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Gericht: Bundesfinanzhof
Urteil verkündet am 08.09.2005
Aktenzeichen: IV R 52/03
Rechtsgebiete: FördG, HGB, BGB
Vorschriften:
FördG § 3 Satz 2 Nr. 2 Buchst. a | |
FördG § 4 Abs. 1 | |
HGB § 255 Abs. 1 | |
BGB § 705 |
Gründe:
Die Kläger und Revisionskläger (Kläger) waren die Gesellschafter der zwischenzeitlich erloschenen Grundstücksgesellschaft mbH & Co. KG (im Folgenden: KG). Die KG wurde durch notariellen Vertrag vom 22. Dezember 1993 zum Erwerb und zur Verwaltung von Grundstücken und grundstücksgleichen Rechten gegründet. Mit notariellem Vertrag vom gleichen Tag erwarb die KG zum Preis von 376 180 DM sämtliche Anteile an der X GbR (im Folgenden: GbR) von deren beiden Gesellschaftern. Die GbR war eigens zum Erwerb eines Grundstücks in Z gegründet worden. Ihr Vermögen bestand allein aus den Ansprüchen und Verpflichtungen aus dem notariellen Vertrag vom 15. Dezember 1993 über den Kauf des Grundstücks A-Straße zum Preis von 743 820 DM. Nutzungen und Lasten des Grundstücks sollten zum 31. Dezember 1993 auf den Käufer übergehen.
Das Grundstück gehörte zu einer größeren Zahl von Immobilien, die nach dem Einigungsvertrag Eigentum des Landes Y geworden waren. Im November 1993 bot das Land etwa 80 Objekte in sechs Lose zusammengefasst zum Verkauf an. Am 15. Dezember 1993 wurden diese Grundstücke auf eine zum Zweck der Veräußerung neu gegründete GmbH übertragen. Die GmbH veräußerte die Grundstücke noch am gleichen Tag an die Bieter, die jeweils den Zuschlag erhalten hatten. Die Muttergesellschaft der GbR erhielt dabei den Zuschlag für drei Lose mit insgesamt 46 Grundstücken. Als Käufer trat für jedes Grundstück eine eigens gegründete GbR auf.
Die hiesige GbR bot das Grundstück der KG zum Kauf an. Das Geschäft wurde in der Weise abgewickelt, dass die KG an Stelle der GbR in die Rechte und Pflichten aus dem Kaufvertrag über das Grundstück eintrat und zugleich die Anteile an der GbR erwarb. Damit wurde vermieden, dass --anders als bei direktem Kauf des Grundstücks-- eine Genehmigung des Landesamtes für offene Vermögensfragen und eine sanierungsrechtliche Genehmigung eingeholt werden mussten. Mit Veräußerung und Abtretung ihrer Anteile ging die GbR vereinbarungsgemäß unter.
Die KG behandelte den Kaufpreis für das Grundstück und den Kaufpreis für die GbR-Anteile insgesamt als Anschaffungskosten des Grundstücks. Von den auf das Gebäude entfallenden Anschaffungs- und Anschaffungsnebenkosten nahm die KG im Streitjahr (1993) eine Sonderabschreibung nach § 4 des Fördergebietsgesetzes (FördG) in Höhe von 50 v.H. vor.
Der Beklagte und Revisionsbeklagte (das Finanzamt --FA--) erkannte die Sonderabschreibung nach mittlerweile unstreitiger Ermittlung des auf das Gebäude entfallenden Anteils der Anschaffungskosten von 700 065 DM zunächst in Höhe eines Betrags von 350 033 DM unter dem Vorbehalt der Nachprüfung an. Nach einer Außenprüfung bei einer Schwestergesellschaft der KG vertrat das FA jedoch die Auffassung, die Kosten für den Erwerb der GbR-Anteile gehörten zwar zu den Anschaffungskosten des Grundstücks, seien aber nicht nach §§ 3, 4 FördG begünstigt. Demzufolge erkannte das FA mit geändertem Bescheid vom 17. Dezember 1998 nur noch eine Sonderabschreibung von 233 416,33 DM an und stellte die Einkünfte auf ./. 238 994 DM fest.
Nach erfolglosem Einspruch hatte auch die Klage keinen Erfolg. Das Finanzgericht (FG) war der Auffassung, der Kaufpreis für die GbR-Anteile sei für ein nicht nach dem FördG begünstigtes Objekt, nämlich für Anteile an einer Personengesellschaft, gezahlt worden. Das Urteil ist in Entscheidungen der Finanzgerichte (EFG) 2003, 1492 veröffentlicht.
Mit der Revision rügen die Kläger eine Verletzung materiellen Rechts.
Die Revision ist begründet. Sie führt zur Aufhebung des angefochtenen Urteils und Zurückverweisung der Sache an das FG zur anderweitigen Verhandlung und Entscheidung (§ 126 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 der Finanzgerichtsordnung --FGO--).
1. Nach § 3 FördG in seiner hier maßgeblichen Fassung durch das Standortsicherungsgesetz vom 13. September 1993 (BGBl I 1993, 1569, BStBl I 1993, 774) ist die Anschaffung eines im Fördergebiet nach § 1 Abs. 2 FördG belegenen abnutzbaren unbeweglichen Wirtschaftsguts begünstigt, wenn das Wirtschaftsgut beim Erwerber zu einem Betriebsvermögen gehört und nach dem Jahr der Fertigstellung, aber vor dem 1. Januar 1994 angeschafft worden ist (§ 3 Satz 2 Nr. 2 Buchst. a FördG). Für die begünstigte Investition kann der Steuerpflichtige Sonderabschreibungen nach § 4 FördG vornehmen; bei Personengesellschaften tritt an die Stelle des Steuerpflichtigen die Gesellschaft (§ 1 Abs. 1 FördG). Bemessungsgrundlage für die Sonderabschreibungen sind die Anschaffungs- oder Herstellungskosten des angeschafften oder hergestellten Wirtschaftsguts. Die Sonderabschreibungen können im Jahr des Investitionsabschlusses und in den folgenden vier Jahren in Anspruch genommen werden. Im Fall der Anschaffung ist die Investition mit der Anschaffung des Wirtschaftsguts abgeschlossen (§ 4 Abs. 1 FördG). Die Sonderabschreibungen betragen bei Investitionen, die nach dem 31. Dezember 1990 und vor dem 1. Januar 1997 abgeschlossen worden sind, bis zu 50 v.H. der Bemessungsgrundlage (§ 4 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 FördG in der Fassung des Jahressteuergesetzes 1996 vom 11. Oktober 1996 --JStG 1996--).
2. Im Streitfall können Sonderabschreibungen nach § 4 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 FördG in Anspruch genommen werden.
a) Die KG hat eine nach dem FördG begünstigte Investition vorgenommen. Sie hat ein im Fördergebiet belegenes Grundstück mit aufstehendem Gebäude angeschafft und ihrem Betriebsvermögen zugeführt. Die Anschaffung erfolgte mit wirtschaftlichem Übergang des Grundstücks am 31. Dezember 1993, also vor dem Stichtag 1. Januar 1994. Dass die KG mithin dem Grunde nach Sonderabschreibungen nach § 4 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 FördG in Anspruch nehmen kann, ist zwischen den Beteiligten auch nicht streitig.
b) Bemessungsgrundlage für die Abschreibung sind die auf das Gebäude entfallenden Anschaffungskosten der KG. Der Begriff der Anschaffungskosten i.S. des FördG deckt sich mit dem Anschaffungskostenbegriff i.S. des § 255 Abs. 1 des Handelsgesetzbuches --HGB-- (vgl. Urteil des Bundesfinanzhofs --BFH-- vom 28. Juni 2002 IX R 51/01, BFHE 199, 388, BStBl II 2002, 758; BFH-Beschluss vom 23. Mai 2003 IX B 66/02, BFH/NV 2003, 1317). Er ist damit identisch mit dem einkommensteuerrechtlich für alle Einkunftsarten geltenden Begriff der Anschaffungskosten, der sich ebenfalls auf § 255 Abs. 1 HGB stützt (vgl. z.B. BFH-Urteile vom 12. September 2001 IX R 52/00, BFHE 198, 85, BStBl II 2003, 574, und vom 17. November 2004 I R 96/02, BFHE 208, 197). Anschaffungskosten sind nach dieser Vorschrift diejenigen Aufwendungen, die geleistet werden, um einen Vermögensgegenstand zu erwerben und ihn in einen betriebsbereiten Zustand zu versetzen (vgl. z.B. BFH-Urteil vom 17. Oktober 2001 I R 32/00, BFHE 197, 58, BStBl II 2002, 349). Erwerben bedeutet nach der Rechtsprechung des BFH das Überführen eines Gegenstandes von der fremden in die eigene wirtschaftliche Verfügungsmacht (Beschluss des Großen Senats des BFH vom 22. August 1966 GrS 2/66, BFHE 86, 792, 794 f., BStBl III 1966, 672). Letztere wird in der Regel dadurch erlangt, dass Eigenbesitz, Gefahr, Nutzen und Lasten auf den Erwerber übergehen (BFH-Urteil vom 28. April 1977 IV R 163/75, BFHE 122, 121, 124, BStBl II 1977, 553, m.w.N.).
c) Die KG hat neben dem Grundstückskaufpreis auch den Preis für den Erwerb der Anteile an der GbR aufgewendet, um die wirtschaftliche Verfügungsmacht an dem Grundstück zu erlangen. Der Erwerb der Gesellschaftsanteile stellt sich nicht als eigenständiger Anschaffungsvorgang dar. Zwar führt der Erwerb einer Beteiligung an einer Personengesellschaft handelsrechtlich zur Anschaffung eines Vermögensgegenstands und steuerrechtlich zur Anschaffung von Anteilen an den Aktiva und Passiva der Personengesellschaft (Beschluss des Großen Senats des BFH vom 25. Februar 1991 GrS 7/89, BFHE 163, 1, BStBl II 1991, 691, unter C.III.3.b cc; BFH-Urteil vom 6. November 1985 I R 242/81, BFHE 145, 359, BStBl II 1986, 333; s. auch Senatsurteil vom 6. Juli 1995 IV R 30/93, BFHE 178, 176, BStBl II 1995, 831, unter 1.). Die Anschaffungskosten für die Beteiligung würden sich deshalb in dem Kapitalkonto des Gesellschafters bei der Personengesellschaft, das bei höheren Anschaffungskosten im Wege einer Ergänzungsbilanz erhöht wird, widerspiegeln.
Indessen hat die KG niemals Anteile an der GbR gehalten, weil diese Anteile zugleich mit ihrer Übertragung auf die KG untergingen. Sowohl handelsrechtlich als auch steuerrechtlich ist der Vorgang als Anschaffung der Aktiva und Passiva der GbR zu behandeln, welche lediglich aus den Ansprüchen und Verpflichtungen aus dem Grundstückskaufvertrag bestanden. Der Kaufpreis für die GbR-Anteile führt deshalb nicht zu Anschaffungskosten für die Beteiligung, sondern zu Anschaffungskosten für das Grundstück.
Hiervon ging die KG von Anfang an aus, denn sie behandelte den Kaufpreis für die GbR-Anteile in ihrer Bilanz auf den 31. Dezember 1993 als Anschaffungskosten des Grundstücks und als Bemessungsgrundlage für die Sonderabschreibungen.
d) Offensichtlich war auch das FA der Ansicht, dass der Kaufpreis der GbR-Anteile Bestandteil der Anschaffungskosten für das Grundstück ist, denn es ermittelte die Absetzungen für Abnutzung nach § 7 Abs. 4 des Einkommensteuergesetzes (EStG) aus der Summe von Grundstückskaufpreis und Kaufpreis der GbR-Anteile. Da nach § 4 Abs. 1 Satz 1 FördG die Anschaffungskosten des Gebäudes auch Bemessungsgrundlage für die Sonderabschreibungen sind, kann insoweit ebenfalls nicht zwischen dem eigentlichen Grundstückskaufpreis und dem Preis für den Kauf der Gesellschaftsanteile differenziert werden. Entgegen der Auffassung des FA und des FG ist Investitionsgegenstand nicht ein Gesellschaftsanteil, der nicht zu den begünstigten Wirtschaftsgütern gehören würde, sondern allein die Immobilie.
Sonderabschreibungen auf der Grundlage des Gesamtbetrags hätte die KG im Übrigen auch dann beanspruchen können, wenn ein Zwischenerwerb der GbR stattgefunden hätte und diese das Grundstück sogleich zu dem höheren Betrag an die KG veräußert hätte. Es kann danach nicht angenommen werden, dass die Inanspruchnahme der vollen Sonderabschreibung mit dem Zweck der Begünstigung, wie sie das FördG für Anschaffungen bis zum Ende des Jahres 1993 vorsah, unvereinbar ist.
3. Die Sache ist nicht entscheidungsreif. Das FG hat --von seinem Standpunkt aus zu Recht-- keine Feststellungen zur Höhe des Gewinns und seiner Verteilung getroffen. Die Sache muss deshalb zurückverwiesen werden.
Ende der Entscheidung
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