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Gericht: Bundesfinanzhof
Urteil verkündet am 04.12.2001
Aktenzeichen: IX R 34/98
Rechtsgebiete: EigZulG, EStG, AO 1977, BGB, FGO
Vorschriften:
EigZulG § 1 | |
EigZulG § 4 | |
EigZulG § 2 Abs. 2 | |
EigZulG § 2 Abs. 1 | |
EigZulG § 2 Abs. 1 Satz 1 | |
EStG § 10e | |
AO 1977 § 39 | |
AO 1977 § 39 Abs. 2 Nr. 1 | |
BGB § 812 | |
BGB § 951 | |
BGB § 397 Abs. 1 | |
FGO § 56 | |
FGO § 118 Abs. 2 | |
FGO § 138 Abs. 2 Satz 1 |
Gründe:
I. Die Kläger und Revisionskläger (Kläger) sind zur Einkommensteuer zusammen veranlagte Eheleute. Sie errichteten ab April 1996 auf eigene Kosten einen Anbau an dem Zweifamilienhaus der Eltern des Klägers. Der Anbau wurde unmittelbar nach seiner Fertigstellung (1996) von den Klägern und ihren minderjährigen Kindern bezogen. Ausgehend von einem Gesamtaufwand für den Anbau in Höhe von 190 000 DM vereinbarten sie am 17. Dezember 1996 schriftlich den Verzicht der Kläger auf einen Aufwendungsersatzanspruch. Am 20. November 1997 legten sie "die getroffenen mündlichen Vereinbarungen" schriftlich fest. Die Eltern des Klägers gestatteten darin den Klägern, "... einen Anbau auf eigene Rechnung und speziell auf deren Wohnverhältnisse zugeschnitten zu errichten und diesen uneingeschränkt und unbefristet zu eigenen Wohnzwecken zu nutzen".
Den Antrag der Kläger auf Eigenheimzulage ab 1996 lehnte der Beklagte und Revisionsbeklagte (das Finanzamt --FA--) ab. Einspruch und Klage blieben ohne Erfolg. Das Finanzgericht (FG) gelangte zu der Auffassung, eine konkrete Absprache sei vor Baubeginn zwischen den Eltern des Klägers und den Klägern über den zu errichtenden Anbau nicht getroffen worden, man sei sich lediglich darin einig gewesen, dass der Anbau den Klägern gehören solle.
Die Kläger haben gegen das Urteil des FG Revision eingelegt. Die Revisionsbegründung ist nach Ablauf der Revisionsbegründungsfrist (15. Juli 1998) beim Bundesfinanzhof (BFH) eingegangen. Die Kläger haben fristgerecht Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gestellt und innerhalb dieser Frist ihre Revision begründet. Sie tragen vor, ihr Prozessbevollmächtigter habe am 10. Juli 1998 einen Fristverlängerungsantrag an den BFH adressiert und abgeschickt.
Zur Begründung ihrer Revision rügen die Kläger die Verletzung materiellen Rechts und machen im Wesentlichen geltend, bereits vor der Bebauung eine eindeutige Vereinbarung über ein ihnen für die voraussichtliche Nutzungsdauer der Wohnung zustehendes Nutzungsrecht getroffen zu haben. Es entspreche nicht der Rechtsprechung des BFH, wenn das FG eine präzise Form der im Voraus festzulegenden Vereinbarung voraussetze.
Die Kläger haben zunächst (sinngemäß) beantragt, das Urteil des FG aufzuheben und den Klägern Eigenheimzulage nach dem Eigenheimzulagengesetz in der beantragten Höhe von insgesamt 64 000 DM zu gewähren, erstmals für das Jahr 1996 mit einem Zulagebetrag in Höhe von 8 000 DM.
Das FA hat mit Bescheid vom 3. Februar 1999 Eigenheimzulage ab 1998 gewährt.
Mit Schriftsatz vom 4. Februar 1999 haben die Kläger ihre Revision auf die Kalenderjahre 1996 und 1997 eingeschränkt.
Das FA hat sich zur Revision nicht geäußert.
II. 1. Die Revision ist zulässig.
Wegen des Versäumnisses der Revisionsbegründungsfrist wird den Klägern Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gemäß § 56 der Finanzgerichtsordnung (FGO) gewährt. Die Kläger trifft an dem verspäteten Eingang der Revisionsbegründung kein Verschulden. Sie haben glaubhaft gemacht, durch ihren Prozessbevollmächtigten am 10. Juli 1998 einen Fristverlängerungsantrag an den BFH abgesandt zu haben. Aus dem im Original vorgelegten Postausgangsbuch des Prozessbevollmächtigten ergibt sich, dass der Schriftsatz vom 10. Juli 1998 zur Post aufgegeben worden ist. Der Eintrag bezeichnet genau den Fristverlängerungsantrag für das Verfahren der Kläger und als Adressat den IX. Senat des BFH. Ist das rechtzeitige Absenden eines Schriftsatzes glaubhaft gemacht, kommt es auf die entsprechende Fristenkontrolle nicht mehr an (BFH-Zwischenurteil vom 13. November 1996 X R 30/96, BFH/NV 1997, 253).
2. Die Revision ist unbegründet und daher zurückzuweisen (§ 126 Abs. 2 FGO). Das FG hat im Ergebnis zu Recht entschieden, dass die Kläger Eigenheimzulage nach dem Eigenheimzulagengesetz in den Streitjahren (1996 und 1997) nicht beanspruchen können.
a) Nach § 1 des Eigenheimzulagengesetzes (EigZulG) haben unbeschränkt Steuerpflichtige im Sinne des Einkommensteuergesetzes (EStG) Anspruch auf eine Eigenheimzulage für die Herstellung oder Anschaffung einer Wohnung in einem im Inland belegenen eigenen Haus oder einer im Inland belegenen eigenen Eigentumswohnung (§ 2 Abs. 1 Satz 1 EigZulG). Nach § 2 Abs. 2 EigZulG stehen Ausbauten und Erweiterungen an einer Wohnung in einem im Inland belegenen eigenen Haus oder einer im Inland belegenen eigenen Eigentumswohnung der Herstellung einer Wohnung i.S. von § 2 Abs. 1 EigZulG gleich.
b) Im Streitfall fehlen Feststellungen des FG, ob die Kläger durch den Anbau eine selbständige Wohnung hergestellt oder lediglich ihre bisher genutzte Wohnung erweitert haben. Indes stellt sich das Urteil im Ergebnis auch dann als richtig dar, wenn die Kläger eine bestehende Wohnung lediglich erweitert haben. Denn die Begünstigung setzt voraus, dass der Anspruchsberechtigte zivilrechtlicher oder wirtschaftlicher Eigentümer der ausgebauten oder erweiterten Wohnung ist. Gefördert werden nämlich nach § 2 Abs. 2 EigZulG "Ausbauten und Erweiterungen an einer Wohung ... in einem ... eigenen Haus". Dementsprechend sind Ausbauten oder Erweiterungen an fremden Wohnungen keine vermögensbildenden Maßnahmen in diesem Sinne (BFH-Urteil vom 7. März 2001 X R 82/95, BFHE 195, 214, BStBl II 2001, 481, m.w.N., betreffend § 10e EStG). Die Kläger sind aber nicht Eigentümer der (erweiterten) Souterrainwohnung. Nach den Feststellungen des FG, an die der Senat gebunden ist, waren die Eltern des Klägers Eigentümer des Zweifamilienhauses und damit auch der um den Anbau erweiterten Wohnung, die von den Klägern genutzt wurde. Die Kläger sind auch nicht wirtschaftliche Eigentümer (§ 39 Abs. 2 Nr. 1 der Abgabenordnung --AO 1977--) des Zweifamilienhauses geworden. Sie können die Eltern des Klägers nicht von der Einwirkung auf deren Zweifamilienhaus wirtschaftlich ausschließen.
c) Die Kläger können auch dann nicht die Eigenheimzulage beanspruchen, wenn sie mit dem Anbau zugleich ein begünstigtes Objekt (eine weitere Wohnung) geschaffen hätten. Die Voraussetzungen des § 2 Abs. 1 EigZulG liegen mangels wirtschaftlichen Eigentums der Kläger an dieser Wohnung nicht vor.
aa) Gefördert wird durch § 2 Abs. 1 EigZulG die Herstellung einer eigenen Wohnung. Der Begriff "eigen" bedeutet, dass der Steuerpflichtige Eigentümer des von ihm errichteten Objekts sein muss. Das Eigenheimzulagengesetz begünstigt wie § 10e EStG nur Wohnungen, die zivilrechtlich im Eigentum des Steuerpflichtigen stehen oder ihm aufgrund § 39 AO 1977 steuerrechtlich zuzurechnen sind (so zu § 10e EStG BFH-Urteil vom 20. September 1995 X R 94/92, BFHE 178, 429, BStBl II 1996, 186). Die zum Begriff "eigen" in den entsprechenden Regelungen des Einkommensteuergesetzes entwickelten, nach der Rechtsprechung geklärten Rechtsgrundsätze sind bei der Auslegung dieses Tatbestandsmerkmals in § 2 Abs. 1 EigZulG anzuwenden (vgl. BFH-Beschluss vom 4. Mai 1999 IX B 38/99, BFHE 188, 395, BStBl II 1999, 587 zu § 4 EigZulG). Die materiellen Regelungen des Eigenheimzulagengesetzes sind weitgehend den Tatbeständen der zuvor im Einkommensteuergesetz geregelten Wohneigentumsförderung, insbesondere der Steuerbegünstigung gemäß § 10e EStG nachgebildet (vgl. BRDrucks 498/95, S. 29, 33).
bb) Errichtet jemand im eigenen Namen und für eigene Rechnung auf einem fremden Grundstück ein Gebäude, ist der Grundstückseigentümer nach der Rechtsprechung des BFH grundsätzlich zivilrechtlicher und zugleich wirtschaftlicher Eigentümer des Gebäudes, wenn die Errichtung des Gebäudes sowohl dem Interesse des Bauenden als auch dem des Grundstückseigentümers dient, der Wert des Gebäudes sich nicht innerhalb der vereinbarten Nutzungszeit verzehrt und nach Ablauf der Nutzungszeit die Verhältnisse neu gestaltet werden können (BFH-Urteil vom 27. November 1996 X R 92/92, BFHE 182, 104, BStBl II 1998, 97, unter 3. c, m.w.N.). Dagegen ist der Bauende als wirtschaftlicher Eigentümer zu beurteilen, wenn er aufgrund eindeutiger im Voraus getroffener und tatsächlich durchgeführter Vereinbarungen die wirtschaftliche Verfügungsmacht und Sachherrschaft --unter dauerndem Ausschluss des zivilrechtlichen Eigentümers-- innehat, weil ihm allein Substanz und Ertrag des Gebäudes für dessen voraussichtliche Nutzungsdauer zustehen (BFH-Urteile in BFHE 182, 104, BStBl II 1998, 97, unter 3. d, m.w.N., und vom 18. Juli 2001 X R 23/99, BFHE 196, 145). Substanz und Ertrag des Gebäudes sind dem Nutzungsberechtigten nach der Rechtsprechung des BFH (vgl. BFH-Urteile vom 28. Juli 1993 I R 88/92, BFHE 172, 333, BStBl II 1994, 164; vom 11. Juni 1997 XI R 77/96, BFHE 183, 455, BStBl II 1997, 774, und in BFHE 196, 145) aber nicht nur zuzurechnen, wenn das Gebäude nach Ablauf der voraussichtlichen Nutzungsdauer wirtschaftlich verbraucht ist, sondern auch dann, wenn zwar die voraussichtliche Nutzungsdauer des Gebäudes die Dauer der Nutzungsbefugnis überschreitet, der Nutzungsberechtigte, der die Kosten des Gebäudes getragen hat, aber für den Fall der Nutzungsbeendigung einen Anspruch auf Ersatz des vollen Verkehrswertes des Gebäudes gegen den Grundstückseigentümer hat.
cc) Nach diesen Maßstäben hat das Urteil Bestand. Das FG hat für den Senat bindend festgestellt, dass es an einer vor Baubeginn getroffenen eindeutigen Vereinbarung über ein die voraussichtliche Nutzungsdauer des Anbaus umfassendes Nutzungsrecht fehlt. Obschon die Kläger und die Eltern des Klägers bereits bei Baubeginn davon ausgegangen seien, den Klägern solle der von ihnen errichtete Anbau gehören, hätten sie sich auf einen bestimmten Wortlaut erst geeinigt, nachdem es mit dem FA zum Streit gekommen sei. Aus diesen Feststellungen durfte die Vorinstanz folgern, es fehle an einer eindeutigen und nachprüfbaren Abmachung. Diese jedenfalls mögliche Würdigung ist für den Senat bindend (§ 118 Abs. 2 FGO).
Das FG hat im Ergebnis zutreffend auch einen Erstattungsanspruch verneint. Der Senat kann indes unerörtert lassen, ob den Klägern ein Anspruch auf vollen Wertersatz mit dem Anbau an das Zweifamilienhaus überhaupt zustand. Weil im Streitfall eine Vereinbarung fehlt, kann sich ein derartiger Anspruch nur aus §§ 951, 812 des Bürgerlichen Gesetzbuches (BGB) ergeben (vgl. im Einzelnen BFH-Urteil in BFHE 196, 145). Ob die Tatbestandsvoraussetzungen dieser Vorschriften im Streitfall vorlagen (vgl. dazu Urteil des Bundesgerichtshofs --BGH-- vom 12. Juli 1989 VIII ZR 286/88, Neue Juristische Wochenschrift --NJW-- 1989, 2745, m.w.N.), kann aber dahinstehen, denn die Kläger haben in einer gemeinsam mit den Eltern des Klägers unterzeichneten schriftlichen Urkunde vom 17. Dezember 1996 auf den Anspruch verzichtet. Hierin liegt ein Erlassvertrag i.S. des § 397 Abs. 1 BGB, der die Kläger so stellt wie sie stünden, wenn von vornherein kein Erstattungsanspruch entstanden wäre. Dadurch unterscheidet sich der Streitfall von dem Sachverhalt, über den der X. Senat in seinem Urteil in BFHE 196, 145 zu entscheiden hatte. Dort hatte der Anspruchsberechtigte, der auf fremdem Grund und Boden ein Haus errichtete, auf seinen Aufwendungsanspruch für die Errichtung des Gebäudes nur für die Dauer der Nutzungsüberlassung verzichtet, was der X. Senat wirtschaftlich als Stundung des Entschädigungsanspruchs wertete. Demgegenüber haben die Kläger im schriftlichen Vertrag mit den Eltern des Klägers auf ihren Anspruch nach den §§ 951, 812 BGB ohne eine derartige Einschränkung verzichtet, so dass sie gegenüber den Grundstückseigentümern auch dann keine Ansprüche wegen des Anbaus geltend machen können, wenn sie ihn nicht mehr nutzen.
3. Die Kostenentscheidung beruht auf § 135 Abs. 1 und Abs. 2, § 138 Abs. 2 Satz 1 FGO. Im Hinblick auf den Teilabhilfebescheid des FA vom 3. Februar 1999 und die daraus folgenden unterschiedlichen Streitwerte hat der Senat die Entscheidung über die gesamten Verfahrenskosten nach Zeitabschnitten getroffen (vgl. die BFH-Urteile vom 15. Juni 1988 II R 224/84, BFHE 153, 431, BStBl II 1988, 761, und vom 6. Juni 1984 II R 184/81, BFHE 141, 333, 338, BStBl II 1985, 261).
Ende der Entscheidung
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