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Gericht: Bundesfinanzhof
Beschluss verkündet am 16.07.1999
Aktenzeichen: IX B 81/99
Rechtsgebiete: EigZulG, GG, FGO


Vorschriften:

EigZulG § 19 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2
GG Art. 3 Abs. 1
GG Art. 20 Abs. 3
FGO § 115 Abs. 2 Nr. 1
BUNDESFINANZHOF

Das EigZulG kann aufgrund eines Antrags nach § 19 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 EigZulG nur dann angewandt werden, wenn der obligatorische Vertrag nach dem 26. Oktober 1995 rechtswirksam abgeschlossen worden ist.

EigZulG § 19 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 GG Art. 3 Abs. 1, Art. 20 Abs. 3 FGO § 115 Abs. 2 Nr. 1

Beschluß vom 16. Juli 1999 - IX B 81/99 -

Vorinstanz: FG Düsseldorf


Gründe

Die Kläger und Beschwerdeführer (Kläger) sind Eheleute. Mit ihren Einkünften aus nichtselbständiger Arbeit werden sie nicht zu Einkommensteuer veranlagt.

Die Kläger erwarben mit notariellem Vertrag vom 26. Oktober 1995 von der Stadt N ein Einfamilienhaus zum Kaufpreis von ... DM. Der Besitz ging am 1. Dezember 1995 über.

Die Kläger beantragten, ihnen von 1996 an die Eigenheimzulage nach dem Eigenheimzulagengesetz (EigZulG) zu gewähren. Der Beklagte und Beschwerdegegner (das Finanzamt --FA--) lehnte den Antrag ab, da der Kaufvertrag nicht nach dem 26. Oktober 1995, sondern bereits an diesem Tag abgeschlossen worden sei.

Nach erfolglosem Einspruch erhoben die Kläger Klage, die das Finanzgericht (FG) abgewiesen hat. Die Voraussetzungen des § 19 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 EigZulG lägen nicht vor, da der Kaufvertrag über das Gebäude am und nicht nach dem 26. Oktober 1995 abgeschlossen worden sei. Der eindeutige Wortlaut sei keiner Auslegung zugänglich. Das EigZulG sei auch verfassungsgemäß; denn die Stichtagsregelung des § 19 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 EigZulG verstoße nicht gegen Art. 3 des Grundgesetzes (GG).

Mit der Nichtzulassungsbeschwerde beantragen die Kläger, die Revision gegen die Entscheidung des FG wegen grundsätzlicher Bedeutung der Rechtssache zuzulassen. Der Gleichheitsgrundsatz sei verletzt, weil das EigZulG trotz abschließender Beratung des Gesetzes am 26. Oktober 1995 nur auf den Zeitraum nach dem 26. Oktober 1995, nicht aber auf diesen Tag genau, Anwendung fände. Es gebe keinen Grund dafür, daß der Gesetzgeber ein Antragsrecht erst einen Tag nach der abschließenden Beratung des Gesetzes im Bundestag begründet habe. Aus Gründen der Rechtssicherheit müsse auch der Tag der abschließenden Beratung von dem Antragszeitraum umfaßt sein.

Die Beschwerde ist unbegründet. Die von den Klägern aufgeworfene Rechtsfrage hat keine grundsätzliche Bedeutung.

1. Eine Rechtsfrage hat grundsätzliche Bedeutung, wenn ihre Beantwortung durch den Bundesfinanzhof (BFH) aus Gründen der Rechtssicherheit, der Rechtseinheitlichkeit und/oder Rechtsentwicklung im allgemeinen Interesse liegt (vgl. z.B. BFH-Beschluß vom 27. Juni 1985 I B 27/85, BFHE 144, 137, BStBl II 1985, 625). Es muß sich um eine klärungsbedürftige und klärungsfähige Rechtsfrage handeln (Gräber/Ruban, Finanzgerichtsordnung, 4. Aufl., § 115 Anm. 8, m.w.N.). Eine Rechtsfrage ist u.a. dann nicht klärungsbedürftig, wenn sich diese ohne weiteres aus dem Gesetz beantworten läßt (vgl. z.B. BFH-Beschluß vom 5. April 1995 I B 126/94, BFHE 177, 231, BStBl II 1995, 496) oder offensichtlich so zu beantworten ist, wie es das FG getan hat (z.B. BFH-Beschluß vom 15. Dezember 1989 VI B 78/88, BFHE 159, 196, BStBl II 1990, 344).

2. Danach ist die von den Klägern aufgeworfene Rechtsfrage, ob auf Antrag das EigZulG auch Anwendung findet, wenn der Kaufvertrag am 26. Oktober 1995 abgeschlossen worden ist, nicht von grundsätzlicher Bedeutung. Sie ist nicht klärungsfähig, da die Rechtsfrage offensichtlich nur so beantwortet werden kann, wie dies in der Vorentscheidung geschehen ist.

a) Gemäß § 19 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 EigZulG kann das Gesetz auf Antrag des Anspruchsberechtigten unter anderem auch angewandt werden, wenn der Anspruchsberechtigte im Fall der Anschaffung die Wohnung nach dem 26. Oktober 1995 auf Grund eines nach diesem Zeitpunkt rechtswirksam abgeschlossenen obligatorischen Vertrags angeschafft hat. Das Gesetz hat nach dem klaren Wortlaut und Zweck einen eindeutigen Inhalt. Die in dieser Vorschrift verwandte Zeitbestimmung läßt keinen Spielraum für die von den Klägern begehrte Gewährung der Eigenheimzulage. Das EigZulG kann aufgrund eines Antrags nach § 19 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 EigZulG nur Anwendung finden, wenn der obligatorische Vertrag nach, nicht wenn der Vertrag am 26. Oktober 1995 abgeschlossen worden ist.

An diesen eindeutigen Gesetzeswortlaut sind die Gerichte gebunden (Art. 20 Abs. 3 GG). Sie sind nicht befugt, einen vom Gesetzgeber nicht vorgesehenen Begünstigungstatbestand von sich aus zu schaffen oder einen gesetzlich genau umrissenen Tatbestand aufgrund eigener Wertvorstellungen auszuweiten (vgl. BFH-Urteile vom 14. Oktober 1981 II R 47/78, BFHE 134, 445, BStBl II 1982, 169; vom 30. August 1972 II R 79/72, BFHE 107, 155, 156, BStBl II 1973, 30).

b) Die Stichtagsregelung für das Wahlrecht in § 19 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 EigZulG verstößt offenkundig nicht gegen Art. 3 Abs. 1 GG.

In der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts ist geklärt, daß mit der Einführung von Stichtagen verbundene Friktionen und gewisse Härten in Einzelfällen nicht zur Verfassungswidrigkeit führen und hingenommen werden müssen (z.B. BVerfGE 44, 1 <20 f.>; 87, 1 <47>; 95, 64 <89>). Es kann lediglich geprüft werden, ob der Gesetzgeber den ihm zukommenden Ermessensspielraum in sachgerechter Weise genutzt, die für die zeitliche Anknüpfung in Betracht kommenden Faktoren hinreichend gewürdigt hat und sich der Stichtag durch sachliche Gründe rechtfertigen läßt oder als willkürlich erscheint (z.B. BVerfGE 44, 1 <21>; 95, 64 <89>). Es ist offensichtlich nicht ermessensfehlerhaft, wenn der Gesetzgeber als Stichtag für die erstmalige Möglichkeit der Inanspruchnahme einer Förderung nach dem EigZulG den Tag nach der abschließenden Beratung des Gesetzes im Deutschen Bundestag bestimmt.

3. Im übrigen ergeht der Beschluß gemäß Art. 1 Nr. 6 des Gesetzes zur Entlastung des Bundesfinanzhofs ohne weitere Begründung.

Ende der Entscheidung

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