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Beginn der Entscheidung

Gericht: Bundesfinanzhof
Urteil verkündet am 31.05.2000
Aktenzeichen: IX R 51/97
Rechtsgebiete: EStG, BGB


Vorschriften:

EStG § 7b
BGB § 1093
BUNDESFINANZHOF

Beim teilentgeltlichen Erwerb eines Zweifamilienhauses, das eine vom Erwerber selbst genutzte Wohnung sowie eine Wohnung enthält, an der sich der Verkäufer ein Wohnungsrecht vorbehalten hat, sind zur Ermittlung der Bemessungsgrundlage der für die selbst genutzte Wohnung in Betracht kommenden erhöhten Absetzungen nach § 7b EStG die anteiligen Anschaffungskosten des Gebäudes im Verhältnis der Verkehrswerte auf die beiden Wohnungen aufzuteilen (Abgrenzung zum BFH-Urteil vom 7. Juni 1994 IX R 33, 34/92, BFHE 175, 70, BStBl II 1994, 927).

EStG § 7b BGB § 1093

Urteil vom 31. Mai 2000 - IX R 50, 51/97 -

Vorinstanz: FG Rheinland-Pfalz (EFG 1997, 1383)


Gründe

I.

Die Sache befindet sich im zweiten Rechtsgang.

Die Kläger und Revisionsbeklagten (Kläger) sind Eheleute, die zur Einkommensteuer zusammen veranlagt werden. Die Kläger erwarben von der Mutter der Klägerin im Dezember 1983 ein Zweifamilienhaus, das im Erdgeschoss und im Obergeschoss jeweils eine abgeschlossene Wohnung enthält; die Wohnung im Erdgeschoss umfasst zusammen mit den zugeordneten Nebenräumen 60 v.H. der Gesamtnutzfläche des Gebäudes, die Wohnung im Obergeschoss 40 v.H. Der vereinbarte Kaufpreis betrug 200 000 DM. Davon sollte ein Teilbetrag in Höhe von 52 800 DM dadurch beglichen werden, dass die Kläger der Mutter der Klägerin ein lebenslängliches dingliches Wohnungsrecht bestellten, das die alleinige Nutzung der Wohnung im Obergeschoss sowie eines Kellerraumes und die Mitbenutzung aller gemeinschaftlichen Einrichtungen des Hauses zum Gegenstand hatte. Die Nutzungen und Lasten gingen im Dezember 1983 auf die Kläger über. Zu diesem Zeitpunkt betrugen die Verkehrswerte des Grundstücks und des Gebäudes entsprechend einem Gutachten des Bausachverständigen 48 450 DM und 200 000 DM.

In den Streitjahren (1983 und 1986), in denen die Kläger die Wohnung im Erdgeschoss und die Mutter der Klägerin die Wohnung im Obergeschoss bewohnten, beanspruchten die Kläger bei den Einkünften aus Vermietung und Verpachtung gemäß § 21 Abs. 2 i.V.m. § 21a des Einkommensteuergesetzes (EStG) für die von ihnen selbst genutzte Wohnung erhöhte Absetzungen nach § 7b EStG in Höhe von 5 850 DM, die sie wie folgt berechneten:

abzgl. Wert des Grund und Bodens (1590 qm x 20 DM)

31 800,00 DM

169 806,91 DM

abzgl. Kapitalwert des Wohnungs- rechts (Jahreswert 4 800 DM x 11)

52 800,00 DM

Bemessungsgrundlage für die erhöhten Absetzungen für die Erdgeschosswohnung

117 006,91 DM

hiervon 5 v.H.

5 850,00 DM

Der Beklagte und Revisionskläger (das Finanzamt --FA--) berücksichtigte dagegen nur erhöhte Absetzungen in Höhe von 3 020 DM, die er wie folgt berechnete:

Anschaffungskosten des Gebäudes entsprechend dem Begehren der Kläger

117 006,91 DM

davon 51,61 v.H. entsprechend dem Wohnflächenanteil der Erdge- schosswohnung

60 386,79 DM hiervon 5 v.H. 3 019,33 DM

Die Einsprüche und Klagen blieben insoweit ohne Erfolg (Entscheidungen der Finanzgerichte --EFG-- 1992, 253).

Auf die Revisionen der Kläger hat der Senat die Vorentscheidungen mit Urteil vom 7. Juni 1994 IX R 33, 34/92 (BFHE 175, 70, BStBl II 1994, 927) aufgehoben und die Sache an das Finanzgericht (FG) zurückverwiesen.

Während des zweiten Rechtsgangs änderte das FA die Einkommensteuerfestsetzungen durch Bescheide vom 4. Dezember 1995, die gemäß § 68 der Finanzgerichtsordnung (FGO) jeweils Gegenstand des Verfahrens wurden. Das FA ging in diesen Bescheiden davon aus, dass --entsprechend dem Berechnungsschema im Schreiben des Bundesministeriums der Finanzen (BMF) vom 31. Dezember 1994 IV B 3 -S 2225a- 294/94 (BStBl I 1994, 887 Tz. 55)-- die anteiligen Anschaffungskosten des Gebäudes auf die selbst genutzte Wohnung und auf die dem Wohnungsrecht unterliegende Wohnung im Verhältnis der Verkehrswerte der beiden Wohnungen zu verteilen seien. Entsprechend legte das FA der Berechnung der erhöhten Absetzungen eine Bemessungsgrundlage von 91 268 DM zugrunde.

Das FG entschied im zweiten Rechtsgang, dass nach Maßgabe des Senatsurteils in BFHE 715, 70, BStBl II 1994, 927 bei der Ermittlung der Bemessungsgrundlage für die erhöhten Absetzungen der Gebäudeanteil der Anschaffungskosten um den Anteil der nicht der Einkünfteerzielung der Kläger dienenden Obergeschosswohnung der Mutter der Klägerin zu vermindern sei, der sich aufgrund des Nutzflächenanteils dieser Wohnung abzüglich des kapitalisierten Werts des Wohnungsrechts ergebe. Das FG gelangte auf diese Weise zu einer Bemessungsgrundlage von 119 046 DM (EFG 1997, 1383).

Mit der Revision rügt das FA Verletzung des § 7b EStG. Es beantragt, die Vorentscheidungen aufzuheben und die Klagen abzuweisen.

Die Kläger haben von einer Stellungnahme abgesehen.

Der Senat hat die Rechtssachen IX R 50/97 und IX R 51/97 gemäß § 121 Satz 1, § 73 Abs. 1 Satz 1 FGO zur gemeinsamen Entscheidung verbunden.

II.

Die Revisionen sind begründet. Sie führen zur Aufhebung der Vorentscheidungen und zur Abweisung der Klagen (§ 126 Abs. 3 Nr. 1 FGO).

1. a) Der Erwerber eines Zweifamilienhauses, der nur eine der beiden Wohnungen für eigene Wohnzwecke nutzt, während die andere Wohnung vom Verkäufer aufgrund eines vorbehaltenen Wohnungsrechts bewohnt wird, kann erhöhte Absetzungen nach § 7b EStG nur für den Anteil der Anschaffungskosten des Gebäudes beanspruchen, der auf die selbst genutzte Wohnung entfällt (Senatsurteil in BFHE 175, 70, BStBl II 1994, 927). Der auf die selbst genutzte Wohnung entfallende Teil der Anschaffungskosten des Gebäudes ist in der Weise zu ermitteln, dass zunächst die gesamten Anschaffungskosten für Grund und Boden und das Gebäude festzustellen sind. Dabei ist zu beachten, dass die Einräumung des Wohnungsrechts keine Gegenleistung des Erwerbers darstellt. Vielmehr mindert das Wohnungsrecht von vornherein den Wert des übertragenen Vermögens (Senatsurteil in BFHE 175, 70, BStBl II 1994, 927, unter 2. a, m.w.N.). Die Anschaffungskosten, ggf. zuzüglich Anschaffungsnebenkosten, sind sodann auf die beiden Wirtschaftsgüter Grund und Boden sowie Gebäude im Verhältnis der Verkehrswerte dieser Wirtschaftsgüter aufzuteilen (Senatsurteil in BFHE 175, 70, BStBl II 1994, 927, unter 2. b, m.w.N.). Dabei ist --worauf das FA zu Recht hingewiesen hat-- die Belastung mit dem Wohnungsrecht zu berücksichtigen. Der bei der Aufteilung der Anschaffungskosten zu berücksichtigende Verkehrswert des Gebäudes berechnet sich daher in der Weise, dass zunächst der ohne die Belastung mit dem Wohnungsrecht anzusetzende Verkehrswert des Gebäudes im Verhältnis der Nutzflächen der Wohnungen auf diese zu verteilen ist. Vom Verkehrswert der dem Wohnungsrecht unterliegenden Wohnung ist sodann der Kapitalwert des Wohnungsrechts abzuziehen (vgl. auch BMF-Schreiben in BStBl I 1994, 887, 895 Tz. 55 Satz 6), wobei ein Bodenwertanteil des Wohnungsrechts nicht zu berücksichtigen ist (Senatsurteil in BFHE 175, 70, BStBl II 1994, 927, unter 2. c, m.w.N.). Der Verkehrswert des Gebäudes ergibt sich nunmehr durch Addition der Verkehrswerte der beiden Wohnungen. Die durch Verteilung im Verhältnis der Verkehrswerte von Grund und Boden und Gebäude ermittelten anteiligen Anschaffungskosten des Gebäudes sind schließlich auf die beiden Wohnungen aufzuteilen. Diese Aufteilung hat in Fällen des teilentgeltlichen Erwerbs im Verhältnis der Verkehrswerte der beiden Wohnungen zu erfolgen. Dieser Aufteilungsmaßstab gewährleistet eine angemessene Verteilung der Anschaffungskosten des Gebäudes auf die beiden Wohnungen, da der Kapitalwert des Wohnungsrechts bei der Ermittlung des Verkehrswerts der dem Wohnungsrecht unterliegenden Wohnung abgezogen wird.

b) Das FG ist demgegenüber zu Unrecht davon ausgegangen, im Streitfall seien die anteiligen Anschaffungskosten des Gebäudes im Verhältnis der Nutzflächen auf die beiden Wohnungen aufzuteilen, wobei vom Anteil der dem Wohnungsrecht unterliegenden Wohnung der Kapitalwert des Wohnungsrechts abzuziehen sei. Zwar entspricht dieser Verteilungsmaßstab den Grundsätzen des Senatsurteils in BFHE 175, 70, BStBl II 1994, 927 (unter 2. c). Dieses Urteil ist jedoch insoweit auf den Streitfall nicht anwendbar. Denn es bezieht sich, wie sich aus dem ersten Leitsatz der Entscheidung ergibt, auf Fälle des (voll-)entgeltlichen Erwerbs. Im Streitfall handelt es sich jedoch nach den Feststellungen des FG im zweiten Rechtsgang um einen teilentgeltlichen Erwerb. Das FA hat zu Recht darauf hingewiesen, dass in Fällen des teilentgeltlichen Erwerbs die Aufteilung der anteiligen Anschaffungskosten des Gebäudes im Verhältnis der Nutzflächen unter Abzug des Kapitalwerts des Wohnungsrechts vom Anteil der dem Wohnungsrecht unterliegenden Wohnung zu unangemessenen Ergebnissen führen kann (vgl. auch R 13 Abs. 6 Satz 2 zu § 4 der Einkommensteuer-Richtlinien --EStR-- 1999). Dies verdeutlicht im Streitfall die Berechnung des FG, das zu Unrecht die gesamten in der Vorentscheidung angesetzten Anschaffungskosten des Gebäudes der selbst genutzten Wohnung zugeordnet und auf diese Weise nicht berücksichtigt hat, dass die Kläger auch die dem Wohnungsrecht unterliegende Wohnung im Obergeschoss erworben haben.

c) Das FG war hinsichtlich des Maßstabs zur Verteilung der anteiligen Anschaffungskosten des Gebäudes auch nicht an die rechtliche Beurteilung des Senats im ersten Rechtsgang gemäß § 126 Abs. 5 FGO gebunden. Denn der damals zugrunde gelegte Sachverhalt hat sich aufgrund der im zweiten Rechtsgang getroffenen Feststellungen zum Vorliegen eines teilentgeltlichen Erwerbs in einer für die Entscheidung erheblichen Weise geändert (vgl. Gräber/Ruban, Finanzgerichtsordnung, 4. Aufl., § 126 Anm. 21, m.w.N.).

2. Die Sachen sind spruchreif.

a) Die Klagen sind abzuweisen. Die Änderungsbescheide vom 4. Dezember 1995 sind rechtmäßig. Das FA ist zutreffend davon ausgegangen, dass die anteiligen Anschaffungskosten der von den Klägern selbst genutzten Wohnung 91 268 DM betragen. Diese Bemessungsgrundlage berechnet sich wie folgt (s.o. II. 1. a):

1 Anschaffungskosten des bebauten Grundstücks (200 000 DM zzgl. Anschaffungsnebenkosten in Höhe von rd. 1 607 DM abzgl. Kapitalwert des Wohnungsrechts in Höhe von 52 800 DM)

148 807 DM 2 Verkehrswert der selbst genutzten Wohnung (60 v.H. der Nutzfläche)

120 000 DM

3

Verkehrswert der dem Wohnungsrecht unterlie- genden Wohnung (40 v.H.)

80 000 DM 4 abzgl. Kapitalwert des Wohnungsrechts 52 800 DM

5

Verkehrswert der dem Wohnungsrecht unterlie- genden Wohnung

27 200 DM 6 Verkehrswert des Gebäudes (Summe von Zeile 2 und 5)

147 200 DM 7 Verkehrswert des Grund und Bodens lt. Sachver- ständigengutachten

48 450 DM 8 Verkehrswert des bebauten Grundstücks (Summe von Zeile 6 und 7)

195 650 DM

9 anteilige Anschaffungskosten des Grund und Bodens (im Verhältnis der Verkehrswerte des Grund und Bodens und des bebauten Grundstücks unter Berücksichtigung des Wohnungsrechts: 48 450 DM x 148 807 DM) 195 650 DM

36 850 DM 10 anteilige Anschaffungskosten des Gebäudes (Differenz von Zeilen 1 und 9)

111 957 DM 11 anteilige Anschaffungskosten der dem Wohnungs- recht unterliegenden Wohnung (im Verhältnis des Verkehrswertes der dem Wohnungsrecht unter- liegenden Wohnung zum Verkehrswert des gesamten Gebäudes: 27 200 DM x 111 957 DM) 147 200 DM

20 689 DM

12

anteilige Anschaffungskosten der selbst ge- nutzten Wohnung (Differenz von Zeilen 10 und 11)

91 268 DM

b) Der Senat ist nicht aufgrund der Beschlüsse des Bundesverfassungsgerichts vom 10. November 1998 2 BvL 42/93, 2 BvR 1220/93, 2 BvR 1852 und 1853/97 (BStBl II 1999, 174, 193, 194) an einer abschließenden Entscheidung in der Sache gehindert. Die Rechte der Kläger sind ausreichend gewahrt, da das zu versteuernde Einkommen der Kläger im Streitjahr 1983 unterhalb des im BMF-Schreiben vom 14. März 2000 IV C 4 -S 2282a- 35/00 (BStBl I 2000, 413, 417) aufgeführten Betrags liegt und die Steuer für das Streitjahr 1986 hinsichtlich der Höhe der Kinderfreibeträge vorläufig festgesetzt worden ist.

Ende der Entscheidung

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