsführung der GmbH wesentlich waren; zum anderen hat es festgestellt, dass beide Unternehmen zuvor auf Grundstücken betrieben wurden, die einschließlich der aufstehenden Gebäude und Anpflanzungen als notwendiges Betriebsvermögen des landwirtschaftlichen Gartenbaubetriebs bilanziert waren. Daraus könnte sich schließen lassen, dass das Flurstück Nr. 3 und die darauf stehenden Gebäude für den Betrieb des Blumenhandels eher von untergeordneter Bedeutung waren. Dem widerspräche aber wiederum die Würdigung des FG, das Grundstück und die dazugehörenden Gebäude seien nach der Nutzungsüberlassung als wesentliche Betriebsgrundlage des von der GmbH unverändert weiter betriebenen Blumenhandels zu behandeln. Handelte es sich bei den Grundstücken und Gebäuden jedoch teilweise um Wirtschaftsgüter, die auch schon vor der Nutzungsüberlassung allein den Zwecken des Blumenhandels gedient hatten, so würde ihre Vermietung an die GmbH zwar eine sachliche Verflechtung begründen können; sie wären aber andererseits als notwendiges Betriebsvermögen des Blumenhandels nicht in den Aufgabegewinn des Gartenbaubetriebs einzubeziehen.

3. Die Vorentscheidung beruht auf einer anderen Rechtsauffassung und ist daher aufzuheben. Der Senat kann jedoch nicht durcherkennen, da die Sache nicht spruchreif ist. Das FG hat --nach seiner Auffassung folgerichtig-- nicht festgestellt, ob die Dauerkulturen noch wesentliche Betriebsgrundlagen des landwirtschaftlichen Betriebs waren und der dazugehörende Grund und Boden wesentliche Betriebsgrundlage des von der GmbH fortgeführten Blumenhandels werden konnte. Auch steht nicht fest, ob die von F bei dem landwirtschaftlichen Gartenbaubetrieb erfassten, aber zumindest auch für den gewerblichen Blumenhandel eingesetzten Grundstücke nicht von vornherein notwendiges Betriebsvermögen des Gewerbebetriebes waren. In diesem Fall wären die darin enthaltenen stillen Reserven jedoch nicht Teil des Aufgabegewinns des landwirtschaftlichen Gärtnereibetriebs.



Ende der Entscheidung

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