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Gericht: Bundesfinanzhof
Urteil verkündet am 16.04.2002
Aktenzeichen: IX R 65/98
Rechtsgebiete: FGO, EStG


Vorschriften:

FGO § 126 Abs. 3 Nr. 1
EStG § 9 Abs. 1 Satz 3 Nr. 1
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Gründe:

I. Die Kläger und Revisionsbeklagten (Kläger) erwarben im Dezember 1990 ein Grundstück als Miteigentümer, der Kläger zu einem Anteil von 337/1000 und die Klägerin zu einem Anteil von 663/1000. Sie bebauten das Grundstück im Anschluss an den Erwerb gemeinsam mit einem Zweifamilienhaus. Sie beauftragten auch die Bauhandwerker gemeinsam. Die Anschaffungs- und Herstellungskosten betrugen insgesamt 1 637 544,37 DM. Durch Vertrag vom 23. Juli 1991 beschränkten sie ihr Miteigentum in der Weise, dass der Kläger 337/1000 des neu errichteten Gebäudes verbunden mit dem Sondereigentum an der 102,27 qm großen Wohnung Nr. 2 (ETW 2) und die Klägerin 663/1000 des Gebäudes verbunden mit dem Sondereigentum an der 188,12 qm großen Wohnung Nr. 1 (ETW 1) erhielt. Die ETW 2 vermietete der Kläger ab dem 1. September 1991 an seine Schwiegermutter, die ETW 1 nutzten die Kläger selbst.

Die Herstellungs- und Anschaffungskosten beglichen die Kläger aus Mitteln, die sie als gemeinsames Darlehen zur Zwischenfinanzierung der Baukosten erhalten hatten. Dieses Darlehen war nach dem Kreditvertrag bis zum 31. Dezember 1991 durch endgültige Finanzierungsdarlehen und den Erlös aus dem Verkauf des zuvor von den Klägern bewohnten Hauses zurückzuführen. Im Juli 1991 wurde dem Kläger ein Darlehen über 550 000 DM zur Finanzierung der Baukosten ETW 2 sowie den Klägern als gemeinsamen Schuldnern ein Darlehen über 500 000 DM zur Finanzierung der Baukosten ETW 1 eingeräumt. Am 30. Juni 1991 wurden dem Zwischenfinanzierungskonto 450 000 DM und am 1. August 1991 insgesamt 315 000 DM gutgeschrieben. Der Kläger vermerkte handschriftlich bei dem Betrag 450 000 DM "ETW 1" und bei dem Betrag 315 000 DM "ETW 2". Ein weiterer Betrag über 110 200 DM wurde am 22. August 1991 mit dem Vermerk "ETW 2" auf das Zwischenfinanzierungskonto einbezahlt. Am 3. September 1991 wurde der den Klägern verbleibende Erlös aus dem Verkauf ihres früher bewohnten Hauses auf das Konto überwiesen.

Der Beklagte und Revisionskläger (das Finanzamt --FA--) teilte im Rahmen der Veranlagung der Streitjahre (1991 bis 1993) die Anschaffungs- und Herstellungskosten des Gesamtgebäudes --von einem hier nicht streitigen privat veranlassten Teil der Aufwendungen abgesehen (ca. 3 v.H.)-- entsprechend den Miteigentumsanteilen der Kläger auf die vermietete sowie die eigengenutzte Wohnung auf: Danach entfielen 30,9 v.H. der Aufwendungen und damit 506 358 DM auf die vermietete ETW 2 und 66 v.H. (1 081 186 DM) auf die eigengenutzte ETW 1. Dementsprechend berücksichtigte das FA 30,9 v.H. der insgesamt nach Bezugsfertigkeit geltend gemachten Schuldzinsen als Werbungskosten bei den Einkünften aus der vermieteten ETW 2 und setzte die Einkommensteuer der Kläger entsprechend fest. Hiergegen richtete sich die nach erfolglosem Einspruch erhobene Klage, mit der die Kläger eine abweichende Aufteilung der Schuldzinsen auf die vermietete ETW 2 begehrten. Zur Begründung führten sie aus, die vom FA angenommene Beschränkung des Schuldzinsenabzugs sei mit der Auszahlung der getrennten Darlehen entfallen. Fortan müsse ein abweichender Aufteilungsmaßstab gelten, der die Schuldzinsen aus dem im Wesentlichen für die ETW 2 aufgenommenen Darlehen des Klägers berücksichtige.

Die Klage war erfolgreich. Das Finanzgericht (FG) zog in seinem in Entscheidungen der Finanzgerichte (EFG) 1999, 328 veröffentlichtem Urteil nicht nur 30,9 v.H. der Schuldzinsen nach dem Stand der jeweiligen Darlehensvaluta als Werbungskosten bei den Einkünften aus der vermieteten ETW 2 ab, sondern berücksichtigte antragsgemäß die Zinsen aus dem Darlehen von 550 000 DM.

Hiergegen richtet sich die Revision, mit der das FA die Verletzung von § 9 Abs. 1 Satz 3 Nr. 1 des Einkommensteuergesetzes (EStG) in der für die Streitjahre maßgebenden Fassung rügt. Anders als das FG entschieden habe, komme es maßgebend auf den wirtschaftlichen Zusammenhang der Schuldzinsen mit der Einkunftsart an, der sich an der tatsächlichen Verwendung der Darlehensmittel orientieren müsse. Vom Zwischenfinanzierungskonto der Kläger seien die gemeinsamen Herstellungskosten für das Gesamtgebäude beglichen worden.

Das FA beantragt, das angefochtene Urteil aufzuheben und die Klage abzuweisen.

Die Kläger beantragen, die Revision zurückzuweisen.

II. Die Revision ist begründet. Nach § 126 Abs. 3 Nr. 1 der Finanzgerichtsordnung (FGO) ist die Vorentscheidung aufzuheben und die Klage abzuweisen. Das FG hat die zusätzlich geltend gemachten Schuldzinsen zu Unrecht als Werbungskosten bei den Einkünften aus Vermietung und Verpachtung beurteilt.

1. Nach § 9 Abs. 1 Satz 3 Nr. 1 EStG sind Schuldzinsen (und sonstige Kreditkosten) als Werbungskosten abziehbar, soweit sie mit einer bestimmten Einkunftsart in wirtschaftlichem Zusammenhang stehen. Ein solcher wirtschaftlicher Zusammenhang ist dann gegeben, wenn die Schuldzinsen für eine Verbindlichkeit geleistet worden sind, die durch die Einkünfteerzielung veranlasst ist. Diese Voraussetzung ist erfüllt, wenn und soweit das Darlehen tatsächlich zum Erzielen von Einkünften --im vorliegenden Falle von solchen aus Vermietung und Verpachtung-- verwendet worden ist (z.B. Beschlüsse des Großen Senats des Bundesfinanzhofs --BFH-- vom 4. Juli 1990 GrS 2-3/88, BFHE 161, 290, BStBl II 1990, 817, unter C. II. 2., und vom 8. Dezember 1997 GrS 1-2/95, BFHE 184, 7, BStBl II 1998, 193, unter B. I. 1. und 2.; BFH-Urteil vom 27. Oktober 1998 IX R 44/95, BFHE 187, 276, BStBl II 1999, 676, m.w.N.). Der wirtschaftliche Zusammenhang kann nicht durch einen bloßen Willensakt des Steuerpflichtigen begründet werden (BFH-Beschluss vom 22. Februar 1994 IX B 119/93, BFH/NV 1994, 778).

Dient ein Gebäude --wie hier-- nicht nur dem Erzielen von Einkünften aus Vermietung und Verpachtung, sondern auch der Selbstnutzung, und werden die Darlehensmittel lediglich teilweise zur Einkünfteerzielung verwandt, so sind die für den Kredit entrichteten Zinsen nur anteilig als Werbungskosten abziehbar (z.B. BFH-Beschluss in BFHE 161, 290, BStBl II 1990, 817, unter C. II. 3. d, m.w.N.). In vollem Umfang sind sie nur dann zu berücksichtigen, wenn der Steuerpflichtige ein Darlehen mit steuerrechtlicher Wirkung gezielt einem bestimmten, der Einkünfteerzielung dienenden Gebäudeteil zuordnet, indem er mit den als Darlehen empfangenen Mitteln tatsächlich die Aufwendungen begleicht, die der Anschaffung und Herstellung dieses Gebäudeteils konkret zuzurechnen sind (vgl. im Einzelnen BFH-Urteile in BFHE 187, 276, BStBl II 1999, 676; vom 27. Oktober 1998 IX R 19/96, BFHE 187, 281, BStBl II 1999, 678; IX R 29/96, BFHE 187, 284, BStBl II 1999, 680). Der Werbungskostenabzug setzt dabei voraus, dass die Herstellungskosten den eigenständige Wirtschaftsgüter bildenden Gebäudeteilen zugeordnet werden können und dass diese gesondert zugeordneten Herstellungskosten (Entgelte für Lieferungen und Leistungen) auch tatsächlich mit Darlehensmitteln gezahlt worden sind (BFH-Urteil in BFHE 187, 276, BStBl II 1999, 676, unter 4. und 5. der Gründe).

2. Bei Anwendung dieser Grundsätze hat die Revision Erfolg. Die Kläger können die Schuldzinsen im begehrten Umfang bereits deshalb nicht als Werbungskosten geltend machen, weil sie die Herstellungskosten nicht gesondert der fremdvermieteten ETW 2 zugeordnet haben. Nach den mit Revisionsrügen nicht angegriffenen und damit für den Senat bindenden Feststellungen des FG (vgl. § 118 Abs. 2 FGO) haben die Kläger die Kosten der Errichtung des gesamten Gebäudes einheitlich abgerechnet, ohne die auf den vermieteten Gebäudeteil (ETW 2) entfallenden Herstellungskosten gesondert auszuweisen.

Die von den Klägern vorgenommene Zuordnung der im Juli 1991 aufgenommenen Darlehen auf die durch die Aufteilung entstandenen Eigentumswohnungen begründet deshalb allenfalls --wegen der Besicherung durch die Wohnungen-- einen rechtlichen, nicht aber einen wirtschaftlichen Zusammenhang der Darlehenszinsen mit den Einkünften aus Vermietung und Verpachtung: Der Kläger zahlte mit den als Darlehen empfangenen Mitteln, die er der vermieteten ETW 2 zugewiesen hatte, nämlich nicht die Kosten, die mit der Herstellung konkret dieser Wohnung zusammenhingen. Vielmehr verwandten die Kläger die ausgezahlten Darlehensbeträge ebenso wie den durch den Verkauf ihres Hauses erzielten Erlös lediglich dazu, das Zwischenfinanzierungsdarlehen zurückzuführen. Beide Kläger zusammen beglichen auch nach diesen Tilgungsvorgängen die Aufwendungen, die der Herstellung des gesamten Gebäudes zuzurechnen waren.

3. Entgegen der Auffassung der Kläger sind ihnen auch keine Anschaffungskosten entstanden, die sie durch die im Juli 1991 aufgenommenen Darlehen finanziert hätten. Beide Kläger haben das Zweifamilienhaus errichtet. In dem notariellen Vertrag vom 23. Juli 1991 haben sie sich gegenseitig Sondereigentum nach § 3 Abs. 1 des Wohnungseigentumsgesetzes eingeräumt. Hierin liegt kein Erwerb der Kläger je für sich von einer aus den Klägern bestehenden Bruchteilsgemeinschaft, sondern eine durch dinglichen Vertrag unter den Miteigentümern vorgenommene Beschränkung des jeweiligen Miteigentums verbunden mit Einräumung von Sondereigentum.

4. Weil das FG von anderen Grundsätzen ausgegangen ist, muss die Vorentscheidung aufgehoben werden. Die Klage ist abzuweisen. Das FA hat die Schuldzinsen nach dem anhand der Miteigentumsanteile geschätzten Verhältnis der Baukosten der einzelnen Wohnungen aufgeteilt. Dafür, dass diese schätzungsweise Aufteilung der Eigen- und Fremdmittel unzutreffend ist, ergeben sich keine Anhaltspunkte. Die Kläger selbst haben sie sich für den Zeitraum vor Aufteilung des Darlehens ausdrücklich zu Eigen gemacht.

Ende der Entscheidung

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