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Gericht: Bundesfinanzhof
Urteil verkündet am 12.07.2006
Aktenzeichen: IX R 47/05
Rechtsgebiete: EStG
Vorschriften:
EStG § 2 | |
EStG § 9 Abs. 1 | |
EStG § 21 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 |
Gründe:
I. Die Klägerin und Revisionsklägerin (Klägerin) ist ein geschlossener Immobilienfonds in der Rechtsform einer Kommanditgesellschaft, die im Dezember 1969 gegründet wurde und nach mehrfacher Namensänderung seit 1990 unter ihrem heutigen Namen als "X Grundstücksvermietungsgesellschaft & Co. Objekt D" firmiert. Im Streitjahr 1994 bestand die Gesellschaft aus dem Komplementär X mit einem gezeichneten und eingezahlten Kapital von 5 000 DM sowie aus einer Vielzahl von Kommanditisten mit einem gezeichneten und eingezahlten Kapital von rd. 41 Mio. DM. Seit 1999 befindet sich die Gesellschaft in Liquidation.
Zweck der Gesellschaft war es, "in D ein Erbbaurecht (ab November 1995: ein bebautes Grundstück) mit aufstehenden Gebäuden zu vermieten und zu verwalten".
Mit Vertrag vom 20. April 1994 erwarb die Klägerin das zu Vermietungszwecken genutzte Grundstück, an dem sie bis zum 30. Juni 1994 lediglich das (im Jahre 2044 auslaufende) Erbbaurecht besaß, zum Kaufpreis von 20,5 Mio. DM.
Die Finanzierung des Grundstückskaufpreises erfolgte durch ein Darlehen der B-Bank AG (Bank) über nominal 21,5 Mio. DM, dessen Gesamtlaufzeit mit "bis ca. 30.6.2020" angegeben war. Der Zinssatz für das Darlehen war bis zum 28. Februar 1998 auf 6,7 v.H. festgeschrieben. Das Darlehen sollte bis zu diesem Zeitpunkt tilgungsfrei sein. Zum 28. Februar 1998 war die Rückzahlung des Darlehens vorgesehen; die hierfür erforderlichen Mittel sollten durch entsprechende Verkäufe beschafft werden. Für den Fall unterbliebener Rückzahlung bis zu diesem Zeitpunkt war ab dem 1. März 1998 ein jährlicher Tilgungssatz von mindestens 2 v.H. vereinbart. Die vierteljährlichen Zinsraten betrugen bis zum 1. März 1998 360 125 DM; ab dem 1. März 1998 waren --für den Fall der nicht erfolgten Rückzahlung-- vierteljährliche Zins- und Tilgungsraten von 467 625 DM zu leisten.
Im Jahr 2000 wurde das Grundstück nach den Feststellungen des Finanzgerichts (FG) auf Veranlassung der Bank an einen von ihr vermittelten Erwerber veräußert, nachdem der Kredit notleidend und von der Bank gekündigt worden war.
Für das Streitjahr 1994 erklärte die Klägerin in ihrer Feststellungserklärung Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung in Höhe von ./. 2 185 712 DM.
Nachdem der Beklagte und Revisionsbeklagte (das Finanzamt --FA--) die Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung zunächst erklärungsgemäß --unter dem Vorbehalt der Nachprüfung-- und sodann aufgrund eines Grundlagenbescheids durch Änderungsbescheid für das Streitjahr auf ./. 2 195 812 DM festgestellt hatte, verneinte er nach einer Außenprüfung die Absicht der Klägerin, aus der Vermietung und Verpachtung des (nahezu zu 100 v.H.) vermieteten Objekts einen Einnahmeüberschuss zu erzielen, weil sie bereits bei Erwerb des Objekts die Absicht gehabt habe, das Grundstück weiter zu veräußern.
Das FA erließ deshalb einen negativen Feststellungsbescheid; die dagegen nach erfolglosem Einspruchsverfahren erhobene Klage wies das FG mit seinem in Entscheidungen der Finanzgerichte (EFG) 2006, 411 veröffentlichten Urteil ab.
Mit der Revision rügt die Klägerin Verletzung materiellen Rechts.
Sie beantragt sinngemäß, das angefochtene Urteil sowie den angefochtenen negativen Feststellungsbescheid in Gestalt der Einspruchsentscheidung aufzuheben.
Das FA beantragt im Wesentlichen unter Hinweis auf die Begründung des angefochtenen Urteils, die Revision als unbegründet zurückzuweisen.
II. Die Revision ist begründet; das angefochtene Urteil ist aufzuheben und die Sache zur anderweitigen Verhandlung und Entscheidung an das FG zurückzuverweisen (§ 126 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 der Finanzgerichtsordnung --FGO--).
Die Zurückverweisung ist geboten, weil die bisherigen tatsächlichen Feststellungen des FG für seine Auffassung, die Klägerin habe durch den Erwerb des Grundstücks und dessen späteren Verkauf ihre Absicht zur Vermietung der Immobilie aufgegeben und sei schon deshalb nicht mehr mit Einkünfteerzielungsabsicht i.S. des § 2 des Einkommensteuergesetzes (EStG) --vermietend-- tätig geworden, nicht ausreichen.
1. Der Abzug von Aufwendungen als Werbungskosten setzt nach § 9 Abs. 1 EStG voraus, dass sie der "Erwerbung, Sicherung und Erhaltung der Einnahmen" aus einer der Einkunftsarten i.S. des § 2 EStG dienen.
a) Dies erfordert die Absicht des Steuerpflichtigen, auf Dauer aus der betreffenden Einkunftsart --wie hier nach § 21 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 EStG-- einen Einnahmeüberschuss zu erzielen. Nach dem Regelungszweck des § 21 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 EStG ist bei einer auf Dauer angelegten Vermietungstätigkeit grundsätzlich --ohne Vornahme einer Totalüberschussprognose-- davon auszugehen, dass der Steuerpflichtige beabsichtigt, einen solchen Einnahmeüberschuss zu erwirtschaften (Urteil des Bundesfinanzhofs --BFH-- vom 30. September 1997 IX R 80/94, BFHE 184, 406, BStBl II 1998, 771). Hat der Steuerpflichtige den Entschluss, auf Dauer zu vermieten, endgültig gefasst, gelten diese Grundsätze für die Dauer seiner Vermietungstätigkeit auch dann, wenn er das bebaute Grundstück aufgrund eines neu gefassten Entschlusses --wie im Streitfall-- veräußert. Dagegen liegt ein gegen die Einkünfteerzielungsabsicht sprechendes Indiz vor, wenn der Steuerpflichtige ein bebautes Grundstück innerhalb eines engen zeitlichen Zusammenhangs --von in der Regel bis zu fünf Jahren-- seit der Anschaffung oder Herstellung wieder veräußert und innerhalb dieser Zeit nur einen Werbungskostenüberschuss erzielt (z.B. BFH-Urteil vom 9. Juli 2002 IX R 47/99, BFHE 199, 417, BStBl II 2003, 580).
b) Nach diesen Maßstäben sind Aufwendungen für eine Immobilie nach vorheriger auf Dauer angelegter Vermietung selbst dann, wenn sie anders als im Streitfall leer steht, jedenfalls als Werbungskosten abziehbar, solange der Steuerpflichtige den Entschluss zur Einkünfteerzielung im Zusammenhang mit dem Leerstand der Immobilie nicht endgültig aufgegeben hat. Eine solche endgültige Aufgabe ist nach ständiger Rechtsprechung nicht anzunehmen, solange sich der Steuerpflichtige ernsthaft und nachhaltig um eine Vermietung bemüht, selbst wenn er das Vermietungsobjekt daneben auch zum Erwerb anbietet (BFH-Urteil vom 9. Juli 2003 IX R 102/00, BFHE 203, 86, BStBl II 2003, 940; vom 9. Juli 2003 IX R 30/00, BFH/NV 2004, 1382; vom 14. Oktober 2003 IX R 11/03, BFH/NV 2004, 1384; vom 14. Juli 2004 IX R 56/01, BFH/NV 2005, 37; vom 5. April 2005 IX R 48/04, BFH/NV 2005, 1299).
Für die Ernsthaftigkeit und Nachhaltigkeit der Vermietungsbemühungen als Voraussetzungen einer fortbestehenden Einkünfteerzielungsabsicht, deren Feststellung und Würdigung im Wesentlichen dem FG als Tatsacheninstanz obliegt, trägt der Steuerpflichtige allerdings die Feststellungslast (BFH in BFHE 199, 417, BStBl II 2003, 580).
c) Ist anhand der objektiven Umstände davon auszugehen, dass der Steuerpflichtige den Entschluss, Einkünfte aus einer bestimmten Einkunftsart zu erzielen, endgültig gefasst hat, sind Aufwendungen im Übrigen selbst dann als Werbungskosten abziehbar, wenn sie nicht zum beabsichtigten Erfolg führen, aber im Falle ihrer bestimmungsgemäßen Verwendung in wirtschaftlichem Zusammenhang mit den Einkünften aus Vermietung und Verpachtung stünden (BFH-Urteil vom 4. März 1997 IX R 29/93, BFHE 183, 75, BStBl II 1997, 610, m.w.N.). Dementsprechend können auch nach Aufgabe der Einkünfteerzielungsabsicht vergebliche Werbungskosten weiter abziehbar sein, wenn der Steuerpflichtige sie --nachdem er das Scheitern seiner Investition erkannt hat-- tätigt, um sich aus der vertraglichen Verbindung zu lösen und so die Höhe der vergeblich aufgewendeten Kosten zu begrenzen (BFH-Beschluss vom 5. November 2001 IX B 92/01, BFHE 197, 139, BStBl II 2002, 144; vgl. auch BFH-Urteil vom 14. Januar 2003 IX R 74/00, BFH/NV 2003, 752, unter II. 3.). Denn der durch die Absicht der Einkünfteerzielung begründete Veranlassungszusammenhang wirkt fort, solange er nicht durch eine der Vermögenssphäre zuzuweisende neue Veranlassung überlagert wird (BFH-Urteil vom 15. November 2005 IX R 3/04, BFHE 212, 45, BStBl II 2006, 258; vgl. dazu auch Valentin, EFG 2004, 720, 721).
2. Nach Maßgabe dieser Grundsätze reichen die tatsächlichen Feststellungen des FG nicht aus, um von der Aufgabe der Einkünfteerzielungsabsicht der Klägerin im zeitlichen Zusammenhang mit dem Erwerb des Eigentums an dem Vermietungsobjekt im Streitjahr 1994 ausgehen zu können.
a) Geht man nämlich wie die Beteiligten und ersichtlich auch das FG aufgrund der in den Veranlagungszeiträumen vor 1994 festgestellten Tatsachen davon aus, dass der Klägerin bis einschließlich 1993 zu Recht --teils erst im Rahmen von Einspruchsverfahren-- das Vorliegen einer Einkünfteerzielungsabsicht zugebilligt wurde, kann die Tatsache des fremdfinanzierten Grundstückserwerbs allein nicht als Indiz für den Wegfall dieser Absicht gewertet werden, wenn
- die eventuelle Verkaufsabsicht nur neben die gleicherma- ßen fortbestehende (ernsthafte) Absicht zur Erzielung von Einkünften aus Vermietung und Verpachtung getreten ist, letztere also nicht endgültig aufgegeben wurde (BFH-Urteile in BFHE 203, 86, BStBl II 2003, 940; in BFH/NV 2004, 1382; in BFH/NV 2004, 1384; in BFH/NV 2005, 37; in BFH/NV 2005, 1299) oder
- eine eventuelle Verkaufsabsicht lediglich Ausdruck der Erkenntnis ist, auf Dauer keinen Einnahmeüberschuss aus der (konkreten) Vermietung des Objekts erzielen zu können und sich deshalb der Erwerb des Grundstücks als Maßnahme darstellen kann, um sich aus der Form des bisherigen verlustträchtigen Engagements durch eine dauerhafte Alternative (ohne die Grenzen des bestehen den Erbbaurechts) --z.B. auch durch eine nachhaltige bauliche Umgestaltung des Grundstücks zur Optimierung der Vermietungsmöglichkeiten oder ggf. zur generellen Beendigung des Engagements-- zu lösen (vgl. BFH-Urteile in BFHE 197, 139, BStBl II 2002, 144; in BFHE 212, 45, BStBl II 2006, 258).
b) Für das Streitjahr 1994 ist nach den bindenden tatsächlichen Feststellungen des FG angesichts der unverändert auch nach dem Erwerb des Grundstücks fortgesetzten Vermietungstätigkeit nach den Grundsätzen der BFH-Urteile in BFHE 203, 86, BStBl II 2003, 940 und in BFH/NV 2004, 1382 nicht allein wegen des Erwerbs eine endgültige Aufgabe der Einkünfteerzielungsabsicht anzunehmen. Denn die vom FG für die Aufgabe der Einkünfteerzielungsabsicht bezeichneten Indizien belegen allenfalls, dass die Klägerin neben der durch die tatsächliche Vermietung belegten Vermietungsabsicht auch eine Veräußerungsabsicht hatte. Dies reicht für die Annahme einer endgültigen Aufgabe der Vermietungsabsicht nicht aus, zumal konkrete Verkaufsaktivitäten nach den bisherigen Feststellungen des FG von der Klägerin im Streitjahr nicht entfaltet worden sind. Sie sind auch für die Folgejahre --entsprechend dem unwidersprochen gebliebenen Vortrag der Klägerin-- bis zum Verkauf im Jahre 2000 vom FG nicht festgestellt worden. Schließlich ist dieser Verkauf nach den tatsächlichen Feststellungen des FG nicht durch die Klägerin, sondern durch die Bank an einen von ihr vermittelten Erwerber veranlasst worden.
Soweit das FG diesem Einwand entgegen gehalten hat, dass ein Verkauf erst für die Zeit gegen Ende der vereinbarten tilgungsfreien Zeit des Darlehens vereinbart worden sei (28. Februar 1998), erklärt dies nicht, warum die Klägerin nicht spätestens ab diesem Zeitpunkt eigene Veräußerungsbemühungen unternommen hat.
Auf dieser Grundlage kann die Aufgabe der Einkünfteerzielungsabsicht entgegen der Auffassung des FG nicht allein aufgrund der durch den Erwerb des Mietobjekts entstandenen Fremdfinanzierungskosten sowie der Erörterungen über einen anzustrebenden Verkauf im Beirat und in der Geschäftsführung der Klägerin angenommen werden.
3. Die Sache ist nicht spruchreif. Die bisherigen tatsächlichen Feststellungen des FG reichen nicht aus, um die Frage nach der fehlenden Einkünfteerzielungsabsicht der Klägerin im Streitjahr 1994 beurteilen zu können; die insoweit fehlenden Feststellungen hat das FG nachzuholen.
Geht das FG dabei im Rahmen seiner erneuten Prüfung unverändert von einem Bestehen der bereits in Vorjahren geprüften und bestandskräftig --für das Streitjahr allerdings nicht bindend-- bejahten Einkünfteerzielungsabsicht vor dem Erwerb des Grundstücks aus, so hat es zur Feststellung einer endgültigen Aufgabe der Einkünfteerzielungsabsicht im Zusammenhang mit dem Erwerb des Grundstücks aufzuklären,
- aus welchen Gründen das Grundstück angesichts des noch bis zum Jahre 2044 bestehenden Erbbaurechts erworben wurde,
- ob trotz des Fehlens von Verkaufsaktivitäten der Kläge- rin konkrete Verkaufsabsichten tatsächlich bestanden oder ob entsprechende Absichtsbekundungen in den Darlehensvereinbarungen mit der Bank sowie in den Gremien der Klägerin lediglich formale Voraussetzungen der Kreditgewährung waren;
- ob, wenn konkrete Verkaufsabsichten bestanden, der ge- plante Verkauf dazu dienen sollte, die verlustträchtige Investition zu beenden und die weitere Entstehung von noch höheren Werbungskostenüberschüssen zu verhindern.
Insgesamt rechtfertigen die bisherigen Feststellungen des FG noch nicht die Annahme, dass die Mehrheit der Gesellschafter und damit die Gesellschaft als Ganzes den Erwerb betrieben hat, um weitere höhere Werbungskostenüberschüsse zu erwirtschaften. Denn das FG geht selbst davon aus, dass es "viele Gesellschafter gegeben haben mag, denen es aufgrund ihres Alters weniger auf derartige Steuervorteile als auf Ausschüttungen ankam".
Ende der Entscheidung
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