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Gericht: Bundesfinanzhof
Urteil verkündet am 20.03.2003
Aktenzeichen: IV R 37/02
Rechtsgebiete: EStG, FGO
Vorschriften:
EStG § 4 Abs. 1 | |
EStG § 5 Abs. 5 Satz 1 Nr. 2 | |
FGO § 96 Abs. 1 Satz 2 |
Gründe:
Der Kläger und Revisionskläger (Kläger) ist Inhaber eines land- und forstwirtschaftlichen Betriebs in A. Nachdem das Wirtschaftsgebäude des Betriebs am 23. Februar 1991 durch einen Brand vernichtet worden war, errichtete der Kläger an dieser Stelle ein Zehnfamilienhaus. Im Wirtschaftsjahr 1991/92 gab der Kläger die Eigenbewirtschaftung seiner landwirtschaftlichen Nutzflächen auf, verpachtete einen Teil der Flächen und verkaufte den Rest einschließlich der anteiligen Milchquote an verschiedene Landwirte, ohne die Betriebsaufgabe zu erklären.
Bei einer Betriebsprüfung stellte der Beklagte und Revisionsbeklagte (das Finanzamt --FA--) fest, dass der Kläger für die unstreitigen Erlöse aus der Veräußerung der Milchquote in der Bilanz auf den 30. April 1992 einen passiven Rechnungsabgrenzungsposten in Höhe von 169 832,98 DM gebildet hatte. Der zuständige Betriebsprüfer löste diese Position gewinnerhöhend auf und setzte für die mit dem Zehnfamilienhaus bebaute Fläche eine Privatentnahme in Höhe von 110 000 DM an (55 DM/qm x 2 000 qm). Auf dieser Grundlage erging ein Einkommensteuerbescheid für das Streitjahr (1991).
Auf den dagegen gerichteten Einspruch ließ das FA den Entnahmewert durch seinen landwirtschaftlichen Sachverständigen überprüfen und setzte die Einkommensteuer in dem geänderten Einkommensteuerbescheid 1991 herab. Im Übrigen wurde der Einspruch zurückgewiesen.
Die dagegen gerichtete Klage hatte zu einem geringen Teil Erfolg. Nach Einholung eines Verkehrswertgutachtens des Gutachterausschusses für Grundstückswerte im Kreis B setzte das Finanzgericht (FG) den Entnahmewert des später bebauten Grundstücks mit 48 DM/qm an und wies die Klage im Übrigen mit der Begründung ab, als immaterielles Wirtschaftsgut sei die Milchreferenzmenge im Zeitpunkt ihrer Veräußerung in voller Höhe gewinnerhöhend zu berücksichtigen; die Bildung eines passiven Rechnungsabgrenzungspostens sei daher nicht zulässig.
Mit seiner dagegen gerichteten, vom Senat zugelassenen Revision rügt der Kläger die Verletzung formellen und materiellen Rechts.
Er beantragt sinngemäß, die Vorentscheidung aufzuheben und die Einkommensteuer unter Änderung des Bescheids vom 17. Februar 1995 auf ... DM herabzusetzen.
Das FA beantragt, die Revision zurückzuweisen.
Es trägt vor, das Klageverfahren habe nur den Ansatz eines Rechnungsabgrenzungspostens betroffen; weil das FG grundsätzlich an das vom Kläger verfolgte Klagebegehren gebunden sei, habe es über den Buchwert der Milchquote daher nicht befinden können. Das FG habe dem Kläger weder etwas zusprechen dürfen, was dieser nicht beantragt habe, noch habe es über eine andere, als die vom Kläger zur Entscheidung gestellte Frage entscheiden können. Der Kläger aber habe mit seinem Klageantrag die Berücksichtigung eines Buchwerts bei der Milchreferenzmenge "nicht zum entscheidungserheblichen Prozessstoff" gemacht.
Die Revision des Klägers ist begründet; das angefochtene Urteil wird aufgehoben und die Sache zur anderweitigen Verhandlung und Entscheidung an das FG zurückverwiesen (§ 126 Abs. 3 Nr. 2 der Finanzgerichtsordnung --FGO--). Zu Recht hat das FG zwar die Bildung eines passiven Rechnungsabgrenzungspostens für den Erlös aus der Veräußerung der Milchreferenzmenge abgelehnt; es hat jedoch außer Acht gelassen, dass diesem Erlös für die veräußerte Milchreferenzmenge ein Buchwert gegenzurechnen war.
1. An der Bildung eines passiven Rechnungsabgrenzungspostens für den Erlös aus der Veräußerung der Milchreferenzmenge hält der Kläger im Revisionsverfahren selbst nicht mehr fest. Das FG hat insoweit zutreffend erkannt, dass § 5 Abs. 5 Satz 1 Nr. 2 des Einkommensteuergesetzes (EStG) als Grundsatz ordnungsmäßiger Buchführung auch für nichtgewerblich tätige Unternehmer, also auch Landwirte, die ihren Gewinn durch Bestandsvergleich nach § 4 Abs. 1 EStG ermitteln, gilt (Senatsurteil vom 9. Dezember 1993 IV R 130/91, BFHE 173, 393, BStBl II 1995, 202, m.w.N.), dass die Voraussetzungen dieser Vorschrift aber nicht erfüllt sind, weil der Veräußerungserlös für die Milchreferenzmenge nicht Ertrag für eine bestimmte Zeit nach dem Abschlussstichtag darstellt.
2. Zu Unrecht hat das FG jedoch den Erlös aus der Veräußerung der Milchreferenzmenge in voller Höhe der Besteuerung unterworfen.
a) In ständiger Rechtsprechung hat der Senat entschieden, dass dem Erlös aus der Veräußerung einer Milchreferenzmenge ein Buchwert gegenzurechnen ist, der aus dem Wert des Grund und Bodens abzuleiten ist; dazu ist der Buchwert des Grund und Bodens im Verhältnis der am 2. April 1984 für das Milchlieferrecht einerseits und den nackten Grund und Boden andererseits erzielbaren Marktpreise aufzuteilen (Urteil vom 24. August 2000 IV R 11/00, BFHE 192, 547, BStBl II 2003, 64, m.w.N.). Inzwischen hat das Bundesministerium der Finanzen (BMF) ein umfangreiches Schreiben zur Bewertung der im Zusammenhang mit dem land- und forstwirtschaftlichen Grund und Boden stehenden Milchlieferrechte veröffentlicht, das die Grundsätze der Rechtsprechung des Senats zur Buchwertabspaltung bei der Milchreferenzmenge praktisch umsetzt (BMF-Schreiben vom 14. Januar 2003 IV A 6 -S 2134- 52/02, BStBl I 2003, 78).
b) Entgegen der Auffassung des FA war das FG nicht daran gehindert, die Grundsätze der Rechtsprechung des Senats zur Buchwertabspaltung anzuwenden. Im Zeitpunkt der Entscheidung des Streitfalls durch das FG jedenfalls war das Urteil des Senats vom 25. November 1999 IV R 64/98 (BFHE 190, 214, BStBl II 2003, 61) bekannt. Dass weder der Kläger noch das FG an eine Bewertung der Milchreferenzmenge gedacht haben, bleibt ohne Einfluss auf das Klagebegehren. Der Kläger hat einen bezifferten Klageantrag gestellt und damit den Gegenstand seines Klagebegehrens genau bezeichnet (Senatsurteil vom 23. Januar 1997 IV R 84/95, BFHE 182, 273, BStBl II 1997, 462). Das FG hatte daher innerhalb dieses vom Kläger vorgegebenen Rahmens die Rechtmäßigkeit des angefochtenen Bescheids zu überprüfen und alle rechtlichen Gesichtspunkte heranzuziehen, die für die Entscheidung des Streitfalls von Bedeutung sind. Aus § 96 Abs. 1 Satz 2 FGO ergibt sich nichts anderes.
3. Nach alledem war die Vorentscheidung aufzuheben. Der Senat kann jedoch nicht durcherkennen, da die Sache nicht spruchreif ist. Bei erneuter Verhandlung und Entscheidung wird das FG festzustellen haben, in welcher Höhe ein Teil des zum 1. Juli 1970 für das damalige Wirtschaftsgut Grund und Boden angesetzten Pauschalwerts auf das davon abgespaltene Wirtschaftsgut Milchreferenzmenge übergegangen ist. Der Senat verweist hierzu auf die Ausführungen in seinem Urteil in BFHE 192, 547, BStBl II 2003, 64, zu 4. der Entscheidungsgründe und das dazu ergangene BMF-Schreiben in BStBl I 2003, 78. Falls sich die Klage nach wie vor gegen den Ansatz einer Zwangsentnahme hinsichtlich des Mehrfamilienhauses richten sollte, wird das FG auch hierüber zu befinden und dabei die Entscheidung des Senats vom 22. August 2002 IV R 57/00 (BFHE 200, 236, BStBl II 2003, 16, m.w.N.) zu berücksichtigen haben.
4. Da die Vorentscheidung bereits aus anderen Gründen aufzuheben war, musste über die Verfahrensrüge unzureichender Sachaufklärung nicht mehr entschieden werden.
Ende der Entscheidung
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