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Gericht: Bundesfinanzhof
Beschluss verkündet am 15.12.2005
Aktenzeichen: IX B 131/05
Rechtsgebiete: FGO, AO 1977


Vorschriften:

FGO § 115 Abs. 2
FGO § 115 Abs. 2 Nr. 2
FGO § 115 Abs. 2 Nr. 3
FGO § 116 Abs. 3 Satz 3
AO 1977 § 90
AO 1977 § 90 Abs. 2
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Gründe:

Die Beschwerde ist unzulässig; die Voraussetzungen für eine Zulassung der Revision nach § 115 Abs. 2 der Finanzgerichtsordnung (FGO) hat der Kläger und Beschwerdeführer (Kläger) nicht i.S. des § 116 Abs. 3 Satz 3 FGO dargelegt.

1. Dies gilt zunächst für die Ausführungen des Klägers zur geltend gemachten grundsätzlichen Bedeutung der Frage, ob § 90 Abs. 2 der Abgabenordnung (AO 1977) mit Europäischem Gemeinschaftsrecht vereinbar ist. Insoweit fehlt es schon an der erforderlichen Auseinandersetzung mit der bereits vorhandenen Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs (BFH). Sie hat nämlich hinreichend geklärt, dass den Steuerpflichtigen bei Auslandssachverhalten eine besondere Mitwirkungspflicht bei der Aufklärung des Sachverhalts und bei der Beschaffung der erforderlichen Beweismittel trifft (vgl. BFH-Beschlüsse vom 24. April 1991 II B 184/90, BFH/NV 1992, 406, und vom 21. Mai 1992 VIII B 76/91, BFH/NV 1993, 32, m.w.N., sowie BFH-Urteil vom 29. Januar 1992 X R 145/90, BFH/NV 1992, 439). Diese Grundsätze haben nach der Rechtsprechung gleichermaßen Gültigkeit für Sachverhalte im --außerdeutschen-- Bereich der Europäischen Union, weil auch dort die erhöhte Mitwirkungspflicht von Auslandssachverhalten eine Folge der auf das Inland beschränkten Hoheitsrechte der deutschen Gerichte und Behörden ist (vgl. BFH-Beschluss vom 16. September 1993 IV B 50/93, BFH/NV 1994, 449 unter Bezugnahme auf BFH-Urteil vom 26. Februar 1992 I R 155/90, BFH/NV 1992, 581).

2. Soweit der Kläger sinngemäß eine Zulassung der Revision nach § 115 Abs. 2 Nr. 2 FGO wegen Abweichung der angefochtenen Entscheidung von dem BFH-Urteil vom 28. April 2004 I R 5, 6/02 (BFH/NV 2004, 1442) beansprucht, fehlt es schon an der erforderlichen Darlegung, inwieweit das Finanzgericht (FG) seiner Entscheidung einen abstrakten Rechtssatz zugrunde gelegt hat, der von einem abstrakten Rechtssatz in diesem BFH-Urteil abweicht (vgl. BFH-Beschluss vom 28. Dezember 2001 VII B 109/01, BFH/NV 2002, 663, m.w.N.).

3. Soweit der Kläger die Zulassung der Revision wegen Verletzung rechtlichen Gehörs nach § 115 Abs. 2 Nr. 3 FGO begehrt, ist die Beschwerde ebenfalls nicht schlüssig erhoben.

a) Nach der ständigen Rechtsprechung des BFH liegt eine Überraschungsentscheidung nur vor, wenn das Gericht seine Entscheidung auf einen bis dahin nicht erörterten rechtlichen oder tatsächlichen Gesichtspunkt gestützt und damit dem Rechtsstreit eine Wendung gegeben hat, mit der alle oder einzelne Beteiligte nach dem bisherigen Verlauf des Verfahrens nicht rechnen mussten (vgl. BFH-Urteile vom 24. April 1990 VIII R 170/83, BFHE 160, 256, BStBl II 1990, 539; vom 31. Juli 1991 VIII R 23/89, BFHE 165, 398, BStBl II 1992, 375; Gräber/Ruban, Finanzgerichtsordnung, 5. Aufl., § 119 Rz. 10 a, 16). Der Anspruch auf rechtliches Gehör verlangt jedoch nicht, dass das Gericht die maßgeblichen rechtlichen Gesichtspunkte mit den Beteiligten umfassend erörtert. Es ist grundsätzlich weder zu einem Rechtsgespräch noch zu einem Hinweis auf seine Rechtsauffassung verpflichtet (vgl. BFH-Urteil in BFHE 160, 256, BStBl II 1990, 539, und BFH-Beschluss vom 26. April 1995 I B 166/94, BFHE 177, 451, BStBl II 1995, 532, unter II. 2. a der Gründe). Auch wenn die Rechtslage umstritten oder problematisch ist, muss daher ein Verfahrensbeteiligter grundsätzlich alle vertretbaren rechtlichen Gesichtspunkte von sich aus in Betracht ziehen und seinen Vortrag darauf einrichten (Beschluss des Bundesverfassungsgerichts vom 13. Oktober 1994 2 BvR 126/94, Deutsches Verwaltungsblatt 1995, 34).

b) Nach diesen Maßstäben hätte der Kläger darlegen müssen, dass er aufgrund des bisherigen Verlaufs des gerichtlichen und außergerichtlichen Verfahrens mit der vom FG getroffenen Entscheidung ohne weitere Anhörung nicht zu rechnen brauchte. Daran fehlt es ersichtlich, weil der ausländische Sitz der Erwerber der Eigentumswohnung und die sich danach stellende Frage der gesteigerten Mitwirkungspflicht des Klägers nach Maßgabe des § 90 AO 1977 bereits im gerichtlichen Verfahren vor Ergehen des FG-Urteils erörtert worden waren.

c) Schließlich kann die Rüge, das FG habe zu Unrecht einen Auslandssachverhalt angenommen, als Rüge einer sachlichen Unrichtigkeit die Zulassung der Revision nach § 115 Abs. 2 Nr. 3 FGO nicht rechtfertigen (vgl. BFH-Beschlüsse vom 27. April 1999 III B 118/98, BFH/NV 1999, 1478, und vom 19. Februar 2002 V B 52/01, BFH/NV 2002, 956, m.w.N.).

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