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Gericht: Bundesfinanzhof
Urteil verkündet am 14.10.2003
Aktenzeichen: IX R 60/02
Rechtsgebiete: EStG, HGB, II.WoBauG, WoFG
Vorschriften:
EStG § 11 Abs. 1 | |
EStG § 21 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 | |
HGB § 255 Abs. 2 | |
II.WoBauG § 88d | |
II.WoBauG § 1 Abs. 2 Satz 2 | |
II.WoBauG § 2 Abs. 2 Buchst. e | |
WoFG § 1 Abs. 2 |
Gründe:
I.
Der Kläger und Revisionsbeklagte (Kläger) erwarb 1992 für 230 000 DM eine im Herbst 1993 fertiggestellte Eigentumswohnung, die er ab November 1993 vermietete. Er erhielt 1993 Landesmittel nach dem sog. Dritten Förderungsweg in Höhe von 53 300 DM und unterlag deshalb einer Mietpreisbindung sowie einem Belegungsrecht.
Ab dem Veranlagungszeitraum 1993 machte der Kläger in Bezug auf dieses Objekt Werbungskostenüberschüsse bei den Einkünften aus Vermietung und Verpachtung geltend. Dabei setzte er die Landesmittel aus dem Dritten Förderungsweg weder bei der Bemessungsgrundlage der Absetzung für Abnutzung (AfA) ab noch erfasste er sie als Einnahmen. Der Beklagte und Revisionskläger (das Finanzamt --FA--) veranlagte den Kläger für die Streitjahre (1996 bis 1998) zunächst erklärungsgemäß. Nachdem ihm im Jahr 2000 bekannt wurde, dass der Kläger leistungs- und rückzahlungsfreie Baumittel erhalten hatte, kürzte er die AfA-Bemessungsgrundlage um 53 000 DM und erließ geänderte Einkommensteuerbescheide für die Streitjahre.
Der nach erfolglosen Einsprüchen erhobenen Klage gab das Finanzgericht (FG) mit seinem in Entscheidungen der Finanzgerichte (EFG) 2003, 462 veröffentlichten Urteil statt. Die vom Land erhaltenen öffentlichen Mittel seien Einnahmen des Klägers aus Vermietung und Verpachtung, die ihm allerdings nicht in den Streitjahren zugeflossen seien.
Hiergegen richtet sich die Revision des FA, mit der es die Verletzung materiellen Rechts rügt: Die öffentlichen Mittel, um die es hier gehe, hingen trotz der Mietpreisbindung und des Belegungsrechts nicht mit der Gebrauchsüberlassung des Grundstücks zusammen. Damit fördere der Staat auch die Nutzung zu eigenen Wohnzwecken. Bei selbstgenutzten Wohnungen komme nur der Abzug von der Bemessungsgrundlage in Betracht, so dass die steuerrechtliche Behandlung als Einnahme aus Vermietung und Verpachtung gleiche Fälle ungleich behandele.
Das FA beantragt, das angefochtene Urteil aufzuheben und die Klage abzuweisen.
Der Kläger beantragt sinngemäß, die Revision als unbegründet zurückzuweisen.
II.
Die Revision ist unbegründet und deshalb nach § 126 Abs. 2 der Finanzgerichtsordnung (FGO) zurückzuweisen. Zutreffend hat die Vorentscheidung die Mittel nach dem sog. Dritten Förderungsweg als Einnahmen des Klägers aus Vermietung und Verpachtung gewertet.
1. Gegenleistungen für die zeitliche Überlassung des Gebrauchs oder der Nutzung von unbeweglichem Vermögen sind Einnahmen aus Vermietung und Verpachtung i.S. von § 21 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 des Einkommensteuergesetzes (EStG). Unerheblich ist dabei, ob der Mieter selbst oder ein Dritter die Gegenleistung erbringt. Die Leistung eines Dritten muss jedoch in unmittelbarem rechtlichen und wirtschaftlichen Zusammenhang mit der Überlassung des Gebrauchs oder der Nutzung stehen, wie dies z.B. bei einer Mietpreisbindung oder einem Belegungsrecht der Fall ist (vgl. Urteile des Bundesfinanzhofs --BFH-- vom 26. März 1991 IX R 104/86, BFHE 164, 263, BStBl II 1992, 999; vom 25. Januar 1994 IX R 121/90, BFH/NV 1994, 845, und vom 23. März 1995 IV R 58/94, BFHE 177, 385, BStBl II 1995, 702).
2. Ein solcher unmittelbarer rechtlicher und wirtschaftlicher Zusammenhang besteht zwischen den dem Kläger gewährten Fördermitteln nach dem sog. Dritten Förderungsweg und der Gebrauchsüberlassung der Wohnung.
a) Wohnungsbauförderung nach dem Dritten Förderungsweg geschieht durch vereinbarte Förderung auf der Grundlage von § 88d des Zweiten Wohnungsbaugesetzes (II.WoBauG). Danach können der Darlehens- oder Zuschussgeber und der Bauherr u.a. Belegungs- und Mietpreisbindungen vereinbaren, die sich an den von den obersten Landesbehörden herausgegebenen Richtlinien zu orientieren haben (vgl. die für das Streitjahr maßgebende Bekanntmachung des Bayrischen Staatsministeriums des Inneren vom 4. Februar 1992 Nr. II C 1 - 4731.6-002/92, AllMBl 1992, 154 ff.). Diese enthalten z.B. Regelungen über die höchstens anzusetzende Miete, auf die sich nach § 88d Abs. 1 Satz 3 II.WoBauG auch der Mieter gegenüber dem Bauherren berufen kann.
Das Gesetz will mit der Förderung von Mietwohnraum bedürftige Haushalte unterstützen, die sich am Markt nicht angemessen mit Wohnraum versorgen können (vgl. § 1 Abs. 2 Satz 2 und § 2 Abs. 2 Buchst. e II.WoBauG; vgl. auch § 1 Abs. 2 des Wohnraumförderungsgesetzes, das mit dem Gesetz zur Reform des Wohnungsbaurechts vom 10. September 2001, BGBl I 2001, 2376 ff. eingeführt wurde und das II.WoBauG ablöst). Diesen Zweck erreicht die Förderung nach § 88d II.WoBauG durch eine Vereinbarung des staatlichen Zuschuss- oder Darlehensgebers mit dem Bauherren, aufgrund derer sich der Bauherr in der gesetzlich vorgesehenen Weise bindet und für den darin liegenden Verzicht auf eine günstigere Vermietung nach den Gegebenheiten des Marktes einen Ausgleich in Gestalt eines leistungsfreien Darlehens oder Zuschusses erhält (so zutreffend auch das Hessische FG, Urteile vom 16. Mai 2002 1 K 4360/00, EFG 2003, 157, und vom 22. August 2000 1 K 5760/98, EFG 2001, 138). Die als Gegenleistung für die eingegangenen Bindungen ausgezahlten öffentlichen Mittel hängen folglich mit der Vermietung der Wohnung an den begünstigten Personenkreis zusammen und sind Einnahmen aus Vermietung und Verpachtung. Sie gewährleisten, dass der Vermieter trotz der Belegungs- und Mietpreisbindung letztlich doch einen marktgerechten Preis aus seiner Nutzungsüberlassung erwirtschaftet und deshalb Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung i.S. von § 21 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1, § 2 Abs. 1 Satz 1 Nr. 6 EStG überhaupt erst "erzielt".
Die als steuerpflichtige Einnahmen zu wertenden öffentlichen Mittel sind nach § 11 Abs. 1 EStG im Jahr des Zuflusses zu erfassen. Das ist das Jahr, in dem der Bauherr die Landesmittel erhält, und zwar unabhängig davon, ob als sog. leistungsfreies Darlehen oder als Zuschuss. Denn das Land kann in beiden Fällen die Mittel nicht zurückfordern, wenn sich der Bauherr vertragsgemäß verhält (vgl. zur Abgrenzung BFH-Urteil vom 14. Februar 1995 IX R 5/92, BFHE 177, 93, BStBl II 1995, 380).
b) Entgegen der Auffassung des FA mindern die Zuschüsse nicht die Herstellungskosten der Eigentumswohnung i.S. von § 255 Abs. 2 des Handelsgesetzbuches (HGB); denn sie dienen nicht dazu, ein Objekt zu errichten, sondern bilden die Gegenleistung des Zuschussgebers für die vertraglich eingegangenen Bindungen des Bauherren, nur an einen bestimmten Personenkreis zu einem bestimmten Preis zu vermieten. Diese vertraglichen Bindungen sind zeitlich begrenzt und decken sich nicht mit der Nutzungsdauer des hergestellten Objekts. Nach § 88d Abs. 2 Nr. 2 II.WoBauG soll die Dauer der Zweckbestimmung der Belegungsrechte und der vereinbarten Mietzinsregelung 15 Jahre nicht überschreiten. Die Mittel sollen dementsprechend nicht die auf die Nutzungsdauer des Gebäudes zu verteilenden Herstellungskosten subventionieren, sondern nur die Verpflichtung des Bauherren entgelten, sich in dem vertraglich festgelegten Zeitraum entsprechend dem Förderzweck zu verhalten.
Dadurch unterscheidet sich die Förderung von Mietwohnraum von der nach dem II.WoBauG ebenfalls möglichen Eigenheimförderung. Die vom Gesetzgeber mit der Förderung von Familienheimen angestrebte Eigentumsbildung ist gegenüber der Entlastung des allgemeinen Wohnungsmarktes vorrangig (vgl. Bundesverwaltungsgericht --BVerwG--, Urteil vom 27. November 1992 8 C 47/90, ZMR 1993, 433). Deshalb ist es auch kein Widerspruch, sondern entsprechend dem Förderzweck (Eigenheimförderung) sogar folgerichtig, die gewährten Mittel in diesen Fällen von den Herstellungskosten abzuziehen. Damit mindern sie die Bemessungsgrundlage der ggf. in Betracht kommenden Steuerbegünstigung der zu eigenen Wohnzwecken genutzten Wohnung (§ 10e EStG) oder die Steuervergünstigungen nach dem Eigenheimzulagengesetz und werden auf diese Weise pro rata temporis der Besteuerung unterworfen oder vermindern die auszuzahlende Steuervergünstigung. Entgegen der Auffassung des FA wird dadurch nicht Gleiches ungleich, sondern wegen der unterschiedlichen Förderzwecke von Mietwohnraum- und Eigenheimförderung Ungleiches systemgerecht ungleich behandelt.
3. Nach diesen Maßstäben ist die Vorentscheidung revisionsrechtlich nicht zu beanstanden. Nach den nicht angegriffenen und den BFH damit nach § 118 Abs. 2 FGO bindenden Feststellungen des FG war die Gewähr der Mittel nach dem Dritten Förderungsweg mit einer Mietpreisbindung sowie einem Belegungsrecht verbunden. Es handelt sich somit um Einnahmen aus Vermietung und Verpachtung, die dem Kläger nicht in den Streitjahren zugeflossen waren und die sich dementsprechend auch nicht über AfA-Minderungen in den Streitjahren auswirkten. Deshalb bedeutet der Umstand, dass das FA erst im Jahr 2000 von dem Zufluss der Wohnbaufördermittel erfahren hatte, für die Streitjahre keine steuererhöhende nachträglich bekannt gewordene Tatsache i.S. des § 173 Abs. 1 Nr. 1 der Abgabenordnung (AO 1977). Das FA war deshalb nicht zur Korrektur der ursprünglichen Bescheide berechtigt.
Ende der Entscheidung
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