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Gericht: Bundesfinanzhof
Urteil verkündet am 27.10.1998
Aktenzeichen: IX R 59/95
Rechtsgebiete: EStG, FGO, WEG


Vorschriften:

EStG § 9 Abs. 1 Satz 3 Nr. 1
FGO § 126 Abs. 3 Nr. 2
WEG § 30 Abs. 2
WEG § 3
WEG § 8
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Gründe:

Die Kläger und Revisionskläger (Kläger) errichteten auf einem zu ihren Gunsten mit einem Erbbaurecht belasteten Grundstück ein Gebäude. Das Erbbaurecht hatten sie im Juni 1990 in zwei Wohnungserbbaurechte aufgeteilt. Eines davon (1/3 Miteigentumsanteil) betraf das Sondereigentum an der Kellergeschoßwohnung des damals noch im Bau befindlichen Gebäudes; diese Wohnung haben die Kläger ab Bezugsfertigkeit (Ende August 1991) fremdvermietet. Das andere Wohnungserbbaurecht (2/3 Miteigentumsanteil) bezog sich auf die von den Klägern nach Fertigstellung (Anfang August 1991) selbstgenutzte Wohnung im Erd- und Dachgeschoß.

Die Herstellungskosten für das Gebäude betrugen 292 966 DM, die die Kläger u.a. mit einem erstrangigen Darlehen in Höhe von 110 000 DM und einem nachrangigen Darlehen in Höhe von 85 000 DM finanzierten. Die Bank führte für die Darlehen getrennte Konten. Das gesamte Darlehen (195 000 DM) war zunächst auf dem Erbbaurecht abgesichert und wurde beim grundbuchmäßigen Vollzug der Teilungserklärung in beide Wohnungserbbaugrundbücher übertragen.

In ihrer Einkommensteuererklärung des Streitjahres 1993 machten die Kläger 88,84 v.H. der für das erstrangige Darlehen gezahlten Schuldzinsen als Werbungskosten bei den Einkünften aus Vermietung und Verpachtung geltend. Die auf die vermietete Wohnung entfallenden anteiligen Herstellungskosten seien ausschließlich mit diesem Darlehen finanziert worden.

Der Beklagte und Revisionsbeklagte (das Finanzamt --FA--) berücksichtigte nur den rechnerisch --im Verhältnis der Wohnflächen-- auf die vermietete Wohnung entfallenden Anteil der Zinsen.

Die nach im Streitpunkt erfolglosem Einspruch erhobene Klage hat das Finanzgericht (FG) abgewiesen. Die Arbeiten zum Herstellen des Gebäudes seien von den Klägern im wesentlichen insgesamt gegen Vereinbarung einer einheitlichen Vergütung in Auftrag gegeben und abgerechnet worden; damit bestehe keine Möglichkeit, eines der Darlehen konkret einer der beiden Wohnungen zuzuordnen. Das Urteil ist in Entscheidungen der Finanzgerichte (EFG) 1996, 365 veröffentlicht.

Mit ihrer Revision rügen die Kläger Verletzung von § 9 Abs. 1 Satz 3 Nr. 1 des Einkommensteuergesetzes (EStG).

Die Kläger beantragen, das Urteil des FG aufzuheben und unter Abänderung des Einkommensteuerbescheides 1993 in Gestalt der Einspruchsentscheidung weitere Schuldzinsen in Höhe von 2 929 DM als Werbungskosten bei den Einkünften aus Vermietung und Verpachtung zu berücksichtigen.

Das FA beantragt, die Revision als unbegründet zurückzuweisen.

Die Revision ist begründet. Sie führt zur Aufhebung der Vorentscheidung und zur Zurückverweisung der Sache an das FG zur anderweitigen Verhandlung und Entscheidung (§ 126 Abs. 3 Nr. 2 der Finanzgerichtsordnung --FGO--). Die Feststellungen des FG erlauben dem Senat keine abschließende Prüfung, ob und inwieweit die von den Klägern aufgenommenen Darlehen tatsächlich zur Finanzierung der Herstellung der vermieteten Wohnung verwendet worden sind.

1. Nach § 9 Abs. 1 Satz 3 Nr. 1 EStG sind Schuldzinsen (und sonstige Kreditkosten) als Werbungskosten abziehbar, soweit sie mit einer bestimmten Einkunftsart in wirtschaftlichem Zusammenhang stehen. Ein solcher wirtschaftlicher Zusammenhang ist dann gegeben, wenn die Schuldzinsen für eine Verbindlichkeit geleistet worden sind, die durch die Einkünfteerzielung veranlaßt ist. Diese Voraussetzung ist erfüllt, wenn und soweit das Darlehen tatsächlich zum Erzielen von Einkünften --im vorliegenden Falle von solchen aus Vermietung und Verpachtung-- verwendet worden ist (z.B. Beschlüsse des Großen Senats des Bundesfinanzhofs --BFH-- vom 4. Juli 1990 GrS 2-3/88, BFHE 161, 290, BStBl II 1990, 817, unter C. II. 2., und vom 8. Dezember 1997 GrS 1-2/95, BFHE 184, 7, BStBl II 1998, 193, unter B. I. 1. und 2.; Senatsurteile vom 2. August 1994 IX R 21/91, BFH/NV 1995, 203, und vom 29. Juli 1997 IX R 89/94, BFHE 184, 80, BStBl II 1997, 772). Ein bloßer rechtlicher Zusammenhang --etwa aufgrund einer Belastung des Grundstücks mit einer Hypothek-- reicht nicht aus (vgl. Senatsurteil in BFHE 184, 80, BStBl II 1997, 772, m.w.N.). Der wirtschaftliche Zusammenhang kann nicht durch einen bloßen Willensakt des Steuerpflichtigen begründet werden (Senatsbeschluß vom 22. Februar 1994 IX B 119/93, BFH/NV 1994, 778; BFH-Urteil vom 24. April 1997 VIII R 53/95, BFHE 183, 155, BStBl II 1997, 682, unter II. 1. c, jeweils m.w.N.). Unerheblich ist andererseits aber auch, ob und weshalb der Steuerpflichtige vorhandene Eigenmittel nicht zum Bestreiten der mit Darlehen finanzierten Aufwendungen eingesetzt hat. Er ist frei, wie er Fremd- und Eigenmittel verwendet; seine tatsächlich durchgeführte Entscheidung ist der Besteuerung zugrunde zu legen (vgl. dazu z.B. Beschluß in BFHE 184, 7, BStBl 1998, 193, unter B. I. 2.).

2. Die Feststellung, wofür das Darlehen und dementsprechend die Zinsen, deren Abzug als Werbungskosten begehrt wird, im Einzelfall tatsächlich verwendet worden sind, obliegt dem FG als Tatsacheninstanz (vgl. Senatsurteil in BFHE 184, 80, BStBl II 1997, 772, unter 1. a cc).

Die objektive Beweislast (Feststellungslast) für das Vorliegen des wirtschaftlichen Zusammenhangs mit einer Einkunftsart als Voraussetzung für den steuermindernden Abzug der geltend gemachten Aufwendungen trägt der Steuerpflichtige (Urteil in BFHE 183, 155, BStBl II 1997, 682, unter II. 1. c, m.w.N.).

3. Dient ein Gebäude nicht nur dem Erzielen von Einkünften aus Vermietung und Verpachtung, sondern auch der Selbstnutzung und werden die Darlehensmittel lediglich teilweise zur Einkünfteerzielung verwandt, so sind die für den Kredit entrichteten Zinsen nur anteilig als Werbungskosten abziehbar (z.B. BFH-Beschluß in BFHE 161, 290, BStBl II 1990, 817, unter C. II. 3. d, m.w.N.; vgl. auch Senatsurteil vom 23. August 1993 IX R 151/89, BFH/NV 1994, 537, unter 4.). Wie der Senat durch Urteil vom 27. Oktober 1998 IX R 44/95 (BFHE ..., ...) entschieden hat, kann der Steuerpflichtige allerdings ein Darlehen mit steuerrechtlicher Wirkung gezielt einem bestimmten, der Einkünfteerzielung dienenden Gebäudeteil dadurch zuordnen, daß er die Darlehensvaluta (und damit auch die für das Darlehen gezahlten Zinsen) tatsächlich zur Finanzierung der Herstellung dieses Gebäudeteils verwendet. Nach den auch im Streitfall anwendbaren Grundsätzen des Urteils IX R 44/95 sind die von den Klägern gezahlten Darlehenszinsen als Werbungskosten bei den Einkünften aus Vermietung und Verpachtung des eigenständigen Wirtschaftsgutes "fremden Wohnzwecken dienender Gebäudeteil" zu berücksichtigen, wenn und soweit die Kläger diesem Wirtschaftsgut die zu seiner Herstellung eingesetzten Aufwendungen zugeordnet und --objektiv nachprüfbar-- mit den aufgenommenen Fremdmitteln finanziert haben. Zur Vermeidung von Wiederholungen verweist der Senat insoweit auf die Gründe des Urteils IX R 44/95.

4. Aus dieser Entscheidung ergibt sich, daß die Möglichkeit der Zuordnung der Fremdmittel nicht von der Teilung des Erbbaurechts in zwei Wohnungserbbaurechte (vgl. dazu § 30 Abs. 2 des Wohnungseigentumsgesetzes --WEG-- i.V.m. § 3 und § 8 WEG) abhängt. Entscheidend ist nur, ob der Steuerpflichtige --objektiv nachprüfbar-- Darlehensmittel durch ihre tatsächliche Verwendung der Einkunftssphäre zugeordnet hat.

5. Die Sache ist nicht spruchreif. Das FG hat keine Feststellungen dazu getroffen, ob die Kläger dem eigenständigen Wirtschaftsgut "fremden Wohnzwecken dienender Gebäudeteil" Herstellungskosten zugeordnet und --objektiv nachprüfbar-- gesondert mit Fremdmitteln finanziert haben. Die Sache geht daher an das FG zurück, damit dieses die notwendigen Feststellungen nachholt.

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