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Gericht: Bundesfinanzhof
Beschluss verkündet am 31.10.2003
Aktenzeichen: IX B 97/03
Rechtsgebiete: FGO, EStG, ZPO
Vorschriften:
FGO § 115 Abs. 2 | |
FGO § 155 | |
EStG § 21 Abs. 1 Nr. 1 | |
ZPO § 295 |
Gründe:
I. Die Klägerin und Beschwerdeführerin (Klägerin) erwarb im Streitjahr (1996) zwei Doppelhaushälften, von denen sie eine unbefristet vermietete. Die andere Doppelhaushälfte vermietete sie an die Bauträgergesellschaft zur Nutzung als Musterhaus und Beratungsbüro bis zum 30. Juli 1998. Als die Bauträgergesellschaft in Zahlungsschwierigkeiten geriet, verklagte die Klägerin sie noch vor dem Ablauf der Mietzeit erfolgreich auf Räumung und nutzte anschließend diese Doppelhaushälfte mit ihrer Familie selbst. Der Beklagte und Beschwerdegegner (das Finanzamt --FA--) ließ für das Streitjahr den durch die Vermietung an die Bauträgergesellschaft entstandenen Werbungskostenüberschuss unberücksichtigt. Das Finanzgericht (FG) wies die Klage der Klägerin ab (Entscheidungen der Finanzgerichte 2003, 1310).
Mit der Nichtzulassungsbeschwerde begehrt die Klägerin, die Revision wegen aller in § 115 Abs. 2 der Finanzgerichtsordnung (FGO) genannten Zulassungsgründe zuzulassen.
II. Die Beschwerde ist unbegründet. Ein Zulassungsgrund gemäß § 115 Abs. 2 FGO ist nicht gegeben.
1. Die Revision ist weder wegen grundsätzlicher Bedeutung der Rechtssache (§ 115 Abs. 2 Nr. 1 FGO) noch zur Fortbildung des Rechts oder zur Wahrung der Einheitlichkeit der Rechtsprechung (§ 115 Abs. 2 Nr. 2 FGO) zuzulassen.
a) Das FG hat seiner Entscheidung im Einklang mit den Urteilen des Bundesfinanzhofs (BFH) vom 9. Juli 2002 IX R 47/99 (BFHE 199, 417, BStBl II 2003, 580) und IX R 57/00 (BFHE 199, 422, BStBl II 2003, 695) folgende Rechtssätze zugrunde gelegt: Nach dem Regelungszweck des § 21 Abs. 1 Nr. 1 des Einkommensteuergesetzes (EStG) ist bei einer auf Dauer angelegten Vermietungstätigkeit grundsätzlich davon auszugehen, dass der Steuerpflichtige beabsichtigt, einen Einnahmenüberschuss zu erwirtschaften. Eine Vermietungstätigkeit ist auf Dauer angelegt, wenn sie nach den bei Beginn der Vermietung ersichtlichen Umständen keiner Befristung unterliegt. Hat der Steuerpflichtige den Entschluss, auf Dauer zu vermieten, endgültig gefasst, ist auch dann vom Vorliegen der Einkünfteerzielungsabsicht auszugehen, wenn der Steuerpflichtige nach dem Beginn seiner Vermietungstätigkeit das bebaute Grundstück aufgrund eines neu gefassten Entschlusses veräußert oder selbst nutzt.
Ein gegen die Einkünfteerzielungsabsicht sprechendes Indiz liegt indes vor, wenn der Steuerpflichtige das bebaute Grundstück innerhalb eines engen zeitlichen Zusammenhangs --von in der Regel bis zu fünf Jahren-- seit der Anschaffung oder Herstellung wieder veräußert oder selbst nutzt und innerhalb dieser Zeit insgesamt nur einen Werbungskostenüberschuss erzielt. Er kann das gegen die Einkünfteerzielungsabsicht sprechende Beweisanzeichen erschüttern, indem er Umstände darlegt und nachweist, die dafür sprechen, dass er den Entschluss zur Veräußerung oder Selbstnutzung erst nachträglich gefasst hat.
Ob im Einzelfall Indizien gegen die Einkünfteerzielungsabsicht sprechen, ist eine Frage der Tatsachenfeststellung und Beweiswürdigung, die dem FG obliegt.
Das FG hat seine Entscheidung im Streitfall maßgeblich darauf gestützt, dass ein bei Beginn der Vermietung im Juli 1996 gefasster Entschluss, die an die Bauträgergesellschaft zur Nutzung überlassene Doppelhaushälfte langfristig zu vermieten, nicht erkennbar sei, weil der Mietvertrag nur bis zum 30. Juli 1998 befristet war und die Nutzung dieser Doppelhaushälfte als Musterhaus nur bis zur Veräußerung der letzten Wohneinheit in dem betreffenden Baugebiet erfolgen sollte. Der Vortrag der Klägerin, sie habe den Entschluss zur Selbstnutzung erst 1997 aufgrund der Zahlungsunfähigkeit der Bauträgergesellschaft und der damit verbundenen finanziellen Belastung gefasst, vermochte das FG nicht zu überzeugen, insbesondere weil sich die Klägerin nicht um eine Anschlussvermietung bemüht habe.
Diese die Vorentscheidung tragende tatsächliche Würdigung des FG, die für das Revisionsgericht bindend ist (vgl. § 118 Abs. 2 FGO), erschöpft sich in der Feststellung und Würdigung der Indizien des Streitfalles. Sie reicht nicht über den konkreten Einzelfall hinaus, so dass schon aus diesem Grund der Rechtssache keine grundsätzliche Bedeutung zukommt und die Revision auch nicht zur Fortbildung des Rechts oder zur Wahrung der Einheitlichkeit der Rechtsprechung zuzulassen ist.
b) Auch die Frage, ob die Einkünfteerzielungsabsicht jeweils für jede vermietete Immobilie gesondert zu prüfen ist, hat keine grundsätzliche Bedeutung. Sie ist nach ständiger Spruchpraxis zu bejahen. Die Maßgeblichkeit des einzelnen Mietverhältnisses folgt schon daraus, dass nach ständiger Rechtsprechung nur derjenige Einkünfte aus Vermietung gemäß § 21 Abs. 1 Nr. 1 EStG erzielen kann, der Träger der Rechte und Pflichten aus dem Mietverhältnis ist (BFH-Urteil vom 4. September 2000 IX R 22/97, BFHE 193, 112, BStBl II 2001, 785, m.w.N.). Mithin ist auch die Prüfung, ob der Steuerpflichtige durch seine Vermietungstätigkeit langfristig einen Einnahmenüberschuss erzielen will, jeweils auf das einzelne Mietverhältnis bezogen.
2. Die Revision ist auch nicht wegen eines Verfahrensfehlers zuzulassen (§ 115 Abs. 2 Nr. 3 FGO).
Das FG hat als Indiz gegen die Einkünfteerzielungsabsicht und für die Selbstnutzungsabsicht der Klägerin gewertet, dass für die später selbst genutzte Doppelhaushälfte mit dem Bauträger eine reichhaltigere Sonderausstattung vereinbart gewesen sei als für die auf Dauer vermietete Doppelhaushälfte. Die Klägerin rügt demgegenüber, dass nach dem Inhalt der dem FG vorgelegten Akten, insbesondere nach den Anlagen zur Einkommensteuererklärung, die Sonderausstattungen beider Doppelhaushälften gleich gewesen seien.
Es kann offen bleiben, ob darin ein Verstoß des FG gegen die Sachaufklärungspflicht (§ 76 Abs. 1 Satz 1 FGO) zu sehen ist oder ob das FG seiner Entscheidung nicht das Gesamtergebnis des Verfahrens (§ 96 Abs. 1 FGO) zugrunde gelegt hat. Denn die Klägerin könnte sich auf einen solchen Verfahrensfehler jedenfalls nicht mehr berufen. Nach § 295 der Zivilprozessordnung i.V.m. § 155 FGO kann ein Verfahrensfehler nicht mehr gerügt werden, wenn er nicht in der mündlichen Verhandlung vor dem FG gerügt worden ist, obwohl er bekannt war oder bekannt sein musste. Wie die Klägerin mit ihrer Nichtzulassungsbeschwerde selbst vorträgt, hat das FG im Rahmen des Sachberichts, mit dem die mündliche Verhandlung nach Aufruf der Sache beginnt (§ 92 Abs. 2 FGO), um den Beteiligten Gelegenheit zu Ergänzungen und Korrekturen zu geben (Gräber/Koch, Finanzgerichtsordnung, 5. Aufl. 2002, § 92 Rz. 6), die in den Kaufverträgen vereinbarte unterschiedliche Ausstattung der beiden Doppelhaushälften erwähnt. Damit war in der mündlichen Verhandlung ersichtlich, dass das FG von einem unvollständigen Sachverhalt ausging, weil es den aktenkundigen weiteren Schriftverkehr über die Ausstattung der beiden Häuser außer Betracht ließ. Da die in der mündlichen Verhandlung mögliche Richtigstellung des Sachverhalts unterblieben ist, hat die Klägerin insoweit ihr Rügerecht verloren. Dass ihr Prozessbevollmächtigter sich über die Indizwirkung, die das FG diesem Sachverhalt beimessen würde, nicht im Klaren war, ändert an dieser Beurteilung nichts.
Ende der Entscheidung
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