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Gericht: Bundesfinanzhof
Urteil verkündet am 26.11.1998
Aktenzeichen: IV R 59/97
Rechtsgebiete: EStG


Vorschriften:

EStG § 15
EStG § 18 Abs. 1 Satz 1
BUNDESFINANZHOF

Ein international tätiger Berater von Berufsfußballspielern ist typischerweise nicht freiberuflich, sondern gewerblich tätig.

EStG § 15, § 18 Abs. 1 Satz 1

Urteil vom 26. November 1998 - IV R 59/97 -

Vorinstanz: FG Köln


Gründe

Der Kläger und Revisionskläger (Kläger) ist als internationaler Berater von Berufsfußballspielern tätig. Der Beklagte und Revisionsbeklagte (das Finanzamt --FA--) sah diese Tätigkeit als gewerblich an und erließ für die Streitjahre (1988, 1990 bis 1992) entsprechende Gewerbesteuermeßbescheide.

Mit der Sprungklage trug der Kläger unter Berufung auf ein Gutachten von Prof. Dr. ... vom 3. September 1993 vor, er erziele Einkünfte aus freiberuflicher Tätigkeit, weil er den Beruf eines beratenden Betriebswirts oder einen ähnlichen Beruf ausübe.

Die Klage hatte keinen Erfolg. Das Finanzgericht (FG) führte unter Bezug auf sein, für das Jahr 1989 ergangenes Urteil vom 22. Mai 1996 12 K 4446/94 (Entscheidungen der Finanzgerichte --EFG-- 1996, 990) aus, der Kläger sei gewerbesteuerpflichtig. Beachtliche Teile seiner Tätigkeit (Kontaktherstellung und -pflege sowie Marktforschung, vgl. Senatsurteil vom 27. Februar 1992 IV R 27/90, BFHE 168, 59, BStBl II 1992, 826) seien gewerblicher Natur. Unabhängig davon, ob deshalb die gesamte Beratungstätigkeit gewerblich sei (vgl. Senatsurteil vom 21. April 1994 IV R 99/93, BFHE 174, 347, BStBl II 1994, 650), erziele er mit der von ihm beschriebenen Beratertätigkeit gewerbliche Einkünfte. Er habe nicht die für die Anerkennung als beratender Betriebswirt erforderliche Ausbildung nachgewiesen.

Er übe auch keine einem beratenden Betriebswirt ähnliche Tätigkeit aus. Selbst wenn man nicht auf die Ausbildung abstelle, sei die Ähnlichkeit zu nur einem vergleichbaren Katalogberuf maßgeblich.

Mit der vom FG --wegen grundsätzlicher Bedeutung-- zugelassenen Revision rügt der Kläger die Verletzung von Bundesrecht.

Die Revision ist als unbegründet zurückzuweisen (§ 126 Abs. 2 der Finanzgerichtsordnung --FGO--).

1. Die geltend gemachten Verfahrensrügen greifen nicht durch.

a) Das FG hat in revisionsrechtlich nicht zu beanstandender Weise mit Bindung für das Revisionsgericht (§ 118 Abs. 2 FGO), insbesondere ohne Verstoß gegen Denkgesetze oder allgemeine Erfahrungssätze festgestellt, daß der Kläger die erforderlichen theoretischen Kenntnisse nicht in der geforderten Tiefe und Breite besaß, um seine Tätigkeit als die einem beratenden Betriebswirt ähnliche anzusehen. Dagegen hat der Kläger keine zulässigen und begründeten Revisionsgründe vorgebracht. Er hat auch mit der Revision nicht detailliert vorgetragen, aufgrund welcher konkreten Nachweise das FG zu der Feststellung hätte gelangen können und müssen, daß er die erforderlichen qualifizierten Kenntnisse habe.

b) Insbesondere hat das FG nicht seine Verpflichtung verletzt, den Sachverhalt von Amts wegen zu erforschen (§ 76 Abs. 1 Satz 1 FGO). Der Kläger hat sich im Klageverfahren darauf beschränkt, die Ausführungen des eingereichten Rechtsgutachtens zum Gegenstand seines Vortrages zu erklären. Er hat es jedoch unterlassen darzulegen, welche konkreten Tätigkeiten er in den einzelnen Streitjahren ausübte, und diese Darlegungen ggf. unter Beweis zu stellen. Selbst mit der Revision gibt er nicht an, welche Tatsachen das FG nach einer Beweisaufnahme festgestellt hätte.

c) Nicht ordnungsgemäß erhoben ist die Rüge, das FG habe seine Hinweispflicht (§ 76 Abs. 2 FGO) verletzt, weil es den Kläger nicht aufgefordert habe, seinen Sachvortrag hinsichtlich der erforderlichen Kenntnisse zu ergänzen. Dazu hätte der Kläger nicht nur angeben müssen, worauf das Gericht hätte hinweisen und welche Fragen es hätte stellen sollen, sondern auch, was die Beteiligten dann noch konkret vorgetragen hätten (ständige Rechtsprechung, vgl. z.B. Urteil des Bundesfinanzhofs --BFH-- vom 15. Juli 1997 VIII R 56/93, BFHE 183, 518, BStBl II 1998, 152, 158 unter II. 3. c ff, m.w.N.). Die richterliche Hinweispflicht des § 76 Abs. 2 FGO hat nicht den Sinn, die Eigenverantwortlichkeit der Beteiligten einzuschränken (BFH-Beschlüsse vom 14. November 1995 VII B 186/95, BFH/NV 1996, 416, und vom 30. Januar 1996 V B 89/95, BFH/NV 1996, 683). Es lag auf der Hand, daß sich der Kläger, der zudem fachkundig vertreten war, detailliert zu den seinen Angaben zufolge einem voll ausgebildeten Betriebswirt vergleichbaren Kenntnissen äußerte. Er kannte bei Klageerhebung bereits das in seiner Gewerbesteuersache 1989 ergangene Urteil (Az. 12 K 4446/94) und damit die Ansicht des zuständigen Spruchkörpers. Auf dieses Urteil hatte zudem das FA in seiner Klageerwiderung ausdrücklich Bezug genommen. Eines weiteren Hinweises durch das Gericht bedurfte es nicht. Außerdem war in dem vorausgegangenen Verfahren die Rechtssache in der mündlichen Verhandlung vor dem FG am 22. Mai 1996, an der der Kläger persönlich und seine jetzigen Prozeßbevollmächtigten teilgenommen hatten, in tatsächlicher und rechtlicher Hinsicht erörtert worden. Der Kläger hatte daher Anlaß, die nach seiner Ansicht ungenügenden Feststellungen des FG in der Klageschrift zu rügen und im einzelnen darzulegen, warum er dennoch die erforderlichen qualifizierten Kenntnisse hatte. Aus diesen Gründen stellt das angegriffene Urteil auch keine Überraschungsentscheidung dar.

2. Auch materiell-rechtlich hat die Revision keinen Erfolg.

Selbst wenn man zugunsten des Klägers davon ausgeht, daß er in den Streitjahren die Tätigkeiten ausübte, die dem im Klageverfahren vorgelegten Gutachten zufolge zu den Aufgaben eines "internationalen Spielerberaters" gehören, stellt sich eine solche Tätigkeit typischerweise nicht als die eines beratenden Betriebswirts oder eine diesem Beruf ähnliche Tätigkeit i.S. von § 18 Abs. 1 Satz 1 des Einkommensteuergesetzes (EStG) dar. Im vorgelegten Gutachten wird die Tätigkeit in folgende wesentliche Bereiche eingeteilt: 1) ökonomische Markterforschung, Marktanalyse, Marktbeobachtung und Auswertung, 2) die Erfassung der rechtlichen Verhältnisse im Ausland, 3) Kontaktherstellung und -pflege zu Vereinen, Verbänden und Medien, 4) psychologische Analyse des einzelnen Spielers, 5) individuelle Beratung zur optimalen Vermarktung und 6) Wirtschafts- und Vermögensanalyse für den erfolgreichen Spieler. Diese Bereiche stellen sich, isoliert betrachtet, nicht als Tätigkeiten eines beratenden Betriebswirts dar. Für die psychologische Beratung liegt das auf der Hand (s. BFH-Urteil vom 11. Juni 1997 XI R 2/95, BFHE 183, 450, BStBl II 1997, 687). Das gilt auch für die Marktforschung (vgl. Senatsurteil in BFHE 168, 59, BStBl II 1992, 826), die Verwertung rechtlicher Kenntnisse (vgl. zuletzt Senatsurteil vom 16. Oktober 1997 IV R 19/97, BFHE 184, 456, BStBl II 1998, 139), die Anbahnung und Pflege von Kontakten (vgl. Senatsurteile vom 12. August 1965 IV 61/61, 100/61, 336/64 U, BFHE 83, 237, BStBl III 1965, 586, und vom 14. März 1991 IV R 135/90, BFHE 164, 408, BStBl II 1991, 769) und die Anlageberatung (vgl. BFH-Urteile vom 13. April 1988 I R 300/83, BFHE 153, 222, BStBl II 1988, 666, und vom 2. September 1988 III R 58/85, BFHE 154, 332, BStBl II 1989, 24). Da ein Spielerberater typischerweise an den Einnahmen des Spielers bzw. an den Transfersummen provisionsähnlich beteiligt ist und er in erster Linie auch für seine Verhandlungs- und Vermittlungstätigkeit entlohnt wird, wird seine gesamte Tätigkeit vor allem durch diese, für einen beratenden Betriebswirt untypische Tätigkeit geprägt. Zudem unterhalten die Spieler als Arbeitnehmer der jeweiligen Vereine keinen Betrieb. Es fehlt daher an dem typischen Beratungsbedarf für die Organisation eines Unternehmens und das sinnvolle Aufeinanderabstimmen der einzelnen Organisationseinheiten. Statt dessen geht es darum, die Spieler selbst zu "vermarkten". Bei einer solch maklerähnlichen Tätigkeit wären sogar die Einkünfte eines ansonsten freiberuflich Tätigen bei Nachweis entsprechend qualifizierender Kenntnisse gewerblicher Natur (vgl. z.B. zu einem Künstlermanager den Senatsbeschluß vom 19. Februar 1991 IV B 2/90, BFH/NV 1992, 372; s. weiter BFH-Urteile vom 15. April 1970 I R 107/68, BFHE 99, 31, BStBl II 1970, 517; vom 18. April 1972 VIII R 50-51/66; 162/70, BFHE 105, 469, BStBl II 1972, 624). Für die Annahme eines dem Rechtsanwalt, Steuerberater oder Steuerbevollmächtigten ähnlichen Berufes fehlt es überdies an der notwendigen Zulassung (vgl. Senatsurteil in BFHE 184, 456, BStBl II 1998, 139).

3. Deshalb ergibt sich auch nichts anderes, wenn man entgegen der ständigen Rechtsprechung des BFH (vgl. zuletzt Senatsurteil in BFHE 184, 456, BStBl II 1998, 139) annehmen wollte, die ausgeübte Tätigkeit müsse nicht einem der genannten Katalogberufe ähnlich sein, sondern es genüge die sog. Gruppenähnlichkeit. Selbst dann wäre der Kläger durch seine Teilnahme an der "Vermarktung" der Spieler jedenfalls nicht freiberuflich, sondern gewerblich tätig (vgl. Grube, Steuer und Wirtschaft, 1981, S. 34 ff., 43).

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