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Gericht: Bundesfinanzhof
Urteil verkündet am 26.04.2006
Aktenzeichen: IX R 8/04
Rechtsgebiete: FGO


Vorschriften:

FGO § 126 Abs. 2
FGO § 118 Abs. 2
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Gründe:

I. Der Kläger und Revisionsbeklagte (Kläger) erwarb im November 1996 im Rahmen des ersten Börsengangs 160 Aktien der W-AG zu einem Kaufpreis von 4 524,80 DM. Für die Aktien war ihm bei der Ausgabe der Erhalt von Treueaktien im Verhältnis 10 : 1 zugesagt worden, soweit er die Aktien bis zum 30. September 1999 in seinem Besitz behielt. 1998 verkaufte der Kläger 60 Aktien. Die übrigen Aktien nebst den zum 30. September 1999 erhaltenen zehn Treueaktien veräußerte er am 22. Oktober 1999 zu einem Gesamtpreis von 9 146,86 DM.

Im Rahmen seiner Einkommensteuererklärung 1999 machte der Kläger --ohne Berücksichtigung dieses Verkaufsvorgangs-- Verluste aus privaten Veräußerungsgeschäften in Höhe von 6 344 DM geltend, die der Beklagte und Revisionskläger (das Finanzamt --FA--) in dieser Höhe gesondert feststellte. Später informierte der Kläger das FA über die Veräußerung der Treueaktien. Das FA beurteilte diesen Verkauf als steuerpflichtiges Veräußerungsgeschäft i.S. des § 23 des Einkommensteuergesetzes in der Fassung des Streitjahres (EStG), ermittelte einen anteiligen Gewinn in Höhe von 831,53 DM und änderte den Feststellungsbescheid entsprechend.

Im Einspruchsverfahren verringerte das FA diesen Gewinn auf 86,33 DM und stellte den verbleibenden Verlustabzug zum 31. Dezember 1999 geändert mit 6 258 DM fest; es berücksichtigte hierbei einen Kurswert der Aktien zum 30. September 1999 in Höhe von 74,52 DM je Aktie.

Die hiergegen gerichtete Klage hatte Erfolg. In seinem in Entscheidungen der Finanzgerichte (EFG) 2004, 904 veröffentlichten Urteil verneinte das Finanzgericht (FG) eine Veräußerung der Treueaktien binnen Jahresfrist.

Mit der Revision rügt das FA die Verletzung materiellen Rechts.

Das FA beantragt sinngemäß, das angefochtene Urteil aufzuheben und die Klage abzuweisen.

Der Kläger hat während des Revisionsverfahrens den Rechtsstreit in der Hauptsache für erledigt erklärt und beantragt sinngemäß, dem FA die Kosten des Verfahrens aufzuerlegen. Hilfsweise beantragt der Kläger, die Revision als unbegründet zurückzuweisen.

Das FA hat der Erledigungserklärung widersprochen.

II. Die Revision ist unbegründet und nach § 126 Abs. 2 der Finanzgerichtsordnung (FGO) zurückzuweisen.

1. Gegenstand des Revisionsverfahrens ist die Überprüfung des angefochtenen Urteils auf die Verletzung revisiblen Rechts.

a) Im Streitfall ist keine Erledigung der Hauptsache eingetreten. Denn dem Klagebegehren des Klägers wurde weder rechtskräftig entsprochen, noch ist dieses Begehren objektiv gegenstandslos geworden. Allein der Umstand, dass der Kläger im Hinblick auf die Urteile des Bundesfinanzhofs (BFH) vom 7. Dezember 2004 VIII R 70/02 (BFHE 208, 546, BStBl II 2005, 468) und vom 29. November 2005 IX R 49/04 (BFHE 211, 330, BStBl II 2006, 178) auf eine weitere Rechtsverfolgung verzichtet, reicht für die Annahme einer Erledigung nicht aus (vgl. BFH-Urteil vom 30. Juli 1997 I R 8/95, BFH/NV 1998, 187).

b) Der Kläger hat neben seinem Antrag auf Feststellung der Erledigung seinen ursprünglichen, auf die Abweisung der Revision gerichteten Sachantrag hilfsweise aufrecht erhalten. Dies ist zulässig (Gräber/Ruban, Finanzgerichtsordnung, 6. Aufl., § 138 Rz. 14; BFH-Urteil in BFH/NV 1998, 187; BFH-Beschluss vom 3. April 2000 I B 68/99, BFH/NV 2000, 1226).

2. Die Revision ist unbegründet und deshalb nach § 126 Abs. 2 FGO zurückzuweisen. Die Vorentscheidung, mit der das FG die strittigen Feststellungsbescheide aufgehoben hat, ist im Ergebnis nicht zu beanstanden, weil diese Bescheide zur gesonderten Feststellung nicht ausgeglichener Verluste aus privaten Veräußerungsgeschäften nicht hätten ergehen dürfen.

a) Soweit aus privaten Veräußerungsgeschäften i.S. des § 22 Nr. 2 EStG i.V.m. § 23 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 EStG nicht ausgleichsfähige Verluste (§ 23 Abs. 3 Satz 6 EStG) erzielt werden, ist über deren Verrechnung in dem Veranlagungszeitraum zu entscheiden, in dem die verrechenbaren positiven Einkünfte aus solchen Geschäften erzielt werden. Ein gesondertes Feststellungsverfahren für negative Einkünfte aus privaten Veräußerungsgeschäften entbehrt der gesetzlichen Grundlage. Zur Vermeidung von Wiederholungen verweist der Senat auf sein Urteil vom 22. September 2005 IX R 21/04 (juris Dok.-Nr. STRE200610095).

b) Der Senat braucht damit nicht zu entscheiden, ob der Verkauf der Treueaktien als privates Veräußerungsgeschäft zu beurteilen ist. Denn auf Grundlage der bindenden Feststellungen des FG (§ 118 Abs. 2 FGO) ist es ausgeschlossen, dass der Kläger im Streitjahr 1999 positive Einkünfte aus privaten Veräußerungsgeschäften erzielt hat:

Aus dem erzielten Gesamterlös bei Verkauf der Aktien im Oktober 1999 errechnet sich ein anteiliger Verkaufspreis je Aktie in Höhe von 83,15 DM. Dem hiernach höchstmöglichen Veräußerungsgewinn aus dem Verkauf der zehn Treueaktien steht ein übersteigender Verlust (6 344 DM) aus anderen privaten Veräußerungsgeschäften im Streitjahr gegenüber.

c) Alle weiter gehenden Fragen im Zusammenhang mit dem Verkauf der Treueaktien als privatem Veräußerungsgeschäft sind damit erst in einem späteren Veranlagungszeitraum zu entscheiden.



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