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Gericht: Bundesfinanzhof
Beschluss verkündet am 16.10.2006
Aktenzeichen: IV S 8/06
Rechtsgebiete: AO 1977, FGO


Vorschriften:

AO 1977 § 97
AO 1977 § 193 Abs. 1
AO 1977 § 200
AO 1977 § 328
AO 1977 § 329
AO 1977 § 333
FGO § 69 Abs. 3 Satz 1
FGO § 69 Abs. 6 Satz 2
FGO § 128 Abs. 3
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Gründe:

I. Der Kläger, Revisionskläger und Antragsteller (Antragsteller) erzielte als ... Einkünfte aus selbständiger Arbeit.

Unter dem 10. Mai 1999 erließ der Beklagte, Revisionsbeklagte und Antragsgegner (das Finanzamt --FA--) gegenüber dem Antragsteller eine Prüfungsanordnung gemäß § 193 Abs. 1 der Abgabenordnung (AO 1977), betreffend Einkommen- und Umsatzsteuer der Jahre 1995 bis 1997 sowie Vermögensteuer 1995 und 1996. Die Prüfungsanordnung ist rechtskräftig.

Da der Antragsteller nicht die Unterlagen vorlegte, die nach Auffassung des FA für die Durchführung der Betriebsprüfung erforderlich waren, forderte das FA ihn mit Bescheid vom 18. März 2002 auf, die darin im Einzelnen bezeichneten Unterlagen (einschließlich der Buchführung 1995 bis 1997) bis zum 5. April 2002 vorzulegen. Gleichzeitig drohte das FA dem Antragsteller für den Fall der Nichtbeachtung gemäß §§ 328, 329 und 333 AO 1977 die Festsetzung von Zwangsgeldern in einer Gesamthöhe von 8 900 € an.

Hiergegen legte der Antragsteller am 20. März 2002 Einspruch ein.

Aufgrund des Einspruchs hob das FA die Zwangsgeldandrohung --soweit sie die Erzwingung der Vorlage der Buchführung 1995 bis 1997 betraf-- mit Bescheid vom 24. April 2002 auf. Im Übrigen blieb die Zwangsgeldandrohung vom 18. März 2002 bestehen. Gleichzeitig forderte es den Antragsteller unter Hinweis auf §§ 200, 97 AO 1977 auf, für 1995 bis 1997 detaillierte Aufzeichnungen über die Einnahmen und Ausgaben, Aufzeichnungen über die durchlaufenden Posten und Unterlagen über Umbuchungen bis zum 10. Mai 2002 vorzulegen. Für den Fall der Nichtbeachtung drohte das FA ein Zwangsgeld in Höhe von 750 € je Jahr (insgesamt 2 250 €) an.

Da der Antragsteller die mit Bescheid vom 18. März 2002 angeforderten Unterlagen nicht vorgelegt hatte, setzte das FA mit einem weiteren Bescheid vom 24. April 2002 die angedrohten Zwangsgelder in Höhe von insgesamt 4 050 € fest.

Gegen die Bescheide vom 24. April 2002 legte der Antragsteller am 14. Mai 2002 ebenfalls Einspruch ein.

Da der Antragsteller auch die mit Bescheid vom 24. April 2002 angeforderten Unterlagen nicht vorlegte, setzte das FA mit Bescheid vom 29. Mai 2002 insoweit Zwangsgelder in Höhe von 2 250 € fest.

Gegen diesen Bescheid legte der Antragsteller am 18. Juni 2002 ebenso Einspruch ein.

Die Einsprüche sowie die Klage hatten keinen Erfolg.

Die festgesetzten Zwangsgelder wurden getilgt.

Einen Antrag auf Aussetzung und Aufhebung der Vollziehung vom 17. Juli 2002 lehnte das Finanzgericht (FG) mit Beschluss vom 3. September 2002 als unbegründet ab, ohne die Beschwerde an den Bundesfinanzhof (BFH) zuzulassen.

Nach Einlegung der vom Senat zugelassenen Revision begehrt der Antragsteller beim Senat Aufhebung der Vollziehung. Er macht geltend, der Beschluss des FG sei materiell-rechtlich unrichtig. Im Übrigen verweist er auch auf seine Revisionsbegründung.

Der Antragsteller beantragt,

unter Aufhebung des Beschlusses des FG Münster vom 3. September 2002 die Vollziehung der Bescheide vom 18. März, 24. April und 29. Mai 2002 aufzuheben.

Das FA beantragt,

den Antrag abzulehnen.

II. Der Antrag ist unzulässig.

Nachdem das FG bereits über einen entsprechenden Antrag des Antragstellers entschieden hat, wäre ein erneuter Antrag nur unter den Voraussetzungen statthaft, unter denen nach § 69 Abs. 6 Satz 2 der Finanzgerichtsordnung (FGO) eine Änderung oder Aufhebung der ergangenen Entscheidung verlangt werden kann. Diese Voraussetzungen liegen im Streitfall nicht vor.

1. Ist ein Steuerverwaltungsakt Gegenstand eines Rechtsbehelfsverfahrens, so kann das Gericht der Hauptsache nach § 69 Abs. 3 Satz 1 FGO dessen Vollziehung unter bestimmten Umständen aussetzen. Ist der Verwaltungsakt schon vollzogen worden, so kann das Gericht außerdem die Vollziehung aufheben (§ 69 Abs. 3 Satz 3 FGO). Gericht der Hauptsache ist der BFH, wenn der angefochtene Verwaltungsakt Gegenstand eines bei ihm anhängigen Verfahrens ist (BFH-Beschlüsse vom 23. Januar 1985 I S 4/84, BFH/NV 1987, 385, und vom 14. August 1997 X B 108/97, BFH/NV 1998, 68).

Das Gericht der Hauptsache kann einen einmal ergangenen Beschluss jederzeit ändern oder aufheben (§ 69 Abs. 6 Satz 1 FGO). Die Beteiligten können die Aufhebung oder Änderung jedoch nur wegen veränderter oder im ursprünglichen Verfahren ohne Verschulden nicht geltend gemachter Umstände beantragen (§ 69 Abs. 6 Satz 2 FGO). Solche Umstände liegen vor, wenn entweder nachträglich eingetretene oder bekannt gewordene Gegebenheiten den Fall in tatsächlicher Hinsicht in einem neuen Licht erscheinen lassen (vgl. hierzu BFH-Beschluss vom 18. September 1996 I B 39/96, BFH/NV 1997, 247) oder wenn eine Gesetzesänderung oder eine zwischenzeitlich ergangene gerichtliche Entscheidung zu einer veränderten Beurteilung der maßgeblichen Rechtslage führen können (BFH-Beschluss vom 15. Januar 1991 IX S 6/90, BFH/NV 1991, 535). Bei unveränderter tatsächlicher und rechtlicher Ausgangslage erfüllen neue rechtliche Überlegungen des Antragstellers ebenso wie die bloße Wiederholung der bisherigen Argumentation den Tatbestand des § 69 Abs. 6 Satz 2 FGO jedoch nicht (BFH-Beschluss vom 19. November 2003 I S 7/03, BFH/NV 2004, 516; Gosch in Beermann/Gosch, Steuerliches Verfahrensrecht, § 69 FGO Rz. 330 f., m.w.N.). Sie sind deshalb nicht geeignet, die Statthaftigkeit eines wiederholten Antrags auf gerichtliche Aufhebung der Vollziehung zu begründen. Durch § 69 Abs. 6 Satz 2 FGO wird verhindert, dass sich das Gericht wiederholt mit denselben Aussetzungsbegehren befassen muss (Seer in Tipke/Kruse, Abgabenordnung, Finanzgerichtsordnung, § 69 FGO Tz. 166). Diese Einschränkung gilt erst recht in der Revisionsinstanz; andernfalls könnte durch wiederholte Aussetzungsanträge die Vorschrift des § 128 Abs. 3 FGO unterlaufen werden, nach der die Beschwerde gegen den eine Aussetzung ablehnenden Beschluss des FG nur statthaft ist, wenn das FG sie zugelassen hat (vgl. BFH-Beschlüsse vom 4. November 1996 IX S 7/96, BFH/NV 1997, 492, und vom 25. März 1998 IX S 27/97, BFH/NV 1998, 1115).

2. Die hiernach zu fordernden Voraussetzungen für die Zulässigkeit eines wiederholten Antrags auf Aussetzung der Vollziehung (AdV) liegen im Streitfall nicht vor. Der Antragsteller hat weder vorgetragen noch ist es den Akten zu entnehmen, dass im Anschluss an die Aussetzungsentscheidung des FG Umstände eingetreten oder erkennbar geworden wären, die eine Änderung des entscheidungserheblichen Sachverhalts oder der maßgeblichen Rechtslage bewirken könnten. Das finanzgerichtliche Urteil selbst ist kein solcher Umstand und wird vom Antragsteller auch nicht als solcher angeführt. Ebenso wenig hat der Antragsteller geltend gemacht, vor dem FG bestimmte Umstände ohne Verschulden nicht vorgebracht zu haben. Er beruft sich vielmehr letztlich auf dieselben Tatsachen und Erwägungen wie in dem bereits abgeschlossenen Verfahren auf AdV. Damit handelt es sich um die schlichte Wiederholung eines bereits beschiedenen Antrags, die wegen § 69 Abs. 6 Satz 2 FGO nicht statthaft ist. Die im Übrigen mit der Revision gerügten Verfahrensmängel betreffen lediglich das gerichtliche Verfahren, nicht hingegen die angefochtenen Verwaltungsakte (vgl. BFH-Beschluss in BFH/NV 1998, 1115).

Der Antrag ist deshalb abzulehnen, ohne dass in diesem Verfahren auf die sachliche Berechtigung des Begehrens des Antragstellers eingegangen werden könnte.

Ende der Entscheidung

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