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Gericht: Bundesfinanzhof
Beschluss verkündet am 30.09.2008
Aktenzeichen: IX R 91/07
Rechtsgebiete: FGO


Vorschriften:

FGO § 56
FGO § 56 Abs. 1
FGO § 120 Abs. 1 Satz 1
FGO § 126 Abs. 1
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Gründe:

I. Das Finanzgericht (FG) hat die Klage der Klägerin und Revisionsklägerin (Klägerin) durch Urteil vom 3. Juli 2007 1 K 3796/02 E abgewiesen und die Revision zugelassen. Das Urteil wurde dem Bevollmächtigten der Klägerin am 21. September 2007 zugestellt. Die Frist für die Einlegung der Revision lief am 22. Oktober 2007 ab. Mit Schriftsatz vom 24. Oktober 2007 --beim Bundesfinanzhof (BFH) eingegangen am 29. Oktober 2007-- legte der Bevollmächtigte der Klägerin Revision ein und beantragte u.a. Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gemäß § 56 der Finanzgerichtsordnung (FGO). Zur Begründung führte er aus, die Bearbeitung des Streitfalles habe nicht am Ort seiner beruflichen Niederlassung, sondern in den Geschäftsräumen der X stattgefunden, deren alleiniger Gesellschafter und Geschäftsführer er sei. Nach Zustellung des angefochtenen Urteils sei am 12. Oktober 2007 die Rechtsschutzversicherung der Klägerin mit der Frage um Deckungszusage angeschrieben worden. Dieser Schriftsatz sei aus nicht nachvollziehbaren Gründen von der für die Fristenüberwachung zuständigen Mitarbeiterin der X nicht in der Wiedervorlagemappe, sondern in einem Zwischenablageordner abgelegt worden. Dieser diene dazu, dem Prozessbevollmächtigten unerledigte und noch im Stadium der Bearbeitung befindliche Vorgänge zum Zwecke der Förderung vorzulegen. Auf der Sichtseite des Vorgangs habe sich nicht das Urteil mit der auf der ersten Seite eingetragenen Fristberechnung befunden, sondern die Kopie des Schreibens an die Rechtsschutzversicherung. Der Vorgang sei dem Prozessbevollmächtigten am 23. Oktober 2007 mit dem Hinweis vorgelegt worden, die Rechtsschutzversicherung sei an die Erledigung des Schreibens vom 12. Oktober 2007 zu erinnern. Dabei sei der Fristablauf festgestellt worden. In einer dem Wiedereinsetzungsantrag beigefügten eidesstattlichen Versicherung hat die für den Bereich der Fristenüberwachung zuständige Mitarbeiterin der X diesen Tatsachenvortrag bestätigt.

Die Klägerin beantragt, ihr wegen der Versäumung der Frist zur Einlegung der Revision Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu gewähren. Sie beantragt ferner sinngemäß, unter Aufhebung der Vorentscheidung und Abänderung des Einkommensteuerbescheides vom 12. März 2007 die Steuer für das Streitjahr 2000 auf 0 DM festzusetzen.

Der Beklagte und Revisionsbeklagte beantragt sinngemäß, die Revision als unzulässig zu verwerfen, hilfsweise, sie als unbegründet zurückzuweisen.

II. Die Revision ist unzulässig und deshalb nach § 126 Abs. 1 FGO zu verwerfen, weil die Klägerin die Frist für Einlegung der Revision versäumt hat und Wiedereinsetzung in den vorigen Stand nicht gewährt werden kann.

1. Nach § 120 Abs. 1 Satz 1 FGO ist die Revision beim BFH innerhalb eines Monat nach Zustellung des vollständigen Urteils schriftlich einzulegen. Diese Frist lief im Streitfall am 22. Oktober 2007 ab. Die Revision ist jedoch erst am 29. Oktober 2007 beim BFH eingegangen.

2. Wiedereinsetzung in den vorigen Stand nach § 56 Abs. 1 FGO kann der Klägerin nicht gewährt werden. Sie war nicht ohne Verschulden gehindert, die Frist für die Einlegung der Revision einzuhalten. Die Klägerin muss sich das Verschulden ihres Prozessbevollmächtigten wie eigenes Verschulden zurechnen lassen (§ 155 FGO i.V.m. § 85 Abs. 2 der Zivilprozessordnung).

a) Beruft sich ein durch einen Prozessbevollmächtigten vertretener Beteiligter --wie im Streitfall die Klägerin-- auf ein (nicht zu vertretendes) Büroversehen, so muss er innerhalb der vorgeschriebenen Begründungsfrist (§ 56 Abs. 2 Satz 1 FGO) darlegen, wie die Fristenkontrolle in seinem Büro im Einzelnen organisiert ist und welche organisatorischen Maßnahmen die ordnungsgemäße Überwachung der Frist unter normalen Umständen gewährleisten (ständige Rechtsprechung, z.B. BFH-Beschluss vom 8. November 2006 VII R 20/06, BFH/NV 2007, 469, m.w.N.).

b) Ein Prozessbevollmächtigter ist verpflichtet, seinen Bürobetrieb so zu organisieren, dass Fristversäumnisse ausgeschlossen sind. Dazu ist unerlässlich, dass ein Fristenkontrollbuch (Fristenkalender) oder eine vergleichbare Einrichtung zur Wahrung von Fristen geführt wird. In diesem Buch muss der Fristablauf für jede einzelne Sache vermerkt sein. Die Einhaltung der laufenden Fristen muss durch tägliche Einsichtnahme in den Fristenkalender gesichert werden. Die notierte Frist darf frühestens gelöscht werden, wenn das zur Fristwahrung bestimmte Schriftstück abgesandt oder zumindest postfertig gemacht worden ist (z.B. BFH-Beschluss in BFH/NV 2007, 469, m.w.N.; Söhn in Hübschmann/Hepp/Spitaler --HHSp--, § 56 FGO Rz 135 i.V.m. § 110 AO Rz 265 f.). Die Ablage von Fristensachen in sog. Terminmappen oder die bloße Sicherung der rechtzeitigen Wiedervorlage von Handakten durch Verfügung und Kontrolle sog. Promptfristen reicht nicht aus (Söhn in HHSp, § 110 AO Rz 270, mit Rechtsprechungsnachweisen).

c) Der Prozessbevollmächtigte der Klägerin hat weder dargelegt noch durch präsente Beweismittel glaubhaft gemacht, dass im Streitfall die Überwachung und Einhaltung von Fristen durch strukturelle organisatorische Maßnahmen (z.B. das Führen eines Fristenkontrollbuches oder eine vergleichbare Maßnahme) im Grundsatz gewährleistet war und nur infolge eines Versehens der Mitarbeiterin hiervon abgewichen wurde. Die Begründung des Wiedereinsetzungsantrags ist damit nicht geeignet, die Fristversäumung mit einem entschuldbaren Büroversehen der Mitarbeiterin zu erklären; als Fehlerursache kommt auch ein Organisationsverschulden des Bevollmächtigten in Betracht.

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