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Gericht: Bundesfinanzhof
Urteil verkündet am 02.03.2004
Aktenzeichen: IX R 17/03
Rechtsgebiete: EStG, FGO


Vorschriften:

EStG § 22 Nr. 3
FGO § 121
FGO § 127
FGO § 126 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1
FGO § 126 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Gründe:

I. Die Kläger und Revisionskläger (Kläger) sind Eheleute, die zur Einkommensteuer zusammen veranlagt werden. Der Kläger erwarb im Jahre 1996 unter Vermittlung einer Finanzierungs-GmbH (F-GmbH) ein Einkaufszentrum für ca. 10 Mio. DM. Zur Finanzierung des Kaufpreises nahm er ein tilgungsfreies Darlehen in Höhe des Kaufpreises auf. Gleichzeitig schloss er bei einer Lebensversicherungsgesellschaft (L) eine Lebensversicherung über 6,1 Mio. DM (Laufzeit 20 Jahre) auf das Leben seiner Tochter ab. Die zum Ende der Laufzeit auf ca. 10 Mio. DM prospektierte Versicherungsleistung sollte bei Fälligkeit zur Rückzahlung des Darlehens verwendet werden. Auch die gesamte Finanzierung kam unter Vermittlung der F-GmbH zustande. Sie zahlte dem Kläger im Zusammenhang mit dem Abschluss der Lebensversicherung eine Provision in Höhe der in etwa entstandenen Abschlusskosten, und zwar im Jahre 1996 insgesamt 149 630 DM.

Der Beklagte und Revisionsbeklagte (das Finanzamt --FA--) veranlagte die Kläger zur Einkommensteuer 1996, ohne die Provisionszahlung als Einnahme zu berücksichtigen. Mit Einkommensteuerbescheid vom 12. Mai 2000 setzte das FA die Einkommensteuer auf 0 DM und mit Bescheid über die gesonderte Feststellung des verbleibenden Verlustvortrags einen verbleibenden Verlustvortrag --für den Kläger-- auf 66 838 DM fest.

Durch eine Kontrollmitteilung erfuhr das FA im Dezember 2000 von der Provisionszahlung. Es erließ einen Einkommensteuer-Änderungsbescheid für 1996, in dem es die Einkommensteuer für 1996 unverändert auf 0 DM festsetzte; zugleich änderte es die gesonderte Feststellung des verbleibenden Verlustabzugs zum 31. Dezember 1996 und stellte fest, dass keine gesonderte Feststellung durchzuführen war, weil kein verbleibender Verlustabzug mehr bestand. Überdies änderte es den Einkommensteuerbescheid 1995, in dem der bisherige Verlustrücktrag vermindert wurde, und den Einkommensteuerbescheid 1997 dahin gehend, dass ein Verlustvortrag aus 1996 nicht mehr angesetzt wurde. Anlass der Änderungsbescheide war die Berücksichtigung der Provision als sonstige Einkünfte nach § 22 Nr. 3 des Einkommensteuergesetzes (EStG).

Die nach erfolglosen Einsprüchen erhobene Klage wies das Finanzgericht (FG) mit seinem in Entscheidungen der Finanzgerichte (EFG) 2003, 851 veröffentlichten Urteil ab.

Hiergegen richtet sich die Revision der Kläger, die sie auf Verletzung materiellen Rechts stützen. Es bestehe kein wirtschaftliches Verhalten des Klägers im Verhältnis zum Makler, das auf einen Leistungsaustausch gerichtet sei und damit auch keine Leistung. Vielmehr bilde die Provision einen Preisnachlass für den Erwerb der Versicherungsansprüche.

Die Kläger hatten zunächst sinngemäß beantragt, das angefochtene Urteil sowie die Änderungsbescheide aufzuheben. Mit Bescheid vom 12. März 2003 hat das FA den Einkommensteuerbescheid für 1997 erneut geändert und berücksichtigt nun einen Verlustrücktrag --statt wie bisher in Höhe von 228 601 DM-- von 222 513 DM.

Die Kläger beantragen nunmehr sinngemäß, das angefochtene Urteil, den Änderungsbescheid über die gesonderte Feststellung des verbleibenden Verlustabzugs zum 31. Dezember 1996 vom 6. Februar 2001 sowie den Einkommensteuer-Änderungsbescheid für 1995 vom 2. Februar 2001 aufzuheben und den Einkommensteuer-Änderungsbescheid für 1997 vom 12. März 2003 dahin gehend zu ändern, dass neben dem Verlustvortrag aus 1996 ein Verlustrücktrag aus 1998 in Höhe von insgesamt 228 601 DM zu berücksichtigen ist.

Das FA beantragt, die Revision als unbegründet zurückzuweisen.

II. 1. Die Revision ist in Bezug auf die Einkommensteuer 1997 begründet und führt nach § 126 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 der Finanzgerichtsordnung (FGO) zur Aufhebung der Vorentscheidung und zur Zurückverweisung der Sache an das FG zur anderweitigen Verhandlung und Entscheidung.

a) Nach § 127 FGO kann der Bundesfinanzhof (BFH), wenn während des Revisionsverfahrens ein geänderter Verwaltungsakt Gegenstand des Verfahrens geworden ist, das angefochtene Urteil aufheben und die Sache zur anderweitigen Verhandlung und Entscheidung an das FG zurückverweisen.

Das angefochtene Urteil ist danach aufzuheben. Das FG entschied über den Einkommensteuerbescheid vom 6. Februar 2001. An die Stelle dieses Bescheids trat während des Revisionsverfahrens der Änderungsbescheid vom 12. März 2003, der nach § 68 i.V.m. § 121 FGO zum Gegenstand dieses Verfahrens wurde. Damit liegt dem angefochtenen Urteil ein nicht mehr existierender Bescheid zugrunde; es kann keinen Bestand haben (vgl. dazu die ständige Rechtsprechung des BFH, z.B. Urteil vom 28. August 2003 IV R 20/02, BFHE 203, 143, BStBl II 2004, 10, unter I., m.w.N.).

Die Sache ist zurückzuverweisen. Nach § 127 FGO ist regelmäßig eine Zurückverweisung der Sache an das FG geboten, wenn der Bescheid einen neuen Streitpunkt enthält (BFH-Urteil vom 27. Juli 2000 V R 31/99, BFH/NV 2001, 57). So verhält es sich im Streitfall: Mit dem Änderungsbescheid hat das FA den Verlustrücktrag aus 1998 geändert, weil es im Einkommensteuerbescheid 1998 eine Provision von 6 088 DM als sonstige Einkünfte erfasst hat. Hierzu liegen keine Feststellungen des FG vor.

b) Das FG hat im zweiten Rechtsgang die Rechtmäßigkeit dieser Besteuerung zu prüfen. Handelt es sich bei der 1998 zugeflossenen um eine Provision, die mit der 1996 zugeflossenen vergleichbar ist, wird das FG die Gründe zu 2. zu beachten haben.

2. Soweit die Revision die Einkommensteuer 1995 und den Bescheid zum 31. Dezember 1996 über die gesonderte Feststellung des verbleibenden Verlustabzugs zur Einkommensteuer betrifft, ist sie begründet und führt nach § 126 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 FGO zur Aufhebung des angefochtenen Urteils und zur Stattgabe der Klage.

Unzutreffend hat das FG die dem Kläger in 1996 zugeflossenen Provisionsanteile als nach § 22 Nr. 3 EStG steuerbare Einkünfte aus Leistungen erfasst.

a) Wie der Senat in seinem Urteil vom heutigen Tage (Az. IX R 68/02) entschieden hat, erbringt ein Versicherungsnehmer keine Leistung i.S. von § 22 Nr. 3 EStG, wenn er es durch eine Vereinbarung mit dem Versicherungsvertreter lediglich erreicht, dass dieser einen Teil seiner Provision an ihn weiterleitet. Zur weiteren Begründung verweist der Senat --um Wiederholungen zu vermeiden-- auf dieses Urteil.

b) Nach diesen Maßstäben liegt eine steuerbare Leistung des Klägers nicht vor. Mit der Zahlung der Provision an den Kläger wollte die F-GmbH nach den Feststellungen des FG sicherstellen, dass sie mit der Vermittlung betraut wird. Wirtschaftlicher Grund war also nicht, den Kläger für eine von ihm erbrachte Leistung zu entgelten, sondern dessen Aufwand für die Versicherung zu mindern. Das verkennt auch das FG nicht; denn es sieht den wirtschaftlichen Vorteil des Klägers darin, dass er den Lebensversicherungsanspruch letztlich mit weniger Aufwand erhalten hat. Es bewertet aber den "Abschluss des Versicherungsvertrags" unzutreffend als Leistung i.S. des § 22 Nr. 3 EStG.

c) Weil das angefochtene Urteil diesen Grundsätzen nicht entspricht, ist es aufzuheben. Die Sache ist insoweit spruchreif. Der Klage ist in beantragtem Umfang stattzugeben. Es bleibt bei dem Verlustvortrag, den das FA zunächst auf den 31. Dezember 1996 festgestellt hatte. Deshalb kann sich der Senat darauf beschränken, entsprechend dem Revisionsantrag die angefochtenen (geänderten) Bescheide aufzuheben.

3. Dem FG kann auch bei teilweiser Zurückverweisung der Sache die Entscheidung über die gesamten Kosten des Revisionsverfahrens übertragen werden (ständige Rechtsprechung, vgl. BFH-Beschluss vom 14. Juni 1972 I B 16/72, BFHE 106, 19, BStBl II 1972, 707; Gräber/Ruban, Finanzgerichtsordnung, 5. Aufl., § 143 Rz. 8, m.w.N.).

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