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Gericht: Bundesfinanzhof
Urteil verkündet am 19.03.2002
Aktenzeichen: IX R 19/00
Rechtsgebiete: EStG 1990, EStG 1997


Vorschriften:

EStG 1990 § 9a Satz 1 Nr. 2
EStG 1997 § 21 Abs. 2 Satz 1
Im Fall der Ermittlung des Nutzungswerts der Wohnung im eigenen Haus (§ 21 Abs. 2 Satz 1 i.V.m. § 52 Abs. 21 EStG) gehören zu der an der Marktmiete orientierten Rohmiete auch die ortsüblichen umlagefähigen Nebenentgelte. Wird daher lediglich die Nettokaltmiete angesetzt, so müssen --auch im Fall des Ansatzes des Werbungskosten-Pauschbetrags gemäß § 9a Satz 1 Nr. 2 EStG-- auf der Einnahmenseite die umlagefähigen Nebenentgelte in durchschnittlicher Höhe hinzugerechnet werden.
Gründe:

I.

Die Kläger und Revisionskläger (Kläger) --zur Einkommensteuer zusammenveranlagte Eheleute-- sind Eigentümer eines mit einem Zweifamilienhaus bebauten Grundstücks. Die Erdgeschoss-Wohnung bewohnen sie selbst, die Wohnung im Dachgeschoss haben sie vermietet. Für ihre selbstgenutzte Wohnung nahmen sie die Übergangsregelung nach § 52 Abs. 21 Satz 2 des Einkommensteuergesetzes (EStG) in Anspruch.

Für das Streitjahr 1996 erklärten die Kläger für die Dachgeschoss-Wohnung Mieteinnahmen sowie Einnahmen aus einer Umlage für Wasser und für die selbstgenutzte Wohnung einen (Netto-) Mietwert. Als Werbungskosten machten sie gemäß § 9a Satz 1 Nr. 2 EStG in der für das Streitjahr geltenden Fassung für beide Wohnungen insgesamt 9 156 DM geltend. Der Beklagte und Revisionsbeklagte (das Finanzamt --FA--) schätzte auf der Einnahmenseite für die selbstgenutzte Wohnung umlagefähige Kosten in Höhe von 2 682 DM hinzu.

Einspruch und Klage blieben erfolglos. In seinem in Entscheidungen der Finanzgerichte (EFG) 2000, 427 veröffentlichten Urteil vertrat das Finanzgericht (FG) die Auffassung, dass im Rahmen der Ermittlung des Nutzungswerts der Wohnung im eigenen Haus bei Ansatz des Werbungskosten-Pauschbetrags nach § 9a Satz 1 Nr. 2 EStG auf der Ausgabenseite der auf der Einnahmenseite angesetzte Netto-Mietwert um die entsprechenden ortsüblichen umlagefähigen Nebenentgelte (Umlagen) zu erhöhen sei.

Mit der Revision rügen die Kläger die Verletzung materiellen Rechts (§ 9a Satz 1 Nr. 2 EStG).

Die Kläger beantragen,

die Vorentscheidung aufzuheben und unter Änderung des Einkommensteuerbescheids 1996 vom 29. Dezember 1997 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 8. September 1998 die Einkommensteuer 1996 auf 16 150 DM festzusetzen.

Das FA beantragt,

die Revision zurückzuweisen.

II.

Die Revision ist unbegründet und daher zurückzuweisen (§ 126 Abs. 2 der Finanzgerichtsordnung --FGO--). Das FG hat zu Recht entschieden, dass bei der Ermittlung der Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung dem von den Klägern angesetzten Mietwert die vom FA geschätzten Umlagen hinzuzurechnen sind.

1. Gemäß § 21 Abs. 2 Satz 1 1. Alternative EStG in der nach § 52 Abs. 21 Satz 2 EStG auf den Streitfall anzuwendenden Fassung gehört zu den Einkünften aus Vermietung und Verpachtung auch der Nutzungswert der Wohnung im eigenen Haus. Den unbestimmten Rechtsbegriff "Nutzungswert" hat der Senat in ständiger Rechtsprechung (z.B. Urteil vom 22. Oktober 1993 IX R 35/92, BFHE 174, 51, BStBl II 1995, 98, m.w.N.) dahin ausgelegt, dass der zu schätzenden Rohmiete die nachgewiesenen Werbungskosten gegenüberzustellen sind.

a) Die anzusetzende Rohmiete ist in entsprechender Anwendung des § 8 Abs. 2 EStG (ständige Rechtsprechung, z.B. Urteil des Bundesfinanzhofs --BFH-- vom 11. Oktober 1977 VIII R 20/75, BFHE 123, 347, BStBl II 1977, 860, m.w.N.) grundsätzlich anhand der am Wohnungsmarkt für vergleichbare Objekte erzielbaren Miete, der sog. Marktmiete, zu schätzen. Da von dem Rohmietwert die nachgewiesenen Werbungskosten abzusetzen sind, ist dieser als Bruttomietwert zu ermitteln (BFH-Urteil vom 3. Mai 1963 VI 140/61 U, BFHE 77, 127, BStBl III 1963, 364). Das bedeutet, dass in den Fällen, in denen auf der Einnahmenseite lediglich eine Netto-(Kalt-)Miete angesetzt wurde, dieser umlagefähige Nebenentgelte in durchschnittlicher Höhe hinzugerechnet werden müssen (BFH-Urteile vom 30. Januar 1996 IX R 80/90, BFHE 180, 69, BStBl II 1997, 23, und IX R 18/91, BFHE 180, 65, BStBl II 1997, 25; vgl. auch BFH-Urteil vom 10. Mai 1994 IX R 75/90, BFH/NV 1995, 213). Dafür spricht auch --entgegen der Ansicht der Revision-- die Systematik des Gesetzes, wonach die gemäß § 2 Abs. 2 Nr. 2 EStG für alle Überschuss-Einkunftsarten gleichermaßen vorzunehmende Einkünfteermittlung es erfordert, auf der Einnahmen- wie der Ausgabenseite alle im Zusammenhang mit der jeweiligen Einkunftsart stehenden Vorgänge betragsmäßig zu erfassen.

b) Nichts anderes gilt, wenn statt nachgewiesener Werbungskosten der Werbungskosten-Pauschbetrag gemäß § 9a Satz 1 Nr. 2 EStG geltend gemacht wird. Die mit dieser Vorschrift beabsichtigte Vereinfachung des Besteuerungsverfahrens wirkt sich nur auf der Ausgabenseite aus. Der Umstand, dass die mit der Erzielung von Einkünften aus Vermietung und Verpachtung im Zusammenhang stehenden Aufwendungen mit dem Pauschbetrag in einer gesetzlich typisierenden Höhe festgesetzt worden sind, hindert nicht die Erfassung von Nebenentgelten auf der Einnahmenseite. Dies hat der Senat bereits in seinen Urteilen vom 14. Dezember 1999 IX R 69/98 (BFHE 190, 442, BStBl II 2000, 197) und IX R 23/99 (BFH/NV 2000, 831) für den Fall der (Fremd-)Vermietung entschieden. Die Grundsätze dieser Entscheidungen, auf die zur Vermeidung von Wiederholungen verwiesen wird, gelten in gleicher Weise für die Besteuerung des Nutzungswerts der Wohnung im eigenen Haus, die darauf gerichtet ist, den selbstnutzenden Eigentümer steuerrechtlich so zu behandeln, wie wenn er die Wohnung an sich selbst vermietet hätte (ständige Rechtsprechung, s. BFH-Urteile in BFHE 180, 69, BStBl II 1997, 23, und in BFHE 180, 65, BStBl II 1997, 25, m.w.N.).

2. Hiernach hat das FG im Streitfall, in dem die Beteiligten übereinstimmend davon ausgehen, dass die Kläger als Einnahmen lediglich die Netto-(Kalt-)Miete angesetzt haben, die vom FA vorgenommene Hinzurechnung von --der Höhe nach unstreitiger-- umlagefähiger Nebenentgelte zutreffend als rechtmäßig beurteilt.



Ende der Entscheidung

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