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Gericht: Bundesfinanzhof
Urteil verkündet am 10.07.2008
Aktenzeichen: IX R 84/07
Rechtsgebiete: EStG, EStG i.d.F. des StEntlG 1999/ 2000/2002
Vorschriften:
EStG § 3 Nr. 9 | |
EStG § 24 | |
EStG § 24 Nr. 1 | |
EStG § 24 Nr. 1 Buchst. a | |
EStG § 34 | |
EStG § 34 Abs. 1 | |
EStG § 34 Abs. 2 Nr. 2 | |
EStG i.d.F. des StEntlG 1999/2000/2002 § 34 |
Gründe:
I. Der Kläger und Revisionskläger (Kläger) war Vorstandsmitglied der Z AG wie auch der Y AG. Der für das Anstellungsverhältnis mit der Z AG exemplarisch vorgelegte Anstellungsvertrag vom ... Dezember 1995 bestimmte, dass der Vertrag am 31. Dezember 1998 enden sollte, im Fall der erneuten Bestellung als Vorstandsmitglied zum Ablauf dieser Amtszeit. Mit schriftlichem Vertrag jeweils vom Juli 1999 mit der Z AG sowie der Y AG wurde der jeweilige Vorstandsanstellungsvertrag über den 31. Dezember 1999 hinaus nicht verlängert sowie das Vorstandsmandat zum 31. Dezember 1999 beendet. In einem weiteren Vertrag mit der Y AG vom Juli 1999 wurde vereinbart, dass der Kläger eine "Abfindung für den Verlust des Arbeitsplatzes gemäß § 3 Nr. 9, 34, 24 EStG" in Höhe von ... DM brutto erhalten sollte.
Im Einkommensteuerbescheid 2000 (Streitjahr) wurde die Abfindung in Höhe von ... DM (... DM ./. 20 000 DM Freibetrag in 1999) gemäß § 34 Abs. 1 des Einkommensteuergesetzes (EStG) i.d.F. des Steuerentlastungsgesetzes 1999/2000/2002 (StEntlG 1999/2000/2002) nach der sog. Fünftel-Regelung versteuert. Der Einspruch blieb ohne Erfolg.
Im Klageverfahren berief sich der Kläger auf eine verfassungswidrige Rückwirkung von § 34 EStG i.d.F. des StEntlG 1999/ 2000/2002 sowie auf die materielle Verfassungswidrigkeit der Norm im Übrigen.
Die Klage hatte keinen Erfolg. Das Finanzgericht (FG) ging davon aus, dass die verbindliche Vereinbarung der Abfindung deutlich nach dem Beschluss des Steuerentlastungsgesetzes am 4. März 1999 und dessen Verkündung am 31. März 1999 getroffen worden sei.
Mit seiner Revision rügt der Kläger neben Verfahrensfehlern (§ 76 Abs. 1, § 96 Abs. 1 der Finanzgerichtsordnung --FGO--, § 96 Abs. 2 FGO i.V.m. Art. 103 Abs. 1 des Grundgesetzes) die Verletzung materiellen Rechts (fehlerhafte Auslegung der Abfindungsvereinbarung sowie Verfassungswidrigkeit von § 34 EStG in der im Streitfall geltenden Fassung).
Der Kläger beantragt,
das Urteil des FG aufzuheben und darüber eine Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts einzuholen, ob die Fünftel-Regelung gemäß § 34 EStG i.d.F. des StEntlG 1999/2000/2002 verfassungsgemäß ist.
In der Sache beantragt der Kläger, die Abfindung in Höhe von ... DM mit dem halben durchschnittlichen Steuersatz nach § 34 EStG a.F. zu versteuern und die Einkommensteuer 2000 entsprechend herabzusetzen.
Das FA beantragt, die Revision zurückzuweisen.
II. Die Revision ist begründet. Sie führt zur Aufhebung des angefochtenen Urteils und Zurückverweisung der Sache an das FG zur anderweitigen Verhandlung und Entscheidung (§ 126 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 FGO). Die finanzgerichtlichen Feststellungen tragen die Einordnung der streitbefangenen Abfindung als Entschädigung i.S. von § 24 Nr. 1 i.V.m. § 34 Abs. 2 Nr. 2 EStG nicht.
1. Die Verfahrensrügen des Klägers erachtet der Senat nicht für durchgreifend (§ 126 Abs. 6 Satz 1 FGO).
2. Entschädigungen i.S. von § 24 Nr. 1 Buchst. a EStG sind solche Leistungen, die als Ersatz für entgangene oder entgehende Einnahmen gewährt werden, d.h. an die Stelle weggefallener oder wegfallender Einnahmen treten (Urteil des Bundesfinanzhofs --BFH-- vom 24. Oktober 2007 XI R 33/06, BFH/NV 2008, 361, m.w.N.; Mellinghoff in Kirchhof, EStG, 8. Aufl., § 24 Rz 13). Die Entschädigung muss unmittelbar durch den Verlust von steuerbaren Einnahmen bedingt, d.h. durch den Fortfall der erwarteten oder zu erwartenden Einnahmen sachlich begründet sein (Blümich/Stuhrmann, EStG, § 24 Rz 20, m.w.N.). Dies erfordert, dass die bisherige Grundlage für den Erfüllungsanspruch weggefallen ist und der an die Stelle der bisherigen Einnahmen getretene Ersatzanspruch auf einer neuen Rechts- oder Billigkeitsgrundlage beruht (vgl. BFH-Urteil vom 10. September 2003 XI R 9/02, BFHE 204, 65, BStBl II 2004, 349, m.w.N.).
Nicht um eine Entschädigung i.S. von § 24 Nr. 1 Buchst. a EStG handelt es sich, wenn sie dafür geleistet wird, dass kein neuer Vertrag abgeschlossen wird (vgl. auch BFH-Urteil vom 22. April 2008 IX R 83/07, m.w.N. zu § 3 Nr. 9 EStG, von dem ein Abdruck beigefügt ist); denn sie gilt keine entgangenen oder entgehende Einnahmen ab.
Zwar ist eine Entschädigung i.S. von § 24 Nr. 1 Buchst. a EStG auch dann angenommen worden, wenn bereits bei Beginn des Dienstverhältnisses ein Ersatzanspruch für den Fall der betriebsbedingten Kündigung oder Nichtverlängerung des Dienstverhältnisses vereinbart wird (BFH-Urteil in BFHE 204, 65, BStBl II 2004, 349). Dem ist aber die Vereinbarung einer Entschädigung während des (noch) laufenden befristeten Dienstverhältnisses jedenfalls dann nicht gleichzustellen, wenn sie dafür geleistet wird, dass das Dienstverhältnis vertragsgemäß ausläuft und nicht verlängert wird.
3. Die Sache ist nicht spruchreif. Im Streitfall spricht viel dafür, dass die streitbefangene Abfindung nach den genannten Grundsätzen keine Entschädigung i.S. von § 24 Nr. 1 Buchst. a EStG darstellt, weil sie im Hinblick darauf gewährt wurde, dass die befristeten Anstellungsverträge des Klägers ausliefen. Hierzu hat das FG jedoch keine Feststellungen getroffen.
Das FG wird im zweiten Rechtsgang festzustellen haben, ob die streitige Entschädigung für die Beendigung eines laufenden Vertrages mit der Konsequenz eines --dann zu entschädigenden-- Verdienstausfalles oder aber deshalb geleistet wurde, weil wegen Nichtabschlusses eines neuen Vertrages keine neue Verdienstmöglichkeit eröffnet wurde, worauf ggf. eine tatsächliche, nicht aber vertraglich fundierte Hoffnung des Klägers bestand. Im letztgenannten Fall ist § 24 Nr. 1 Buchst. a EStG nicht anwendbar.
Ende der Entscheidung
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