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Gericht: Bundesfinanzhof
Urteil verkündet am 27.10.2005
Aktenzeichen: IX R 3/05
Rechtsgebiete: EStG, FGO


Vorschriften:

EStG § 2 Abs. 1 Satz 1 Nr. 6
EStG § 10f
EStG § 21 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1
EStG § 21 Abs. 2
FGO § 126 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Gründe:

I. Die Beteiligten streiten um die steuerliche Berücksichtigung von Einkünften aus Vermietung und Verpachtung eines historischen Gutshauses in ...

Der Kläger und Revisionskläger (Kläger), der zusammen mit seiner Ehefrau (der Klägerin) zur Einkommensteuer veranlagt wird, erwarb im Jahr 1991 ein als Baudenkmal eingestuftes Gutshaus aus dem achtzehnten Jahrhundert und im Jahr 1994 den dazugehörenden Park. Park und Gutshaus bilden denkmalschutzrechtlich eine Einheit. Der Kläger renovierte das Anwesen nach Maßgabe des Denkmalschutzes umfassend. Er vermietete das Haus in den Streitjahren (1995 bis 1997) an Erstmieter sowie an Feriengäste und nutzte es zum Teil selbst. In den Jahren 1991 bis 1997 erklärte er ausschließlich negative Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung.

Im Anschluss an eine Außenprüfung verneinte der Beklagte und Revisionsbeklagte (das Finanzamt --FA--) die Einkünfteerzielungsabsicht und verminderte den Ansatz der vom Kläger begehrten Steuerbegünstigung für zu eigenen Wohnzwecken genutzte Baudenkmale gemäß § 10f des Einkommensteuergesetzes in der Fassung der Streitjahre (EStG). Der Umfang der Selbstnutzung habe sich von 14,08 v.H. (1995) auf 5,02 v.H. ab dem Jahr 1997 gemindert.

Das Finanzgericht (FG) wies die hiergegen gerichtete Klage als unbegründet zurück. Die Einkünfteerzielungsabsicht des Klägers sei nicht feststellbar. Die Notwendigkeit einer Prognose ergebe sich aus den besonderen Umständen einer unter Denkmalschutz stehenden Anlage und der nicht möglichen Aufteilung in abgeschlossene Wohneinheiten. Der Kläger habe aber seiner Feststellungslast nicht genügt und das FG könne eine eigene Prognoseermittlung nicht anstellen. Ab dem 20. Mai 1996 habe der Kläger überdies einen Maklerauftrag zum Verkauf erteilt. Ab diesem Zeitpunkt sei --unbeschadet einer Prognose-- auf jeden Fall nicht mehr von einer Einkünfteerzielungsabsicht auszugehen; denn wer verkaufen wolle, habe nicht mehr die Absicht zu vermieten.

Hiergegen richtet sich die Revision, die die Kläger auf Verletzung materiellen Rechts (§ 21 Abs. 1, § 10f EStG) stützen.

Sie beantragen, das angefochtene Urteil aufzuheben und der Klage stattzugeben.

Der Beklagte beantragt, die Revision zurückzuweisen.

II. Die Revision ist begründet. Das angefochtene Urteil ist gemäß § 126 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 der Finanzgerichtsordnung (FGO) aufzuheben und die Sache zur anderweitigen Verhandlung und Entscheidung zurückzuverweisen.

1. Das FG hat § 21 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 EStG unzutreffend angewandt, indem es aus den Umständen einer unter Denkmalschutz stehenden Anlage sowie der nicht möglichen Aufteilung in abgeschlossene Wohneinheiten gefolgert hat, die Einkünfteerzielungsabsicht sei durch eine Prognose zu prüfen.

a) Nur die Einkünfte aus der Vermietung des Gutshauses, die der Kläger nach § 2 Abs. 1 Satz 1 Nr. 6 i.V.m. § 21 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 EStG erzielt, unterliegen der Einkommensteuer. Der Vermieter muss sie durch eine zielgerichtete Vermögensnutzung erwirtschaften, um auf Dauer einen Totalüberschuss der Einnahmen über die Werbungskosten zu erreichen. Nach dem Regelungszweck des § 21 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 EStG ist bei einer auf Dauer angelegten Vermietungstätigkeit grundsätzlich und typisierend davon auszugehen, dass der Steuerpflichtige beabsichtigt, letztlich einen Einnahmeüberschuss zu erwirtschaften, auch wenn sich über längere Zeiträume Werbungskostenüberschüsse ergeben (ständige Rechtsprechung, vgl. Urteil des Bundesfinanzhofs --BFH-- vom 30. September 1997 IX R 80/94, BFHE 184, 406, BStBl II 1998, 771; gleicher Ansicht das Bundesministerium der Finanzen --BMF--, Schreiben vom 8. Oktober 2004, BStBl I 2004, 933). Ausnahmen von diesem Grundsatz gelten nur, wenn besondere Umstände gegen das Vorliegen der Einkünfteerzielungsabsicht sprechen (vgl. dazu BFH-Urteile in BFHE 184, 406, BStBl II 1998, 771, unter 2. d; vom 6. November 2001 IX R 97/00, BFHE 197, 151, BStBl II 2002, 726 --Ferienwohnung--; vom 5. November 2002 IX R 48/01, BFHE 201, 46, BStBl II 2003, 646 --verbilligte Vermietung--; vom 9. Juli 2002 IX R 57/00, BFHE 199, 422, BStBl II 2003, 695; vom 9. Juli 2002 IX R 47/99, BFHE 199, 417, BStBl II 2003, 580 --befristete Vermietungstätigkeit--; vom 6. Oktober 2004 IX R 30/03, BFHE 208, 142, BStBl II 2005, 386 --aufwendig gestaltetes Wohngebäude--).

b) Um nicht mit den Wertungen des Gesetzes in Konflikt zu geraten, das den Erwerb, aber auch die Nutzung eines Baudenkmals durch verschiedene steuerrechtliche Maßnahmen --die auch im Streitfall in Betracht kommen (z.B. §§ 7i, 10f EStG)-- fördert (vgl. BFH-Urteile vom 19. April 2005 IX R 10/04, BFHE 210, 20, BStBl II 2005, 692 --alte Mühle--, und vom 27. Mai 2004 IV R 30/02, BFHE 206, 539, BStBl II 2004, 945), spricht die historische Bausubstanz des vom Kläger vermieteten Gebäudes ebenso wenig gegen die typisierende Annahme der Einkünfteerzielungsabsicht wie die denkmalschutzbedingte Unabgeschlossenheit der Wohnungen. Darüber hinaus ist Objekt einer Vermietung i.S. des § 21 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 EStG nicht zwingend eine Wohnung; es kann auch ein bestimmter Teil eines Grundstücks (z.B. einzelne Zimmer oder Räumlichkeiten) sein. Selbst dann, wenn das Gesetz --wie in § 21 Abs. 2 EStG-- die Nutzungsüberlassung einer Wohnung zum Gegenstand hat, ist deren Abgeschlossenheit nicht erforderlich (BFH-Urteil vom 3. Februar 1998 IX R 51/96, BFH/NV 1998, 848; Mellinghoff in Kirchhof, Einkommensteuergesetz, KompaktKommentar, 5. Aufl., § 21 Rn. 152).

c) Das FG hat überdies die Einkünfteerzielungsabsicht des Klägers unzutreffend vom Mai des Streitjahres 1996 ab generell verneint. Seine Begründung, wer verkaufen wolle, habe nicht mehr die Absicht zu vermieten, widerspricht der Rechtsprechung des BFH. Danach kann regelmäßig nicht von einer endgültigen Aufgabe der Einkünfteerzielungsabsicht ausgegangen werden, solange sich der Steuerpflichtige ernsthaft und nachhaltig um eine Vermietung der leer stehenden Wohnung bemüht, selbst wenn er die Wohnung zugleich zum Verkauf anbietet (BFH-Urteil vom 9. Juli 2003 IX R 102/00, BFHE 203, 86, BStBl II 2003, 940).

2. Weil das FG-Urteil den zu 1. dargestellten Maßstäben nicht entspricht, ist es aufzuheben.

a) Die Sache ist nicht spruchreif. Der Senat kann schon deshalb nicht in der Sache selbst entscheiden, weil das FG nicht festgestellt hat, wie der Kläger das Gutshaus in den Streitjahren nutzte oder zu nutzen beabsichtigte. Von der Art und Weise der Nutzung vor allem hängt aber die Prüfung der Einkünfteerzielungsabsicht und die Notwendigkeit einer Prognose ab.

aa) Nach Aktenlage und nach dem Vortrag des Klägers waren und sind Teile des Gebäudes vermietet oder sollten vermietet werden. Hier wird das FG prüfen müssen, ob und inwieweit --auch räumlich verstanden-- diese Vermietungstätigkeit auf Dauer mit der Folge der typisierten Annahme der Einkünfteerzielungsabsicht angelegt ist, wofür z.B. ein in den Akten befindlicher unbefristeter Mietvertrag über im Erdgeschoss liegende Räumlichkeiten aus dem Jahre 1994 sprechen kann. Ferner wird zu klären sein, welche Räumlichkeiten als Ferienwohnung(en) oder in vergleichbarer Weise (z.B. für Festlichkeiten) genutzt wurden oder werden sollten. Dabei sind die Grundsätze des Senats in den Urteilen in BFHE 197, 151, BStBl II 2002, 726 und vom 26. Oktober 2004 IX R 57/02 (BFHE 208, 151, BStBl II 2005, 388) zu beachten.

In Bezug auf die Aufgabe der Einkünfteerzielungsabsicht wird das FG zu klären haben, in welcher Weise sich der Kläger um eine Vermietung auch ab Mai des Streitjahres 1996 weiterhin ernsthaft und nachhaltig bemüht hat, selbst wenn er das Gutshaus daneben --z.B. wegen der Schwierigkeit der Vermietung-- auch zum Erwerb anbietet (vgl. dazu BFH-Urteile in BFHE 203, 86, BStBl II 2003, 940, und vom 14. Oktober 2003 IX R 11/03, BFH/NV 2004, 1384).

bb) Soweit die Revision geltend macht, das FG habe die Aufwendungen zum Erhalt des Parks unzutreffend nicht steuermindernd berücksichtigt, fehlen jegliche Feststellungen des FG, die den Senat in die Lage versetzen, über diese Frage zu entscheiden. Das FG wird bei einer neuen Überprüfung des Falles zu beachten haben, dass eine derartige gartenähnliche Anlage ein selbständiges, unabhängig vom Gebäude zu betrachtendes Wirtschaftsgut darstellt (BFH-Urteile vom 13. Oktober 1998 IX R 61/95, BFHE 187, 431, BStBl II 1999, 282, unter 2., m.w.N.). Aufwendungen im Zusammenhang mit dem Park sind nur dann abziehbar, wenn dieser --wie das Gebäude-- zur Erzielung von Einkünften eingesetzt wird (vgl. dazu Grube, Deutsche Steuerzeitung 1991, 97, 102), was im Streitfall indes wegen der vom Kläger behaupteten öffentlichen Zugänglichkeit des Parks aus denkmalschutzrechtlichen Gründen zweifelhaft ist.

b) Gelangt das FG zu dem Ergebnis, der Kläger habe (zum Teil oder in vollem Umfang) ohne Einkünfteerzielungsabsicht gehandelt, so ist die Steuerbegünstigung nach § 10f EStG --wovon die Vorentscheidung zutreffend ausgeht-- nur insoweit zu gewähren, als der Kläger sein Gutshaus zu eigenen Wohnzwecken genutzt hat. Wer vermietet oder vermieten will, nutzt nicht zu eigenen Wohnzwecken, auch wenn er dabei ohne Einkünfteerzielungsabsicht handelt. Denn wer anderen die Nutzung von Wohnraum gestattet, tut dies nur dann zu eigenen Wohnzwecken, wenn er Teile seiner Wohnung unentgeltlich überlässt (§ 10f Abs. 1 Satz 4 EStG; vgl. dazu auch BFH-Urteil vom 14. Januar 2004 X R 19/02, BFHE 205, 87, BStBl II 2004, 711).

Ende der Entscheidung

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