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Beginn der Entscheidung

Gericht: Bundesfinanzhof
Urteil verkündet am 12.05.2009
Aktenzeichen: IX R 53/08
Rechtsgebiete: EigZulG, EStG


Vorschriften:

EigZulG § 6 Abs. 1 S. 1
EigZulG § 6 Abs. 2 S. 3
EigZulG § 9 Abs. 2
EStG § 26 Abs. 1
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Gründe:

I.

Die Klägerin und Revisionsklägerin (Klägerin) errichtete zusammen mit ihrem Ehemann ein Einfamilienhaus, das ab Oktober 1998 zu eigenen Wohnzwecken genutzt wurde. Der Beklagte und Revisionsbeklagte (das Finanzamt --FA--) setzte für das den Ehegatten zu hälftigem Miteigentum gehörende Objekt antragsgemäß Eigenheimzulage fest und gewährte für den Förderzeitraum 1998 bis 2005 den Fördergrundbetrag in Höhe von 5 000 DM sowie Kinderzulagen für zwei Kinder.

Im Jahr 2000 trennten sich die Eheleute auf Dauer; der Ehemann der Klägerin zog am 3. August 2000 aus dem geförderten Objekt aus. Daraufhin setzte das FA mit Bescheid vom 1. Februar 2002 die Eigenheimzulage ab 2001 gegenüber der Klägerin entsprechend ihrem hälftigen Miteigentumsanteil neu fest und hob mit Bescheid vom gleichen Datum die Eigenheimzulage für den Ehemann auf. Diese Bescheide wurden bestandskräftig.

Im Streitjahr 2002 wurden die Eheleute geschieden; im Zuge der Scheidung erwarb die Klägerin mit notariell beurkundetem Vertrag vom 10. September 2002 den hälftigen Miteigentumsanteil ihres Ehemannes an dem Einfamilienhaus. Unter dem 2. Oktober 2002 beantragte die Klägerin mit Blick auf den Erwerb des anderen Hälfteanteils die Neufestsetzung der Eigenheimzulage ab 2002 und die Gewährung des vollen Fördergrundbetrages in Höhe von 2 556 EUR. Das FA lehnte eine Neufestsetzung der Eigenheimzulage mit der Begründung ab, dass nach Wegfall der Voraussetzungen der Zusammenveranlagung nach § 26 Abs. 1 des Einkommensteuergesetzes (EStG) für die Klägerin Objektverbrauch eingetreten sei; der Erwerb des Miteigentumsanteils ihres früheren Ehemannes sei ein neuer Objekterwerb, der nicht mehr mit der Eigenheimzulage gefördert werden könne.

Einspruch und Klage hatten keinen Erfolg. Das Finanzgericht (FG) folgte der Auffassung des FA, wonach der im Fall der Zusammenveranlagung nach § 26 Abs. 1 EStG suspendierte Objektverbrauch (§ 6 Abs. 2 Satz 2 des Eigenheimzulagengesetzes in der im Streitjahr geltenden Fassung --EigZulG--) bei der Trennung der Ehegatten wieder auflebe, so dass mit Wegfall der Zusammenveranlagungsvoraussetzungen bei jedem Ehegatten Objektverbrauch eintrete. Durch eine Übertragung des Miteigentumsanteils nach Wegfall der Voraussetzungen für eine Zusammenveranlagung könne dieser Objektverbrauch nicht rückgängig gemacht werden. Daher stehe im Streitfall weder dem Übernehmenden noch dem übertragenden Ehegatten für ein weiteres Objekt der Fördergrundbetrag nach § 9 Abs. 2 EigZulG zu. Objektverbrauch trete lediglich dann nicht ein, wenn der Miteigentumsanteil in einem Kalenderjahr übertragen werde, in dem die Voraussetzungen des § 26 Abs. 1 EStG noch vorgelegen haben; dies sei im Streitfall jedoch nicht geschehen.

Mit ihrer Revision vertritt die Klägerin weiter die Auffassung, dass ihr aufgrund des Hinzuerwerbs des hälftigen Miteigentumsanteils ihres früheren Ehemannes nach § 6 Abs. 2 Satz 3 EigZulG der volle Fördergrundbetrag in der bisherigen Höhe zustehe. Der hinzuerworbene Miteigentumsanteil werde zusammen mit ihrem Miteigentumsanteil als ein Objekt behandelt. Daher sei ab dem Streitjahr 2002 der volle Fördergrundbetrag zu gewähren. Dies sehe im Übrigen auch die Finanzverwaltung so (Schreiben des Bundesministeriums der Finanzen --BMF-- vom 10. Februar 1998, BStBl I 1998, 190, Rz 45).

Die Klägerin beantragt sinngemäß,

das angefochtene Urteil des FG vom 28. März 2008 aufzuheben und das FA zu verpflichten, die Eigenheimzulage ab 2002 --unter Änderung der angefochtenen Eigenheimzulagenbescheide in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 19. Dezember 2005-- mit der Maßgabe neu festzusetzen, dass für den verbleibenden Förderzeitraum ein Fördergrundbetrag in Höhe von 2 556 EUR jährlich festgesetzt wird.

Das FA beantragt,

die Revision zurückzuweisen.

Es vertritt die Auffassung, dass das FG zu Recht davon ausgegangen sei, dass für die Klägerin Objektverbrauch eingetreten sei, welcher durch den Hinzuerwerb des hälftigen Miteigentumsanteils an dem geförderten Objekt nicht rückgängig gemacht werden könne.

II.

Die Revision ist begründet. Sie führt zur Aufhebung der Vorentscheidung und zur Stattgabe der Klage (§ 126 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 der Finanzgerichtsordnung --FGO--). Das FG ist zu Unrecht davon ausgegangen, dass die Klägerin den auf den hinzuerworbenen Miteigentumsanteil ihres Ehegatten entfallenden Fördergrundbetrag nicht weiter in der bisherigen Höhe in Anspruch nehmen kann.

1.

Nach § 6 Abs. 1 Satz 1 EigZulG kann der Anspruchsberechtigte die Eigenheimzulage nur für ein "Objekt" in Anspruch nehmen; Ehegatten, bei denen die Voraussetzungen des § 26 Abs. 1 EStG vorliegen, können nach Satz 2 der Vorschrift die Eigenheimzulage grundsätzlich für insgesamt zwei Objekte beanspruchen. Sind mehrere Anspruchsberechtigte Eigentümer einer Wohnung, steht jeder Anteil an dieser Wohnung einer Wohnung gleich (§ 6 Abs. 2 Satz 1 1. Halbsatz EigZulG). Dies gilt nach Satz 2 der Vorschrift indes nicht, wenn nach § 26 Abs. 1 EStG zusammen veranlagte Ehegatten Eigentümer der Wohnung sind. Fallen während des Förderzeitraums bei Ehegatten die Voraussetzungen der Zusammenveranlagung nach § 26 Abs. 1 EStG weg und erwirbt ein Ehegatte den Anteil des anderen Ehegatten an der geförderten Wohnung hinzu, kann der erwerbende Ehegatte den auf den hinzuerworbenen Anteil entfallenden Fördergrundbetrag nach § 9 Abs. 2 bis 4 EigZulG weiter in der bisherigen Höhe in Anspruch nehmen (§ 6 Abs. 2 Sätze 3 und 4 EigZulG).

2.

Die Klägerin hat im Jahr 1998 zunächst einen hälftigen Miteigentumsanteil an dem zusammen mit ihrem Ehemann errichteten Einfamilienhaus erworben. Dieser Miteigentumsanteil galt nach dem Wegfall der Voraussetzungen für eine Zusammenveranlagung zwar als eigenständiges "Objekt" i.S. des § 6 Abs. 2 Sätze 1 und 2 EigZulG. Da die Klägerin den anderen Miteigentumsanteil indes noch während des Förderzeitraums von ihrem Ehegatten --nach Wegfall der Voraussetzungen einer Zusammenveranlagung-- hinzuerworben hat, kann sie --ab dem Zeitpunkt der Übertragung-- die Förderbeträge auch hinsichtlich des hinzuerworbenen Anteils weiter in der bisherigen Höhe beanspruchen (§ 6 Abs. 2 Sätze 3 und 4 EigZulG). Die Klägerin ist insoweit in die Position des veräußernden Ehegatten eingetreten. Denn ab dem Zeitpunkt des Hinzuerwerbs ist der Miteigentumsanteil der Klägerin sowie der hinzuerworbene Miteigentumsanteil des veräußernden Ehegatten wieder als ein Objekt zu behandeln (Urteil des Bundesfinanzhofs vom 18. Juli 2001 X R 39/97, BFHE 196, 139, BStBl II 2002, 284, zu § 10e EStG; BMF-Schreiben in BStBl I 1998, 190, Rz 45; Wacker, EigZulG, 3. Aufl., § 6 Rz 81).

Hierbei ist es nicht erforderlich, dass --wovon aber das FG ausgegangen ist-- die Voraussetzungen einer Zusammenveranlagung nach § 26 Abs. 1 EStG im Zeitpunkt der Inanspruchnahme des auf den übertragenen Anteil entfallenden Fördergrundbetrages --und mithin im Veranlagungszeitraum der Übernahme des Miteigentumsanteiles-- noch vorgelegen haben. Vielmehr genügt es, wenn der erwerbende Anspruchsberechtigte den Anteil des anderen Ehegatten an dem geförderten Objekt "im sachlichen Zusammenhang" mit dem Wegfall der Voraussetzungen des § 26 Abs. 1 EStG erwirbt (BMF-Schreiben in BStBl I 1998, 190). Diese Voraussetzung ist im Streitfall gegeben. Die Klägerin hat den weiteren Miteigentumsanteil während des Förderzeitraums im Zusammenhang mit der Scheidung von ihrem Ehemann erworben.

3.

Die Sache ist spruchreif. Nach den den Senat gemäß § 118 Abs. 2 FGO bindenden Feststellungen des FG liegen die weiteren Voraussetzungen für die Gewährung des auf den hinzuerworbenen Anteils entfallenen Fördergrundbetrags vor. Der Klage ist daher stattzugeben. Die Höhe der gewährten Kinderzulagen ist nicht streitig; sie sind im bisherigen Umfang festzusetzen.

Ende der Entscheidung

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