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Gericht: Bundesfinanzhof
Beschluss verkündet am 23.09.2003
Aktenzeichen: IX R 81/00
Rechtsgebiete: EStG, FGO


Vorschriften:

EStG § 22 Nr. 3 Satz 1
EStG § 11 Abs. 1
FGO § 118 Abs. 2
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Gründe:

I. Der Kläger und Revisionskläger (Kläger) ist mit seinem Geschäftspartner zu je 50 v.H. Inhaber einer Unternehmensgruppe, die als Initiatorin geschlossene Immobilienfonds in der Rechtsform einer Gesellschaft bürgerlichen Rechts (GbR) oder einer GmbH & Co. KG errichtet.

Zu der Unternehmensgruppe gehören verschiedene Kapitalgesellschaften, die unterschiedliche, zur Planung, Realisierung und Vermarktung von Immobilienfonds erforderliche Dienst- und Sachleistungen erbringen, z.B. Architektur- und Ingenieurleistungen, das Baumanagement, Finanzdienstleistungen, die Hausverwaltung und verschiedene Treuhandtätigkeiten. Die geschlossenen Immobilienfonds erwerben --wie auch die im Streitfall betroffenen-- Grundstücke oder Erbbaurechte, lassen diese als Bauherren mit Wohn- oder Geschäftshäusern schlüsselfertig bebauen und erzielen aus den bebauten Grundstücken langfristig Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung.

Die Unternehmensgruppe beteiligte sich im Streitfall an einem Wettbewerb über das Nutzungskonzept für ein größeres Grundstück in A und erhielt den Zuschlag. Nach den Gesellschaftsverträgen bestand jede der drei für das Projekt gebildeten Fondsgesellschaften (GbR 1. Tranche mit einem Gesellschaftskapital von ... Mio. DM; GbR 2. Tranche mit einem Gesellschaftskapital von ... Mio. DM sowie GbR 3. Tranche mit einem Gesellschaftskapital von ... Mio. DM) aus vier Gesellschaftern, nämlich dem Kläger, seinem Geschäftspartner sowie zwei Treuhand-Gesellschaften (in der Rechtsform der GmbH). Die von dem Kläger und seinem Geschäftspartner initiierten Fondsgesellschaften waren so konzipiert, dass der Kläger und sein Geschäftspartner auf Dauer mit jeweils 4,5 v.H. nicht nur vermögensmäßig, sondern auch an den Überschüssen beteiligt sein sollten.

Nach den Allgemeinen Vertragsbedingungen hatte der Kläger als Gesellschafter und Garant seine Arbeitskraft einzubringen und die Durchführung des Projekts durch ggf. (z.B. bei fehlender Vollplazierung der Anteile) zu erbringende Garantieleistungen in Höhe von ... Mio. DM (GbR 1. Tranche), ... Mio. DM (GbR 2. Tranche) und ... Mio. DM (GbR 3. Tranche) zu gewährleisten. Als Garant war der Kläger ebenso wie der andere Mitgarant am Gewinn und Verlust der Gesellschaft unabhängig von seinen tatsächlich geleisteten Einzahlungen mit 4,5 v.H. beteiligt. Der Restbetrag war auf die übrigen Gesellschafter in dem Verhältnis zu verteilen, in dem ihre geleistete Einlage zu den geleisteten Einlagen aller Gesellschafter stand.

Anlässlich einer Außenprüfung vertrat der Beklagte und Revisionsbeklagte (das Finanzamt --FA--) den Standpunkt, dass der Kläger und sein Partner in dem Moment der Vollzeichnung der Fondsgesellschaft Anspruch auf 4,5 v.H. des Fondsvermögens hätten. Hierdurch sei dem Kläger und seinem Partner bereits 1991 ein Vermögenswert zugeflossen.

Daran hielt es auch fest, nachdem ihm die Garanten während der Prüfung eine schriftliche "Klarstellung zu § 7" vom 12. April 1995 vorgelegt hatten, die in der Folge allen Gesellschaftern zur Kenntnis gegeben werden sollte und in der dargestellt ist, dass sich die Beteiligung der Garanten am Vermögen der Gesellschaft nicht auf die von den Mitgesellschaftern eingezahlten Eigenkapitalanteile erstrecken sollte. Die Vermögensbeteiligung der Garanten sei vielmehr gegenüber der Beteiligung der Mitgesellschafter nachrangig, so dass bei einem etwaigen Verkauf des Vermögens der Gesellschaft oder deren Liquidation ein nach Begleichung aller Verbindlichkeiten verbleibendes Netto-Vermögen zunächst zur Rückzahlung des Eigenkapitals (ohne Agio) der Mitgesellschafter zu verwenden sei. Erst von dem danach verbleibenden Netto-Vermögen (= stille Reserven) sollten die Garanten einen ihrer Beteiligungsquote von 4,5 v.H. entsprechenden Betrag erhalten. Ein danach noch verbleibender Überschuss solle dann auf alle Gesellschafter im Verhältnis ihrer Beteiligungsquoten verteilt werden.

Einspruch und Klage hatten keinen Erfolg; das Urteil des Finanzgerichts (FG) ist in Entscheidungen der Finanzgerichte (EFG) 2001, 436 veröffentlicht.

Mit der Revision rügt der Kläger Verletzung materiellen Rechts und des Verfahrensrechts.

Er beantragt, das FG-Urteil aufzuheben und die Einkommensteuer für 1991 unter Berücksichtigung eines um ... DM niedrigeren Gesamtbetrags der Einkünfte niedriger festzusetzen.

Das FA beantragt, die Revision als unbegründet zurückzuweisen.

Es trägt im Wesentlichen vor, mit der Einlage der anderen Gesellschafter sei dem Kläger ein bezifferbarer Vermögenswert zugeflossen. Vorher habe der Wert seines Anteils mangels Einlagepflicht null DM betragen. Über seinen Anteil habe der Kläger wegen der auch auf ihn anwendbaren Regelungen über die Ausstellung von Zertifikaten über die Teilhaberschaft an den Fondsgesellschaften trotz der --für ihn als Garanten geltenden-- 30-jährigen Bindungsfrist nach § 19 der allgemeinen Vertragsbedingungen verfügen können.

II. Die Revision ist begründet. Sie führt zur Aufhebung des FG-Urteils und zur Stattgabe der Klage (§ 126 Abs. 3 Nr. 1 der Finanzgerichtsordnung --FGO--). Denn es fehlt an einem Zufluss von Einnahmen im Streitjahr 1991.

1. Aus Rechtsgründen nicht zu beanstanden ist allerdings die Auffassung des FG, dass die streitigen Wertzuwächse der Beteiligungen des Klägers an den Fondsgesellschaften nicht als Einkünfte aus Gewerbebetrieb i.S. des § 15 des Einkommensteuergesetzes (EStG) zu erfassen sind. Führen nämlich Gesellschafter einer Personengesellschaft deren Geschäfte --wie im Streitfall nach den bindenden tatsächlichen Feststellungen des FG der Kläger-- nach der Art eines leitenden Angestellten, so wird er auf Rechnung und Gefahr der Personengesellschaft tätig. Diese trägt damit das unmittelbare Erfolgsrisiko der Tätigkeit, auch wenn der Gesellschafter über seinen Gewinnanteil am Erfolg oder Misserfolg der Gesellschaft teilnehmen sollte. Eine solche Tätigkeit ist nach der Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs (BFH) nicht gewerblicher Natur; dies gilt auch dann, wenn der Gesellschafter --wie im Streitfall der Kläger-- gleichzeitig die Geschäfte mehrerer (Fonds-)Gesellschaften führt (BFH-Urteil vom 10. Juni 1987 I R 301/83, BFHE 150, 441, BStBl II 1987, 816, zu einem geschäftsführenden Gesellschafter mehrerer vermögensverwaltender Personengesellschaften).

2. Zu Unrecht hat das FG indessen angenommen, dass der Kläger in seiner Eigenschaft als (Mit-)Gesellschafter mehrerer in der Rechtsform von Gesellschaften bürgerlichen Rechts geführten geschlossenen Immobilienfonds im Streitjahr 1991 aufgrund der Einlagen anderer Gesellschafter sonstige Einkünfte i.S. des § 22 Nr. 3 Satz 1 EStG erzielt hat.

a) Ob der Kläger aus seiner Beteiligung an den Fondsgesellschaften aufgrund seiner besonderen geschäftsführenden Tätigkeit und der in diesem Zusammenhang abgegebenen Garantieerklärungen nicht nur anteilig Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung erzielt, sondern daneben --wie das FG annimmt-- sonstige Einkünfte i.S. des § 22 Nr. 3 Satz 1 EStG oder insoweit Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit als geschäftsführender Gesellschafter der Fondsgesellschaften (so der BFH in BFHE 150, 441, BStBl II 1987, 816) anzunehmen sind, kann im Streitfall dahinstehen. Denn insoweit fehlt es schon an einem Zufluss von Einnahmen i.S. des § 8 Abs. 1 Satz 1 i.V.m. § 11 Abs. 1 EStG im Streitjahr 1991.

b) Ein solcher Zufluss von Einnahmen setzt voraus, dass

* eine Vermögensmehrung bei dem Steuerpflichtigen eintritt (objektive Bereicherung; vgl. BFH-Urteil vom 21. Juli 1987 VIII R 211/82, BFH/NV 1988, 224, m.w.N.),

* der Steuerpflichtige die wirtschaftliche Verfügungsmacht über die Vermögensmehrung erlangt (BFH-Urteil vom 14. Februar 1984 VIII R 221/80, BFHE 140, 542, BStBl II 1984, 480, m.w.N.) und

* die Vermögensmehrung "von außen" kommt, also nicht in einer bloßen Wertsteigerung vorhandenen Vermögens besteht (Birk in Herrmann/Heuer/Raupach, Einkommensteuer- und Körperschaftsteuergesetz mit Nebengesetzen, § 8 EStG Rz. 36, m.w.N.).

Im Streitfall fehlt es an diesen Voraussetzungen selbst dann, wenn man mit dem FG eine Vermögensmehrung im Gesellschaftsanteil des Klägers durch die Einlagen anderer Gesellschafter annimmt. Der Kläger hat mit der Werterhöhung nämlich nichts "erlangt", was er nicht bereits vorher inne hatte; denn die insoweit bestehenden Ansprüche beruhen allein auf der unverändert gebliebenen Gesellschaftsbeteiligung. Überdies konnte er über den --werterhöhten-- Gesellschaftsanteil im Streitjahr nicht verfügen. Nach § 19 der Allgemeinen Vertragsbedingungen war ihm eine Kündigung erst nach 30 Jahren, also im Jahre 2021, möglich. Dies hat das FG --unangefochten durch die Beteiligten und damit für den Senat nach § 118 Abs. 2 FGO bindend-- festgestellt, so dass es auf die Ausführungen der Beteiligten --insbesondere in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat-- zur Handelbarkeit der Zertifikate nicht ankommt.

3. Danach ist die Einkommensteuer des Klägers für 1981 unter Minderung des Gesamtbetrags der Einkünfte um den zu Unrecht bei den Einkünften aus sonstiger Tätigkeit angesetzten Betrag von ... DM zu mindern. Die weitere Berechnung der Steuer wird dem FA übertragen (§ 100 Abs. 2 Satz 2 FGO).

Ende der Entscheidung

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