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Gericht: Bundesfinanzhof
Beschluss verkündet am 20.12.2005
Aktenzeichen: IV S 13/05
Rechtsgebiete: ZPO, FGO


Vorschriften:

ZPO § 78b
ZPO § 227 Abs. 1
ZPO § 227 Abs. 2
FGO § 133a Abs. 4 Satz 3
FGO § 155
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Gründe:

Der Kläger und Antragsteller (Antragsteller) wohnte in den Streitjahren (1998 bis 2000) in S und erzielt als Lehrer Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit. Im mehr als 100 km entfernten Ort R unterhielt er seit 1998 eine nebenberufliche Schaf- und Pflanzenzucht. Dort erwirtschaftete er in den Streitjahren Verluste von 10 372,95 DM, 5 782,59 DM und 12 578,76 DM, die er bei den Einkünften aus Land- und Forstwirtschaft erklärte. Nachdem er auch für das Jahr 2001 einen Verlust von 10 746 DM geltend gemacht hatte, stellte er den Betrieb zum 30. Juni 2002 ein. Der Beklagte und Beschwerdegegner (das Finanzamt --FA--) erließ für die Streitjahre 1999 und 2000 negative Gewinnfeststellungsbescheide, weil er von einer Liebhaberei ausging. Einspruch und Klage gegen diese Bescheide hatten keinen Erfolg. Durch Beschluss vom 7. März 2005 lehnte der Senat einen Antrag auf Beiordnung eines Notanwalts für die beabsichtigte Durchführung des Beschwerdeverfahrens gegen die Nichtzulassung der Revision ab.

Im vorliegenden Verfahren begehrt der Antragsteller die Herausgabe von Belegen, die er beim FA eingereicht hatte. Dieses hatte den Antragsteller in den Gewinnfeststellungsverfahren für die Jahre 1999 und 2000 mit Schreiben vom 8. April 2003 aufgefordert, Belege für die Jahre 1998 bis 2000 vorzulegen. Aus dem Schreiben des Antragstellers an das FA vom 12. Mai 2003 folgt, dass dieser für das Jahr 1998 Belege für ein Gewächshaus sowie den Ankauf von Schafen und im Übrigen Unterlagen für die Jahre 1999 und 2000 vorgelegt hat.

Auf die Aufforderung, die eingereichten Belege zurückzugeben, teilte der Rechtsbehelfssachbearbeiter des FA in den Klageverfahren wegen Gewinnfeststellung 1999 und 2000 vor dem Finanzgericht (FG) mit, er habe die Belege für 1999 und 2000 (zwei Heftungen) mit Schreiben an den Antragsteller vom 4. Juni 2003 zurückgeschickt. Die Rechnungen aus dem Jahr 1998 für das Gewächshaus und die Schafe seien dem FA nur in Kopie vorgelegt worden. Der wiederholten Aufforderung des Antragstellers, die Belege zurückzugeben, begegnete das FA mit dem Hinweis, diese seien ihm bereits zugeschickt worden. Da das Schreiben vom 4. Juni 2003 nicht als unzustellbar zurückgekommen sei, gehe man davon aus, dass er, der Antragsteller, dieses Schreiben mit den Belegen erhalten habe.

Darauf erhob der Antragsteller Klage, mit der er die Herausgabe der Belege begehrte. Mit Schreiben vom 25. Juni 2005, eingegangen beim FG am 29. Juni 2005, beantragte der Antragsteller die Verlegung des Termins zur mündlichen Verhandlung am 8. Juli 2005, da er in der Zeit vom 3. bis zum 23. Juli 2005 ortsabwesend sei. Die Klage hatte keinen Erfolg. Das FG bejahte den Finanzrechtsweg, lehnte eine Verlegung des Termins zur mündlichen Verhandlung ab und wies das Herausgabeverlangen zurück.

Zur Begründung führte das FG aus, die Klage sei als allgemeine Leistungsklage ohne Vorverfahren zulässig, aber nicht begründet. Das FA habe die Herausgabe der Unterlagen nicht verweigert, sondern mitgeteilt, dass die Unterlagen nach ihrer Rückgabe an den Antragsteller nicht mehr vorlägen. Die Klage habe daher wegen unmöglicher Leistung keinen Erfolg. Da der Antragsteller nicht im Einzelnen dargelegt habe, welche Belege er für die Jahre 1998 bis 2000 eingereicht habe, und daher nicht festgestellt werden könne, auf welche konkreten Belege sich das Herausgabeverlangen beziehe, sei die Klage auch wegen Unbestimmtheit abzuweisen. Nach den Äußerungen des FA ergäben sich für den Senat keinerlei Anhaltspunkte dafür, dass das FA noch im Besitz weiterer Belege aus den Jahren 1998 bis 2000 sei. Schließlich sei eine Terminsverlegung nicht in Betracht gekommen, weil der Antragsteller auch nach ausdrücklicher Aufforderung keine erheblichen Gründe für eine solche Vertagung glaubhaft gemacht habe. Im Übrigen habe der Antragsteller auch in den Klageverfahren gegen die Gewinnfeststellungsbescheide 1999 und 2000 (3 K 458, 459/03) eine Aufhebung des Termins zur mündlichen Verhandlung am 10. November 2004 beantragt, sei dann aber gleichwohl zum Termin erschienen.

Der Antragsteller beabsichtigt, gegen das Urteil des FG Nichtzulassungsbeschwerde zu erheben und begehrt, ihm für dieses Verfahren einen Rechtsvertreter beizuordnen. Zur Begründung dieses Antrags trägt er vor, er habe bei neun Steuerberatern angefragt, ob sie ihn vertreten würden. Einer dieser Berater habe dies ausdrücklich abgelehnt, die übrigen hätten die Anfrage nicht beantwortet. Zu den Erfolgsaussichten der Nichtzulassungsbeschwerde trägt der Antragsteller vor, der Vertreter des FA habe in der mündlichen Verhandlung vor dem FG in der Sache 3 K 458/03 am 10. November 2004 eingeräumt, die Belege nur mit einfacher Post und "nicht wie üblich als Einschreiben" versandt zu haben. Damit habe das FA gegen die Sorgfaltspflicht verstoßen und sein Eigentumsrecht verletzt. Das FG habe im Übrigen das rechtliche Gehör verletzt, weil es am 8. Juli 2005 eine kurzfristig anberaumte mündliche Verhandlung in seiner Abwesenheit durchgeführt habe, ohne seinen Antrag auf Terminsverlegung wegen einer Urlaubsvertretung zu beachten. Da nur das FA Gehör gefunden habe, sei auch der Gleichbehandlungsgrundsatz verletzt. Das Urteil sei am 22. Juli 2005 in seiner, des Antragstellers, Abwesenheit durch Einwurf in den Briefkasten zugestellt worden. Seine Anhörungsrüge vom 4. August 2005 sei durch die Mitteilung des FG vom 10. August 2005 beschieden worden, dass das Gerichtsverfahren in 1. Instanz durch Verkündung des Urteils abgeschlossen sei.

Der Antrag auf Beiordnung eines Notanwalts i.S. des § 78b der Zivilprozessordnung (ZPO) für die beabsichtigte Nichtzulassungsbeschwerde bzw. Revision wird abgelehnt.

Gemäß § 155 der Finanzgerichtsordnung (FGO) i.V.m. § 78b ZPO hat das Prozessgericht einem Beteiligten auf Antrag für den Rechtszug einen Rechtsanwalt zur Wahrung seiner Rechte beizuordnen, soweit eine Vertretung durch Anwälte geboten ist, er einen zu seiner Vertretung bereiten Anwalt nicht findet und die Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung nicht mutwillig oder aussichtslos erscheint. Seit der Einführung des Vertretungszwanges vor dem Bundesfinanzhof (BFH) hat dieser als Prozessgericht für die durchzuführende Revision bzw. Nichtzulassungsbeschwerde über die Beiordnung zu entscheiden (vgl. Senatsbeschluss vom 8. Januar 1991 IV S 11/90, BFH/NV 1992, 471, m.w.N.).

In der Sache kann der Antrag jedoch bereits deshalb keinen Erfolg haben, weil die vom Antragsteller beabsichtigte Rechtsverfolgung (hier die Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Revision gegen das Urteil des FG) aussichtslos ist. Die als Grund für eine Revisionszulassung einzig vorgebrachte Rüge eines Verfahrensmangels der Verletzung rechtlichen Gehörs (§§ 115 Abs. 2 Nr. 3, 116 Abs. 3 Satz 3 FGO) wäre jedenfalls unbegründet.

1. Die Durchführung einer mündlichen Verhandlung in Abwesenheit eines ordnungsgemäß geladenen Beteiligten kann eine Verletzung des rechtlichen Gehörs (Art. 103 Abs. 1 des Grundgesetzes --GG-- i.V.m. § 96 Abs. 2 FGO) begründen, wenn einem vor dem Termin gestellten Antrag auf Terminsverlegung nicht stattgegeben worden ist. Die schlüssige Rüge einer Verletzung rechtlichen Gehörs erfordert insoweit auch keine Ausführungen darüber, was bei ausreichender Gewährung des rechtlichen Gehörs noch vorgetragen worden wäre und dass dieser Vortrag die Entscheidung des Gerichts hätte beeinflussen können, wenn das Gericht verfahrensfehlerhaft in Abwesenheit des Rechtsmittelführers aufgrund mündlicher Verhandlung entschieden hat (Beschluss des Großen Senats des BFH vom 3. September 2001 GrS 3/98, BFHE 196, 39, BStBl II 2001, 802).

2. Die gerügte Verletzung des rechtlichen Gehörs liegt jedoch nicht vor.

Das FG hat den Verlegungsantrag vom 25. Juni 2005 zu Recht abgelehnt, weil ein die Verlegung rechtfertigender Grund vom Antragsteller nicht ordnungsgemäß dargelegt worden war. Gemäß § 155 FGO i.V.m. § 227 Abs. 1 ZPO kann das Gericht aus erheblichen Gründen einen Termin aufheben oder verlegen. Ob erhebliche Gründe für eine Verlegung vorliegen, hängt von den Verhältnissen des Einzelfalls ab (vgl. BFH-Beschluss vom 7. Dezember 1990 III B 102/90, BFHE 163, 115, BStBl II 1991, 240), die der Beteiligte dem FG mitzuteilen hat. Zwar sind die erheblichen Gründe nach § 155 FGO i.V.m. § 227 Abs. 2 ZPO grundsätzlich erst auf Verlangen glaubhaft zu machen. Das berührt aber nicht die Pflicht des Beteiligten, selbst die Gründe so genau anzugeben, dass sich das Gericht aufgrund ihrer Schilderung ein Urteil über deren Erheblichkeit bilden kann (BFH-Beschluss vom 26. August 1999 X B 58/99, BFH/NV 2000, 441). Deshalb rechtfertigen formelhafte, nicht im Einzelnen nachprüfbare Begründungen eine Terminsverlegung nicht (BFH-Beschluss vom 31. August 1995 VII B 160/94, BFH/NV 1996, 228).

Der Verlegungsantrag vom 25. Juni 2005 wird den Darlegungserfordernissen nicht gerecht. Zur Begründung hat der Antragsteller lediglich vorgetragen, dass er in der Zeit vom 3. bis zum 23. Juli 2005 ortsabwesend sei. Der Antragsbegründung im Streitfall war weder zu entnehmen, auf welchen Gründen die Abwesenheit des Antragstellers beruhte, noch waren dem Antrag Belege zur Glaubhaftmachung erheblicher Gründe für eine Terminsverlegung beigefügt. Diese wurden auch nicht auf Anforderung des Gerichts später nachgereicht.

Der Antragsteller könnte schließlich auch nicht mit dem Einwand durchdringen, das FG habe den Gleichbehandlungsgrundsatz verletzt, weil nur das FA in der mündlichen Verhandlung Gehör gefunden habe. Diesen Vortrag versteht der Senat ebenfalls als Rüge der Verletzung rechtlichen Gehörs. Greift diese Rüge jedoch --wie im Streitfall-- nicht durch, so kann auch der Gleichbehandlungsgrundsatz des Art. 3 GG nicht verletzt sein. Im Übrigen hat das FG mit der Aufforderung, erhebliche Gründe für eine Terminsverlegung glaubhaft zu machen, angesichts des kurzfristigen und unsubstantiierten Antrags auf Verlegung des Verhandlungstermins alles getan, um dem Antragsteller rechtliches Gehör zu gewähren (vgl. auch Senatsbeschluss vom 30. Januar 2003 IV B 137/01, BFH/NV 2003, 795 zu 3. der Gründe).

3. Die vom Antragsteller gerügte Zurückweisung seiner Anhörungsrüge durch das FG kann nicht Gegenstand einer Revision bzw. Nichtzulassungsbeschwerde sein, weil die Entscheidung über diese Rüge nach § 133a Abs. 4 Satz 3 FGO durch unanfechtbaren Beschluss ergeht.

4. Eine Kostenentscheidung ist nicht zu treffen. Bei dem Verfahren zur Beiordnung eines Notanwalts handelt es sich um ein unselbständiges Zwischenverfahren, für das Gerichtsgebühren nicht entstanden sind (Senatsbeschluss vom 25. November 1998 IV S 8/98, BFH/NV 1999, 655, m.w.N.).

Ende der Entscheidung

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