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Gericht: Bundesfinanzhof
Urteil verkündet am 27.06.2006
Aktenzeichen: IX R 63/04
Rechtsgebiete: AO 1977, EigZulG
Vorschriften:
AO 1977 § 39 | |
AO 1977 § 39 Abs. 2 Nr. 1 | |
EigZulG § 1 | |
EigZulG § 2 Abs. 1 |
Gründe:
I. Die Tochter des Klägers und Revisionsbeklagten (Kläger) erwarb durch notariellen Vertrag im März 1999 ein Einfamilienhausgrundstück, dessen Anschaffungskosten und laufende Kosten ihre Eltern zu tragen hatten. Im Gegenzug räumte die Tochter ihren Eltern als Gesamtberechtigten an dem Hausgrundstück ein lebenslängliches, unentgeltliches, dinglich gesichertes Wohnungsrecht ein.
Den Antrag des Klägers auf Festsetzung von Eigenheimzulage lehnte der Beklagte und Revisionskläger (das Finanzamt --FA--) ab, weil der Kläger nicht Eigentümer des Objekts sei.
Die hiergegen gerichtete Klage hatte Erfolg. Das Finanzgericht (FG) verpflichtete (dem Antrag des Klägers entsprechend) das FA, ab 1999 eine hälftige Eigenheimzulage zuzüglich einer hälftigen Kinderzulage festzusetzen.
Mit seiner Revision rügt das FA die Verletzung von § 39 Abs. 2 Nr. 1 der Abgabenordnung (AO 1977) i.V.m. § 1 des Eigenheimzulagengesetzes (EigZulG).
Das FA beantragt, das Urteil des FG aufzuheben und die Klage abzuweisen.
Der Kläger beantragt, die Revision zurückzuweisen.
II. Die Revision ist begründet. Sie führt zur Aufhebung der Vorentscheidung und zur Abweisung der Klage (§ 126 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 der Finanzgerichtsordnung --FGO--). Das FG hat dem Kläger zu Unrecht einen Anspruch auf Eigenheimzulage zuerkannt.
1. Nach § 2 Abs. 1 EigZulG begünstigt ist u.a. die Anschaffung einer Wohnung in einem eigenen Haus.
a) Der Begriff "eigen" bedeutet, dass der Anspruchsberechtigte (vgl. § 1 EigZulG) Eigentümer oder Miteigentümer (vgl. § 9 EigZulG) der Wohnung i.S. von § 39 AO 1977 sein muss. Fallen zivilrechtliches und wirtschaftliches Eigentum auseinander, steht die Förderung dem wirtschaftlichen Eigentümer zu (z.B. Urteile des Bundesfinanzhofs --BFH-- vom 4. April 2000 IX R 25/98, BFHE 192, 415, BStBl II 2000, 652; vom 24. Juni 2004 III R 50/01, BFHE 206, 551, BStBl II 2005, 80, m.w.N.).
b) Wirtschaftlicher Eigentümer ist derjenige, der die tatsächliche Herrschaftsmacht über ein Wirtschaftsgut in der Weise ausübt, dass er den Eigentümer im Regelfall für die gewöhnliche Nutzungsdauer von der Einwirkung auf das Wirtschaftsgut wirtschaftlich ausschließen kann (§ 39 Abs. 2 Nr. 1 Satz 1 AO 1977). Ein wirtschaftlicher Ausschluss in diesem Sinne liegt vor, wenn nach dem Gesamtbild der Verhältnisse kein Herausgabeanspruch des zivilrechtlichen Eigentümers besteht oder der Herausgabeanspruch keine wirtschaftliche Bedeutung mehr hat (z.B. BFH-Urteil in BFHE 206, 551, BStBl II 2005, 80, m.w.N.).
c) Trägt statt des zivilrechtlichen Eigentümers ein Nutzungsberechtigter die Kosten der Anschaffung oder Herstellung einer von ihm eigengenutzten Wohnung, ist er wirtschaftlicher Eigentümer, wenn ihm auf Dauer Substanz und Ertrag der Wohnung wirtschaftlich zustehen. Hiervon ist auszugehen, wenn der Nutzungsberechtigte aufgrund eindeutiger und im Voraus getroffener Vereinbarungen die wirtschaftliche Verfügungsmacht und Sachherrschaft --unter dauerndem Ausschluss des zivilrechtlichen Eigentümers-- innehat, weil die Wohnung nach der voraussichtlichen Dauer des Nutzungsverhältnisses bei normalem, der gewählten Gestaltung entsprechenden Verlauf wirtschaftlich verbraucht ist oder wenn der Nutzungsberechtigte für den Fall der Nutzungsbeendigung einen Anspruch auf Ersatz des vollen Verkehrswerts der Wohnung gegen den zivilrechtlichen Eigentümer hat (z.B. BFH-Urteil in BFHE 206, 551, BStBl II 2005, 80, m.w.N.).
d) Ein den zuvor genannten Voraussetzungen entsprechender Ausschluss des zivilrechtlichen Eigentümers ist nicht gegeben, wenn dem Nutzungsberechtigten ein (schuldrechtliches oder dingliches) Nutzungsrecht nicht für die voraussichtliche Nutzungsdauer der Wohnung, sondern auf seine Lebenszeit bestellt wird (z.B. BFH-Urteil in BFHE 206, 551, BStBl II 2005, 80, m.w.N., betr. einen Nießbrauch; vom 12. April 2000 X R 20/99, BFH/NV 2001, 9, m.w.N., betr. ein Wohnungsrecht). Dies gilt auch, wenn die statistische Lebenserwartung des Nutzungsberechtigten der voraussichtlichen Nutzungsdauer der Wohnung entspricht; Nutzungsdauer und wirtschaftlicher Verbrauch fallen hier allenfalls zufällig zusammen (z.B. BFH-Urteil vom 24. Juni 2004 III R 42/02, BFH/NV 2005, 164, m.w.N.).
2. Die Vorentscheidung entspricht diesen Grundsätzen nicht; sie ist aufzuheben. Die Klage ist abzuweisen. Der Kläger ist kein wirtschaftlicher Eigentümer, weil ihm an dem der Tochter gehörenden Einfamilienhausgrundstück nur ein auf Lebenszeit bestelltes dingliches Wohnungsrecht zusteht. Das FA hat damit die Gewährung von Eigenheimzulage zutreffend abgelehnt.
Ende der Entscheidung
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