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Gericht: Bundesfinanzhof
Urteil verkündet am 26.01.1999
Aktenzeichen: IX R 17/95
Rechtsgebiete: EStG, AO 1977


Vorschriften:

EStG § 21 Abs. 1 Nr. 1
AO 1977 § 179 Abs. 2 Satz 2
AO 1977 § 180 Abs. 1 Nr. 2 Buchst. a
BUNDESFINANZHOF

Erzielen Miteigentümer eines Wohn- und Geschäftshauses aus der gemeinsamen Vermietung einer Wohnung gemeinschaftlich Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung, so sind diese unabhängig davon, ob und in welchem Umfang die Miteigentümer die übrigen Räumlichkeiten des Hauses jeweils selbst nutzen, den Miteigentümern grundsätzlich entsprechend ihren Miteigentumsanteilen zuzurechnen und gesondert und einheitlich festzustellen.

EStG § 21 Abs. 1 Nr. 1 AO 1977 § 179 Abs. 2 Satz 2, § 180 Abs. 1 Nr. 2 Buchst. a

Urteil vom 26. Januar 1999 - IX R 17/95 -

Vorinstanz: FG Münster (EFG 1996, 235)


Gründe

Im Jahre 1988 erwarben die Klägerin und Revisionsbeklagte zu 1. (Klägerin) zu einem Miteigentumsanteil von 2/3 und der Kläger und Revisionsbeklagte zu 2. (Kläger) zu einem Miteigentumsanteil von 1/3 ein bebautes Grundstück. Nach dem Umbau des Gebäudes in ein Wohn- und Geschäftshaus wurde dies wie folgt genutzt:

* Die im Erdgeschoß eingerichtete Tierarztpraxis vermietete die Grundstücksgemeinschaft ab 1. Mai 1989 an den Kläger.

* Die Wohnung im zweiten Obergeschoß vermietete die Grundstücksgemeinschaft ab 1. Februar 1989 fremd.

* Einen Raum im ersten Obergeschoß vermietete die Grundstücksgemeinschaft ab 1. Januar 1989 an die Klägerin, die als selbständige Ärztin tätig ist.

* Die übrigen Räume im ersten und zweiten Obergeschoß des Hauses nutzen die Kläger, die in eheähnlicher Lebensgemeinschaft leben, zu eigenen Wohnzwecken.

In ihren Erklärungen zur gesonderten und einheitlichen Feststellung ihrer Einkünfte aus dem Wohn- und Geschäftshaus berücksichtigten die Kläger für die Jahre 1988 und 1989 (Streitjahre) die Einkünfte aus der Vermietung der Tierarztpraxis, des von der Klägerin genutzten Raumes im ersten Obergeschoß und der fremdvermieteten Wohnung im zweiten Obergeschoß. Nachdem der Beklagte und Revisionskläger (das Finanzamt --FA--) zunächst unter teilweiser Abweichung von den Erklärungen für die Streitjahre Werbungskostenüberschüsse bei den Einkünften aus Vermietung und Verpachtung gesondert und einheitlich festgestellt hatte, hat er aufgrund von Einsprüchen der Kläger nach entsprechendem Hinweis in den Einspruchsentscheidungen die bisherigen gesonderten und einheitlichen Feststellungen aufgehoben und für die Streitjahre negative Feststellungsbescheide mit der Begründung erlassen, daß u.a. nach den in Abschn. 164 Abs. 3 der Einkommensteuer-Richtlinien (EStR) 1990 enthaltenen Grundsätzen davon auszugehen sei, daß lediglich die Klägerin Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung erziele.

Auf die Klage hat das Finanzgericht (FG) mit dem in Entscheidungen der Finanzgerichte (EFG) 1996, 235 veröffentlichten Urteil unter Aufhebung der Einspruchsentscheidung und unter Änderung der ursprünglichen Feststellungsbescheide entschieden, daß (lediglich) hinsichtlich der fremdvermieteten Wohnung im zweiten Obergeschoß von den Klägern gemeinschaftlich Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung erzielt würden; es hat die betreffenden Einkünfte festgestellt und entsprechend ihren Miteigentumsanteilen den Klägern zugerechnet. Hinsichtlich der von der Eigentümergemeinschaft an die Kläger selbst vermieteten Räume (Tierarztpraxis und Arbeitszimmer im ersten Obergeschoß) würden hingegen keine gemeinschaftlichen Einkünfte erzielt, so daß die Vermietungseinkünfte des jeweils nicht nutzenden Miteigentümers insoweit --ohne vorgeschaltetes Feststellungsverfahren-- bei dessen Einkommensteuerveranlagung zu berücksichtigen seien.

Mit der Revision macht das FA einen Verstoß gegen § 180 Abs. 1 Nr. 2 Buchst. a der Abgabenordnung (AO 1977) i.V.m. § 179 Abs. 2 Satz 2 AO 1977 und gegen § 21 Abs. 1 Nr. 1 des Einkommensteuergesetzes (EStG) geltend. Nach seiner Auffassung sind einem Miteigentümer trotz zivilrechtlicher Beteiligung an einem Mietverhältnis gegenüber einem Dritten Einkünfte aus der Vermietung dann nicht zuzurechnen, wenn er --wie im Streitfall der Kläger-- als Miteigentümer bereits einen seinem Miteigentumsanteil entsprechenden oder übersteigenden Anteil eines Gebäudes nutzt. Durch eine derartige Nutzung aufgrund eigenen Rechts werde sein Miteigentumsanteil an dem betreffenden Gebäude "verbraucht", so daß für die Erzielung von Einkünften aus der Vermietung weiterer Teile des Gebäudes kein Raum bleibe. Das FA verweist in diesem Zusammenhang auf die Beispielsfälle in den Hinweisen zu R 164 des amtlichen Einkommensteuer-Handbuchs --EStH-- 1994 (H 164) sowie in Tz. 62 des Schreibens des Bundesministeriums der Finanzen (BMF) vom 31. Dezember 1994 zur Steuerbegünstigung der zu eigenen Wohnzwecken genutzten Wohnung im eigenen Haus nach § 10e EStG (BStBl I 1994, 887, 897).

Das FA beantragt, unter Aufhebung der Vorentscheidung die Klage abzuweisen.

Die Kläger beantragen, die Revision zurückzuweisen.

Die Revision ist unbegründet. Das FG hat zutreffend die Voraussetzungen für eine gesonderte und einheitliche Feststellung der Einkünfte aus der Vermietung der Wohnung im zweiten Obergeschoß bejaht.

1. Nach § 180 Abs. 1 Nr. 2 Buchst. a AO 1977 sind steuerpflichtige Einkünfte gesondert und einheitlich festzustellen, wenn an den Einkünften mehrere Personen beteiligt und die Einkünfte diesen Personen zuzurechnen sind. Dies ist bei den Einkünften aus Vermietung und Verpachtung dann der Fall, wenn mehrere Personen gemeinschaftlich den Tatbestand der Vermietung und Verpachtung (§ 21 EStG) verwirklichen und dadurch Einkünfte erzielen (Senatsurteil vom 23. Juni 1992 IX R 182/97, BFHE 168, 285, BStBl II 1992, 972, m.w.N.), sei es in Gestalt einer Gesamthands-, sei es in Gestalt einer Bruchteilsgemeinschaft (Senatsurteil vom 7. Oktober 1986 IX R 167/83, BFHE 148, 501, BStBl II 1987, 322, m.w.N.). Den Tatbestand der Einkunftsart Vermietung und Verpachtung verwirklicht, wer die rechtliche oder tatsächliche Macht hat, eines der in § 21 Abs. 1 EStG genannten Wirtschaftsgüter anderen entgeltlich auf Zeit zur Nutzung zu überlassen; er muß Träger der Rechte und Pflichten aus einem Miet- oder Pachtvertrag sein (Senatsurteil vom 27. Januar 1993 IX R 269/87, BFHE 170, 383, BStBl II 1994, 615).

Nach diesen Grundsätzen ist das FG zu Recht davon ausgegangen, daß die Kläger als Miteigentümer gemeinsam Einkünfte aus der von ihnen gemeinsam fremdvermieteten Wohnung erzielen. Zutreffend hat das FG diese, gemäß § 180 Abs. 1 Nr. 2 Buchst. a, § 179 Abs. 2 AO 1977 gesondert und einheitlich festzustellenden Einkünfte den Klägern auch entsprechend ihren Miteigentumsanteilen zugerechnet (vgl. Senatsurteil in BFHE 148, 501, BStBl II 1987, 322).

Die hiergegen vom FA erhobenen Einwände greifen nicht durch: Das Urteil des VI. Senats des Bundesfinanzhofs vom 12. Februar 1988 VI R 141/85 (BFHE 152, 491, BStBl II 1988, 764) verhält sich nicht zu der hier maßgebenden Streitfrage einer Zurechnung von Einkünften bei der Vermietung einer Wohnung durch eine Bruchteilsgemeinschaft, sondern betrifft lediglich die Zuordnung der auf den hälftigen Miteigentumsanteil des Ehegatten entfallenden Absetzung für Abnutzung (AfA) bei den Einkünften aus nichtselbständiger Arbeit desjenigen Ehegatten, der ein Zimmer des gemeinsamen Einfamilienhauses als Arbeitszimmer nutzt. Ebenfalls nicht einschlägig sind die Regelungen in Tz. 62 des BMF-Schreibens in BStBl I 1994, 887, 897, da sie sich --im Zusammenhang mit der Inanspruchnahme der Steuerbegünstigung nach § 10e EStG-- lediglich mit der Frage der Berücksichtigung der von den Miteigentümern zu eigenen Wohnzwecken genutzten Anteilen eines Gebäudes befassen. Dasselbe gilt für die vom FA angeführten Beispiele in H 164. Auch diese betreffen nicht unmittelbar die Streitfrage, sondern befassen sich mit der hier nicht streitigen steuerrechtlichen Berücksichtigung von Vereinbarungen zwischen Miteigentümern über eine entgeltliche Überlassung von Räumen untereinander. Soweit sich jedoch aus Satz 3 der Erläuterungen zu Beispiel 1 in H 164 ergeben sollte, daß dem Kläger zu 2. aus der Vermietung der Wohnung im zweiten Obergeschoß keine Einkünfte zuzurechnen seien und deshalb keine gesonderte Feststellung gemäß § 180 Abs. 1 Nr. 2 Buchst. a AO 1977 vorzunehmen sei, könnte der Senat sich dieser Ansicht angesichts dessen, daß nach den oben dargestellten Grundsätzen (auch) der Kläger zu 2. im Rahmen der gemeinsamen Vermietung den Tatbestand des § 21 Abs. 1 Nr. 1 EStG erfüllt, nicht anschließen.

2. Die Frage, ob bei Vermietung von Miteigentum an einen der Miteigentümer eine gemeinsame Feststellung zu erfolgen hat, bedarf hier keiner Erörterung, da die insoweit durch die Vorentscheidung (allein) beschwerten Kläger keine Revision eingelegt haben.

Ende der Entscheidung

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