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Gericht: Bundesfinanzhof
Urteil verkündet am 19.08.2008
Aktenzeichen: IX R 79/07
Rechtsgebiete: EStG, EigZulG


Vorschriften:

EStG § 2 Abs. 3
EigZulG § 3
EigZulG § 5
EigZulG § 7 S. 3
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Gründe:

I.

Die Kläger und Revisionsbeklagten (Kläger), zusammen zur Einkommensteuer veranlagte Ehegatten mit zwei im Jahr 1992 bzw. 1994 geborenen Kindern, erwarben im Jahr 1998 ein Einfamilienhaus und nutzten es zu eigenen Wohnzwecken. Der Beklagte und Revisionskläger (das Finanzamt --FA--) setzte die Eigenheimzulage hierfür antragsgemäß fest. Im Jahr 2002 veräußerten die Kläger das eigengenutzte Gebäude und erwarben ein weiteres Einfamilienhaus, das sie ab September 2002 selbst nutzten. Der Gesamtbetrag der Einkünfte der Kläger betrug im Jahr 2001 86 341 EUR, im Jahr 2002 100 710 EUR und im Jahr 2003 129 297 EUR. Das FA setzte die Eigenheimzulage für das Folgeobjekt ab dem Jahr 2003 (Streitjahr) antragsgemäß fest. Nach Abgabe der Einkommensteuererklärung der Kläger für 2003 hob es jedoch die Festsetzung auf und forderte die gezahlte Eigenheimzulage zurück, da der Grenzbetrag gemäß § 5 des Eigenheimzulagengesetzes (EigZulG) bei Zusammenrechnung des Gesamtbetrags der Einkünfte der Jahre 2002 und 2003 überschritten sei. Der hiergegen gerichtete Einspruch blieb ohne Erfolg.

Das Finanzgericht (FG) gab der Klage statt; den Klägern sei für das Jahr 2003 Eigenheimzulage zu gewähren, da der Gesamtbetrag der Einkünfte des Anschaffungsjahres 2002 und des Vorjahres 2001 die Einkunftsgrenze des § 5 EigZulG nicht übersteige.

Mit der hiergegen gerichteten Revision rügt das FA die Verletzung materiellen Rechts (§§ 5, 7 EigZulG) und macht geltend, die Einkunftsgrenze gemäß § 5 EigZulG sei bei einem Folgeobjekt i.S. von § 7 EigZulG nach dem Jahr der ersten Förderung des Folgeobjektes und dem Vorjahr --im Streitfall die Jahre 2002 und 2003-- und nicht nach dem Anschaffungsjahr des Folgeobjektes und dem Vorjahr --im Streitfall 2002 und 2001-- zu ermitteln.

Das FA beantragt,

das Urteil des FG aufzuheben und die Klage abzuweisen.

Die Kläger beantragen,

die Revision zurückzuweisen.

II.

Die Revision ist begründet; sie führt zur Aufhebung der Vorentscheidung und zur Entscheidung in der Sache selbst durch Klageabweisung (§ 126 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 der Finanzgerichtsordnung --FGO--). Das FG hat die Einkunftsgrenze gemäß § 5 EigZulG zu Unrecht nach dem Anschaffungsjahr des Folgeobjekts und dem Vorjahr --im Streitfall die Jahre 2002 und 2001-- ermittelt und damit § 7 Satz 3 2. Halbsatz EigZulG verletzt.

1.

Die Förderung von sog. Folgeobjekten i.S. von § 7 EigZulG ist --vorbehaltlich der ausdrücklich in § 7 EigZulG getroffenen Sonderregelungen-- nach den für Erstobjekte geltenden Regelungen zu treffen. Danach ist auch für ein Folgeobjekt zu prüfen, ob die allgemeinen Fördervoraussetzungen einschließlich der Einkunftsgrenze des § 5 EigZulG vorliegen (Urteil des Bundesfinanzhofs --BFH-- vom 22. Februar 2007 IX R 26/05, BFHE 217, 373, BStBl II 2007, 859).

Gemäß § 5 Satz 1 EigZulG in der für das Streitjahr 2003 maßgebenden Fassung kann der Anspruchsberechtigte die Eigenheimzulage ab dem Jahr in Anspruch nehmen (Erstjahr), in dem der Gesamtbetrag der Einkünfte nach § 2 Abs. 3 des Einkommensteuergesetzes (EStG) des Erstjahres zuzüglich des Gesamtbetrags der Einkünfte des vorangegangenen Jahres (Vorjahr) 81 807 EUR nicht übersteigt. Bei Ehegatten, die im Erstjahr zusammen veranlagt werden, tritt an die Stelle dieses Betrags der Betrag von 163 614 EUR. Für jedes Kind, das im Erstjahr die Voraussetzungen für die Inanspruchnahme der Kinderzulage nach § 9 Abs. 5 Satz 1 und 2 EigZulG erfüllt, erhöhen sich die genannten Beträge um 30 678 EUR.

Nach § 3 EigZulG kann der Anspruchsberechtigte die Eigenheimzulage im Jahr der Fertigstellung oder Anschaffung und in den sieben folgenden Jahren (Förderzeitraum) in Anspruch nehmen. Der Förderzeitraum für ein Folgeobjekt ist um die Kalenderjahre zu kürzen, in denen der Anspruchsberechtigte die Eigenheimzulage für das Erstobjekt in Anspruch hätte nehmen können; hat der Anspruchsberechtigte das Folgeobjekt in einem Jahr, in dem er das Erstobjekt noch zu eigenen Wohnzwecken genutzt hat, angeschafft, so beginnt der Förderzeitraum für das Folgeobjekt mit Ablauf des Jahres, in dem der Anspruchsberechtigte das Erstobjekt letztmals zu eigenen Wohnzwecken genutzt hat (§ 7 Satz 3 EigZulG).

Erstjahr i.S. von § 5 Satz 1 EigZulG ist das Jahr des Förderzeitraums, in welchem unter Einbeziehung des Vorjahres erstmals der Gesamtbetrag der Einkünfte den maßgebenden Grenzbetrag nicht überschreitet (BFH-Urteil vom 20. März 2003 III R 55/00, BFHE 202, 432, BStBl II 2004, 206). Bezieht der Anspruchsberechtigte ein Erstobjekt erst in einem auf das der Herstellung oder Anschaffung folgenden Jahr, hat er unter den weiteren Voraussetzungen des Eigenheimzulagengesetzes Anspruch auf die Eigenheimzulage, wenn der Gesamtbetrag der Einkünfte im Jahr der Anschaffung oder Herstellung und im vorangegangenen Jahr die maßgebende Grenze nicht übersteigt. Auf die Höhe der Einkünfte im Jahr der erstmaligen Nutzung der Wohnung zu eigenen Wohnzwecken und im Vorjahr kommt es nicht an (BFH-Urteile in BFHE 202, 432, BStBl II 2004, 206, sowie vom 4. November 2004 III R 73/03, BFHE 207, 327, BStBl II 2005, 290).

§ 3 EigZulG legt bereits den Förderzeitraum unabhängig von der möglicherweise erst späteren Nutzung des begünstigten Objekts i.S. von § 2 EigZulG zu eigenen Wohnzwecken fest (BFH-Urteil in BFHE 202, 432, BStBl II 2004, 206). Für Folgeobjekte trifft jedoch § 7 Satz 3 EigZulG eine Sonderregelung zur Bestimmung des Förderzeitraums. Der allgemeine Grundsatz, wonach es auf die Höhe der Einkünfte im Jahr der erstmaligen Nutzung der Wohnung zu eigenen Wohnzwecken und im Vorjahr nicht ankommt, wenn der Gesamtbetrag der Einkünfte im Jahr der Anschaffung und im vorangegangenen Jahr die maßgebende Grenze nicht übersteigt, gilt danach nicht für Folgeobjekte.

Die Bestimmung des Erstjahrs i.S. von § 5 EigZulG ist im Zusammenhang mit dem Förderzeitraum i.S. von § 3 EigZulG zu sehen, d.h. mit denjenigen Jahren, für die ein Anspruch auf Eigenheimzulage entstehen kann. Das Erstjahr i.S. der Vorschrift muss eines der Jahre des Förderzeitraums sein (Wacker, Eigenheimzulagengesetz, 3. Aufl., § 5 Rz 11). Wird der Beginn des Förderzeitraums nach § 7 Satz 3 EigZulG auf das Jahr nach letztmaliger Wohnnutzung des Erstobjekts hinausgeschoben, ist dieses Jahr das für die Prüfung der Einkunftsgrenze maßgebliche (Wacker, a.a.O., § 7 Rz 52; ebenso Schreiben des Bundesministeriums der Finanzen vom 10. Februar 1998, BStBl I, 190, Rz 29; vom 21. Dezember 2004, BStBl I 2005, 305, Rz 25).

Etwas anderes ergibt sich auch nicht aus der Zwecksetzung von § 5 EigZulG, Planungssicherheit für den Bauherren zu gewährleisten (vgl. BFH-Urteil in BFHE 202, 432, BStBl II 2004, 206, m.w.N.). Denn im Hinblick auf den Erwerb des Folgeobjekts ist eine neue Finanzierungsplanung erforderlich, die typischerweise mit Blick auch auf das Erstobjekt getroffen wird. Insoweit ist die unterschiedliche Bestimmung des für die Einkunftsgrenze nach § 5 EigZulG maßgeblichen Förderzeitraums für Erstobjekt und Folgeobjekt sachlich gerechtfertigt (Art. 3 Abs. 1 des Grundgesetzes).

2.

Nach diesen Grundsätzen ist das FG-Urteil aufzuheben und die Klage abzuweisen. Denn im Streitfall war das für die Bestimmung der Einkunftsgrenze gemäß § 5 EigZulG maßgebliche Erstjahr das Jahr 2003 als erstes Jahr des Förderzeitraums des Folgeobjekts. Das Jahr 2002, welches das FG seiner Einkünfteberechnung als Erstjahr zugrunde gelegt hat, fällt nicht in den Förderzeitraum des Folgeobjekts. Der Gesamtbetrag der Einkünfte der Jahre 2002 und 2003 überschreitet aber den maßgeblichen Grenzbetrag gemäß § 5 EigZulG von 224 970 EUR.

Ende der Entscheidung

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