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Gericht: Bundesfinanzhof
Beschluss verkündet am 06.03.2003
Aktenzeichen: IX B 207/02
Rechtsgebiete: FGO, GG
Vorschriften:
FGO § 76 Abs. 2 | |
FGO § 96 Abs. 2 | |
GG Art. 103 Abs. 1 |
Gründe:
I. Der Kläger und Beschwerdeführer (Kläger) erwarb im Dezember 1994 ein Grundstück, das mit einem Büro- und Verkaufsgebäude, einem Lagergebäude, einer Lagerhalle, zwei Schüttguthallen und verschiedenen Nebenanlagen (u.a. Siloanlagen) bebaut war. Er vermietete das Grundstück an die Verkäuferin befristet bis zum 30. April 1996. Im Januar 1996 vermietete er einen auf dem Grundstück noch zu errichtenden Lebensmittelmarkt an eine Lebensmittelhandelsgesellschaft. In den Jahren 1996 und 1997 ließ der Kläger das Büro- und Verkaufsgebäude, die Schüttguthallen und die Nebenanlagen vollständig und die Lagerhalle teilweise abreißen sowie das Lagergebäude zu einem Lebensmittelmarkt umbauen.
Der Beklagte und Beschwerdegegner (das Finanzamt --FA--) lehnte es ab, bei den Einkünften aus Vermietung und Verpachtung des Klägers die Abbruchkosten als Werbungskosten (§ 9 Abs. 1 Satz 1 des Einkommensteuergesetzes --EStG--) abzuziehen und für den Gebäuderestwert eine Absetzung für außergewöhnliche technische Abnutzung (§ 7 Abs. 4 Satz 3 EStG) zu berücksichtigen, weil der Kläger das Gebäude in Abbruchabsicht erworben habe.
Im Klageverfahren trug der Kläger mit der Klagebegründung u.a. vor, er habe vor dem Erwerb des Grundstücks den Architekten X zu Rate gezogen und auch nach dem Kauf ständig mit ihm in Kontakt gestanden. Der Zeuge X könne bestätigen, dass er --der Kläger-- bis November 1995 das Ziel verfolgt habe, das Grundstück weiter zu nutzen.
Vor der mündlichen Verhandlung fand ein Telefongespräch zwischen dem Berichterstatter des Finanzgerichts (FG) und dem Prozessbevollmächtigten des Klägers statt, in dessen Verlauf der Berichterstatter des FG nach Angabe des Klägers erklärt hat, die benannten Zeugen brauchten nicht geladen zu werden; die in das Wissen der Zeugen gestellten Tatsachen würden durch die dem FG vorgelegten Schriftstücke besser bestätigt. Dementsprechend enthält die Ladung zur mündlichen Verhandlung den Zusatz: "Unter Bezugnahme auf das Telefongespräch, das der Berichterstatter mit Ihnen am 02.09. 2002 geführt hat, wird mitgeteilt, dass keine Zeugen geladen worden sind."
In der mündlichen Verhandlung wiederholte der Kläger die Anträge aus der Klagebegründung.
Das FG wies die Klage im Streitpunkt ab. Zur Begründung führte es u.a. aus, der Kläger habe nicht nachvollziehbar vorgetragen, wie er sich die Nutzung des Areals ab Mai 1996 vorgestellt habe. Die Absicht einer dauerhaften Nachfolgenutzung habe er lediglich behauptet.
Dagegen wenden sich die Kläger mit der Nichtzulassungsbeschwerde. Sie rügen einen Verstoß gegen Art. 103 Abs. 1 des Grundgesetzes (GG), § 76 Abs. 2, § 96 Abs. 2 der Finanzgerichtsordnung (FGO).
Sie beantragen sinngemäß, die Revision zuzulassen.
Das FA beantragt, die Nichtzulassungsbeschwerde als unzulässig zu verwerfen.
II. Die Beschwerde ist begründet. Die Vorentscheidung beruht auf einem Verfahrensmangel (§ 115 Abs. 2 Nr. 3 FGO). Die Vorentscheidung ist aufzuheben und die Sache an das FG zurückzuverweisen (§ 116 Abs. 6 FGO).
1. Eine Verletzung des § 96 Abs. 2 FGO i.V.m. Art. 103 Abs. 1 GG ist hinreichend gerügt. Die Kläger haben dargelegt, das FG habe ihren in der Klagebegründung enthaltenen Beweisantrag übergangen, den Architekten X als Zeugen dazu zu hören, dass der Kläger bis November 1995 die erworbenen Gebäude habe weiterhin auf Dauer nutzen wollen. Das Recht, diesen Verfahrensverstoß zu rügen, haben die Kläger nicht dadurch verloren, dass sie den Beweisantrag in der mündlichen Verhandlung nicht ausdrücklich wiederholt haben. Ausweislich des Protokolls haben sie dort "die Anträge aus den Klagebegründungen" wiederholt. Damit waren auch die Beweisanträge umfasst. Im Übrigen war eine ausdrückliche Wiederholung der Beweisanträge auf Zeugenvernehmung deshalb entbehrlich, weil nach dem unbestrittenen Vorbringen der Kläger, das durch den Zusatz zur Ladung bestätigt wird, der Berichterstatter des FG telefonisch mitgeteilt hatte, die benannten Zeugen brauchten nicht geladen zu werden, die in ihr Wissen gestellten Tatsachen würden durch die vorgelegten Schriftstücke bestätigt. Nach dieser Eröffnung mussten die Kläger davon ausgehen, dass die Tatsachen, für die sie Zeugenbeweis angetreten hatten, vom FG entweder als bewiesen angesehen oder aber als wahr unterstellt werden würden.
2. Eine Verletzung des § 96 Abs. 2 FGO i.V.m. Art. 103 Abs. 1 GG ist auch gegeben. Das Recht auf Gehör bedeutet zugleich die Pflicht des Gerichts, die Ausführungen der Beteiligten zur Kenntnis zu nehmen und in Erwägung zu ziehen (Seer in Tipke/Lang, Steuerrecht, 17. Aufl. 2002, § 22 Rz. 167, m.w.N.).
Im Streitfall hatten die Kläger in der Klagebegründung vorgetragen, der Kläger habe vor dem Erwerb des Grundstücks den Zeugen X zu Rate gezogen und habe auch nach dem Erwerb ständig mit ihm in Kontakt gestanden, der Zeuge könne bestätigen, dass der Kläger vor dem Kauf des Grundstücks und danach bis November 1995 das Ziel verfolgt habe, die Gebäude weiterhin zu nutzen. Diesen entscheidungserheblichen Vortrag und den darin enthaltenen Beweisantrag hat das FG ersichtlich bei seiner Entscheidung nicht berücksichtigt; denn es hat seine Entscheidung u.a. damit begründet, der Kläger habe die Absicht der Nachfolgenutzung lediglich behauptet.
Ende der Entscheidung
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