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Gericht: Bundesfinanzhof
Urteil verkündet am 14.12.2004
Aktenzeichen: IX R 24/02
Rechtsgebiete: EStG, EStDV, FGO, HGB


Vorschriften:

EStG § 7 Abs. 4
EStDV § 11d
EStDV § 11d Abs. 1
FGO § 126 Abs. 2
HGB § 255 Abs. 1
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Gründe:

I. Der Kläger und Revisionsbeklagte (Kläger) war zusammen mit seinem Bruder Miterbe zu je 1/2 nach seiner im Jahre 1967 verstorbenen Mutter. Zum gemeinschaftlichen Vermögen der Erbengemeinschaft gehörten fünf Mietwohngrundstücke. Ein weiteres Mietwohngrundstück hatte der Kläger im Jahre 1964 zusammen mit seiner Mutter und seinem Bruder erworben; nach dem Tod der Mutter erbten der Kläger und sein Bruder den Miteigentumsanteil der Mutter an diesem Grundstück und wurden als Miteigentümer zu je 1/2 im Grundbuch eingetragen.

Um sich auseinander zu setzen, schlossen der Kläger und sein Bruder im Jahre 1991 einen notariellen Erbauseinandersetzungsvertrag, aufgrund dessen die Eigentumsanteile des Bruders an den Grundstücken auf den Kläger übergingen. Der Kläger übernahm die Verbindlichkeiten und zahlte an den Bruder 800 000 DM als Wertausgleich.

Bei den Verbindlichkeiten ging es vor allem um folgende Beträge: Auf dem im Jahre 1964 gemeinschaftlich erworbenen Grundstück lastete eine Restschuld von 304 986 DM, von der jeweils 101 662 DM dem Kläger, seinem Bruder und dem Nachlass zuzurechnen waren. Überdies nahm die Erbengemeinschaft zur Finanzierung von Verwaltungskosten mehrere Darlehen auf, die bei Schuldübernahme durch den Kläger noch in Höhe von 248 902 DM valutierten.

Zur Berechnung der Absetzung für Abnutzung (AfA) gab der Kläger in der Einkommensteuererklärung für 1991 Anschaffungskosten für die Grundstücksanteile in Höhe von 1 380 961 DM an, die sich neben dem Wertausgleich und Gerichts- und Notarkosten aus übernommenen Verbindlichkeiten zusammensetzten. Der Beklagte und Revisionskläger (das Finanzamt --FA--) bezog die vom Kläger übernommenen Verbindlichkeiten nicht in die Anschaffungskosten mit ein und setzte die Einkommensteuer für das Streitjahr (1993) abweichend fest.

Mit seiner Klage begehrte der Kläger, neben dem Wertausgleich und den Erwerbsnebenkosten auch die von ihm übernommenen Schulden in Höhe von 276 944 DM (bestehend aus 1/2 von 248 902 DM, aus den 101 662 DM, die im Zusammenhang mit dem gemeinschaftlich erworbenen Grundstück auf den Bruder entfielen sowie aus 1/2 von den in den Nachlass gefallenen 101 662 DM = 50 831 DM) in die Anschaffungskosten einzubeziehen und sie nach dem Sachwertverfahren auf die Gebäude und den Grund und Boden zu verteilen.

Das Finanzgericht (FG) berücksichtigte als zusätzliche Anschaffungskosten vom Kläger übernommene Verbindlichkeiten in Höhe von 226 113 DM.

Hiergegen richtet sich die Revision des FA, die es auf Verletzung des § 7 Abs. 4 des Einkommensteuergesetzes (EStG) i.V.m. § 11d der Einkommensteuer-Durchführungsverordnung (EStDV) stützt.

Das FA beantragt, das angefochtene Urteil aufzuheben und bei der Neuberechnung der Einkommensteuer für das Streitjahr Anschaffungskosten von 903 841 DM zugrunde zu legen.

Der Kläger beantragt, die Revision zurückzuweisen.

II. Die Revision ist unbegründet und nach § 126 Abs. 2 der Finanzgerichtsordnung (FGO) zurückzuweisen.

Zutreffend hat das FG einen Betrag von 124 451 DM (die Hälfte von 248 902 DM) als Anschaffungskosten des Klägers berücksichtigt und --soweit er auf die Gebäude entfällt-- in die Bemessungsgrundlage für die AfA nach § 7 Abs. 4 EStG einbezogen.

1. Nach dieser Vorschrift bemisst sich die AfA nach den Anschaffungskosten. Welche Aufwendungen zu den Anschaffungskosten zählen, bestimmt sich auch für die Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung nach § 255 Abs. 1 des Handelsgesetzbuchs --HGB-- (vgl. Urteil des Bundesfinanzhofs --BFH-- vom 12. September 2001 IX R 52/00, BFHE 198, 85, BStBl II 2003, 574). Anschaffungskosten gemäß § 255 Abs. 1 HGB sind u.a. die Aufwendungen, die geleistet werden, um einen Vermögensgegenstand zu erwerben. Dazu zählen auch die in einer Erbauseinandersetzung übernommenen Schulden der Erbengemeinschaft, soweit der übernehmende Miterbe damit die seinen Anteil am Nachlass übersteigende Beteiligung am Gemeinschaftsvermögen abgilt. Der Senat verweist zur weiteren Begründung auf sein zur amtlichen Veröffentlichung vorgesehenes Urteil vom heutigen Tag zwischen den gleichen Beteiligten in der Sache IX R 23/02.

2. Nach diesen Maßstäben zählen die vom Kläger übernommenen Verbindlichkeiten zu den Anschaffungskosten, soweit sie seine Erbquote übersteigen. Da der Kläger und sein Bruder je zur Hälfte an der Erbengemeinschaft und damit am Nachlass beteiligt waren, bilden die vom Kläger übernommenen Verbindlichkeiten der Erbengemeinschaft zur Hälfte Anschaffungskosten für die aufgrund der Erbauseinandersetzung erworbenen Anteile seines Bruders an den Grundstücken. Das bedeutet: Von den Darlehensschulden der Erbengemeinschaft in Höhe von 248 902 DM, die der Kläger übernommen hat, bildet die Hälfte, also 124 451 DM, Anschaffungskosten des Klägers. Im Übrigen hat er die Grundstücke unentgeltlich erworben, so dass sich die AfA gemäß § 11d Abs. 1 EStDV nach den Anschaffungskosten seiner Mutter bemisst.

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