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Gericht: Bundesfinanzhof
Urteil verkündet am 26.10.2004
Aktenzeichen: IX R 26/02
Rechtsgebiete: EStG
Vorschriften:
EStG § 9 Abs. 1 | |
EStG § 21 Abs. 1 Nr. 1 |
Gründe:
I. Die Klägerin und Revisionsklägerin (Klägerin) ist eine aus zwei Miteigentümern zu je 50 v.H. gebildete Grundstücksgemeinschaft, der u.a. eine Eigentumswohnung in X auf der Insel Y gehört; diese vermietet die Grundstücksgemeinschaft in Eigenregie --insbesondere durch die Aufgabe von Zeitungsanzeigen-- an wechselnde Feriengäste.
Die Ferienwohnung war in den Streitjahren (1992 bis 1995) an 78 Tagen (1992), 126 Tagen (1993), 115 Tagen (1994) und 132 Tagen (1995) vermietet sowie 1996 an 166 Tagen und 1997 an 150 Tagen.
Für das Streitjahr 1992 erklärte die Klägerin eine Eigennutzung von 14 Tagen (13. bis 19. April, 22. bis 25. Mai). Diese habe jedoch nicht der Erholung gedient, sondern der Übernahme der Wohnung vom Bauträger und den ausführenden Firmen sowie zur Einrichtung und Ausstattung der Wohnung.
Die Klägerin ermittelte die Einkünfte aus der Vermietung der Ferienwohnungen durch Gegenüberstellung der Einnahmen und der gesamten auf die Wohnung entfallenden Aufwendungen.
Der Beklagte und Revisionsbeklagte (das Finanzamt --FA--) rechnete die Leerstandszeiten der Ferienwohnung der Selbstnutzung zu und kürzte entsprechend die geltend gemachten Werbungskosten.
Die hiergegen gerichtete Klage wies das Finanzgericht (FG) ab. Das Urteil der Vorinstanz ist in Entscheidungen der Finanzgerichte (EFG) 2003, 43 veröffentlicht.
Mit ihrer Revision rügt die Klägerin die Verletzung materiellen Rechts (§ 9 Abs. 1 und § 21 Abs. 1 Nr. 1 des Einkommensteuergesetzes in der in den Streitjahren gültigen Fassung --EStG--).
Die Klägerin beantragt sinngemäß, unter Aufhebung des angefochtenen Urteils und Abänderung der Bescheide über die einheitliche und gesonderte Feststellung der Einkünfte der Klägerin aus Vermietung und Verpachtung folgende Werbungskostenüberschüsse zu berücksichtigen: 118 675 DM (1992), 102 043 DM (1993), 94 043 DM (1994) sowie 87 548 DM (1995) und diese ihren Gesellschaftern jeweils zur Hälfte zuzurechnen.
Das FA beantragt, die Sache zur anderweitigen Verhandlung und Entscheidung an das FG zurückzuverweisen.
Das FG habe --nach seiner Rechtsauffassung zutreffend-- keine Feststellungen zur Frage der Selbstnutzung der Ferienwohnung durch die Gesellschafter der Klägerin getroffen.
II. Die Revision ist begründet. Sie führt zur Aufhebung der Vorentscheidung und zur Zurückverweisung der Sache an das FG zur anderweitigen Verhandlung und Entscheidung (§ 126 Abs. 3 Nr. 2 der Finanzgerichtsordnung --FGO--). Das FG hat zu Unrecht allein wegen der Möglichkeit der Selbstnutzung die Leerstandszeiten der Selbstnutzung zugerechnet. Im Übrigen reichen die bisherigen Feststellungen des FG nicht aus, um in der Revisionsinstanz abschließend über die zutreffende Zurechnung der auf die Leerstandszeiten entfallenden Aufwendungen und damit die Aufteilung der Werbungskosten sowie darüber zu entscheiden, ob die Klägerin die Ferienwohnung mit Einkünfteerzielungsabsicht vermietet hat.
1. Nach dem Regelungszweck des § 21 Abs. 1 Nr. 1 EStG ist bei einer auf Dauer angelegten Vermietungstätigkeit grundsätzlich davon auszugehen, dass die Steuerpflichtigen beabsichtigen, letztlich einen Einnahmeüberschuss zu erwirtschaften, selbst wenn sich über längere Zeiträume Werbungskostenüberschüsse ergeben (Urteil des Bundesfinanzhofs --BFH-- vom 30. September 1997 IX R 80/94, BFHE 184, 406, BStBl II 1998, 771, auf das der Senat wegen der Einzelheiten der Begründung verweist). Etwas anderes gilt nur, wenn nach der tatsächlichen Gestaltung des Sachverhaltes kein üblicher Fall der Dauervermietung vorliegt, z.B. weil sich die Steuerpflichtigen nicht zu einer langfristigen Vermietung entschlossen haben (Urteil in BFHE 184, 406, BStBl II 1998, 771, m.w.N.) oder die Vermietungstätigkeit nach den bei Beginn ersichtlichen Umständen von vornherein befristet ist (z.B. BFH-Urteil vom 9. Juli 2002 IX R 57/00, BFHE 199, 422, BStBl II 2003, 695).
2. Die Grundsätze des Urteils in BFHE 184, 406, BStBl II 1998, 771 sind auch beim Vermieten von Ferienwohnungen anzuwenden, wenn diese von den Steuerpflichtigen --in Eigenregie oder durch Beauftragung eines Dritten-- ausschließlich an wechselnde Feriengäste vermietet und in der übrigen Zeit hierfür bereitgehalten werden (ständige Rechtsprechung seit BFH-Urteil vom 6. November 2001 IX R 97/00, BFHE 197, 151, BStBl II 2002, 726).
3. Der Senat hat es allerdings bisher (s. zuletzt Urteil vom 5. November 2002 IX R 18/02, BFHE 200, 556, BStBl II 2003, 914, m.w.N.) bei einer ohne Selbstnutzung vermieteten Ferienwohnung als unerheblich angesehen, ob diese nur an wenigen Tagen im Kalenderjahr vermietet war. Hieran hält er aus folgenden Erwägungen nicht mehr fest:
a) Das Vermieten einer Ferienwohnung ist einer auf Dauer angelegten Vermietung nur dann vergleichbar, wenn die Ferienwohnung im ganzen Jahr --bis auf die üblicherweise vorkommenden Leerstandszeiten-- an wechselnde Feriengäste vermietet wird. Nur so zeigt sich auch in nachprüfbarer Weise, dass die Steuerpflichtigen die Ferienwohnung in geeigneter Form am Markt angeboten und alle in Betracht kommenden Interessenten berücksichtigt haben. Je mehr das Vermieten der Ferienwohnung die ortsüblichen Vermietungszeiten unterschreitet, umso mehr gewinnt deshalb die Frage nach den Gründen des Leerstandes an Bedeutung (in Betracht kommen z.B. einerseits Unbenutzbarkeit der Wohnung wegen Instandsetzungsarbeiten oder andere Vermietungshindernisse; andererseits aber auch Leerstand wegen unzureichender Vermietungsbemühungen, z.B. als Ausdruck der Absicht, die Ferienwohnung letztlich nur als Vermögensanlage und/oder für eine zukünftige Selbstnutzung vorzuhalten).
b) Die dem FG als Tatsacheninstanz obliegende Feststellung und Würdigung, ob ein ausschließliches Vermieten der Ferienwohnung angenommen werden kann, bereitet offensichtlich trotz der den Steuerpflichtigen auferlegten Feststellungslast (s. Urteil in BFHE 197, 151, BStBl II 2002, 726, unter II. 1. b der Gründe) in der Praxis erhebliche Schwierigkeiten. Deshalb entwickelt der Senat seine Rechtsprechung dahin fort, dass beim Vermieten von Ferienwohnungen --in Eigenregie oder durch Beauftragung eines Dritten-- die Einkünfteerzielungsabsicht der Steuerpflichtigen immer dann anhand einer Prognose nach den Grundsätzen des Urteils in BFHE 197, 151, BStBl II 2002, 726 zu überprüfen ist, wenn das Vermieten die ortsübliche Vermietungszeit von Ferienwohnungen --ohne dass Vermietungshindernisse gegeben sind-- erheblich unterschreitet; aus Vereinfachungsgründen und um den bei einer solchen Prüfung gegebenen Unsicherheiten Rechnung zu tragen, ist die zur Prognose führende Unterschreitensgrenze bei mindestens 25 v.H. anzusetzen (Ergänzung zum Schreiben des Bundesministeriums der Finanzen vom 8. Oktober 2004 IV C 3 -S 2253- 91/04, BStBl I 2004, 933, Tz. 16 f.).
4. Nach diesen Maßstäben kann die Entscheidung der Vorinstanz keinen Bestand haben; sie ist aufzuheben. Die Sache ist nicht spruchreif.
a) Das FG hat, ausgehend von seiner Rechtsauffassung zutreffend, keine Feststellungen dazu getroffen, ob die Gesellschafter der Klägerin die Ferienwohnung auch (zu privaten Zwecken) selbst genutzt oder ausschließlich an wechselnde Feriengäste vermietet und in der übrigen Zeit hierfür bereitgehalten haben; diese Feststellungen muss es nachholen. Der vom FG festgestellten Heranziehung zur (und der später erlangten Befreiung von der) Zweitwohnungssteuer kommt in diesem Zusammenhang lediglich die Bedeutung eines Indizes zu, das im Rahmen der vom FG vorzunehmenden Gesamtwürdigung zusammen mit anderen Umständen für (oder gegen) eine Selbstnutzung sprechen kann (z.B. BFH-Urteil vom 6. November 2001 IX R 85/00, BFH/NV 2002, 767).
b) Kommt das FG zu dem Ergebnis, dass die Gesellschafter der Klägerin die Ferienwohnung teilweise selbst genutzt haben, muss es die auf die Selbstnutzung und auf die Vermietung entfallenden Kosten aufteilen und durch eine nach den Grundsätzen des Urteils in BFHE 197, 151, BStBl II 2002, 726 vorzunehmende Prognose feststellen, ob durch die Vermietungstätigkeit ein Totalüberschuss erzielt werden kann.
c) Hat dagegen die Klägerin die Ferienwohnung nach den Feststellungen des FG ohne Selbstnutzung vermietet, muss es ermitteln, ob die Vermietung die ortsübliche Vermietungszeit von Ferienwohnungen (ohne dass Vermietungshindernisse gegeben sind) um mindestens 25 v.H. unterschritten hat und je nach Ergebnis entweder die Einkünfteerzielungsabsicht der Klägerin ohne weitere Prüfung bejahen oder sie nach den Grundsätzen des zuvor genannten Urteils in BFHE 197, 151, BStBl II 2002, 726 unter Berücksichtigung der gesamten Einnahmen und Ausgaben aus der Vermietung der Ferienwohnung überprüfen.
Ende der Entscheidung
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