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Gericht: Bundesfinanzhof
Urteil verkündet am 14.12.2004
Aktenzeichen: IX R 34/03
Rechtsgebiete: EStG


Vorschriften:

EStG § 9 Abs. 1
EStG § 12 Nr. 1
EStG § 21 Abs. 1
Aufwendungen für die im Rahmen der Veräußerung eines Mietwohngrundstücks vom Verkäufer übernommene Instandsetzung sind auch dann nicht als Werbungskosten bei den bisherigen Vermietungseinkünften zu berücksichtigen, wenn die betreffenden Arbeiten noch während der Vermietungszeit durchgeführt werden.
Gründe:

I.

Die Kläger und Revisionskläger (Kläger) waren als Miterben seit 1972 zu je 1/2 Miteigentümer von drei Mietwohngrundstücken, die sie mit notariell beurkundetem Vertrag vom 9. Mai 1997 veräußerten. Lt. Ziff. III. 1. des Vertrages hatten sich die Kläger bei einer bereits zuvor "durchgeführten Besichtigung des Kaufobjekts" verpflichtet, verschiedene Maßnahmen "bis zum Tage des Besitzüberganges" (30. Juni 1997) auf eigene Kosten durchzuführen: Dies waren die Sanierung der Balkone, der Ersatz der Haustüren und die Nachrüstung mit Etagenheizungen in drei Wohnungen, in denen solche Heizungen noch nicht installiert waren. Die Kläger, die aus den Wohnungen in den drei Objekten bis einschließlich 30. Juni 1997 Mieteinnahmen erzielten, ließen die erwähnten Arbeiten vor dem 30. Juni 1997 ausführen und bezahlten die hierfür entstandenen Kosten nach dem 30. Juni 1997.

In der Erklärung zur einheitlichen und gesonderten Feststellung der Einkünfte für 1997 (Streitjahr) machten die Kläger u.a. die streitigen Instandsetzungsaufwendungen (148 822,93 DM) geltend, deren Abzug als Werbungskosten der Beklagte und Revisionsbeklagte (das Finanzamt --FA--) mit geändertem Feststellungsbescheid 1997 wegen Veranlassung durch die Veräußerung versagte.

Einspruch und Klage blieben erfolglos. Das Finanzgericht (FG) vertrat die Auffassung (Entscheidungen der Finanzgerichte 2003, 1233), die vor Beendigung der Vermietung angefallenen Instandsetzungsaufwendungen seien aufgrund der Verpflichtung der Kläger gegenüber dem Käufer der Veräußerung der Grundstücke als nicht einkommensteuerbarer Vermögensumschichtung zuzuordnen und daher nicht als Werbungskosten abziehbar.

Mit der Revision rügen die Kläger die Verletzung materiellen Rechts (§ 9 des Einkommensteuergesetzes --EStG--). Sie beantragen sinngemäß,

das FG-Urteil aufzuheben und den Bescheid über die einheitliche und gesonderte Feststellung von Besteuerungsgrundlagen für 1997 vom 29. März 1999 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 11. Januar 2001 dahin gehend zu ändern, dass Erhaltungsaufwendungen in Höhe von 148 822,93 DM als Werbungskosten bei den Einkünften aus Vermietung und Verpachtung berücksichtigt werden.

Das FA beantragt,

die Revision als unbegründet zurückzuweisen.

II.

Die Revision ist unbegründet und daher gemäß § 126 Abs. 2 der Finanzgerichtsordnung (FGO) zurückzuweisen. Das FG hat die strittigen Aufwendungen zu Recht der Veräußerung der Grundstücke zugeordnet und entsprechend deren Abzug als Werbungskosten versagt.

1. a) Werbungskosten sind gemäß § 9 Abs. 1 EStG Aufwendungen zur Erwerbung, Sicherung und Erhaltung der Einnahmen. Bei den Einkünften aus Vermietung und Verpachtung sind Werbungskosten grundsätzlich alle durch diese Einkunftsart veranlassten Aufwendungen. Nach der Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs (BFH) liegt eine derartige Veranlassung vor, wenn (objektiv) ein wirtschaftlicher Zusammenhang mit der auf Vermietung und Verpachtung gerichteten Tätigkeit besteht und (subjektiv) die Aufwendungen zur Förderung der Nutzungsüberlassung gemacht werden (z.B. BFH-Urteile vom 20. Dezember 1994 IX R 122/92, BFHE 177, 50, BStBl II 1995, 534; vom 18. Dezember 2001 IX R 24/98, BFH/NV 2002, 904, m.w.N.). Sind demgegenüber die Aufwendungen nicht (fast) ausschließlich durch die Einnahmeerzielung (§ 21 Abs. 1 EStG), sondern daneben auch, und zwar nicht unerheblich, durch die private Lebensführung veranlasst (§ 12 Nr. 1 EStG), können sie insgesamt nicht als Werbungskosten abgezogen werden; eine Aufteilung ist grundsätzlich nicht möglich (vgl. BFH-Urteile vom 7. November 1995 IX R 81/93, BFH/NV 1996, 533; vom 29. Juli 1997 IX R 70/95, BFH/NV 1997, 850). Jedoch ist bei während der Vermietungszeit durchgeführten Renovierungs- oder Instandsetzungsarbeiten typisierend davon auszugehen, dass sie noch der Einkünfteerzielung dienen und die dadurch entstandenen Aufwendungen --unabhängig vom Zahlungszeitpunkt-- grundsätzlich als Werbungskosten zu berücksichtigen sind (dazu im Einzelnen BFH-Urteile vom 10. Oktober 2000 IX R 15/96, BFHE 193, 318, BStBl II 2001, 787; vom 20. Februar 2001 IX R 49/98, BFH/NV 2001, 1022).

b) Hingegen ist der erforderliche Veranlassungszusammenhang mit der Vermietungstätigkeit nicht gegeben, soweit die Aufwendungen allein oder ganz überwiegend durch die Veräußerung des Mietwohnobjekts veranlasst sind; denn der Verkauf eines solchen zum Privatvermögen gehörenden Objekts stellt --abgesehen von privaten Veräußerungsgeschäften i.S. der §§ 22 Nr. 2, 23 EStG-- einen nicht einkommensteuerbaren Vorgang in der Vermögenssphäre dar. Mithin können auch die damit im Zusammenhang angefallenen Aufwendungen nicht einkommensteuermindernd berücksichtigt werden (vgl. BFH-Urteile vom 23. Januar 1990 IX R 159/85, BFH/NV 1990, 761, und IX R 17/85, BFHE 159, 491, BStBl II 1990, 465, m.w.N.). Werden im Rahmen einer Grundstücksveräußerung vom Verkäufer übernommene Reparaturen durchgeführt, sind die dafür zu erbringenden Aufwendungen ebenfalls nicht mehr der Einkunftsart Vermietung und Verpachtung, sondern der nicht einkommensteuerbaren Vermögensumschichtung zuzurechnen. Die Mitveranlassung der Aufwendungen durch die Abnutzung der Immobilie während der bisherigen Vermietungstätigkeit reicht nicht aus, um den Werbungskostenabzug bei den Einkünften aus Vermietung und Verpachtung zu rechtfertigen; denn der objektive Zusammenhang der Aufwendungen mit der früheren Einkunftserzielung wird durch die von den Beteiligten gewollte Verknüpfung mit der nicht einkommensteuerbaren Grundstücksveräußerung überlagert (vgl. BFH in BFHE 159, 491, BStBl II 1990, 465; zur Erwerberseite bei sog. Modernisierungsmodellen s. BFH-Urteile vom 30. Juli 1991 IX R 43/89, BFHE 165, 245, BStBl II 1991, 918; vom 12. November 1991 IX R 71/89, BFH/NV 1992, 301).

2. Bei Anwendung dieser Grundsätze hat die Revision keinen Erfolg. Das FG hat den Abzug der geltend gemachten Aufwendungen für Instandsetzungsmaßnahmen in Höhe von 148 822,93 DM als Werbungskosten zu Recht versagt; letztlich finanzieren die Kläger damit nur einen nicht steuerbaren höheren Erlös aus der Veräußerung der Mietwohngrundstücke.

a) Nach dem auf dem Klägervorbringen beruhenden unstreitigen Sachverhalt, den das FG für den Senat bindend festgestellt hat (vgl. § 118 Abs. 2 FGO), wurde anlässlich der Besichtigung des Kaufobjektes die Beseitigung bestimmter Schäden vereinbart und die Verpflichtung zu deren Beseitigung dann in den Kaufvertrag übernommen.

Daraus hat das FG auf eine --die Vermietungstätigkeit überlagernde-- objektive und subjektive Veranlassung der Instandsetzungsaufwendungen durch die (anstehende) Veräußerung der Grundstücke und damit auf eine nicht steuerbare Vermögensumschichtung geschlossen. Diese Schlussfolgerung ist möglich, sie verstößt nicht gegen Denkgesetze, Erfahrungssätze und allgemeine Auslegungsregeln. Sie ist daher mangels durchgreifender Verfahrensrügen für den Senat als Revisionsgericht bindend.

b) Die dagegen unter Bezugnahme auf BFH-Rechtsprechung gerichteten Angriffe der Revision greifen nicht durch. Zwar hat der Senat im Rahmen der Anwendung des § 21a EStG (vgl. BFH-Urteil vom 4. Juli 1989 IX R 192/85, BFH/NV 1990, 229, unter 1.) und im Rahmen der Geltung der sog. Großen Übergangsregelung (vgl. BFH in BFHE 193, 318, BStBl II 2001, 787) entschieden, eine Beurteilung des angefallenen Reparaturaufwands "nach seiner Zweckbestimmung" sei abzulehnen und nur auf den Zeitpunkt der Durchführung der Maßnahme abzustellen. Dem lag die Überlegung zugrunde, bei einer Veranlassung sowohl durch die (bisherige) Selbstnutzung als auch durch die (beabsichtigte) zukünftige Vermietung oder aber durch die bisherige Vermietung und die künftige Selbstnutzung fehle es an einer hinreichenden Abgrenzungsmöglichkeit.

Diese Erwägung ist jedoch nicht auf den Fall übertragbar, dass Aufwendungen im Zusammenhang mit einer beabsichtigten Veräußerung und damit zur Erhöhung eines nicht steuerbaren privaten Veräußerungserlöses getätigt werden.

Die typisierende Annahme, während der Vermietungszeit durchgeführte Erhaltungsmaßnahmen dienten noch der Vermietungstätigkeit (vgl. BFH in BFHE 193, 318, BStBl II 2001, 787, und in BFH/NV 2001, 1022), setzt einen für solche Fälle üblichen ("typischen") Geschehensablauf voraus; den aber haben die Kläger (einvernehmlich mit dem Erwerber) durch die von ihnen mit Blick auf die Veräußerung gewollte Gestaltung der Grundstücksübergabe verlassen.



Ende der Entscheidung

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