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Gericht: Bundesfinanzhof
Urteil verkündet am 17.09.2008
Aktenzeichen: IX R 13/08
Rechtsgebiete: AO, EigZulG, EStG


Vorschriften:

AO § 175 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2
EigZulG § 9 Abs. 2 Satz 4
EigZulG § 9 Abs. 5 Satz 6
EigZulG § 17
EStG § 26 Abs. 1
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Gründe:

I.

Die Kläger und Revisionskläger (Kläger) sind Eheleute und Eigentümer eines Einfamilienhauses, das sie mit ihren drei Kindern bewohnen. Hierfür setzte der Beklagte und Revisionsbeklagte (das Finanzamt --FA--) auf Antrag der Kläger, in dem als Empfangsbevollmächtigte die Steuerberater GbR "A & C" genannt war, die gemeinsame Eigenheimzulage der Kläger für den Förderzeitraum 1996 bis 2003 auf jährlich 10 400 DM fest. Im Dezember 2003 erwarb die Klägerin Anteile an der Wohnungsbaugenossenschaft "G e.G." im Wert von 5 113 EUR und beantragte im Jahr 2004 Eigenheimzulage hierfür (§ 17 des Eigenheimzulagengesetzes --EigZulG--). Das FA setzte die Eigenheimzulage der Klägerin für den Erwerb der Genossenschaftsanteile in Höhe von jährlich 922 EUR für den Zeitraum von 2003 bis 2007 und in Höhe von einmalig 503 EUR für das Jahr 2008 fest. Der Bescheid wurde der Steuerberater GbR "A & C" sowie mit einfachem Brief auch der Klägerin bekannt gegeben.

Mit Bescheid vom Oktober 2004 änderte das FA die ursprüngliche Eigenheimzulagenfestsetzung für das Einfamilienhaus der Kläger gemäß § 175 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 der Abgabenordnung (AO) i.V.m. § 9 Abs. 2 Satz 4, Abs. 5 Satz 6 EigZulG und setzte die Eigenheimzulage für 1996 und 1997 unter Anrechnung der von der Klägerin mittlerweile in Anspruch genommenen Genossenschaftsförderung auf je 8 597 DM (4 395,58 EUR) fest, indem die auf die Klägerin entfallende Grundförderung und die auf sie entfallenden Kinderzulagen für das Erstjahr der Wohnung (1996 bzw. 1997) um die Grundförderung sowie die Kinderzulagen für das Erstjahr des Genossenschaftsanteilserwerbs (2003 bzw. 2004) gemindert wurde (sog. Überblendung). Den hiergegen von der Steuerberater GbR "A & C" namens der Kläger eingelegten Einspruch nahmen die Kläger zurück.

Mit --der Steuerberater GbR "A & C" bekannt gegebenem-- Änderungsbescheid vom April 2005 setzte das FA auch die das Einfamilienhaus der Kläger betreffende Eigenheimzulage für das Jahr 1998 auf 8 597 DM (4 395,58 EUR) fest und rechnete die der Klägerin für das entsprechende Drittjahr des Förderzeitraums (2005) gewährte Genossenschaftsanteilsförderung auf die Wohnungseigenheimzulage an. Der hiergegen eingelegte Einspruch der Kläger, vertreten durch die Steuerberater GbR "A & C", blieb ohne Erfolg.

Das Finanzgericht (FG) wies mit seinem in Entscheidungen der Finanzgerichte (EFG) 2008, 668 veröffentlichten Urteil die Klage ab. Der angegriffene Änderungsbescheid betreffend Eigenheimzulage 1998 sowie die Einspruchsentscheidung seien wirksam bekannt gegeben. Der nachträgliche Erwerb von Genossenschaftsanteilen und die damit zusammenhängende Inanspruchnahme der Genossenschaftsanteilsförderung sei ein Ereignis, welches über die Anrechnungsvorschriften des Eigenheimzulagengesetzes steuerliche Rückwirkung für die Vergangenheit entfalte (§ 175 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 AO). Die Anrechnung nach § 9 Abs. 2 Satz 4 EigZulG und § 9 Abs. 5 Satz 6 EigZulG sei auch bei einer nachgelagerten Genossenschaftsanteilsförderung vorzunehmen.

Mit der Revision rügen die Kläger die Verletzung materiellen Rechts (§ 9 Abs. 2 Satz 4 EigZulG). Der angegriffene Änderungsbescheid sei nicht wirksam bekanntgegeben worden, da die Klägerin selbst ohne Mitteilung eines Zustellungsbevollmächtigten Eigenheimzulage wegen ihres Genossenschaftsanteils beantragt habe und im Übrigen die Kanzlei A & Partner, nicht aber die Sozietät "A & C" als Empfangsbevollmächtigter hinsichtlich der Eigenheimzulage für das Einfamilienhaus benannt gewesen sei. Wegen der Eigenheimzulage der Klägerin für den Genossenschaftsanteil sei die gemeinsame Eigenheimzulage für das Einfamilienhaus und damit auch der dem Kläger zustehende Teil verringert worden. § 175 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 AO sei nicht anwendbar, da § 9 Abs. 2 Satz 4, Abs. 5 Satz 6 EigZulG eine Anrechnung nur zulasse, wenn im selben Kalenderjahr eine Eigenheimzulage für einen Geschäftsanteil an einer Wohnungsgenossenschaft beantragt werde.

Die Kläger beantragen sinngemäß,

das Urteil des FG sowie den Änderungsbescheid vom April 2005 und den Einspruchsbescheid aufzuheben.

Das FA beantragt,

die Revision zurückzuweisen.

II.

Die Revision ist unbegründet und deshalb zurückzuweisen (§ 126 Abs. 2 der Finanzgerichtsordnung --FGO--). Zu Recht hat das FG den Änderungsbescheid zur Eigenheimzulage 1998 für das Einfamilienhaus der Kläger vom April 2005 sowie die Einspruchsentscheidung für rechtmäßig erachtet, insbesondere eine Minderung des Fördergrundbetrags gemäß § 9 Abs. 2 Satz 4 EigZulG bzw. der Kinderzulagen gemäß § 9 Abs. 5 Satz 6 EigZulG zugelassen.

1.

Ausgehend von den den Senat bindenden finanzgerichtlichen Feststellungen (§ 118 Abs. 2 FGO) zu der der Steuerberater GbR "A & C" erteilten Empfangsvollmacht für das Verfahren der Eigenheimzulage für das Einfamilienhaus bestehen keine Anhaltspunkte dafür, dass der angegriffene Änderungsbescheid nicht wirksam bekanntgegeben worden wäre.

2.

Gemäß § 9 Abs. 2 Satz 4 EigZulG mindert sich der Fördergrundbetrag für die Anschaffung einer Wohnung jeweils um den Betrag, den der Anspruchsberechtigte im jeweiligen Kalenderjahr des Förderzeitraums für die Anschaffung von Genossenschaftsanteilen nach § 17 EigZulG in Anspruch genommen hat. Dies gilt gemäß § 9 Abs. 5 Satz 6 EigZulG entsprechend für die Kinderzulagen. Dies soll eine Doppelförderung ausschließen (BTDrucks 13/2784, S. 40). Dabei ist der Förderzeitraum für die Begünstigung der Mitgliedschaft (Geschäftsanteil) an der Genossenschaft dem Förderzeitraum hinsichtlich der Begünstigung der Wohnung gegenüberzustellen und die Zulage für die Wohnung jahreskongruent zu kürzen, d.h. im Wege einer sog. Überblendung ("Erstjahr gegen Erstjahr, Zweitjahr gegen Zweitjahr etc.", vgl. Wacker, EigZulG, 3. Aufl., § 9 Rz 62, m.w.N.; Erhard/Blümich, EigZulG § 9 Rz 21; Schreiben des Bundesministeriums der Finanzen --BMF-- vom 21. Dezember 2004, BStBl I 2005, 305, Tz. 88). Unerheblich ist, in welcher zeitlichen Reihenfolge die zu fördernde Wohnung hergestellt bzw. angeschafft und der Genossenschaftsanteil angeschafft worden sind. Denn die Förderung nach dem Eigenheimzulagengesetz ist objektbezogen, wobei für jedes Objekt ein bestimmter Förderzeitraum begünstigt ist. Entsprechend ist auch die auszuschließende Doppelförderung auf das jeweilige Objekt und den jeweiligen Förderzeitraum zu beziehen. Wird danach die Anschaffung des Genossenschaftsanteils zeitlich nach der Anschaffung der Wohnung gefördert, ist der die Wohnung betreffende Zulagenbescheid nach § 175 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 AO zu ändern (Wacker, a.a.O.; Blümich/Erhard, a.a.O.; Lademann/Boeker, EigZulG, § 9 Rz 23 f.; a.A. Hausen/ Kohlrust-Schulz, Die Eigenheimzulage, 2. Aufl., Rz 561 f.; Kohlrust-Schulz, Deutsches Steuerrecht 1998, 665, 670; Drosdzol, Finanz-Rundschau 1998, 416, 421).

Die Anrechnung ist personenbezogen vorzunehmen; dies gilt auch bei Ehegattenmiteigentumsanteilen (Wacker, a.a.O., Rz 62). Sind Ehegatten, die die Voraussetzungen des § 26 Abs. 1 des Einkommensteuergesetzes erfüllen, Miteigentümer einer Wohnung, ist die Eigenheimzulage nur insoweit zu mindern, als sie auf den Ehegatten entfällt, der die Eigenheimzulage in Anspruch genommen hat (Lademann/Boeker, a.a.O., § 9 Rz 23b; BMF-Schreiben vom 10. Februar 1998, BStBl I 1998, S. 190, Rz 117, Satz 2).

3.

Das Urteil des FG entspricht den genannten Grundsätzen.

Der nachträgliche Erwerb der Genossenschaftsanteile durch die Klägerin und die entsprechende Inanspruchnahme der Genossenschaftsanteilsförderung stellen ein rückwirkendes Ereignis i.S. von § 175 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 AO im Hinblick auf die ursprünglichen Eigenheimzulagenbescheide hinsichtlich des Einfamilienhauses dar.

Die Anrechnung der von der Klägerin beanspruchten Genossenschaftsanteilsförderung für das Jahr 2005 auf ihren Anteil an der Wohnungseigenheimzulage der Kläger für das Jahr 1998 ist auch der Höhe nach nicht zu beanstanden. Sie erfolgte insbesondere lediglich bezogen auf die Anspruchsberechtigung der Klägerin; dies erforderte keine nur hälftige Anrechnung.



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