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Gericht: Bundesfinanzhof
Urteil verkündet am 14.12.2006
Aktenzeichen: IV R 62/04
Rechtsgebiete: EStG
Vorschriften:
EStG § 4 Abs. 3 | |
EStG § 6 Abs. 1 Nr. 4 | |
EStG § 6 Abs. 1 Nr. 4 Satz 2 | |
EStG § 6 Abs. 1 Nr. 4 Satz 3 | |
EStG § 7a Abs. 8 |
Gründe:
I. Die Kläger und Revisionskläger (Kläger) sind Eheleute, die zusammen zur Einkommensteuer veranlagt werden. Der Kläger erzielte in den Streitjahren (1996 und 1997) als Ingenieur Einkünfte aus selbständiger Arbeit. In seinen Gewinnermittlungen nach § 4 Abs. 3 des Einkommensteuergesetzes (EStG) behandelte der Kläger die Kosten für zwei Fahrzeuge (PKW) als Betriebsausgaben. Der Beklagte und Revisionsbeklagte (das Finanzamt --FA--) erkannte bei Erlass der Einkommensteuerbescheide für die Streitjahre die in den Gewinnermittlungen erfassten Beträge für die Privatnutzung der PKW nicht an. Stattdessen ermittelte das FA die Privatanteile nach der sog. 1 v.H.-Regelung des § 6 Abs. 1 Nr. 4 Satz 2 EStG.
Im anschließenden Einspruchsverfahren machten die Kläger geltend, im Jahr 1996 sei der eine PKW ausschließlich betrieblich genutzt worden, im Jahr 1997 der andere PKW. Zum Nachweis der Privatfahrten legten die Kläger Fahrtenbücher vor. Sie beantragten, den Privatanteil nicht nach der 1 v.H.-Regelung, sondern nach den tatsächlichen Kosten für die Privatfahrten zu bemessen. Das FA stellte anschließend fest, dass die vorgelegten Fahrtenbücher erst im zweiten Halbjahr 1998 gedruckt worden waren, und wies den Einspruch wegen nicht ordnungsgemäßen Nachweises durch Fahrtenbücher zurück.
Mit der daraufhin erhobenen Klage trugen die Kläger vor, bei den Fahrtenbüchern handele es sich um Reinschriften, die vor Einreichung der Steuererklärungen verfasst worden seien. Die Grundaufzeichnungen seien nach Erstellung der Reinschriften vernichtet worden. Die Übereinstimmung der Reinschriften mit den Grundaufzeichnungen könne von ihnen beeidet werden.
Das Finanzgericht (FG) wies die Klage mit in Entscheidungen der Finanzgerichte (EFG) 2003, 600 abgedrucktem Urteil ab.
Mit der Revision machen die Kläger geltend, auch eine nachträglich aus Grundaufzeichnungen erstellte Reinschrift genüge den Anforderungen an ein ordnungsgemäßes Fahrtenbuch. Das FA habe ausreichend Möglichkeiten, die Plausibilität des Fahrtenbuchs zu prüfen.
Sie beantragen, unter Aufhebung des angefochtenen Urteils und der Einspruchsentscheidung die Einkommensteuer 1996 auf 1 242 DM und die Einkommensteuer 1997 auf 25 364 DM herabzusetzen.
Das FA beantragt, die Revision zurückzuweisen.
Es trägt vor, die nachträglich erstellten Fahrtenbücher seien als Belegnachweis für die Abgrenzung der betrieblichen von den privaten Aufwendungen für Kraftfahrzeuge ungeeignet.
II. Die Revision ist nicht begründet und war deshalb zurückzuweisen (§ 126 Abs. 2 der Finanzgerichtsordnung --FGO--).
1. a) Nach § 6 Abs. 1 Nr. 4 Sätze 2 und 3 EStG in der für die Streitjahre geltenden Fassung ist die private Nutzung eines Kraftfahrzeugs für jeden Kalendermonat mit 1 v.H. des inländischen Listenpreises im Zeitpunkt der Erstzulassung zuzüglich der Kosten für Sonderausstattungen einschließlich der Umsatzsteuer anzusetzen. Abweichend davon kann die private Nutzung mit den auf die Privatfahrten entfallenden Aufwendungen angesetzt werden, wenn die für das Kraftfahrzeug insgesamt entstehenden Aufwendungen durch Belege und das Verhältnis der privaten zu den übrigen Fahrten durch ein ordnungsgemäßes Fahrtenbuch nachgewiesen werden. Diese im Grundsatz nur für die Gewinnermittlung durch Betriebsvermögensvergleich geltende Regelung (§ 6 Abs. 1 Satz 1 EStG) ist bei der Ermittlung des Gewinns durch Überschuss der Betriebseinnahmen über die Betriebsausgaben gemäß § 4 Abs. 3 EStG entsprechend anzuwenden (vgl. z.B. Senatsurteile vom 2. Oktober 2003 IV R 13/03, BFHE 203, 373, BStBl II 2004, 985, und vom 1. März 2001 IV R 27/00, BFHE 195, 200, BStBl II 2001, 403, zu 3. a.E.).
b) Der Begriff eines ordnungsgemäßen Fahrtenbuchs i.S. des § 6 Abs. 1 Nr. 4 Satz 3 EStG wird vom Gesetz nicht ausdrücklich bestimmt. Der Bundesfinanzhof (BFH) hat jedoch aus dem Wortlaut und aus dem Sinn und Zweck der Regelung geschlossen, dass die dem Nachweis des zu versteuernden Privatanteils an der Gesamtfahrleistung dienenden Aufzeichnungen eine hinreichende Gewähr für ihre Vollständigkeit und Richtigkeit bieten und mit vertretbarem Aufwand auf ihre materielle Richtigkeit hin überprüfbar sein müssen. Dazu gehört auch, dass das Fahrtenbuch zeitnah und in geschlossener Form geführt worden ist und dass es die zu erfassenden Fahrten einschließlich des an ihrem Ende erreichten Gesamtkilometerstands vollständig und in ihrem fortlaufenden Zusammenhang wiedergibt (BFH-Urteile vom 9. November 2005 VI R 27/05, BFHE 211, 508, BStBl II 2006, 408, und vom 16. März 2006 VI R 87/04, BFHE 212, 546, BStBl II 2006, 625).
Die vom Gesetz verlangte "buch"-förmige äußere Gestalt der Aufzeichnungen bedeutet, dass die erforderlichen Angaben in einer gebundenen oder jedenfalls in einer in sich geschlossenen Form festgehalten werden müssen, die nachträgliche Einfügungen oder Veränderungen ausschließt oder zumindest deutlich als solche erkennbar werden lässt. Aus Sinn und Zweck der gesetzlichen Regelung ergibt sich ferner, dass ein ordnungsgemäßes Fahrtenbuch nicht nur fortlaufend in einer geordneten und geschlossenen äußeren Form, sondern vor allem auch zeitnah zu führen ist. Ziel ordnungsgemäßer Aufzeichnungen muss es sein, die unzutreffende Zuordnung einzelner Privatfahrten zum beruflichen Nutzungsanteil wie auch deren gänzliche Nichtberücksichtigung im Fahrtenbuch möglichst auszuschließen. Dieser Anforderung wird nur die fortlaufende und zeitnahe Erfassung der Fahrten in einem geschlossenen Verzeichnis gerecht, das aufgrund seiner äußeren Gestaltung geeignet ist, jedenfalls im Regelfall nachträgliche Abänderungen, Streichungen und Ergänzungen als solche kenntlich werden zu lassen (BFH-Urteil in BFHE 211, 508, BStBl II 2006, 408).
c) Aus der von den Klägern herangezogenen Rechtsprechung des BFH zu § 7a Abs. 8 (früher Abs. 9) EStG (etwa Senatsurteil vom 9. August 1984 IV R 151/81, BFHE 142, 47, BStBl II 1985, 47) können keine Argumente für die Auslegung des § 6 Abs. 1 Nr. 4 EStG gewonnen werden. Zweck und Bedeutung der Aufzeichnungen für die Inanspruchnahme von Sonderabschreibungen unterscheiden sich von dem genannten Zweck des ordnungsgemäßen Fahrtenbuchs. Die Aufzeichnungen nach § 7a Abs. 8 EStG bezwecken die Verfolgbarkeit der in Anspruch genommenen Sonderabschreibungen, indem neben der Angabe der betriebsgewöhnlichen Nutzungsdauer und den jährlichen Absetzungen der Tag der Anschaffung oder Herstellung der begünstigten Wirtschaftsgüter sowie die Anschaffungs- oder Herstellungskosten aufgezeichnet werden. Die betreffenden Angaben müssen im Zweifelsfall durch entsprechende Belege nachgewiesen werden; Manipulationen sind insoweit ausgeschlossen.
2. Die von den Klägern vorgelegten Fahrtenbücher entsprechen danach nicht den Anforderungen an ein "ordnungsgemäßes" Fahrtenbuch. Sie sind nicht zeitnah, sondern mit deutlichem zeitlichem Abstand verfasst worden. Ob die von den Klägern erwähnten Grundaufzeichnungen den Anforderungen an ein Fahrtenbuch genügt hätten, kann dahinstehen, weil die Grundaufzeichnungen nicht vorgelegt worden, sondern nach Angaben der Kläger zwischenzeitlich vernichtet worden sind.
3. Rechtsfolge des Fehlens ordnungsgemäßer Fahrtenbücher ist die Anwendung der 1 v.H.-Regelung des § 6 Abs. 1 Nr. 4 Satz 2 EStG. Diese liegt der Ermittlung der Privatanteile in den angefochtenen Steuerbescheiden zugrunde. Einwendungen gegen die diesbezüglichen Berechnungen werden von den Klägern nicht erhoben. Der Senat kann deshalb davon ausgehen, dass die Privatanteile zutreffend erfasst worden sind.
Ende der Entscheidung
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