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Gericht: Bundesfinanzhof
Urteil verkündet am 06.11.2001
Aktenzeichen: IX R 34/97
Rechtsgebiete: EStG, FGO


Vorschriften:

EStG § 2 Abs. 1 Nr. 1
EStG § 2 Abs. 1 Nr. 2
EStG § 2 Abs. 1 Nr. 3
EStG § 2 Abs. 1 Nr. 4
EStG § 2 Abs. 1 Nr. 5
EStG § 2 Abs. 1 Nr. 6
EStG § 2 Abs. 1 Nr. 7
EStG § 21 Abs. 1 Nr. 1
FGO § 139 Abs. 3 Satz 3
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Gründe:

I. Die Klägerin und Revisionsklägerin (Klägerin) ist seit 1986 Eigentümerin einer Ferienwohnung in X auf der Insel Y. Die Vermietung (einschließlich der notwendigen Verwaltungs- und Reinigungsarbeiten) ließ sie durch die Hausverwaltung Z vornehmen. Die Wohnung war im Streitjahr 1990 an 125 Tagen an wechselnde Feriengäste vermietet. In der Einkommensteuererklärung des Streitjahres machte die Klägerin aus der Vermietung der Ferienwohnung einen --durch Gegenüberstellen der Einnahmen und der (wegen einer mit 23 Tagen angegebenen Selbstnutzung um 23/365 gekürzten) Aufwendungen ermittelten-- Werbungskostenüberschuss von 13 891 DM geltend.

Der Beklagte und Revisionsbeklagte (das Finanzamt --FA--) ließ die (der Vermietung nicht direkt zuordenbaren) Werbungskosten nur mit dem auf die tatsächlichen Vermietungstage entfallenden Anteil zum Abzug zu; hierdurch ergaben sich positive Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung von 1 683 DM. Im Einspruchsverfahren machte die Klägerin ohne Erfolg geltend, sie habe die Ferienwohnung fast ausschließlich außerhalb der Hauptsaison zwecks Durchführung von notwendigen Instandhaltungsarbeiten genutzt.

Der Klage gab das Finanzgericht (FG) teilweise statt: Da die Klägerin durch das Einschalten einer Vermietungsdienstorganisation nicht mehr über die Frage der Selbstnutzung und der Vermietung habe entscheiden können, seien in die Ermittlung der Einkünfte auch die auf die Leerstandszeiten entfallenden Aufwendungen einzubeziehen. Statt der vom FA angesetzten positiven Vermietungseinkünfte ergebe sich danach ein Werbungskostenüberschuss, der jedoch nach den Grundsätzen der sog. Liebhaberei unberücksichtigt bleiben müsse. Der Klägerin habe die Überschusserzielungsabsicht gefehlt, weil sich bei den im Streitfall gegebenen Verhältnissen und einer mit 50 Jahren anzunehmenden voraussichtlichen Vermögensnutzung kein Überschuss der Einnahmen über die Werbungskosten ergebe. Das Urteil des FG ist in Entscheidungen der Finanzgerichte (EFG) 1997, 961 veröffentlicht.

Mit ihrer Revision rügt die Klägerin die Verletzung formellen (§ 76 der Finanzgerichtsordnung --FGO--) und materiellen Rechts (§ 2 Abs. 1 Nr. 6, § 9 Abs. 1 und 3, § 21 Abs. 1 Nr. 1 des Einkommensteuergesetzes --EStG--).

Die Klägerin beantragt sinngemäß, unter Aufhebung des Urteils der Vorinstanz und des angefochtenen Einkommensteuerbescheides bei den Einkünften aus Vermietung und Verpachtung einen Werbungskostenüberschuss von 15 592 DM anzuerkennen und die Einkommensteuer des Streitjahres 1990 anderweitig festzusetzen. Sie beantragt ferner, die Hinzuziehung eines Bevollmächtigten im Vorverfahren für notwendig zu erklären.

Das FA beantragt, die Revision als unbegründet zurückzuweisen.

II. Die Revision ist begründet. Sie führt zur Aufhebung der Vorentscheidung und zur Zurückverweisung der Sache an das FG zur anderweitigen Verhandlung und Entscheidung (§ 126 Abs. 3 Nr. 2 FGO). Die bisherigen Feststellungen des FG reichen nicht aus, um in der Revisionsinstanz abschließend zu entscheiden, ob das FG zu Recht die Überschusserzielungsabsicht der Klägerin verneint hat.

1. Bei der Ermittlung des Einkommens für die Einkommensteuer sind nur solche positiven oder negativen Einkünfte anzusetzen, die unter die Einkünfte des § 2 Abs. 1 Nr. 1 bis 7 EStG fallen. Kennzeichnend für diese Einkunftsarten ist, wie der Große Senat des Bundesfinanzhofs (BFH) im Beschluss vom 25. Juni 1984 GrS 4/82 (BFHE 141, 405, 435, BStBl II 1984, 751, 766 f., unter C. IV. 3. c aa (1)) ausgeführt hat, dass die ihnen zugrunde liegenden Tätigkeiten oder Vermögensnutzungen der Erzielung positiver Einkünfte dienen.

a) Bezogen auf die Einkunftsart Vermietung und Verpachtung folgt hieraus, dass eine Vermietungstätigkeit nur dann dieser Einkunftsart zuzurechnen ist, wenn der Vermieter die Absicht hat, auf die Dauer der Vermögensnutzung einen Totalüberschuss der Einnahmen über die Werbungskosten zu erwirtschaften (z.B. BFH-Urteil vom 5. September 2000 IX R 33/97, BFHE 192, 559, BStBl II 2000, 676, unter II. 2.); nichtsteuerbare Veräußerungsgewinne bleiben dabei unberücksichtigt (Beschluss in BFHE 141, 405, 435, BStBl II 1984, 751, 766 f., unter C. IV. 3. c aa (2)). Die Überschusserzielungsabsicht kann erst nachträglich einsetzen und auch wieder wegfallen (BFH-Urteil vom 31. März 1987 IX R 112/83, BFHE 150, 325, BStBl II 1987, 774, m.w.N.).

b) Nach dem Regelungszweck des § 21 Abs. 1 Nr. 1 EStG ist bei einer auf Dauer angelegten Vermietungstätigkeit grundsätzlich davon auszugehen, dass der Steuerpflichtige beabsichtigt, letztlich einen Einnahmenüberschuss zu erwirtschaften, selbst wenn sich über längere Zeiträume Werbungskostenüberschüsse ergeben (BFH-Urteil vom 30. September 1997 IX R 80/94, BFHE 184, 406, BStBl II 1998, 771). Die Grundsätze des vorgenannten Urteils sind auch bei Ferienwohnungen anzuwenden, wenn diese von den Steuerpflichtigen ausschließlich an wechselnde Feriengäste vermietet und in der übrigen Zeit hierfür bereitgehalten werden (z.B. BFH-Urteil vom 21. November 2000 IX R 37/98, BFHE 193, 479, BStBl II 2001, 705, m.w.N.). Dies gilt --wie der Senat in seinem Urteil IX R 97/00 vom 6.11.2001 unter Aufgabe seiner früheren Rechtsprechung entschieden hat-- unabhängig davon, ob der Steuerpflichtige die Ferienwohnung in Eigenregie oder durch Einschalten eines Dritten vermietet. Aus dem Urteil ergibt sich auch, dass durch die Vermietung veranlasste kurzfristige Aufenthalte in der Ferienwohnung keine Selbstnutzung sind.

c) Dagegen ist nach dem Urteil IX R 97/00 bei teilweise selbstgenutzten und teilweise vermieteten Ferienwohnungen die Frage, ob der Steuerpflichtige mit oder ohne Überschusserzielungsabsicht vermietet hat, anhand einer unter Heranziehung aller objektiv erkennbaren Umstände zu treffenden Prognose zu entscheiden. Im Rahmen dieser Prognose sind, wenn eine Selbstnutzung jederzeit möglich ist, die auf die Leerstandszeiten entfallenden Aufwendungen entsprechend dem Verhältnis der tatsächlichen Selbstnutzung zur tatsächlichen Vermietung aufzuteilen. Zur Vermeidung von Wiederholungen verweist der Senat auf die Gründe des Urteils IX R 97/00.

2. Bei Anwendung dieser Grundsätze ist die Vorentscheidung aufzuheben und die nicht spruchreife Sache an das FG zur anderweitigen Verhandlung und Entscheidung zurückzuverweisen. Das FG hat ausgehend von seiner Rechtsauffassung keine Feststellungen dazu getroffen, ob die Klägerin die Ferienwohnung auch (zu privaten Zwecken) selbst genutzt oder durch Einschalten des Vermittlers ausschließlich an wechselnde Feriengäste vermietet und in der übrigen Zeit zur Vermietung bereitgehalten hat. Trifft das Letztere zu, ist ohne weitere Prüfung von der Überschusserzielungsabsicht der Klägerin auszugehen.

Hat die Klägerin die Ferienwohnung auch selbst genutzt, muss das FG das Vorliegen der Überschusserzielungsabsicht nach Aufteilung der Kosten durch eine unter Berücksichtigung der Rechtsauffassung des Senats vorzunehmende Prognose feststellen. Da die Klägerin geltend macht, auf die in der Vergangenheit angefallenen Werbungskostenüberschüsse durch ertragsverbessernde Maßnahmen reagiert zu haben, ist für die Schätzung der zukünftig anfallenden Einnahmen und Ausgaben auf den Durchschnitt der (z.B. fünf aufeinanderfolgenden) Veranlagungszeiträume ab dem Streitjahr abzustellen oder gegebenenfalls auf den Durchschnitt der Veranlagungszeiträume, in denen sich die im Streitjahr objektiv erkennbar angelegten Maßnahmen erstmals ausgewirkt haben. Die sich so ergebenden Einnahmen und Ausgaben sind auf den Rest des (ab dem Erwerb der Ferienwohnung beginnenden) Prognosezeitraums hochzurechnen. Ob ein Totalüberschuss erzielt worden ist, ergibt sich aus dem Gesamtergebnis des Prognosezeitraums von 30 Jahren. Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten wird auch insoweit auf das Urteil IX R 97/00 Bezug genommen.

3. Die Zuziehung eines Bevollmächtigten für das Vorverfahren für notwendig zu erklären (§ 139 Abs. 3 Satz 3 FGO) kommt schon deshalb nicht in Betracht, weil ein solcher Antrag im Revisionsverfahren unzulässig ist. Die Entscheidung nach § 139 Abs. 3 Satz 3 FGO gehört sachlich zum Kostenfestsetzungsverfahren; dafür ist das Gericht des ersten Rechtszugs zuständig (z.B. BFH-Urteil vom 2. Mai 2000 IX R 99/97, BFH/NV 2001, 14, unter II. 4.).

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