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Gericht: Bundesfinanzhof
Urteil verkündet am 14.01.2003
Aktenzeichen: IX R 72/00
Rechtsgebiete: EStG


Vorschriften:

EStG § 7i
Hat die Denkmalbehörde die Herstellungskosten einer Tiefgarage in die nach § 7i Abs. 2 EStG erteilte Bescheinigung aufgenommen, ist diese denkmalrechtliche Beurteilung auch steuerrechtlich bindend, wenn zwischen den Baulichkeiten ein einheitlicher Nutzungs- und Funktionszusammenhang besteht, der auch in der baulichen Verbindung zum Ausdruck kommt, und die Tiefgarage deshalb kein selbständiges Gebäude, sondern Teil des Denkmals ist (Abgrenzung zum BFH-Urteil vom 15. Oktober 1996 IX R 47/92, BFHE 181, 312, BStBl II 1997, 176).
Gründe:

I.

Die Kläger und Revisionsbeklagten (Kläger) sind Mitglieder einer Bauherrengemeinschaft, die eine denkmalgeschützte Hofanlage erworben, in Abstimmung mit der Denkmalbehörde restauriert, teilweise umgebaut und in Eigentumswohnungen umgewandelt hat. Dabei wurde unter der Hofanlage entsprechend einer Auflage der Denkmalbehörde eine Tiefgarage gebaut. Nach der von der Denkmalbehörde gemäß § 7i Abs. 2 des Einkommensteuergesetzes (EStG) erteilten Bescheinigung waren 75,74 v.H. der entstandenen Kosten zur Erhaltung und sinnvollen Nutzung des Baudenkmals erforderlich, darunter auch die Herstellungskosten der Tiefgarage.

Der Beklagte und Revisionskläger (das Finanzamt --FA--) berücksichtigte hingegen bei der Feststellung der Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung für die Herstellungskosten der Tiefgarage keine erhöhten Absetzungen nach § 7i EStG, sondern lediglich Absetzungen für Abnutzung (AfA) nach § 7 Abs. 4 EStG, weil die Tiefgarage als selbständiges Gebäude nicht Teil des Denkmals sei.

Der dagegen nach erfolglosem Einspruchsverfahren erhobenen Klage gab das Finanzgericht (FG) statt (Entscheidungen der Finanzgerichte --EFG-- 2000, 1179).

Mit der Revision rügt das FA Verletzung des § 7i EStG. Das FG habe zu Unrecht eine bauliche Verschachtelung der Hofanlage mit der Tiefgarage angenommen. Die baulichen Verbindungen seien nur von untergeordneter Bedeutung. Der Südwestflügel der Hofanlage sei vor der Errichtung der Tiefgarage nicht unterkellert und für sich allein standfest gewesen. Dieser Zustand könne bei einem Abriss der Tiefgarage auch wieder hergestellt werden, ohne dass deswegen der Südwestflügel abgerissen werden müsste. Darüber hinaus bestünden bauliche Verbindungen der Tiefgarage nur zu nachträglich geschaffenen Aufbauten und Außenanlagen, die ursprünglich nicht Bestandteile der Hofanlage gewesen seien.

Zwar bestehe zwischen dem Wohngebäude und der Tiefgarage ein einheitlicher Nutzungs- und Funktionszusammenhang. Dieser sei aber nach dem Urteil des Bundesfinanzhofs (BFH) vom 15. Oktober 1996 IX R 47/92 (BFHE 181, 312, BStBl II 1997, 176) nicht maßgebend. Auch in jenem Urteilsfall hätten aufgrund baurechtlicher Auflagen Stellplätze geschaffen werden müssen. Dem habe der BFH für die Auslegung des § 82i der Einkommensteuer-Durchführungsverordnung (EStDV) indes keine Bedeutung beigemessen. Ausschlaggebend sei nur, dass die neu errichtete und dem Denkmal als Einzelgebäude hinzugefügte Tiefgarage nicht Teil des Denkmals sein könne.

Das FA beantragt, die Vorentscheidung aufzuheben und die Klage abzuweisen.

Die Kläger beantragen, die Revision als unbegründet zurückzuweisen.

II.

Die Revision ist unbegründet. Sie ist zurückzuweisen (§ 126 Abs. 2 der Finanzgerichtsordnung --FGO--). Das FG hat zu Recht die von der Denkmalbehörde nach § 7i Abs. 2 EStG erteilte Bescheinigung auch hinsichtlich der darin aufgenommenen Herstellungskosten der Tiefgarage als bindend angesehen.

1. Nach § 7i Abs. 1 EStG kann der Steuerpflichtige bei einem Gebäude, das nach den jeweiligen landesrechtlichen Vorschriften ein Baudenkmal ist, jeweils bis zu 10 v.H. der Herstellungskosten für Baumaßnahmen, die nach Art und Umfang zur Erhaltung des Gebäudes als Baudenkmal oder zu seiner sinnvollen Nutzung erforderlich sind, unter weiteren, hier nicht strittigen Voraussetzungen im Jahr der Herstellung und in den neun folgenden Jahren absetzen. Die erhöhten Absetzungen können jedoch nur in Anspruch genommen werden, wenn der Steuerpflichtige die Voraussetzungen des Absatzes 1 für das Gebäude und die Erforderlichkeit der Aufwendungen durch eine Bescheinigung der zuständigen Landesbehörde nachgewiesen hat (§ 7i Abs. 2 EStG).

a) Nach Wortlaut und Zielsetzung dieser Vorschrift sind nur Herstellungskosten an als Baudenkmal geschützten, bestehenden Gebäuden begünstigt, nicht hingegen der Neubau oder Wiederaufbau von Gebäuden (BFH-Urteile in BFHE 181, 312, BStBl II 1997, 176, und vom 13. September 2001 IX R 62/98, BFHE 196, 550, jeweils zu § 82i EStDV).

b) Bei der Bescheinigung nach § 7i Abs. 2 EStG handelt es sich um einen Grundlagenbescheid, dessen verbindliche Feststellungen sich auf die Tatbestände des zum Landesrecht gehörenden Denkmalrechts beschränken, nämlich die Denkmaleigenschaft des Gebäudes, sowie darauf, ob die Aufwendungen nach Art und Umfang zur Erhaltung des Gebäudes als Baudenkmal oder zu seiner sinnvollen Nutzung erforderlich sind. Über das Vorliegen der übrigen Tatbestandsmerkmale der steuerrechtlichen Vorschrift haben die Finanzbehörden hingegen in eigener Zuständigkeit zu entscheiden (BFH-Urteile in BFHE 181, 312, BStBl II 1997, 176; in BFHE 196, 550). Erfasst die Bescheinigung Tatbestandsmerkmale, die zugleich denkmalschutzrechtliche und steuerrechtliche Bedeutung haben, so ist die in der Bescheinigung zum Ausdruck kommende denkmalschutzrechtliche Beurteilung auch steuerrechtlich bindend, weil andernfalls der Normzweck, denkmalschutzrechtlich erforderliche Investitionen zu begünstigen, durch eine abweichende steuerrechtliche Beurteilung der Finanzbehörden unterlaufen werden könnte (BFH-Urteil in BFHE 196, 550; vgl. auch das zu § 7h EStG ergangene BFH-Urteil vom 21. August 2001 IX R 20/99, BFHE 196, 191).

c) Die Vorschrift des § 7i EStG (früher § 82i EStDV) begünstigt nur Aufwendungen für Baumaßnahmen an dem als Denkmal geschützten Gebäude, nicht hingegen für davon räumlich getrennt errichtete Gebäude, die selbständige Wirtschaftsgüter sind. Auch die Bindungswirkung der Bescheinigung hinsichtlich der denkmalrechtlichen Voraussetzungen bezieht sich nur auf das als Denkmal geschützte Gebäude und erfasst neu errichtete Bauwerke nur dann, wenn sie Bestandteil des einheitlichen Baudenkmals sind. Deshalb umfasst die Bindungswirkung der Bescheinigung z.B. den neu angebauten Wintergarten einer denkmalgeschützten Eigentumswohnung (BFH-Urteil vom 5. November 1996 IX R 42/94, BFHE 181, 482, BStBl II 1997, 244) und den als Denkmal bescheinigten Wiederaufbau eines eingestürzten Hauses (BFH-Urteil in BFHE 196, 191), nicht aber die neben dem Baudenkmal errichtete gesonderte Tiefgarage, die als selbständiges Gebäude nicht Teil des Denkmals ist (BFH-Urteil in BFHE 181, 312, BStBl II 1997, 176).

d) Ob ein zusätzlich errichtetes Bauwerk einen Bestandteil des als Denkmal geschützten Gebäudes oder ein gesondertes neues Gebäude bildet, ist keine denkmalrechtliche, sondern eine steuerrechtliche Frage, die gemäß § 7i EStG von der Finanzverwaltung und den Finanzgerichten eigenständig zu prüfen ist (Siebenhüter, in Herrmann/Heuer/Raupach, Einkommensteuer- und Körperschaftsteuergesetz, § 7i EStG Anm. 12). Zur Abgrenzung sind insoweit die für den Begriff des Gebäudes als Wirtschaftsgut i.S. von § 7 Abs. 4 und 5 EStG geltenden Maßstäbe heranzuziehen, da § 7i Abs. 1 Satz 1 EStG an diese Regelung anknüpft und lediglich hinsichtlich der Höhe der Absetzungen davon abweicht.

Ob ein Bauwerk ein selbständiges Gebäude i.S. von § 7 Abs. 4 und 5 EStG oder Bestandteil eines anderen Gebäudes ist, richtet sich danach, ob ein einheitlicher Nutzungs- und Funktionszusammenhang besteht, der auch in der baulichen Verbindung beider Baulichkeiten zum Ausdruck kommt (BFH-Urteil vom 20. November 1980 IV R 8/78, BFHE 132, 262, BStBl II 1981, 201; vgl. auch Beschluss des BFH vom 13. Mai 1997 I B 4/97, BFH/NV 1997, 838; Schmidt/Weber-Grellet, Einkommensteuergesetz, 21. Aufl. 2002, § 5 Rz. 135). Ob diese Voraussetzungen im Einzelfall erfüllt sind, ist grundsätzlich eine Frage der Tatsachenfeststellung und -würdigung, die dem FG als Tatsacheninstanz obliegt (vgl. BFH-Urteil in BFHE 132, 262, BStBl II 1981, 201).

2. Nach den vorstehenden Maßstäben ist die Würdigung des FG, nach der die von den Klägern errichtete Tiefgarage kein selbständiges Gebäude, sondern Bestandteil des nach § 7i EStG begünstigten ehemaligen Hofgebäudes ist und die Bindungswirkung der denkmalrechtlichen Bescheinigung mithin auch die darin aufgenommenen Herstellungskosten der Tiefgarage umfasst, revisionsrechtlich nicht zu beanstanden.

a) Nach den Feststellungen des FG liegen zwischen der Tiefgarage und dem Hofgebäude nicht lediglich untergeordnete bauliche Verbindungen vor. Vielmehr sind die Gebäudeteile mehrfach miteinander baulich verbunden. So ist die Tiefgaragenzufahrt auf der Südseite der Hofanlage mit dem Hofgebäude verbunden. Die zu einem Gebäude für Abstellräume umgebaute ehemalige Dunggrube, die auch eine Treppe zur Tiefgarage enthält, befindet sich ebenso wie die Terrassen verschiedener Wohnungen und der Spielplatz auf der Tiefgarage. Teile der ehemaligen Grubenanlage bilden Außenwände der Tiefgarage. Die Außenwand des Südwestflügels der Hofanlage ruht auf der Außenwand der Tiefgarage.

Zwischen Wohngebäude und Tiefgarage besteht nach den Feststellungen des FG ein einheitlicher Nutzungs- und Funktionszusammenhang: Den einzelnen Eigentumswohnungen sind eigentumsrechtlich bestimmte PKW-Stellplätze zugeordnet. Die Schaffung der Stellplätze ist als Auflage der Denkmalbehörde Voraussetzung der denkmalrechtlichen Genehmigung und damit der Sanierung der Hofanlage gewesen. Die Tiefgarage ist neben der Zufahrt nur durch den Innenhof der Wohnanlage zugänglich.

b) Aufgrund dieser verfahrensfehlerfrei getroffenen Feststellungen konnte das FG ohne Rechtsverstoß zu dem Ergebnis gelangen, dass die Tiefgarage kein selbständiges Gebäude ist, sondern unselbständiger Bestandteil des begünstigten Hofgebäudes. Diese Tatsachenwürdigung verstößt nicht gegen die Denkgesetze oder gegen Erfahrungssätze und ist damit für das Revisionsgericht bindend (vgl. § 118 Abs. 2 FGO).

Ende der Entscheidung

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