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Gericht: Bundesfinanzhof
Beschluss verkündet am 23.02.2000
Aktenzeichen: IV S 17/99
Rechtsgebiete: FGO, ZPO, UStG


Vorschriften:

FGO § 142
FGO § 48 Abs. 1 Nr. 1
FGO § 142 Abs. 1
ZPO § 114
ZPO § 116 Satz 1 Nr. 2
UStG § 2 Abs. 1
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Gründe

Die Antragstellerin, eine GmbH & Co. KG, betrieb eine Unternehmensberatung und einen Handel mit Waren aller Art. Zum 31. Dezember 1998 wurde das Gewerbe abgemeldet.

Im Rahmen einer Betriebsprüfung sah das Finanzamt (FA) für die Jahre 1993 bis 1995 die Herkunft von Bareinlagen in das Gesellschaftsvermögen als ungeklärt an und erhöhte im Wege der Hinzuschätzung die erklärten Gewinne der Antragstellerin.

Nach erfolglosem Vorverfahren hat die Antragstellerin beim Finanzgericht (FG) Klage gegen die Festsetzung des Gewerbesteuermessbetrags 1994 und 1995, die Feststellung des vortragsfähigen Gewerbeverlustes 1993 bis 1995, die Umsatzsteuerbescheide 1993 bis 1996 und die einheitliche und gesonderte Gewinnfeststellung 1993 bis 1996 eingereicht.

Ein Antrag der Antragstellerin auf Gewährung von Prozesskostenhilfe (PKH) für das Klageverfahren wurde durch Beschluss des FG vom 3. November 1999 abgewiesen.

Gegen die Ablehnung des PKH-Antrags legte die Antragstellerin am 26. November 1999 durch den Geschäftsführer der X-GmbH persönlich Beschwerde ein, der das FG nicht abhalf. Zugleich stellte sie Antrag auf Gewährung von PKH für das Beschwerdeverfahren.

Sie beantragt sinngemäß, ihr PKH für die Durchführung eines Beschwerdeverfahrens gegen die Ablehnung ihres Antrags auf PKH in den beim FG anhängigen Klageverfahren betreffend Gewerbesteuermessbetrag 1994 und 1995, gesonderte Feststellung des vortragsfähigen Gewerbeverlustes 1993 bis 1995, Umsatzsteuer 1993 bis 1996, einheitliche und gesonderte Gewinnfeststellung 1993 bis 1996 zu gewähren.

Der Antrag ist zulässig, aber nicht begründet.

Nach § 142 der Finanzgerichtsordnung (FGO) i.V.m. § 116 Satz 1 Nr. 2 und § 114 der Zivilprozeßordnung (ZPO) erhält eine parteifähige Vereinigung wie die Antragstellerin auf Antrag PKH, wenn die Kosten weder von ihr noch von den am Gegenstand des Rechtsstreits wirtschaftlich Beteiligten aufgebracht werden können und wenn die Unterlassung einer hinreichend erfolgversprechenden Rechtsverfolgung allgemeinen Interessen zuwiderlaufen würde.

Die Antragsteller gehört als KG zu den "parteifähigen Vereinigungen", die nur unter den besonderen Voraussetzungen des § 116 Satz 1 Nr. 2 ZPO PKH erhalten können. Soweit sie sich gegen Umsatzsteuerbescheide und gegen die Festsetzung des Gewerbesteuermessbetrags wendet, ist sie als Steuerschuldnerin nach § 2 Abs. 1 des Umsatzsteuergesetzes (UStG) und § 5 Abs. 1 Satz 3 des Gewerbesteuergesetzes (GewStG) Partei des Hauptsacheverfahrens. Soweit sie sich gegen die einheitliche und gesonderte Gewinnfeststellung wendet, wird sie zwar im Interesse ihrer Gesellschafter tätig, da deren Einkommensteuer und Körperschaftsteuer von der Höhe der Gewinnfeststellung abhängt. Aus § 48 Abs. 1 Nr. 1 FGO ergibt sich jedoch ein eigenes Prozessführungsrecht der Personengesellschaft. Auch insoweit ist die Personengesellschaft demnach parteifähig und unterliegt bei der Gewährung von PKH den Beschränkungen des § 116 Satz 1 Nr. 2 ZPO (Senatsbeschluss vom 12. November 1987 IV B 20/87, BFH/NV 1989, 657 zu der entsprechenden Vorschrift des § 48 Abs. 1 Nr. 3 FGO a.F).

Offen bleiben kann, ob die wirtschaftlichen Voraussetzungen für die Gewährung von PKH vorliegen.

Jedenfalls läuft die Unterlassung der Rechtsverfolgung nicht allgemeinen Interessen zuwider. Aus diesem Grund bietet die beabsichtigte Beschwerde gegen die Ablehnung von PKH durch das FG Münster keine hinreichende Aussicht auf Erfolg.

Eine parteifähige Vereinigung wie die Antragstellerin kann nur dann PKH erhalten, wenn die Unterlassung der Rechtsverfolgung allgemeinen Interessen zuwiderlaufen würde (§ 142 Abs. 1 FGO i.V.m. § 116 Satz 1 Nr. 2 ZPO). Dabei sind konkrete Interessen der Allgemeinheit an der Führung gerade dieses Rechtsstreits erforderlich. Das generelle Interesse an der Rechtmäßigkeit des Handelns der Finanzverwaltung oder an der Klärung etwaiger rechtlicher Zweifel genügt nicht, um ein allgemeines Interesse an der Rechtsverfolgung i.S. des § 116 Satz 1 Nr. 2 ZPO i.V.m. § 142 Abs. 1 FGO zu bejahen. Andernfalls liefe dieses Tatbestandsmerkmal leer, da es stets ein generelles Interesse der Allgemeinheit daran gibt, dass nur rechtmäßige Steuerbescheide ergehen. Ein allgemeines Interesse i.S. des § 116 Satz 1 Nr. 2 ZPO kann deshalb nach ständiger Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs (BFH) nur angenommen werden, wenn außer den an dem Prozess wirtschaftlich Beteiligten ein erheblicher Kreis von Personen durch die Unterlassung der Rechtsverfolgung konkret in Mitleidenschaft gezogen werden kann. Dies ist insbesondere zu bejahen, wenn ohne die Durchführung des Rechtsstreits eine Vielzahl von Arbeitsplätzen bedroht wäre oder eine Vielzahl von (Klein-)Gläubigern betroffen wäre (BFH-Beschluss vom 17. Januar 1985 VII S 24/84, BFH/NV 1986, 425; Senatsbeschluss in BFH/NV 1989, 657; BFH-Beschluss vom 12. November 1987 V B 58/87, V S 13/87, BFHE 151, 338, BStBl II 1988, 198; Senatsbeschlüsse vom 24. September 1985 IV B 65/85, BFH/NV 1987, 530; vom 1. Juni 1989 IV B 32/89, BFH/NV 1990, 116; BFH-Beschluss vom 28. April 1993 I S 2/93, BFH/NV 1994, 55).

Derartige Interessen der Allgemeinheit an der Rechtsverfolgung wurden nicht vorgetragen. Sie sind auch nicht ersichtlich, zumal der Geschäftsbetrieb der Antragstellerin am 31. Dezember 1998 eingestellt wurde.

Die Entscheidung ergeht gerichtsgebührenfrei (§ 1 Abs. 1 Buchst. c des Gerichtskostengesetzes i.V.m. dem Kostenverzeichnis; vgl. auch BFH-Beschluss in BFH/NV 1994, 55).

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