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Gericht: Bundesfinanzhof
Urteil verkündet am 02.04.2008
Aktenzeichen: IX R 73/04
Rechtsgebiete: EStG


Vorschriften:

EStG § 16 Abs. 2
EStG § 17
EStG § 17 Abs. 1
EStG § 17 Abs. 2
EStG § 17 Abs. 2 Satz 1
EStG § 23
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Gründe:

I. Die Klägerin und Revisionsklägerin (Klägerin) erklärte für das Streitjahr 1997 aus der Veräußerung von Anteilen an der O-Ltd. (Kanada) einen Gewinn in Höhe von 659 108 DM, den sie aus einem Veräußerungspreis in Höhe von 839 019,50 Kanadische Dollar (CAD) sowie --unter anderem-- unter Ansatz von Verlusten aus Kurssicherungsgeschäften in Höhe von 128 244 DM ermittelte.

Dem finanzgerichtlichen Urteil ist hierzu folgender Sachvortrag der Klägerin zu entnehmen:

Der "Vorvertrag" vom 8. Oktober 1996 habe bestimmt, dass der Verkauf der Anteile unter der Voraussetzung erfolge, dass die im Vertrag genannte Bescheinigung nach S 116 ITA (Section 116 Income Tax Act) der kanadischen Steuerbehörde vorliege; vierzehn Tage nach Eingang dieser Bescheinigung solle der Vertrag durch die Unterschrift des Käufers abgeschlossen werden und dieser Tag als Tag des Vertragsabschlusses gelten. Am 29. Oktober 1996 sei der Vertrag daher nur einseitig von den Verkäufern unterzeichnet worden. Die kanadischen Steuerbehörden hätten die benötigten Bescheinigungen erst am 21. Februar 1997 ausgestellt. Als Tag des Vertragsabschlusses sei der 23. März 1997 benannt.

Der Kaufpreis in Höhe von ursprünglich 2 110 373 CAD sei in dem "Vorvertrag" vom 8. Oktober 1996 auf der Grundlage des Bilanzentwurfs der O-Ltd. zum 31. März 1996 ermittelt worden. Der Kaufpreis habe sich zum damaligen Zeitpunkt aus dem Nettovermögen in Höhe von 2 143 373 CAD abzüglich geschätzter Aufwendungen für kanadische Steuern in Höhe von 33 000 CAD errechnet. Die Steuerrückstellung in der Bilanz habe sich später erheblich erhöht, so dass sich der Kaufpreis entsprechend vermindert habe. Der dann ermittelte Kaufpreis von 1 713 339 CAD sei unter Abzug von weiteren rd. 35 300 CAD und unter Verrechnung einer Forderung der O-Ltd. an die Gesellschafter von 8 021 CAD in Höhe von 1 670 000 CAD auf das Konto der M GmbH, bei der B-Bank gutgeschrieben worden. Anschließend sei der Betrag unter Abzug der Verluste aus Kurssicherungsgeschäften auf die bei der M GmbH buchhalterisch geführten Verrechnungskonten der Gesellschafter X und der Klägerin jeweils zur Hälfte in Höhe des DM-Gegenwerts gutgeschrieben worden. Das Bankkonto der M GmbH sei lediglich als Zahlungskonto benutzt worden.

Nach Abzug des Abschlags für Risiken und ausstehende kanadische Steuerzahlungen der Gesellschaft ergebe sich ein Veräußerungspreis in Höhe von 1 678 039 CAD. Herr X habe zur Sicherung der Kaufpreisforderung über die Bankgeschäftsbeziehungen der M GmbH Kurssicherungsgeschäfte ausführen lassen. Die Verluste aus den Kurssicherungsgeschäften seien von der M GmbH an Herrn X und die Klägerin weiterbelastet worden (insgesamt 256 488 DM). Auslösendes Moment für die Kurssicherungsgeschäfte sei die Bindung an das Verkaufsangebot und die erst zu einem späteren Zeitpunkt erwartete Zahlung des Kaufpreises sowie der nahe liegende Wunsch der Klägerin gewesen, den Veräußerungserlös zu einem abgesicherten Wert in DM zu realisieren.

Das erste Kurssicherungsgeschäft sei kurz nach Abschluss des "Vorvertrags" getätigt worden, in der Meinung, dass die Bescheinigung der kanadischen Finanzbehörde kurzfristig erteilt würde. Die Kurssicherungsgeschäfte seien aufgrund von Verzögerungen bei der Erteilung wiederholt verlängert worden, endeten aber mit Auszahlung des Kaufpreises in CAD.

Der Beklagte und Revisionsbeklagte (das Finanzamt --FA--) berücksichtigte die geltend gemachten Verluste aus den Kurssicherungsgeschäften bei der Ermittlung des Gewinns nach § 17 des Einkommensteuergesetzes (EStG) nicht. Einspruch und Klage blieben ohne Erfolg. Das Finanzgericht (FG) entschied in seinem in Entscheidungen der Finanzgerichte (EFG) 2005, 202, veröffentlichten Urteil, dass die Kurssicherungsgeschäfte auch nicht mittelbar durch das Veräußerungsgeschäft veranlasst gewesen seien.

Hiergegen richtet sich die Revision der Klägerin, mit der sie die Verletzung materiellen Rechts rügt (§ 17 Abs. 2 EStG) und geltend macht, die geänderte Rechtsprechung zum Begriff der Veräußerungskosten i.S. von § 16 Abs. 2 EStG (Urteil des Bundesfinanzhofs --BFH-- vom 25. Januar 2000 VIII R 55/97, BFHE 191, 111, BStBl II 2000, 458) sei auf § 17 Abs. 2 EStG zu übertragen. Die Kurssicherungsgeschäfte seien durch das Veräußerungsgeschäft wirtschaftlich veranlasst.

Die Klägerin beantragt, unter Aufhebung der Vorentscheidung und Änderung des Einkommensteuerbescheides für das Jahr 1997 i.d.F. des Änderungsbescheides vom 14. Juli 1999 die gewerblichen Einkünfte unter Berücksichtigung der Verluste aus Kurssicherungsgeschäften im Zusammenhang mit der Beteiligung an der O-Ltd. (Kanada) auf 659 108 DM herabzusetzen.

Das FA beantragt, die Revision als unbegründet zurückzuweisen.

II. Die Revision ist begründet. Sie führt zur Aufhebung der Vorentscheidung und Zurückverweisung der Sache zur anderweitigen Verhandlung und Entscheidung (§ 126 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 der Finanzgerichtsordnung --FGO--).

Die finanzgerichtlichen Feststellungen ermöglichen keine abschließende Beurteilung des streitigen Veräußerungsgewinns und tragen so die Klageabweisung des FG nicht.

1. Veräußerungsgewinn i.S. von § 17 Abs. 1 EStG ist gemäß § 17 Abs. 2 Satz 1 EStG der Betrag, um den der Veräußerungspreis nach Abzug der Veräußerungskosten die Anschaffungskosten übersteigt. Veräußerungskosten sind die durch die Veräußerung wirtschaftlich veranlassten Aufwendungen.

a) Der Veräußerungsgewinn ist grundsätzlich für den Zeitpunkt zu ermitteln, in dem er entstanden ist. Dies ist regelmäßig der Zeitpunkt der Veräußerung, d.h. der Zeitpunkt, zu dem das rechtliche oder zumindest wirtschaftliche Eigentum an den veräußerten Anteilen auf den Erwerber übergegangen ist (BFH-Urteil vom 7. März 1995 VIII R 29/93, BFHE 178, 116, BStBl II 1995, 693; FG München, Beschluss vom 6. Juli 2006 5 V 2015/06, juris). Der Übergang des wirtschaftlichen Eigentums an Kapitalgesellschaftsanteilen setzt nach ständiger Rechtsprechung des BFH voraus, dass der Berechtigte alle mit der Beteiligung verbundenen wesentlichen Rechte ausüben kann, also neben dem Gewinnbezugsrecht und der Teilhabe an Wertveränderungen der Anteile alle Verwaltungsrechte einschließlich des Stimmrechts (vgl. BFH-Urteil vom 18. Mai 2005 VIII R 34/01, BFHE 210, 247, BStBl II 2005, 857).

b) Veräußerungspreis i.S. von § 17 Abs. 2 EStG ist der Wert der Gegenleistung, die der Veräußerer durch Abschluss des --dinglichen-- Veräußerungsgeschäfts am maßgebenden Stichtag erlangt; dazu gehört alles, was der Veräußerer aus dem Veräußerungsgeschäft als Gegenleistung erhält (BFH-Urteil in BFHE 178, 116, BStBl II 1995, 693). Der Veräußerungspreis ist grundsätzlich ohne Rücksicht darauf anzusetzen, ob die Veräußerung bedingt oder befristet ist oder ob der Kaufpreis gestundet ist (Blümich/Ebling, § 17 EStG Rz 168; Pung/Dötsch in Dötsch/Jost/Pung/Witt, Kommentar zum KStG und EStG, § 17 EStG Rz 123). Maßgeblicher Zeitpunkt für die Bewertung des Veräußerungspreises ist grundsätzlich der des Vollzugs des Veräußerungsgeschäfts (Blümich/Ebling, § 17 EStG Rz 176). Auf den Zufluss des Entgelts kommt es grundsätzlich nicht an.

c) Für eine in Fremdwährung veräußerte Beteiligung i.S. von § 17 EStG ist der Veräußerungspreis im Zeitpunkt der Veräußerung in DM/€ umzurechnen (R 140 (7) zu § 17 EStR 1997; R 17 Abs. 7 Satz 1 EStR 2007; Blümich/Ebling, § 17 EStG Rz 180; Gosch in Kirchhof, EStG, 7. Aufl., § 17 Rz 173; Schmidt/Weber-Grellet, EStG, 27. Aufl., § 17 Rz 133).

Maßgeblich ist grundsätzlich der amtliche Umrechnungskurs im Bewertungszeitpunkt (BFH-Urteil vom 19. Januar 1978 IV R 61/73, BFHE 124, 327, BStBl II 1978, 295; Ebling in Festschrift für Hans Flick, S. 679, 690; vgl. auch Schmidt/Weber-Grellet, a.a.O., § 17 Rz 137), d.h. dem Entstehen des Kaufpreisanspruchs.

Sichert der Veräußerer den Kaufpreis durch Devisengeschäfte ab, ist dies für die Bestimmung des Veräußerungspreises ebenso irrelevant, wie auch Zinsen auf eine gestundete Kaufpreisforderung nicht zum Veräußerungspreis zählen (vgl. BFH-Urteil vom 21. Oktober 1980 VIII R 190/78, BFHE 132, 38, BStBl II 1981, 160; Blümich/Ebling, § 17 EStG Rz 183). Denn eine derartige Kurssicherung bildet gegenüber der Anteilsveräußerung ein selbständiges Rechtsgeschäft und einen getrennt von ihr zu beurteilenden wirtschaftlichen Sachverhalt, der ggf. § 23 EStG unterfällt (vgl. BFH-Urteil vom 2. Mai 2000 IX R 73/98, BFHE 192, 435, BStBl II 2000, 614).

Entsprechend beeinflussen auch Aufwendungen für eine Kurssicherung den Veräußerungsgewinn i.S. von § 17 Abs. 2 EStG nicht.

2. Ausgehend von diesen Grundsätzen ermöglichen die Feststellungen des FG keine Bestimmung des Veräußerungsgewinns im Streitfall.

Im zweiten Rechtsgang wird das FG festzustellen haben, nach Maßgabe welchen Vertrages der Kaufpreisanspruch der Klägerin entstanden ist, in welcher Höhe der Kaufpreis für die veräußerten Anteile der Klägerin zugeflossen ist und zu welchem Stichtag dieser Veräußerungspreis nach welchem amtlichen Umrechnungskurs in DM zu bewerten ist. Ggf. wird der von der Klägerin angesetzte Veräußerungspreis zu korrigieren sein.

Ende der Entscheidung

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