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Gericht: Bundesfinanzhof
Beschluss verkündet am 17.12.2001
Aktenzeichen: IX B 56/01
Rechtsgebiete: EStG, FGO


Vorschriften:

EStG § 10i
EStG § 10i Abs. 1
EStG § 52 Abs. 29
FGO § 115 Abs. 2
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Gründe:

Das Finanzgericht hat die Klage der Kläger und Beschwerdeführer (Kläger) als unbegründet abgewiesen und die Revision nicht zugelassen. Dagegen haben die Kläger Beschwerde eingelegt, mit der sie geltend machen: Der Rechtsstreit werde wegen der Vorkostenpauschale gemäß § 10i Abs. 1 des Einkommensteuergesetzes (EStG) geführt. Im März 1999 habe der Gesetzgeber entschieden, die Vorschrift mit Rückwirkung zum 1. Januar 1999 zu streichen. Im Vertrauen auf die bestehende Rechtslage hätten die Kläger am 28. Dezember 1998 ein Grundstück erworben und am 15. Januar 1999 einen Bauantrag zum Bau eines Reihenhauses gestellt. Die rückwirkende Änderung einer bestehenden Rechtsvorschrift habe grundsätzliche Bedeutung, da die Planungssicherheit von steuerlichen Förderungen gefährdet und erfüllte steuerliche Voraussetzungen nachträglich verändert worden seien.

Der Beklagte und Beschwerdegegner (das Finanzamt --FA--) beantragt, die Beschwerde zu verwerfen.

Die Beschwerde ist unbegründet.

Die Voraussetzungen des § 115 Abs. 2 der Finanzgerichtsordnung (FGO) sind nicht gegeben. Aus dem Vortrag der Kläger ergibt sich, dass sie wegen der Rückwirkung der Vorschrift und damit wegen Verstoßes gegen Treu und Glauben die Verfassungsmäßigkeit des § 52 Abs. 29 EStG in Zweifel ziehen. Bei Zweifeln an der Verfassungsmäßigkeit einer Rechtsnorm kann die Revision wegen grundsätzlicher Bedeutung zugelassen werden (vgl. dazu Gräber/ Ruban, Finanzgerichtsordnung, 5. Aufl., § 115 Anm. 36). Das Steuerentlastungsgesetz 1999/2000/2002 (StEntlG 1999/2000/2002) vom 24. März 1999 (BGBl I 1999, 402) und damit § 52 Abs. 29 EStG ist zwar gemäß Art. 18 dieses Gesetzes bereits am 1. Januar 1999 in Kraft getreten. Aus dieser Tatsache allein ergibt sich aber noch nicht die Verfassungswidrigkeit der Vorschrift. Unabhängig von der Frage, ob es sich dabei um eine echte und unechte Rückwirkung handelt, kann sie nur dann die Verfassungswidrigkeit der Vorschrift zur Folge haben, wenn die Betroffenen im Zeitpunkt ihrer Disposition (hier: 28. Dezember 1998) auf den Fortbestand der gesetzlichen Regelung vertrauen durften (vgl. Sommermann, in: v. Mangold/Klein/Starck, Bonner Grundgesetz, Kommentar, 4. Aufl., Art. 20 Abs. 3 Rdnr. 285). Das war aber in Bezug auf § 10i EStG nicht der Fall. Zum einen war die Abschaffung dieser Vorschrift wegen ihrer angeblichen Systemwidrigkeit bereits Jahre zuvor in der Diskussion gefordert (vgl. Apitz, Finanz-Rundschau 1999, 873, 875) und bereits geplant worden (vgl. Petersberger Steuervorschläge vom 22. Januar 1997, Neue Juristische Wochenschrift 1997, Beilage zu Heft 13). Vor allem aber war die geplante Streichung des § 10i EStG mit dem Gesetzesentwurf vom 9. November 1998 (BTDrucks 14/23, S. 19; insoweit unverändert in BRDrucks 910/98 vom 20. November 1998, S. 19) veröffentlicht und auch --einschließlich der Aufhebung des § 10i EStG-- in der Fachpresse (vgl. Der Betrieb 1998, 2387, 2391; Gestaltende Steuerberatung 1998, Heft 12/98, S. 14) behandelt worden. In der Tagespresse war sie bereits vor der amtlichen Veröffentlichung des Gesetzesentwurfs angekündigt (vgl. Die Welt vom 14. Oktober 1998, S. 14; Süddeutsche Zeitung --SZ-- vom 4. November 1998, S. 1) und auch danach --wenngleich ohne Angabe eines Stichtags-- mitgeteilt worden (vgl. Frankfurter Allgemeine Zeitung vom 11. November 1998, S. 18; SZ vom 1. Dezember 1998, S. 4). Wenn die Kläger mit Rücksicht auf steuerliche Regelungen in dieser Situation Dispositionen treffen wollten, dann war ihnen zuzumuten, sich durch fachkundigen Rat über den Bestand der steuerlichen Voraussetzungen zu informieren. Danach konnten sie beim Kauf des Grundstücks am 28. Dezember 1998 nicht mehr auf die Weitergeltung des § 10i EStG vertrauen.

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