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Gericht: Bundesfinanzhof
Beschluss verkündet am 16.02.2001
Aktenzeichen: IX B 120/00
Rechtsgebiete: FGO, ZPO
Vorschriften:
FGO § 142 | |
FGO § 142 Abs. 1 | |
FGO § 155 | |
ZPO § 114 | |
ZPO § 570 | |
ZPO § 117 Abs. 2 | |
ZPO § 17 Abs. 4 |
Gründe:
I. Die Antragstellerin und Beschwerdeführerin (Antragstellerin) ist Eigentümerin von acht Wohneinheiten eines Zehnfamilienhauses in X, die Dritten entgeltlich zur Nutzung überlassen worden waren. Der Antragsgegner und Beschwerdegegner (das Finanzamt --FA--) hat die hieraus erzielten Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung zunächst antragsgemäß in Einkommensteuerbescheiden berücksichtigt, mit denen die Antragstellerin und ihr Ehemann zur Einkommensteuer zusammen veranlagt wurden. Nachdem das FA darauf hingewiesen wurde, dass die Antragstellerin von ihrem Ehemann getrennt lebe, hob das FA die ursprünglichen Steuerbescheide auf; im Zuge getrennter Veranlagung erließ das FA unter dem 13. April 1999 (lediglich) an die Antragstellerin adressierte Einkommensteuerbescheide für die Veranlagungszeiträume 1992, 1993 und 1995 bis 1997 sowie Vorauszahlungsbescheide für die Veranlagungszeiträume 1998 und 1999 (Streitjahre), in denen die Einkünfte aus der Vermietung der Wohneinheiten in X erfasst wurden.
Mit ihrem Einspruch machte die Antragstellerin geltend, ihr getrennt lebender Ehemann habe die Wohnungen im eigenen Namen und auf eigene Rechnung vermietet. Er sei gegenüber den Mietern als alleiniger Vermieter aufgetreten und habe die Mietzahlungen vereinnahmt. Daher seien die Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung nicht ihr, sondern ihrem getrennt lebenden Ehemann zuzurechnen. Über den Einspruch der Antragstellerin ist noch nicht entschieden.
Einen zugleich eingelegten Antrag auf Aussetzung der Vollziehung der angefochtenen Steuerbescheide lehnte das FA mit Schreiben vom 17. Mai 2000 ab.
Mit Schriftsatz vom 7. Juli 2000 hat die Antragstellerin beantragt, ihr für einen Antrag auf Aussetzung der Vollziehung bei dem Finanzgericht (FG) unter Beiordnung ihres Prozessbevollmächtigten Prozesskostenhilfe (PKH) zu gewähren.
Das FG lehnte den Antrag auf Gewährung von PKH ab. Es vertrat die Ansicht, die von der Antragstellerin vorgelegte Erklärung über ihre persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse sei hinsichtlich der Angaben zum Vermögen unvollständig. Ferner sei es der Antragstellerin zuzumuten, ihr Vermögen --ggf. auch durch Kreditaufnahme-- zur Bestreitung der durch das Verfahren entstehenden Kosten einzusetzen.
Hiergegen richtet sich die Beschwerde der Antragstellerin.
II. Die Beschwerde ist nicht begründet.
1. Die Rüge der Verletzung rechtlichen Gehörs ist nicht begründet. Das FG hat die Antragstellerin frühzeitig auf die Anforderungen hinsichtlich der Vollständigkeit der Erklärung über die persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse hingewiesen. Die Frage der Vollständigkeit der vorgelegten Erklärung ist ferner Gegenstand einer aktenmäßig festgehaltenen, ausführlichen Erörterung zwischen dem Prozessbevollmächtigten der Antragstellerin und dem Vorsitzenden Richter am FG gewesen. Die hierbei von der Antragstellerin vorgebrachten Argumente hat das FG in seiner Entscheidung --wenn auch nicht im Sinne der Antragstellerin-- gewürdigt. Insofern bietet der Sachverhalt für die Annahme einer Verletzung des rechtlichen Gehörs keinerlei Anhalt.
2. Gemäß § 142 der Finanzgerichtsordnung (FGO) i.V.m. § 114 der Zivilprozessordnung (ZPO) setzt die Gewährung von PKH voraus, dass der Antragsteller nach seinen persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnissen die Kosten der Prozessführung nicht, nur zum Teil oder nur in Raten aufbringen kann und die beabsichtigte Rechtsverfolgung hinreichende Aussicht auf Erfolg bietet und nicht mutwillig erscheint. Nach § 142 Abs. 1 FGO i.V.m. § 117 Abs. 2 ZPO sind dem Antrag auf PKH eine Erklärung des Beteiligten über seine persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse sowie entsprechende Belege beizufügen. Hierbei hat der Antragsteller die amtlichen Vordrucke zu verwenden (§ 142 Abs. 1 FGO i.V.m. § 117 Abs. 4 ZPO).
Das FG hat im Streitfall den Antrag auf PKH zu Recht abgelehnt, weil die von der Antragstellerin vorgelegte Erklärung über ihre persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse in wesentlichen Punkten unvollständig war. Zwar hat die Antragstellerin das Vorhandensein von Grundvermögen erklärt, jedoch sind im Vordruck ausdrücklich geforderte Angaben über Nutzungsart, Lage, Größe, Grundbuchbezeichnung, Jahr der Bezugsfertigkeit sowie Einheits- und Brandversicherungswert offen gelassen worden. Die fehlenden Angaben ergeben sich auch nur zum Teil aus den dem Antrag beigelegten Belegen oder Erklärungen.
Ein anderes Ergebnis folgt auch nicht aus dem Umstand, dass die Antragstellerin fehlende Angaben zu ihrem Vermögen teilweise im Beschwerdeverfahren durch Vorlage von Unterlagen und Belegen nachgeholt hat. Zwar kann im Beschwerdeverfahren gemäß § 155 FGO i.V.m. § 570 ZPO auch neues Vorbringen berücksichtigt werden, jedoch gilt dies im Verfahren wegen PKH insoweit nicht, als mit dem neuen Vorbringen die gemäß § 142 FGO i.V.m. § 17 Abs. 2 bis 4 ZPO gesetzlich vorgeschriebene Vorlage der Erklärung über die persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse --auch in Teilen-- nachgeholt wird (vgl. Beschluss des Bundesfinanzhofs --BFH-- vom 23. November 1993 VII B 175/93, BFH/NV 1994, 734, m.w.N.).
Soweit die Antragstellerin im Beschwerdeverfahren einen Bewilligungsbescheid des Sozialamts der Stadt X über laufende Leistungen zum Lebensunterhalt vorgelegt hat, ist dies zwar grundsätzlich geeignet, die subjektiven Voraussetzungen der PKH darzutun (BFH-Beschluss vom 29. April 1988 VI S 1/88, BFH/NV 1988, 803); die erst im Beschwerdeverfahren vorgenommene teilweise Vervollständigung der Erklärung ist jedoch verspätet, weil es dabei auf den Zeitpunkt der Entscheidung des FG ankommt (vgl. BFH-Beschluss vom 11. August 1998 VII B 3/98, BFH/NV 1999, 207, und in BFH/NV 1994, 734, m.w.N.).
Im Streitfall bestand für das FG auch kein Anlass, die anwaltlich vertretene Antragstellerin --mehr als dies ohnehin geschehen ist-- auf die Unvollständigkeit ihrer Angaben in der Erklärung hinzuweisen. Denn die Antragstellerin hat auch solche ausdrücklich im Vordruck benannte Fragen nicht beantwortet, deren Beantwortung ihr trotz ihrer besonderen persönlichen Situation möglich gewesen wäre (vgl. BFH-Beschluss vom 25. April 1988 X B 180/87, BFH/NV 1989, 251).
3. Offen bleiben kann daher, ob die Antragstellerin schon deshalb keinen Anspruch auf Bewilligung von PKH hat, weil sie sich die zur Prozessführung erforderlichen Mittel in zumutbarer Weise und innerhalb angemessener Frist entweder durch die Inanspruchnahme eines Prozesskostenvorschusses gemäß § 1360a Abs. 4 des Bürgerlichen Gesetzbuches oder durch die Geltendmachung ausstehender Pachtzinsforderungen gegenüber ihrem Ehemann beschaffen könnte.
Ende der Entscheidung
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