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Gericht: Bundesfinanzhof
Beschluss verkündet am 14.12.2007
Aktenzeichen: IX E 17/07
Rechtsgebiete: FGO, GKG
Vorschriften:
FGO § 69 | |
GKG § 52 | |
GKG § 53 |
Gründe:
I.
Die Kostenschuldnerin und Erinnerungsführerin (Erinnerungsführerin) begehrte beim Finanzgericht (FG) ohne Erfolg die Aussetzung der Vollziehung (AdV) eines Kraftfahrzeugsteuerbescheides in Höhe von 537,69 €. Nachdem der Bundesfinanzhof (BFH) im Beschwerdeverfahren IX B 233/06 die Sache an das FG zurückverwiesen hatte, stellte dieses gemäß § 72 Abs. 2 Satz 2 der Finanzgerichtsordnung (FGO) das Verfahren ein. Die Kosten des Verfahrens einschließlich des Beschwerdeverfahrens hatte gemäß § 136 Abs. 2 FGO i.V.m. § 143 Abs. 2 FGO die Erinnerungsführerin zu tragen.
Mit Kostenrechnung vom 29. Mai 2007 KostL 1084/07 setzte die Kostenstelle des BFH gegen die Erinnerungsführerin die Gerichtskosten für das Beschwerdeverfahren in Höhe von 110 € an; hierbei legte sie den sog. Mindeststreitwert von 1 000 € zugrunde.
Mit ihrer Erinnerung gegen die Kostenrechnung macht die Erinnerungsführerin geltend, die Gerichtskosten seien anhand eines Streitwertes von 53,80 € (10 v.H. von 538 €) zu ermitteln. Im finanzgerichtlichen AdV-Verfahren sei als Streitwert regelmäßig 10 v.H. des Betrages anzusetzen, um den im Hauptverfahren gestritten werde.
Die Erinnerungsführerin beantragt, die Gerichtskosten von einem Streitwert von 53,80 € festzusetzen.
Die Vertreterin der Staatskasse beim BFH beantragt, die Erinnerung als unbegründet zurückzuweisen.
II.
Die Erinnerung ist begründet. Sie führt zur Abänderung der angefochtenen Kostenrechnung.
1. Nach der ständigen Rechtsprechung des BFH ist im finanzgerichtlichen AdV-Verfahren der Streitwert mit 10 v.H. des Betrages zu bemessen, dessen Aussetzung begehrt wird (z.B. BFH-Beschluss vom 26. April 2001 V S 24/00, BFHE 194, 358, BStBl II 2001, 498; Gräber/Ruban, Finanzgerichtsordnung, 6. Aufl., Vor § 135 Rz 35 "Aussetzung der Vollziehung", m.w.N.). Dies gilt auch nach der Einführung des sog. Mindeststreitwerts von 1 000 € in Verfahren vor den Gerichten der Finanzgerichtsbarkeit gemäß § 52 Abs. 4 des Gerichtskostengesetzes in der Fassung durch das am 1. Juli 2004 in Kraft getretene Kostenrechtsmodernisierungsgesetz vom 5. Mai 2004 (BGBl I 2004, 718) --im Folgenden: GKG n.F.--.
2. Gemäß § 53 Abs. 3 Nr. 3 GKG n.F. ist der Streitwert eines Aussetzungsverfahrens nach § 69 Abs. 3, 5 FGO anhand § 52 Abs. 1 und 2 GKG n.F. zu bestimmen.
§ 52 Abs. 1 GKG n.F. enthält den --§ 13 Abs. 1 Satz 1 GKG a.F. entsprechenden-- Grundsatz, dass in Verfahren vor den Gerichten der Verwaltungs-, Finanz- und Sozialgerichtsbarkeit, soweit nichts anderes bestimmt ist, der Streitwert nach der sich aus dem Antrag des Klägers für ihn ergebenden Bedeutung der Sache nach Ermessen zu bestimmen ist. Gemäß § 52 Abs. 2 GKG n.F. ist ein Streitwert von 5 000 € anzunehmen, wenn der Sach- und Streitstand für die Bestimmung des Streitwerts keine genügenden Anhaltspunkte bietet. Dies entspricht § 13 Abs. 1 Satz 2 GKG a.F.; der Gesetzgeber hat lediglich --zur Anpassung an die allgemeine Entwicklung-- den bisher gültigen Betrag von 4 000 € auf 5 000 € erhöht (s. dazu BTDrucks 15/1971, S. 156).
3. Der (eindeutige) Wortlaut des § 53 Abs. 3 Nr. 3 GKG n.F., der nur auf § 52 Abs. 1 und 2 GKG n.F. verweist, schließt es aus, im finanzgerichtlichen AdV-Verfahren auf den Mindeststreitwert des § 52 Abs. 4 GKG n.F. zurückzugreifen (ebenso z.B. FG des Landes Sachsen-Anhalt, Beschluss vom 23. November 2006 4 KO 1333/06, Entscheidungen der Finanzgerichte --EFG-- 2007, 293, m.w.N.; FG Köln, Beschluss vom 5. Februar 2007 10 Ko 275/07, EFG 2007, 793; Müller, EFG 2007, 294).
4. Der Senat kann offenlassen, ob § 52 Abs. 4 GKG n.F. wegen der in ihm (neben dem Mindeststreitwert) geregelten Streitwerthöchstgrenzen für bestimmte Verfahren der Verwaltungs- und der Sozialgerichtsbarkeit nach dem Sinn und Zweck der Vorschrift dahin auszulegen ist, dass diese Höchstgrenzen dort auch in Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes Anwendung finden (s. dazu Zenke, Der Steuerberater --StB-- 2006, 267, 268, m.w.N., zu § 20 GKG a.F., dem --so die Gesetzesbegründung-- § 53 GKG n.F. inhaltlich weitgehend entspricht; vgl. BTDrucks 15/1971, S. 156). Hieraus lässt sich für die Anwendung des Mindeststreitwerts in finanzgerichtlichen Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes nichts herleiten (a.A. z.B. Sächsisches FG, Beschluss vom 27. März 2006 3 Ko 243/06, EFG 2006, 1103; Zenke, StB 2006, 267, 268). Denn dieser Mindeststreitwert wurde durch das Kostenrechtsmodernisierungsgesetz neu eingeführt und steht --soweit es die Streitwertbemessung in finanzgerichtlichen Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes angeht-- im Widerspruch zur bisherigen ständigen Rechtsprechung des BFH (siehe unter 1.). Es ist davon auszugehen, dass der Gesetzgeber den Willen, diese Rechtsprechung aufzugeben, im Wortlaut der Vorschrift oder zumindest in der Gesetzesbegründung eindeutig zum Ausdruck gebracht hätte; dies ist nicht geschehen. Der Senat kann deshalb offenlassen, ob der Ansatz von gleichen Mindeststreitwerten in Hauptverfahren und Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes vor den Gerichten der Finanzgerichtsbarkeit unter verfassungsrechtlichen Gesichtspunkten überhaupt Bestand haben könnte (s. dazu im Einzelnen Beschluss des FG des Landes Sachsen-Anhalt in EFG 2007, 293).
5. Die von der Kostenstelle des BFH angesetzten Gerichtskosten sind bei einem Streitwert von 53,80 € auf 50 € herabzusetzen (§ 52 Abs. 1, § 53 Abs. 3 GKG n.F. i.V.m. Nr. 6210 der Anlage 1 des Kostenverzeichnisses zu § 3 Abs. 2 GKG n.F. und Anlage 2 zu § 34 GKG n.F.).
6. Das Verfahren über die Erinnerung ist gerichtskostenfrei; Kosten werden nicht erstattet (§ 66 Abs. 8 GKG n.F.).
Ende der Entscheidung
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