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Gericht: Bundesfinanzhof
Urteil verkündet am 07.11.2006
Aktenzeichen: IX R 16/05
Rechtsgebiete: EigZulG, EStG, FGO


Vorschriften:

EigZulG § 2 Abs. 1
EigZulG § 2 Abs. 1 Satz 1
EigZulG § 11 Abs. 1
EStG § 10e Abs. 1
FGO § 118 Abs. 2
FGO § 126 Abs. 2
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Gründe:

I. Die Klägerin und Revisionsbeklagte (Klägerin) begehrt Eigenheimzulage für eine Eigentumswohnung, die sie nach Erwerb mit ihrer weiteren angrenzenden Eigentumswohnung baulich zusammengelegt hat.

Beide Wohnungen wurden ihr im April 1993 von ihrer Mutter übertragen. Eine der Wohnungen nutzte die Klägerin anschließend zu eigenen Wohnzwecken. Die andere Wohnung vermietete sie (nach vorübergehender Überlassung an Angehörige) an Fremde und verkaufte sie im Jahre 1999 ebenfalls an einen Fremden zu einem Kaufpreis von 170 000 DM.

Im Dezember 2000 erwarb sie diese Eigentumswohnung gegen einen Kaufpreis von 170 000 DM zurück, der im Februar 2001 auf einem Notaranderkonto verbucht und an den Verkäufer weitergeleitet wurde.

Nach dem Rückerwerb verband die Klägerin die beiden Wohnungen, indem sie einen Durchbruch zwischen den angrenzenden Küchen herstellte. Im Übrigen blieben die Wohnungen nach den Feststellungen des Finanzgerichts (FG) baulich unverändert.

Für die rückerworbene Wohnung beantragte die Klägerin Eigenheimzulage ab dem Jahr 2001. Den Antrag lehnte der Beklagte und Revisionskläger (das Finanzamt --FA--) ab. Der dagegen nach erfolglosem Einspruchsverfahren erhobenen Klage gab das FG mit seinem in Entscheidungen der Finanzgerichte (EFG) 2005, 1167 veröffentlichten Urteil statt.

Mit der Revision rügt das FA Verletzung materiellen Rechts. Durch die Baumaßnahmen habe die Klägerin weder eine neue Wohnung i.S. des § 2 Abs. 1 Satz 1 des Eigenheimzulagengesetzes (EigZulG) hergestellt noch eine Wohnung i.S. des Abs. 2 der Vorschrift erweitert. Es liege auch keine förderungsfähige Anschaffung einer Wohnung vor. Maßgeblich für die Gewährung der Eigenheimzulage seien nach § 11 Abs. 1 EigZulG die Verhältnisse bei Beginn der Nutzung der Wohnung zu eigenen Wohnzwecken. In diesem Zeitpunkt sei die Wohnung aufgrund der vorher vorgenommenen Arbeiten nicht mehr abgeschlossen gewesen und habe damit keine eigenständige Wohnung i.S. des § 2 Abs. 1 Satz 1 EigZulG mehr gebildet. Darauf, dass es sich nach den Vorschriften des Wohnungseigentumsgesetzes (WEG) weiterhin um zwei Eigentumswohnungen handele, komme es nicht an.

Durch die Verbindung mit der erworbenen Wohnung sei die bereits seit 1993 zu eigenen Wohnzwecken genutzte Nachbarwohnung lediglich umgestaltet worden. Diese Umgestaltung stelle keinen Begünstigungstatbestand i.S. des § 2 Abs. 1 Satz 1 EigZulG dar. Die Anschaffungskosten der erworbenen Wohnung könnten auch nicht als nachträgliche Anschaffungs- und Herstellungskosten der anderen Wohnung berücksichtigt werden, weil die Klägerin für diese Wohnung nicht den Abzugsbetrag nach § 10e Abs. 1 des Einkommensteuergesetzes (EStG) in Anspruch nehmen könne und der Begünstigungszeitraum zudem abgelaufen sei.

Das FA beantragt, das angefochtene Urteil aufzuheben und die Klage abzuweisen.

Die Klägerin beantragt, die Revision als unbegründet zurückzuweisen.

Zum einen sei unverständlich, den Verlust der Wohnungseigenschaft allein durch Verbindung mit einer anderen Wohnung anzunehmen. Abgesehen davon sei die Wohnung bei Beginn der Nutzung noch abgeschlossen gewesen, weil sie unmittelbar nach Erwerb in Benutzung genommen worden sei. Der Durchbruch sei erst später vorgenommen worden.

II. Die Revision ist unbegründet und daher nach § 126 Abs. 2 der Finanzgerichtsordnung (FGO) zurückzuweisen.

Zu Recht hat das FG die Voraussetzungen für die begehrte Eigenheimzulage im Streitfall als gegeben angesehen, weil die Klägerin eine Wohnung i.S. des § 2 Abs. 1 EigZulG angeschafft hat.

Nach § 2 Abs. 1 Satz 1 EigZulG ist die Herstellung oder Anschaffung einer Wohnung in einem im Inland belegenen eigenen Haus begünstigt.

a) Die Anschaffung einer Wohnung als Förderungsgegenstand i.S. des § 2 Abs. 1 Satz 1 EigZulG setzt voraus, dass die erworbene Wohnung --wie hier die angeschaffte und mit der angrenzenden Wohnung der Klägerin verbundene Eigentumswohnung-- als Zusammenfassung mehrerer Räume die Führung eines selbständigen Haushalts ermöglicht. Dazu müssen die Räume nicht nur eine Küche oder zumindest eine Kochgelegenheit, Bad oder Dusche und WC aufweisen, sondern in Gebäuden mit mehreren Wohneinheiten --wie im Streitfall-- baulich gegenüber anderen Räumen abgeschlossen sein und einen eigenen Zugang haben (Urteil des Bundesfinanzhofs --BFH-- vom 27. Oktober 1998 X R 157/95, BFHE 187, 445, BStBl II 1999, 91, m.w.N.).

Abgeschlossenheit bedeutet dabei eine baulich vollkommene und dauerhafte Trennung; sie fehlt schon, wenn die Wohneinheiten durch eine Tür miteinander verbunden sind (BFH-Urteile vom 13. November 1991 II R 92/89, BFH/NV 1992, 723, m.w.N.; vom 4. November 2004 III R 13/04, BFH/NV 2005, 671; BFH-Beschluss vom 13. August 1996 II B 102/95, BFH/NV 1997, 97, m.w.N.).

b) Zu Recht ist das FG davon ausgegangen, dass diese Abgeschlossenheit im Streitjahr 2001 bereits ab dem Beginn der Wohnnutzung des Objekts durch die Klägerin vorlag (vgl. § 11 Abs. 1 Satz 1 EigZulG).

Dieser Zeitpunkt war nämlich nach den tatsächlichen Feststellungen des FG der 1. Februar 2001, zu dem die Wohnung an die Klägerin übergeben wurde. In diesem Zeitpunkt war die Wohnung noch i.S. des § 2 Abs. 1 EigZulG abgeschlossen, weil sie entsprechend den tatrichterlichen Feststellungen der Vorinstanz erst nach diesem "Rückkauf" mit der Nachbarwohnung verbunden wurde.

Die tatsächlichen Feststellungen des FG zum Vorliegen der sachlichen Voraussetzungen für die Eigenheimzulage bei Beginn der Wohnnutzung durch die Klägerin binden den Senat gemäß § 118 Abs. 2 FGO, weil das FA dagegen keine verfahrensrechtlichen Einwände erhoben hat.

Dessen Vortrag im Revisionsverfahren, die Wohnungen seien bereits vor der Nutzung der angeschafften Wohnung zu eigenen Wohnzwecken --mit der Folge fehlender Abgeschlossenheit des rückerworbenen Objekts-- verbunden worden, stellt damit --schon wegen der Unzulässigkeit neuen Sachvortrags in der Revisionsinstanz-- allenfalls die sinngemäße Rüge dar, die tatsächliche Würdigung des FG sei fehlerhaft (vgl. BFH-Beschlüsse vom 21. Juli 2005 III S 19/04 (PKH), BFH/NV 2005, 2207, und vom 12. Januar 2006 II B 56/05, BFH/NV 2006, 919, m.w.N.). Eine solche Rüge kann indessen nur dann zur Aufhebung einer finanzgerichtlichen Entscheidung führen, wenn das Tatsachengericht die gesetzlichen Auslegungsregeln, die Denkgesetze und Erfahrungssätze unter Einbeziehung aller Begleitumstände unzutreffend angewandt hat (vgl. BFH-Urteile vom 19. Oktober 2001 V R 75/98, BFH/NV 2002, 547; vom 31. Juli 2002 X R 48/99, BFHE 200, 504, BStBl II 2003, 282; vom 17. August 2005 IX R 35/04, Höchstrichterliche Finanzrechtsprechung 2006, 575, m.w.N.). Solche Umstände hat das FA weder vorgetragen noch sind sie sonst aus der angefochtenen Entscheidung oder den von ihr in bezug genommenen Akten ersichtlich.

c) Die Wohnung hat ihre Eigenschaft als selbständiges angeschafftes Förderungsobjekt i.S. des § 2 Abs. 1 EigZulG auch -nicht durch die nachfolgende Verbindung mit der anderen Wohnung verloren. Vielmehr stellt sich die Verbindung als Vergrößerung der angeschafften Wohnung dar, die auch danach eine insgesamt geschlossene Wohneinheit i.S. des § 2 Abs. 1 EigZulG bildet.

Ende der Entscheidung

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