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Gericht: Bundesfinanzhof
Urteil verkündet am 14.10.2003
Aktenzeichen: IX R 18/01
Rechtsgebiete: EStG


Vorschriften:

EStG § 9 Abs. 1 Satz 1
EStG § 11 Abs. 2
EStG § 21 Abs. 2
EStG § 52 Abs. 21
Aufwendungen für Erhaltungsmaßnahmen, die der Steuerpflichtige an seiner selbstgenutzten Wohnung noch während der Geltung der sog. großen Übergangsregelung durchführt, sind grundsätzlich im Jahr der Zahlung als Werbungskosten abziehbar. Es kommt nicht darauf an, ob zu diesem Zeitpunkt die sog. große Übergangsregelung noch anwendbar ist (gegen Schreiben des BMF vom 10. November 1998 IV C 3 -S 2253- 2/98, BStBl I 1998, 1418).
Gründe:

Die Kläger und Revisionskläger (Kläger), zur Einkommensteuer zusammen veranlagte Eheleute, bewohnen eine Wohnung im eigenen Zweifamilienhaus. Die andere Wohnung ist vermietet. Im Jahre 1996 ließen die Kläger am Balkon der selbstgenutzten Wohnung Reparaturmaßnahmen durchführen. Die dadurch entstandenen Kosten in Höhe von 25 000 DM überwiesen sie im Januar des Streitjahres (1997). Die Kläger, die bis einschließlich 1996 die Einkünfte aus der selbstgenutzten Wohnung durch Einnahme-Überschussrechung ermittelt hatten, beantragten zum 1. Januar des Streitjahres den Wegfall der Nutzungswertbesteuerung.

Der Beklagte und Revisionsbeklagte (das Finanzamt --FA--) ließ die Reparaturkosten nach Durchführung einer Außenprüfung nicht mehr zum Abzug zu. Einspruch und Klage blieben ohne Erfolg. Das FA --und ebenso das Finanzgericht (FG) in seinem in Entscheidungen der Finanzgerichte (EFG) 2002, 328 veröffentlichten Urteil-- vertraten die Auffassung, wegen der Abwahl der Nutzungswertbesteuerung seien im Streitjahr bei der selbstgenutzten Wohnung keine Werbungskosten zu berücksichtigen.

Mit ihrer Revision rügen die Kläger die Verletzung materiellen Rechts.

Die Kläger beantragen, das Urteil des FG aufzuheben und unter Änderung des Einkommensteuerbescheids für 1997 vom 15. März 2000 die Einkommensteuer auf 95 278 DM festzusetzen.

Das FA beantragt, die Revision als unbegründet zurückzuweisen.

II.

Die Revision ist begründet. Gemäß § 126 Abs. 3 Nr. 1 der Finanzgerichtsordnung (FGO) ist die Vorentscheidung aufzuheben und in der Sache zu entscheiden. Das angefochtene Urteil verletzt § 9 Abs. 1 Satz 1 des Einkommensteuergesetzes (EStG). Das FG hat zu Unrecht die im Streitjahr getätigten Aufwendungen für im Jahre 1996 durchgeführte Renovierungsmaßnahmen nicht zum Abzug zugelassen.

1. Werbungskosten sind gemäß § 9 Abs. 1 Satz 1 EStG Aufwendungen zur Erwerbung, Sicherung und Erhaltung der Einnahmen. Werbungskosten bei den Einkünften aus Vermietung und Verpachtung bilden grundsätzlich alle Aufwendungen, bei denen objektiv ein wirtschaftlicher Zusammenhang mit der Vermietung und Verpachtung besteht und die subjektiv zur Förderung der Nutzungsüberlassung gemacht werden. Sind die Aufwendungen nicht (fast) ausschließlich durch die Einnahmeerzielung, sondern daneben auch durch die private Lebensführung veranlasst (§ 12 Nr. 1 EStG), können sie insgesamt nicht als Werbungskosten abgezogen werden; eine Aufteilung ist grundsätzlich nicht möglich. Werden jedoch Erhaltungsmaßnahmen während der Vermietungszeit durchgeführt, ist typisierend davon auszugehen, dass sie noch der Einkünfteerzielung dienen und die dadurch entstehenden Aufwendungen grundsätzlich als Werbungskosten zu berücksichtigen sind (z.B. Urteile des Bundesfinanzhofs --BFH-- vom 10. Oktober 2000 IX R 15/96, BFHE 193, 318, BStBl II 2001, 787, und vom 11. März 2003 IX R 16/99, BFH/NV 2003, 1043, m.w.N.). Es kommt nicht darauf an, ob die Zahlung noch während der Ausübung der steuerbaren Tätigkeit erfolgt (Urteil in BFHE 193, 318, BStBl II 2001, 787, zur Durchführung von Erhaltungsmaßnahmen während der Geltung der sog. großen Übergangsregelung an einem anschließend selbstgenutzten Gebäude; vgl. auch BFH-Urteil vom 13. Februar 2003 IV R 12/01, BFHE 201, 491, zur Altenteilerwohnung eines Landwirts; ebenso z.B. Paus, Deutsche Steuer-Zeitung 1987, 330, Fall 1; Bilsdorfer, Die Information über Steuer und Wirtschaft 1999, 136, 137; Siebenhüter in Herrmann/Heuer/Raupach, Einkommensteuer- und Körperschaftsteuergesetz, Kommentar, 21. Aufl., § 9 EStG Anm. 750 "Selbstgenutztes Wohnungseigentum"; a.A. Schreiben des Bundesministeriums der Finanzen vom 10. November 1998 IV C 3 -S 2253- 2/98, BStBl I 1998, 1418). Von den gleichen Grundsätzen ist der Senat bei der steuerrechtlichen Beurteilung solcher Aufwendungen ausgegangen, die zunächst als Werbungskosten bei den Einkünften aus Vermietung und Verpachtung abgezogen und nach Wegfall der Nutzungswertbesteuerung zurückgezahlt worden sind; diese sind entsprechend ihrer wirtschaftlichen Zugehörigkeit im Zuflusszeitpunkt als Einnahmen im Rahmen der Einkunftsart Vermietung und Verpachtung zu erfassen (BFH-Urteil vom 28. März 1995 IX R 41/93, BFHE 177, 414, BStBl II 1995, 704).

2. Das FG ist von einer anderen Rechtsauffassung ausgegangen. Die Vorentscheidung ist aufzuheben. Die Sache ist spruchreif. Nach den mit Revisionsrügen nicht angegriffenen und damit den Senat bindenden Feststellungen des FG (vgl. § 118 Abs. 2 FGO) haben die Kläger während der Geltung der sog. großen Übergangsregelung Erhaltungsmaßnahmen an der selbstgenutzten Wohnung im eigenen Zweifamilienhaus durchgeführt und die dadurch entstandenen Kosten (25 000 DM) im Streitjahr bezahlt. Dieser Betrag ist als Werbungskosten bei den Einkünften aus Vermietung und Verpachtung zu berücksichtigen.

Ende der Entscheidung

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