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Gericht: Bundesfinanzhof
Beschluss verkündet am 29.01.2008
Aktenzeichen: IX B 251/06
Rechtsgebiete: FGO, ZPO


Vorschriften:

FGO § 56
FGO § 56 Abs. 1
FGO § 115 Abs. 2 Nr. 3
FGO § 155
ZPO § 85 Abs. 2
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Gründe:

Die Nichtzulassungsbeschwerde ist unbegründet.

1. Im Ergebnis zutreffend hat das Finanzgericht (FG) im angefochtenen Urteil die Voraussetzungen für eine Wiedereinsetzung in die versäumte Klagefrist gemäß § 56 der Finanzgerichtsordnung (FGO) verneint. Der Kläger und Beschwerdeführer (Kläger) war nicht ohne sein Verschulden gehindert, diese Frist einzuhalten. Deshalb beruht die Vorentscheidung nicht auf einem Verfahrensmangel i.S. von § 115 Abs. 2 Nr. 3 FGO.

a) Gemäß § 56 Abs. 1 FGO ist jemandem, der ohne Verschulden verhindert war, eine gesetzliche Frist einzuhalten, auf Antrag Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu gewähren. Verschuldet ist das Versäumnis, wenn die gebotene und nach den Umständen zumutbare Sorgfalt außer Acht gelassen wurde. Jedes Verschulden, auch leichte Fahrlässigkeit schließt die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand aus (ständige Rechtsprechung, vgl. Bundesfinanzhof --BFH-- Beschluss vom 24. März 2005 XI B 62/04, BFH/NV 2005, 1347; Gräber/Stapperfend, Finanzgerichtsordnung, 6. Aufl., § 56 Rz 7, m.w.N.), wobei das Verschulden eines Vertreters dem Vertretenen nach § 155 FGO i.V.m. § 85 Abs. 2 der Zivilprozessordnung (vgl. auch § 110 Abs. 1 Satz 2 der Abgabenordnung) zuzurechnen ist.

b) Nach diesen Maßstäben muss es dem Kläger zugerechnet werden, wenn sein Prozessbevollmächtigter die Klage gegen die Einkommensteuer des Streitjahres (1998) deshalb nicht fristgerecht dem FG übermittelt hat, weil er zwar zwei Klageschriften betreffend Einkommensteuer und Gewerbesteuermessbetrag für denselben Steuerpflichtigen --den Kläger-- vorab per Telefax übermitteln wollte, aus Versehen aber die Klage gegen den Gewerbesteuermessbescheid zweimal, die Klage gegen den Einkommensteuerbescheid aber nicht gefaxt hat.

aa) Zwar hat das FG dem Kläger in Bezug auf diesen Sachverhalt unzutreffend vorgehalten, sein Prozessbevollmächtigter habe es an einer wirksamen Ausgangskontrolle fehlen lassen, weil der Sendebericht über das abgesandte Fax nicht aussagekräftig genug gewesen sei. Es kann offen bleiben, welche Anforderungen an ein solches Sendeprotokoll zu stellen sind (vgl. dazu Gräber/Stapperfend, a.a.O., § 56 Rz 20, Stichwort "Telefax" a.E.). Denn die Frage nach einer wirksamen Ausgangskontrolle betrifft allein das Organisationsverschulden, auf das es aber nicht ankommt, wenn --wie im Streitfall-- der Prozessbevollmächtigte selbst das Telefaxgerät bedient hat.

bb) Hat der Prozessbevollmächtigte --wie hier-- den nämlichen Schriftsatz indes zweimal gesendet, während er die andere Klageschrift nicht übermittelt hat, so handelt er fahrlässig, wenn er dieses Versehen bei entsprechender Sorgfalt, z.B. durch eine ausreichend räumlich getrennte Ablage der beiden Schriftstücke vor dem Telefaxgerät vermeiden konnte. Eine besondere Sorgfalt war angesichts des hier bereits nahenden Fristendes (in zwei Tagen) umso mehr angezeigt (vgl. Beschlüsse des Bundesgerichtshofes vom 30. Oktober 2002 XII ZB 18/01, Zeitschrift für das gesamte Familienrecht 2003, 667, und vom 2. August 2006 XII ZB 84/06, Neue Juristische Wochenschrift -Rechtsprechung Report-- 2006, 1648), als im Falle einer Faxübertragung in der Regel nicht mehr nachträglich in der Kanzlei überprüft werden kann, ob die richtigen Schriftstücke gesendet wurden und deshalb ein etwaiges Versehen nicht mehr korrigierbar ist (siehe BFH-Beschluss vom 4. Dezember 2003 XI B 181/01, BFH/NV 2004, 526, zu einem vergleichbaren Sachverhalt). Hinzu kommt, dass es sich hier --wie auch der Kläger in seiner Beschwerdebegründung hervorhebt-- um nahezu identische Schriftsätze handelte, bei denen die Gefahr der Verwechselung auf der Hand liegt. Da der Kläger nicht dargelegt hat, welche Vorkehrungen sein Prozessbevollmächtigter getroffen hatte, um derartige Verwechslungen auszuschließen, durfte das FG davon ausgehen, das Versehen sei vermeidbar und damit verschuldet gewesen.

2. Eine Zulassung der Revision folgt auch nicht aus der grundsätzlichen Bedeutung (§ 115 Abs. 2 Nr. 1 FGO) der Rechtssache. Die (subjektiven) Voraussetzungen für eine Wiedereinsetzung in den vorigen Stand des § 56 FGO sind durch die Rechtsprechung im Allgemeinen geklärt (siehe oben unter 1.). Ob ein Fehler des Prozessbevollmächtigten als Verschulden zu beurteilen ist, kann nur im einzelnen Fall geklärt werden.

Ende der Entscheidung

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