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Gericht: Bundesfinanzhof
Urteil verkündet am 10.05.2007
Aktenzeichen: IX R 42/06
Rechtsgebiete: EigZulG


Vorschriften:

EigZulG § 5
EigZulG § 5 Satz 1
EigZulG § 11 Abs. 4
EigZulG § 11 Abs. 5
EigZulG § 11 Abs. 5 Satz 2
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Gründe:

I. Die Kläger und Revisionskläger (Kläger) sind Eheleute, die zusammen zur Einkommensteuer veranlagt werden. Der Gesamtbetrag ihrer Einkünfte 1999 betrug laut Einkommensteuerbescheid vom Dezember 2000 165 401 DM. Im Mai 2000 erwarben die Kläger ein Hausgrundstück, das sie seit Oktober 2000 selbst bewohnen. Hierfür beantragten sie im Februar 2001 Eigenheimzulage ab 2000. Unter der Rubrik "Einkunftsgrenze" des verwendeten Antragsformulars kreuzten sie folgende Erklärung an: "Der Gesamtbetrag der Einkünfte des Jahres, für das erstmals dieser Antrag gestellt wird, wird zusammen mit dem Gesamtbetrag der Einkünfte des vorangegangenen Jahres 240 000 DM, bei Eheleuten 480 000 DM voraussichtlich nicht übersteigen."

Mit Bescheid vom Juni 2001 setzte der Beklagte und Revisionsbeklagte (das Finanzamt --FA--) antragsgemäß Eigenheimzulage ab 2000 bis 2007 fest. Entsprechend der Einkommensteuererklärung für 2000, abgegeben im November 2001, berücksichtigte das FA im Einkommensteuerbescheid 2000 vom Juni 2002 einen Gesamtbetrag der Einkünfte von 165 317 DM. Mit gemäß § 11 Abs. 4 des Eigenheimzulagengesetzes (EigZulG) geändertem Bescheid vom Oktober 2002 hob das FA die Eigenheimzulagenfestsetzung ab 2000 auf und setzte Eigenheimzulage für jedes Jahr des Begünstigungszeitraums in Höhe von 0 DM fest, da der Gesamtbetrag der Einkünfte des Antragsjahrs 2000 zuzüglich des Vorjahrs 1999 die maßgebliche Einkunftsgrenze von 320 000 DM gemäß § 5 EigZulG überstiegen habe.

Der Einspruch hatte keinen Erfolg.

Mit Bescheid vom Dezember 2005 hat das FA den angefochtenen Aufhebungsbescheid abgeändert und Eigenheimzulage für 2004 bis 2007 festgesetzt. Die Summe der Gesamtbeträge der Einkünfte der Kläger sei in den Jahren 2003 und 2004 unter die relevante Einkunftsgrenze gesunken.

Die Klage gegen die Aufhebung der Eigenheimzulagenfestsetzungen für 2000 bis 2003 wies das Finanzgericht (FG) ab, da die Kläger die Einkunftsgrenze des § 5 Satz 1 EigZulG überschritten hätten und die Voraussetzungen des § 11 Abs. 4 EigZulG, nicht aber des Abs. 5 vorlägen. Etwas anderes ergebe sich insbesondere nicht daraus, dass die relevante Einkunftsgrenze durch eine Gesetzesänderung auf 320 000 DM herabgesunken sei und die Kläger bei Beantragung der Eigenheimzulage lediglich --entsprechend dem verwendeten überholten Antragsformular-- ihr maßgebliches Einkommen als unter 480 000 DM liegend angegeben hätten. Dies führe nicht zu einem reinen Rechtsfehler, der die Anwendung des § 11 Abs. 4 EigZulG ausschlösse bzw. die von § 11 Abs. 5 EigZulG eröffne. Offen bleiben könne, ob der zuständige Sachbearbeiter des FA bei Erlass des Festsetzungsbescheids rechtsfehlerhaft davon ausgegangen sei, dass die Einkunftsgrenze bei 480 000 DM liege. Jedenfalls sei der für eine abschließende Entscheidung erhebliche Sachverhalt im Juni 2001 bei Erlass des Bewilligungsbescheids noch nicht bekannt gewesen. Allein aus dem Versand eines nicht mehr der Rechtslage entsprechenden Formulars könnten die Kläger keinen Vertrauenstatbestand ableiten.

Mit ihrer Revision rügen die Kläger die Verletzung von § 11 Abs. 4 und 5 EigZulG. Die Festsetzung der Eigenheimzulage sei materiell fehlerhaft i.S. von § 11 Abs. 5 EigZulG gewesen, da das FA bei Erlass nicht mehr geltendes Recht angewendet habe; Grundlage seiner Entscheidung sei ein veraltetes Antragsformular gewesen. Es fehle auch an einem nachträglichen Bekanntwerden i.S. von § 11 Abs. 4 EigZulG. Die Einkünfte der Kläger seien auch in den Vorjahren zur Antragstellung gleichbleibend hoch gewesen, so dass dem FA bereits im Zeitpunkt der erstmaligen Festsetzung der Eigenheimzulage bekannt gewesen sei, dass die Einkünfte über den aktuell geltenden Grenzen lägen. Schließlich sei das FA nach Treu und Glauben gehindert, den Eigenheimzulagebescheid nach § 11 Abs. 4 EigZulG zu ändern, da die Kläger Vertrauensschutz genössen, weil das FA selbst das veraltete Antragsformular an die Kläger übersandt und auf der Grundlage des veralteten Formulars entschieden habe.

Die Kläger beantragen, das Urteil des FG, die Einspruchsentscheidung des FA vom 12. Dezember 2002 sowie den Änderungsbescheid vom 1. Dezember 2005 aufzuheben und den Klägern unter Abänderung des Bescheids vom 11. Oktober 2002 die Eigenheimzulage auch für 2000 bis 2003 zu gewähren.

Das FA beantragt, die Revision zurückzuweisen.

II. Die Revision ist unbegründet und daher zurückzuweisen (§ 126 Abs. 2 der Finanzgerichtsordnung --FGO--).

1. Nach § 11 Abs. 4 EigZulG in der für die Streitjahre geltenden Fassung ist der Bescheid über die Festsetzung der Eigenheimzulage aufzuheben oder zu ändern, wenn nachträglich bekannt wird, dass der Gesamtbetrag der Einkünfte in den nach § 5 EigZulG maßgebenden Jahren insgesamt die Einkunftsgrenze von 320 000 DM überschreitet. Liegen diese Voraussetzungen vor, ist die Festsetzung der Eigenheimzulage ohne Einschränkung nach § 11 Abs. 5 Satz 2 EigZulG aufzuheben. § 11 Abs. 4 EigZulG stellt gegenüber Abs. 5 für Fälle der Überschreitung der Einkunftsgrenze eine vorrangige, eigenständige, erweiterte Korrekturnorm dar. Die Regelung trägt dem Umstand Rechnung, dass der Gesamtbetrag der Einkünfte im Zulagenverfahren eigenständig zu ermitteln ist und die Eigenheimzulage im Interesse des Anspruchsberechtigten bereits festgesetzt werden darf, auch wenn die Höhe der Einkünfte noch nicht feststeht. Auf die Gründe für eine ggf. unzutreffende Prognose des Gesamtbetrags der Einkünfte bei Festsetzung der Eigenheimzulage und ein insoweit etwaiges Verschulden von Anspruchsberechtigten oder FA kommt es nicht an. § 11 Abs. 5 Satz 2 EigZulG greift nur ausnahmsweise bei reinen Rechtsfehlern ohne Änderung des der Einkunftsprüfung zugrunde liegenden Sachverhalts ein (Urteile des Bundesfinanzhofs --BFH-- vom 4. November 2004 III R 73/03, BFHE 207, 327, BStBl II 2005, 290, und vom 27. Juni 2006 IX R 17/05, BFH/NV 2007, 876). Nachträglich bekannt werden Tatsachen auch i.S. von § 11 Abs. 4 EigZulG, wenn das FA sie bei Erlass des zu ändernden Steuerbescheids noch nicht kannte (BFH-Urteil vom 7. Juli 2005 IX R 66/04, BFH/NV 2006, 256, unter II. 1. a, m.w.N.).

2. Zutreffend hat das FG im Streitfall die Anwendbarkeit von § 11 Abs. 4 EigZulG bejaht.

Die Tatsache, dass der Gesamtbetrag der Einkünfte in den nach § 5 EigZulG maßgebenden Jahren insgesamt die Einkunftsgrenze übersteigt, ist nachträglich bekannt geworden. Im Streitfall hat das FA frühestens aus der im November 2001 eingereichten Steuererklärung für 2000 vom Überschreiten der Einkunftsgrenze von 320 000 DM erfahren.

Ob ggf. auch ein Rechtsfehler des FA vorliegt, ist unerheblich.

Der Umstand, dass die Kläger ein vom FA überlassenes Antragsformular zum alten Rechtsstand verwendet haben, schließt die Anwendung von § 11 Abs. 4 EigZulG nicht aus. Daraus, dass die Kläger u.U. bei Übersendung des richtigen Formulars Wege der Steuergestaltung genutzt hätten, um die Einkunftsgrenze zu wahren, ergibt sich kein Vertrauensschutzaspekt dahin, dass der streitige Änderungsbescheid nicht hätte ergehen dürfen. Es fehlt an einer entsprechenden gesetzlichen Grundlage für einen derartigen Vertrauensschutz, der § 11 Abs. 4 EigZulG verdrängen könnte.

Ende der Entscheidung

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